▷ "Die Blechtrommel" von Günter Grass

„Die Blechtrommel“ von Günter Grass

BUCHVORSTELLUNG: „DIE BLECHTROMMEL“

Gliederung:
Biographie von Günter Grass                4. Entstehungszeit               
Genre: Schelmenroman                5. Besonderheiten + Bewertung d. Buches
Inhaltsangabe                         6. Quellen

Zitat: „Die Kritiker lobten und verrissen das Buch. Grass wurde als Pornograph, Nihilist und  Lästerer dargestellt, aber ´die Blechtrommel` war äußerlich erfolgreich und ist ein monumentales Werk der Weltliteratur. Es ist eines jener Bücher, ´die man gelesen haben muss`.“             (Edgar Neis)

1. Biographie: Günter Grass
* 16.10.1927 in Danzig (heutiges Polen)
Sohn einer Kaufmannsfamilie → besaßen Kolonialwarengeschäft (wie Oskars Eltern im Buch)
1933-34 Volkshochschule u. Gymnasium Danzig → erste schriftstellerische u. künstlerische Erfahrungen
1944-46 Einberufung zum Luftwaffenhelfer → Verwundung, Lazarettaufenthalt, amerikanische Kriegsgefangenschaft
mit 19J. Arbeit auf Land u. in Kalibergwerk bei Hildesheim
1947 Versuch Abitur nachzuholen → „schmiss es hin, da er die Nase voll hatte“
danach Steinmetzlehre in Düsseldorf
1948-52 Studium der Graphik u. Bildhauerei an Kunstakademie Düsseldorf
1951-52 Reisen nach Italien und Frankreich
4J. später erste Ausstellungen von Plastiken und Graphiken in Stuttgart u. Berlin
+ schriftstellerisch tätig: Kurzprosa, Gedichte, Theaterstücke
mit 27J. Hochzeit mit schweizerischer Balletttänzerin Anna Schwarz + 1957 (30J.) Geburt der Zwillinge Franz und Raoul → 4J. später Geburt der Tochter Laura
Viele Förderpreise z.B. für Uraufführung von Theaterstück „Onkel, Onkel“ in Köln
1959 „Die Blechtrommel“ erscheint → internationale Anerkennung
Preise; Wahlkämpfe für SPD (mit Willy Brandt); politisch sehr engagiert; viele Veröffentlichungen (→ Werke siehe auf dem Handout)
1963 (mit 36J.) Aufnahme in die Berliner Akademie der Künste
2J. später Geburt des Sohnes Bruno Thaddäus
viele Preise; Wahlkämpfe für SPD
→ pol. Engagement (→ jetzt nicht ausführen)
1979 Der Film „Die Blechtrommel“ (G.G. führte Regie) erhält viele bedeutende Preise, u.a. Oscar für den besten fremdsprachigen Film
1973 Reise mit Willy Brandt nach Israel
1979 (mit 52J.) zweite Heirat mit Uta Grunert
1986-87 Aufenthalt in Calcutta (Indien)
Seit 1990 (Wende) Bemühungen um die Versöhnung von Ost- und Westdeutschland
→ für allmähliches Zusammenwachsen zur föderalistischen deutschen Kulturnation
1993 (mit 66J.) Austritt aus der SPD wegen Asylrechtsänderungen
10.12.1999 Literatur-Nobelpreis
heute 77 Jahre      

2. Genrespezifische Merkmale
Roman:      •  umfangreich
             •  als Prosatext verfasst
             •  fiktionaler (ausgedachter) erzählerischer Text
             •  dient der Unterhaltung
             •  Schilderung eines komplexen Geschehens

Schelmenroman:
(= Picaroroman; span. Picaro = Spitzbube, Schelm)
Handlung von Erlebnissen und Streichen eines Schelms
Held stammt aus niedriger sozialer Schicht
Protagonist schlägt sich mit List, Tücke und Betrügerei durchs Leben
Kritische Auseinandersetzung mit der damaligen Gesellschaft
Aufzeigen von satirischen und sozialkritischen Zügen
Desillusionierung von Oskar durch ironische u. satirische Bloßstellungen + groteske Verzerrung → Bsp.: als die polnische Post zerbombt wird, sieht er es als Angriff auf                                     seine Blechtrommel

