Eine Frau, Mitte 30, die immer nur allen gefallen will, sehnt sich nach einem anderen Leben, gr��erer Selbstbestimmung und einem tieferen Gl�ck. Diese Selbstfindung ist der Unterboden einer Geschichte, die sich erfreulicherweise selbst nie zu ernst nimmt. „Ein Moment f�rs Leben“ (TV60Filmproduktion), die dritte ZDF-Verfilmung eines Cecelia-Ahern-Romans, setzt auf das genre�bliche Gl�cks(suche)motiv & kom�diantische Momente, auf Wahrhaftigkeit & Ironie. Diese h�chst filmogene Dram�die bietet eine breitere Palette an Lesarten an, als es f�r die Romantikschiene im ZDF �blich ist. Und das Trio Julia-Maria K�hler, Steve Windolf & Anatol Taubmann ist – gemessen mit anderen „Herzkino“-Casts – einfach unschlagbar.
Foto: ZDF / Mathias BothorWie lange ist Blake (Wayne Carpendale) noch der Traummann f�r die gefalls�chtige Lucy (Julia-Maria K�hler)? Cosmo (Anatole Taubman), der sich als Lucys Leben vorstellt, wird im Film so etwas wie ihre innere Stimme. Und die r�t ihr ab von Blake.
Eine junge Frau, die immer nur gefallen will, versucht einen Neuanfang
Lucy (Julia-Maria K�hler) will es sich auf gar keinen Fall anmerken lassen, dass es ihr nicht gut geht. Am liebsten w�rde sie es auch selbst ignorieren: dass ihr Langzeitfreund Blake (Wayne Carpendale) sie verlassen und sie sich daraufhin um ihren Top-Job gedolmetscht hat und nun als �bersetzerin von Gebrauchsanweisungen ein tristes Dasein fristet. Das einzige, was ihr stets gut gelingt, ist das L�gen. Ob bei ihrem ignoranten Vater (Hanns Zischler), ob bei ihren vermeintlichen Freunden oder ihrer neuen Chefin: immer trumpft sie auf mit neuen Geschichten – und immer ist sie dabei die Gr��te, die Perfekteste, die Erfolgreichste. Das alles �ndert sich schlagartig, als Cosmo (Anatole Taubman) auftaucht und nicht mehr von ihrer Seite weicht. „Ich bin dein Leben“, sagt er und will sie von einem Neuanfang �berzeugen: „Du lebst nicht, du existierst nur noch.“ Und siehe da, die sch�ne Frau, die immer nur wahrgenommen und gefallen wollte, sehnt sich pl�tzlich nach einem anderen, einem tieferen Gl�ck. Vielleicht ja doch wieder mit ihrem Blake, der als Fernsehkoch auf Reportage-Weltreise frei von Zw�ngen und Bindungen sein wollte, sich nach seiner R�ckkehr nach Irland allerdings mit der Rolle des Ex-Ex durchaus wieder anfreunden k�nnte. Und Lucy schwankt noch zwischen altem und neuem Leben, zwischen Blake, den sie vor einigen Monaten unbedingt heiraten wollte, und Don (Steve Windolf), dem sympathischen Teppichreiniger von nebenan, der ihre Lust an der Lust wieder geweckt hat und der f�r sie durchaus auch als l�ngerfristiges Liebesobjekt infrage kommen k�nnte.�
Foto: ZDF / Reiner BajoWirklich nur "reine Chemie, �bersprungshandlung"?, wie Lucy (Julia-Maria K�hler) den Spontan-Sex mit Teppichreiniger Don (Steve Windolf) vor Cosmo (Brown) abtut. Doch wer Don Lockwood hei�t und mit einem absoluten "Singing in the Rain"-Fan im Angesicht des Filmplakats Sex hat – der sollte eigentlich der Richtige sein.
