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Geschichte Alexandre Dumas

Ranghöchster schwarzer General einer weißen Armee

„Der Graf von Monte Christo“ ist weltberühmt. Kaum bekannt dagegen ist, dass Alexandre Dumas die Geschichte nach dem Vorbild seines Vaters gestaltet hat, eines farbigen Generals der Revolution.
Die Österreicher nannten ihn nur den „Schwarzen Teufel“: General Thomas Alexandre Dumas (1762-1806), Oberbefehlshaber der französischen Alpenarmee – nach einem Gemälde von Olivier Pichat Die Österreicher nannten ihn nur den „Schwarzen Teufel“: General Thomas Alexandre Dumas (1762-1806), Oberbefehlshaber der französischen Alpenarmee – nach einem Gemälde von Olivier Pichat
Die Österreicher nannten ihn nur den „Schwarzen Teufel“: General Thomas Alexandre Dumas (1762-1806), Oberbefehlshaber der französischen Alpenarmee – nach einem Gemälde von Olivier ...Pichat
Quelle: Wikipedia

Die Geschichte von Alexandre Dumas ist fast so kompliziert wie die Handlung seines berühmten Romans „Der Graf von Monte Christo“. Darin wird ein Seemann Opfer einer Intrige, auf der Gefängnisinsel vor Marseille 14 Jahre eingekerkert, von wo aus ihm schließlich die Flucht gelingt. Ein Schatzfund ermöglicht ihm den gesellschaftlichen Aufstieg und die Rache an seinen Peinigern.

Als Alexandre Dumas begann, sein Buch 1844 als Fortsetzungsgeschichte in der Zeitschrift „Le Journal des débats“ zu veröffentlichen, hatte er ein berühmtes Vorbild vor Augen: seinen Vater. Auch der hatte eine Kerkerkarriere hinter sich, kannte als Sohn einer Sklavin den Bodensatz der Gesellschaft wie er als General Napoleons in den Salons von Paris verkehrte.

Wie prall das Leben von Thomas Alexandre Dumas (1762-1806) gewesen ist, hat der amerikanische Bestsellerautor Thomas Reiss („Der Orientalist“) mit seinem Buch „Der schwarze General“ gezeigt. Umgehend wurde es mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet. Jetzt kommt die deutsche Ausgabe auf den Mark.

Eigentlich hieß Dumas sr. Thomas Alexandre Davy de la Pailleterie. Der Vater stammte aus altem normannischem Adel, was ihn aber nicht hinderte, auf der französischen Antillen-Kolonie Saint-Domingue (Haiti) ein höchst unaristokratisches Leben zu führen. Nach einem Streit tauchte er unter und lebte unter falschem Namen mit der schwarzen Sklavin Marie-Cessette Dumas zusammen. Thomas war ihre viertes Kind. Der war zwölf Jahre alt, als der Vater ihn für 800 Livres verpfändete und nach Frankreich zurückkehrte.

Oberstleutnant der „Schwarzen Legion“

Erstaunlicherweise beließ es Pailleterie nicht dabei. 1776 holte er seinen Sohn nach und ließ ihm eine standesgemäße Ausbildung zuteil werden, die einem Farbigen im Zeitalter der Aufklärung nicht verwehrt wurde. Zehn Jahre später überwarfen sich die beiden, und Alexandre trat unter dem Namen seiner Mutter in die französische Armee ein, in das Regiment der Dragoner der Königin.

Thomas Reiss wollte sich nicht allein auf die Memoiren des Schriftstellersohnes verlassen, denn dieser neigte bekanntlich zu bunten Ausschmückungen und dichterischer Freiheit. Akribisch suchte er nach Dokumenten, Briefen und anderen Zeitzeugnissen. Er reiste um die Welt, suchte Orte auf, an denen sein Held gewirkt hatte, durchsuchte Archive und ließ sogar einen Safe aufbrechen. Heraus kam eine Geschichte, wie sie nur die große Revolution möglich machte, die 1789 ausbrach.