Andere Schelmenromane:
Ägidius Albertinus "Der Landstörtzer Gusman von Alfarache" (1615)
H. J. C. von  HYPERLINK "https://www.wissen.de/xt/default.do?MENUID=40,156,538,547&MENUNAME=InfoContainer&OCCURRENCEID=.SL0011738713.TM01-FullContent&WissenID=QD4WnRQgpF5PBP1i2nDi10JCLHq7grXeXHfNRUUVJdEX1Gny4QBG|4029784945035128378/182718474/6/7063/7063/7003/7003/7063/- Grimmelshausen "Der abenteuerliche Simplicissimus" (1669)
A. R.  HYPERLINK "https://www.wissen.de/xt/default.do?MENUID=40,156,538,547&MENUNAME=InfoContainer&OCCURRENCEID=.SL0011758430.TM01-FullContent&WissenID=QD4WnRQgpF5PBP1i2nDi10JCLHq7grXeXHfNRUUVJdEX1Gny4QBG|4029784945035128378/182718474/6/7063/7063/7003/7003/7063/- Lesage "Gil Blas von Santillana" 1715-1735
J.  HYPERLINK "https://www.wissen.de/xt/default.do?MENUID=40,156,538,547&MENUNAME=InfoContainer&OCCURRENCEID=.SL0011792978.TM01-FullContent&WissenID=QD4WnRQgpF5PBP1i2nDi10JCLHq7grXeXHfNRUUVJdEX1Gny4QBG|4029784945035128378/182718474/6/7063/7063/7003/7003/7063/- Steinbeck, "Tortilla Flat" (1935)
Thomas  HYPERLINK "https://www.wissen.de/xt/default.do?MENUID=40,156,538,547&MENUNAME=InfoContainer&OCCURRENCEID=.SL0011761889.TM01-FullContent&WissenID=QD4WnRQgpF5PBP1i2nDi10JCLHq7grXeXHfNRUUVJdEX1Gny4QBG|4029784945035128378/182718474/6/7063/7063/7003/7003/7063/- Mann, "Felix Krull" (1954)

3. Inhaltsangabe (Unterteilung in 46 Kapitel)
1.Buch: 
– Selbstvorstellung Oskar Matzeraths als Insasse einer Pflege- u. Heilanstalt + Abhandlung über seine Vorfahren (Oma Anna + Opa Joseph + Geburt von seiner Mutter Agnes)
– Bericht über Verhältnis zw. Mutter u. Onkel Jan Bronski + Hochzeit v. Mutter mit Matzerath
– Oskars Geburt im Jahre 1924 in Danzig (Polen) → bekommt er scheinbar bewusst mit
3. Geburtstag: O. bekommt Blechtrommel (= Lebensbegleiter) geschenkt + Sturz von Kellertreppe → Einstellen des Wachstums (94cm)
Zersingen von Glas mit schriller Stimme → allerlei Schaden (Schutz vor Trommelwegnahme, Schaufenster, Uhren usw.)
O. Einschulung → nicht gemeinschaftsfähig, zersingt Brille der Lehrerin
Lernt lesen + schreiben bei Nachbarin Gretchen Scheffler → Goethe u. Rasputin als „Lehrer“
– Ungewollte Schwangerschaft seiner Mutter → übermäßiges Essen von Fisch → Tod durch Fischvergiftung + Beerdigung der Mutter
– 1937 Kennen lernen des Meister Bebra u. Roswitha Raguna → sind ebenfalls kleinwüchsig
– Reichskristallnacht: Zerstörung des Spielzeugladens von Sigismund Markus, wo er seine Blechtrommeln kaufte
2.Buch:
– 1939 erste Kampfhandlungen: pol. Post in Verteidigungszustand → Kämpfe um das Gebäude → pol. Post fällt, Jan Bronski wird erschossen → einige Zeit später besucht O. den Friedhof Saspe, wo Bronski erschossen wurde
– 1. Sept. (= Kriegsbeginn) Eingeständnis, dass O. erst seine Mutter u. dann Jan Bronski indirekt ins Grab  brachte
– Maria beginnt in Matzeraths Laden zu arbeiten → Oskars erste Liebe → anmutend amouröse Szenen → „Brausepulverorgien“ (nachher in Filmszene) → bringt Maria zum Orgasmus
– Maria ist schwanger → O. meint, er sei der Vater, trotz des Verhältnisses zw. Maria u. Matzerath → O. versucht vergebens Schwangerschaftsabbrüche
– 12.6.1941 Geburt von Kurt (Oskars Sohn od. Halbbruder) → verspricht ihm Blechtrommel
– Gemüsehändler u. Nachbar Greff erhängt sich an selbstgebastelten kunstvollen Balken → seit dem ist Freitod für O. die „würdigste u. schönste Art zu sterben“
– O. reist zusammen mit Bebra u. Roswitha (und zwei Akrobaten) an die Westfront → spielen Fronttheater (Bebra als Clown, Akrobaten verknoten sich, O. zersingt Glas, Roswitha macht Männern schöne Augen + kleine Zaubertricks) → O. ist sehr angetan von Paris
Roswitha stirbt bei Angriff der Alliierten → Trennung von Bebra → O. kehrt nach Hause zurück (herzliche Begrüßung von Matzerath) → schenkt Kurt zum 3. Geburtstag die versprochene Blechtrommel → dieser zerschlägt sie sofort zu Schrott
Gründung der Jugendgruppe „die Stäuber“ (O. als Anführer)→ begehen viele Verbrechen, Einbruche, Plünderein und Diebstähle → O. lässt sich in einer Kirche als Jesus feiern (Kapitel: „Nachfolge Christi“)→ werden erwischt → O. gesteht vor Gericht als einziger nicht, sondern gibt sich als Opfer aus
– Brand u. Zerstörung Danzigs → bei Angriff: Tod Matzeraths durch Ersticken an Parteiabzeichen → Beerdigung Matzeraths u. der Blechtrommel + Entschluss wieder zu wachsen (mit 21J.), da er jetzt Vollwaise ist
– O. wird krank → Fahrt mit Maria u. Kurt im Güterzug Richtung Westen → Ausbildung eines Buckels bei O. + Einlieferung ins Krankenhaus → Mai 1946 Verlassen der Klinik mit 1,23m Größe → Beginn eines neuen erwachsenen Lebens
3.Buch:
– Besuch von Volkshochschulkursen u. andere Tätigkeiten → Frühjahr 1947 Einstellung als Praktikant in Steinmetzlehre → wird beim Schriftklopfen von Grabsteinen eingesetzt
– 1948 O. macht Maria Heiratsantrag → sie lehnt diesen ab → Feststellung für O., dass er kein „guter Bürger“ mehr werden kann
– O. stellt sich als Aktmodell der Kunstakademie zur Verfügung → O. soll sich mit einer Blechtrommel zeichnen lassen → kann nicht widerstehen
– O. lässt sich zusammen mit anderer Frau (Ulla) zeichnen → Maria ist enttäuscht über ihn + kündigt gemeinsame Wohnung → O. zieht bei Fam. Zeidler als Untermieter ein
– O. verguckt sich in Nachbarin u. Krankenschwester Dorothea → fängt aus Eifersucht zum Arzt Briefe von ihr ab und beschattet sie
– Gründung einer Jazzband mit Klepp u. Scholle (O. ist Schlagzeuger) → spielen anfangs regelmäßig im Gasthaus „Zwiebelkeller“ → lukrativer Vertrag mit Konzertagentur
– vorher Reise in die Normandie → nach Rückkehr Begegnung mit Meister Bebra = Chef der Agentur → Bebra stellt O. über seine Morde bzw. veranlasste Tode zur Rede → danach Unterzeichnung des Arbeitsvertrages → O. wird durch Tourneen ein sehr reicher Mann + Plattenaufnahme, Interviews, Annerkennung (er will seine Erfolge aber nicht weiter ausführen) → kauft Maria ein modernes Feinkostgeschäft
– Nach Rückkehr von einer Tournee ist Bebra tot → O. sagt Tourneen ab → macht aus Trauer lange Spaziergänge mit geliehenem Rottweiler (aus Tierheim)
– Hund stöbert weiblichen Finger mit Ring auf + O. steckt den Finger samt Ring ein u. konserviert ihn in Spiritus →  Anwohner Vittlar zeigt O. an → Finger eventuell von der ermordeten Dorothea  → Freundschaft mit Vittlar
– O. reist (um Verdacht zu bestärken, da er eh festgenommen wird) nach Paris, wo er auf der Rolltreppe einer Metrostation festgenommen wird → er stellt sich den Polizeibeamten mit „Ich bin Jesus!“ vor
– heute ist O. 30 Jahre alt → Prozess wegen Ringfinger wird neu aufgerollt u. sein Anwalt ist zuversichtlich, dass Oskar freigesprochen wird, da jemand anders Schwester Dorothea umgebracht haben soll