Ein Husarenstück, bei dem der Korporal Dumas 1792 bei einem Feldzug in den Niederlanden zwölf österreichische Soldaten gefangen nehmen konnte, setzte eine der spektakulärsten Karrieren in der französischen Revolutionsarmee in Gang. Im Oktober des gleichen Jahres wurde Dumas zum Oberstleutnant einer „Schwarzen Legion“ ernannt, in der ehemalige Sklaven aus den französischen Karibik-Besitzungen kämpften. Im Kampf gegen den putschenden General Dumouriez konnte er seine Treue zur Republik eindrucksvoll unter Beweis stellen. Im Juli 1793 wurde Dumas zum Brigade-General ernannt – fast ein halbes Jahr, bevor dem korsischen Artilleriehauptmann Napoleon Bonaparte diese Ehre zu Teil wurde. Im September stieg Dumas sogar zum Divisionsgeneral auf.

Sein Einsatz gegen die royalistischen Aufständischen in der Vendée hätten Dumas’ Aufstieg beinahe abrupt beendet. Die Radikalen waren über die Zurückhaltung von „Monsieur de l’ Humanité“, wie er genannt wurde, derart erbost, dass sie ihn schließlich beim Wohlfahrtsausschuss anschwärzten. Nur mit Mühe und viel Glück konnte er einem Schuldspruch und damit der Guillotine entgehen.

Wie ein römischer Kriegsheld

Davor hatte Dumas eine weitere Stufe auf der Karriereleiter genommen. Im Dezember 1793 war er zum Oberbefehlshaber der Alpenarmee ernannt worden. In einem kurzen Feldzug griff er Österreicher und Piemontesen am Mont Cenis an, wo er 1700 Gefangene machte. Wegen seiner Verwegenheit, seines Muts und seines Charismas gaben ihm die Feinde einen neuen Spitznamen: schwarzer Teufel. Fast 200 Jahre sollten vergehen, bis mit dem amerikanische General Colin Powell ein Schwarzer einen höheren Generalsrang (Oberbefehlshaber der US-Landstreitkräfte, Generalstabschef) in einer westlichen Armee erreichen sollte, als Dumas ihn besaß.

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Sein neuer Chef Napoleon hatte noch einen dritten Namen in petto: der Horatius Cocles von Tirol nannte er ihn in Anspielung an die römische Sage, nach der der Horatier allein eine ganze Brücke gegen die anstürmenden Etrusker verteidigt haben soll. Eine ähnliche Leistung vollbrachte Dumas in den Italien-Feldzügen Bonapartes. Der bedachte ihn denn auch mit dem Kommando über die Kavallerie, als er sich 1798 anschickte, mit der Eroberung Ägyptens das britische Weltreich aus den Angeln zu heben.

Der Versuch ging bekanntlich schief. Dumas gelang es noch, eine Schiffspassage nach Frankreich zu ergattern. Aber die „Belle Maltaise“ erlitt Schiffbruch. Zwar erreichte sie noch den Hafen von Tarent, wo aber nicht mehr französische Truppen, sondern die „Armee des heiligen Glaubens in unseren Herrn Jesus Christus“ warteten. Die antirevolutionären Bauernmilizen machten mit den Franzosen kurzen Prozess. Dumas wurde eingekerkert und erkrankte schwer. Erst 1801 wurde er von französischen Truppen befreit. Fünf Jahre später starb er.

Der Romancier Alexandre Dumas war das jüngste von drei Kindern, die sein Vater mit der Tochter eines Gastwirts gezeugt hatte, die er 1792 geheiratet hatte. Thomas Reiss trägt gute Argumente vor, dass der Sohn sich vom Schicksal des Vaters inspirieren ließ. Die Haft in Tarent floss in „Der Graf von Monte Christo“ ein. Eine Freundschaft mit zwei Offiziers-Kameraden aus den frühen Jahren der Revolution spiegelt sich in den Büchern über „Die drei Musketiere“.

Dieser Artikel wurde erstmals im November 2013 veröffentlicht. Aus Anlass des Google Doodle zu Alexandre Dumas wurde er neu publiziert.

Richard Chamberlain als Edmond Dantès in der Titelrolle einer Verfilmung von „Der Graf von Monte Christo“ (1975)
Richard Chamberlain als Edmond Dantès in der Titelrolle einer Verfilmung von „Der Graf von Monte Christo“ (1975)
Quelle: picture-alliance / obs

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