4. Entstehungszeit
entstand im Jahre 1956 bis 1959 in einem kleinen Pavillon in einem Pariser Hinterhof, wo G.G. damals mit seiner Frau Anna lebte
Ursprung d. Blechtrommel in Figur eines Säulenheiligen → Gedichtzyklus „der Säulenheilige“
(→ nichts genaueres bekannt)

5. äußerliche und inhaltliche Besonderheiten / Bewertung
Viele lange, verschachtelte Sätze (= Hypotaxen)  → oft über eine Seite!;
aber auch Parataxen u. Ellipsen (sehr selten)
Ständiger Wechsel d. Erzählperspektive: Ich-Erzähler zu personalen Erzähler mit auktorialen Zügen, obwohl er immer von sich redet → Seite 74 unten: ich→Oskar→ich
 zwischendurch (Kapitel  32 „Wachstum im Güterwagen“) Personalerzähler Bruno
Aufbau als Autobiographie von Oskar → Wechsel von 2 Romanebenen: die Erzählzeit, in der Oskar seine Biographie schreibt (1952-54) und Zeit, von der erzählt wird (1899-54)
Einbezug von Lyrik (Gedichte und Lieder) u. Dramatik („Bebras Fronttheater“ als Theaterstück)
Oskar erklärt kleinlichst, was u. wie er alles macht, sagt aber nie warum (z.B. Liebe zur Trommel, Glaszersingen usw.) → das ganze Buch lässt Spekulationen  u. Vermutungen zu
Viele Parallelen zu Grass’ Biographie: z.B….
Aufwachsen im Danziger Stadtteil Langfuhr während 20er Jahre (Kindheit + Jugend)
Sohn eines kleinen Kolonialwarenhändlers
In Familie mehrere Nationalitäten
Gelangt nach Kriegsende nach Westdeutschland
Steinmetzlehre
•    Grass bricht Tabus mit erschreckender Leichtigkeit → dabei verstört u. fasziniert er den Leser
    Beispiele für ekelerregende Szenen: (→ genau, oft seitenlange Ausführungen!)
findet, dass er Jesus ähnelt → spielt ihm an seinem „Gieskännchen“ rum (Seite 141)
das „Erzählen“ mit Herberts zuckenden Narben auf dem Rücken
Vergehen an / Bespringen einer hölzernen Galionsfigur (nachdem Schlitz gemacht) → Herbert hängt tot u. mit steifem Glied an Figur
Schlucken einer Brühe mit Kieselsteinen, Fröschen, Urin usw.
Bei Zerstörung des Spielzeugladens: Verrichtung kleiner u. großer Geschäfte auf Spielzeuge u. Vergehen an Puppen
Brausepulver mit Oskars Spucke auf Marias Hand u. Bauchnabel
Sitzt oft unter den 4 Röcken seiner Großmutter → Geruch von ranziger Butter → Vorstellungen von einem Familienfest im Bauch der Großmutter
Bei Aktmalerei: Beschreibung wie sich Ulla breitbeinig vor Student hinsetzt u. sie feucht wird
Scheußlich, anormal, penetrant, unappetitlich, abstoßend, ekelhaft, zum Erbrechen, grässlich, widerwärtig, absurd, schockierend, abscheulich, bestialisch, ungeheuerlich…
Aalfang mit Pferdekopfkadaver….

Zitat: „Grass läßt keine Gelegenheit aus, ungewöhnlich groteske, abnorme, widerwärtige, ekelerregende, krankhafte, psychopatische, schizophrene, fäkalische, sexuell-perverse, blasphemische Szenen und Exzesse darzustellen, und dies in solch einem Umfang, in solch einer Vielfalt und solch einer grob realistischen, plastischen Darstellungsweise, daß der Leser nicht umhin kann, sich drein zu ergeben, das Gebotene nur noch von der humorvollen Seite zu nehmen, sich über die immer neuen Erfindungen der abstrusen Abendteuer des Giftzwerges Oskar Matzerath zu amüsieren und verwundert – wenn er nicht moralisch betroffen sein will – den Kopf zu schütteln.“

Zitat: „Die Blechtrommel ist fraglos eines der schockierendsten Bücher, die je geschrieben wurden…“                                             (Walter Widmer)

Zitat:  “…Die einzige Moral, die sich aus diesem Buch ergibt, ist, daß es keine Moral gibt…“
 

1 comment… add one
  • äh, ja…. wo sind die quellen? vom wem stammt das 1. und das 3. zitat?!
    man, das hilft einem so auch nicht weiter. -.-

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