Selbstfindung, Komik, Romantik, Ironie & ein Hang zum Meta-„Herzkino“
Es dauert 25 Filmminuten, bis die attraktive Heldin von „Ein Moment f�rs Leben“ die traurige Wahrheit ihrer augenblicklichen Existenz erkennt. Und auch was ihren lieblosen, rigiden Vater betrifft und die sich ungl�cklich an die Familienzw�nge („ein Silchester weint nicht“) anpassende Mutter, da gehen ihr so langsam die Augen auf. Das ist f�r eine Mittdrei�igerin sp�t, aber besser sp�t als nie. Diese Selbstfindung ist der Unterboden einer Geschichte, die sich erfreulicherweise selbst nie zu ernst nimmt. Diese dritte ZDF-Verfilmung eines Cecelia-Ahern-Romans setzt sowohl auf das genre�bliche Gl�cks(suche)motiv, was im Film selbst mit dem Begriff „K�chenpsychologie“ ironisiert wird, als auch auf das kom�diantische Element. Dieser Dram�dien-Effekt ist aber nicht der einzige Grund, weshalb sich diese Geschichte einer Wandlung von der fremdgesteuerten zur selbstbestimmten jungen Frau sehr erfrischend von anderen „Herzkino“-Plots unterscheidet. Denn den Drehbuchautorinnen Carolin Hecht und Sabine Gl�ckner gelingt eine Transzendenz im vermeintlich Trivialen, die durchaus etwas Wahrhaftiges besitzt und die zugleich in ihrer verspielten Art der Pr�sentation Laune macht. Anatole Taubman als das Leben der Heldin ist die Ironie in Person, ein gro�er Kom�diant in einer letztlich angenehm kleinen Geschichte. Vor allem dieses phantastische Moment enthebt den Film von der Banalit�t des Alltags und gibt ihm eine Portion Leichtigkeit. Und die zahlreichen „Singing in the Rain“- Zitate setzen dem lockeren Spiel ein Kr�nchen auf.
Foto: ZDF / Reiner BajoOb Ausstattung, Look oder Besetzung (einen wie Anatole Taubman sieht man selten am Sonntag im ZDF) – in dieser Cecelia-Ahern-Verfilmung ist alles eine Spur frecher, frischer & undeutscher. Da st�rt es nicht einmal, dass deutsche Schauspieler in Irland Iren spielen. Das k�nnte u.a. mit der verspielten Ironie zu tun haben.
Moderner, junger, frischer & besser besetzt als im ZDF-Sonntagsfilm �blich
„Ein Moment f�rs Leben“ f�hlt sich rund zwei Jahrzehnte j�nger an als die meisten ZDF-„Herzkino“-Filme – und das hat nur bedingt etwas mit dem Alter der jeweiligen Akteure zu tun, wohl schon eher mit dem Alter der Vorlagengeberin (Cecelia Ahern ist Jahrgang 1981) und ihrem bewussteren und modernen Umgang mit Alltag, Psychologie und �sthetik.
Diese Dram�die bietet eine breitere Palette an Lesarten an, als es gemeinhin f�r die Romantikschiene im ZDF �blich ist. Es ist vor allem die Ironie, die diesen Frauenstoff auch f�r M�nner oder Kitsch-Ver�chter beiderlei Geschlechts goutierbar macht. Und es sind selbstredend auch die Schauspieler, die von vornherein f�r diesen Film einnehmen. Julia-Maria K�hler, Anatole Taubman oder Steve Windolf – alle drei sind in dieser Geschichte absolute Sympathietr�ger, ja selbst Wayne Carpendale d�rfte trotz seiner Egoistenrolle die Aufmerksamkeit so mancher Zuschauerin auf sich ziehen. Auch das ist ein Unterschied zu anderen Sonntagsfilmen im ZDF, bei denen sich fehlender Charakter zumeist auch in einer langweiligen Besetzung spiegelt. Und seien wir ehrlich (schlie�lich ist Ehrlichkeit eine im Film propagierte Eigenschaft), auch bei den Identifikationsfiguren sind es mehr als nur deren „innere Werte“, es ist ma�geblich auch deren �u�eres, die Qualit�t des Aussehens, Charme, Charisma und Sexyness, das besonders in Filmen der leichten Gangart f�r sie einnimmt. In diesem Punkt sind K�hler (allein die Variationsm�glichkeiten ihrer Haarpracht sind enorm), Taubmann & Windolf – verglichen mit anderen „Herzkino“-Casts – einfach unschlagbar.
Foto: ZDF / Reiner Bajo"Hello again". Dann steht Blake (Carpendale) pl�tzlich auf der Matte und Lucy (K�hler) wird wieder schwach und verbannt Cosmo aus ihrem Leben. Aber will sie wirklich nur die Frau an der Seite eines Mannes sein. Was aus solchen Ehen wird, sieht sie an ihren Eltern. Au�erdem will sie sich nicht l�nger ihr Dasein sch�n l�gen.
Die Sinnlichkeit der Bilder: eine Inszenierung, die sich sehen lassen kann
Aber Sinnlichkeit steckt auch in den Bildern. Von der ersten Einstellung an verw�hnt diese Ahern-Verfilmung das Auge des Betrachters mit edlem Look, satten, klaren Farben, starken Kontrasten. Jophi Ries, von Haus aus Schauspieler („SOKO K�ln“), zeigt nach „Ein Sommer auf Lanzarote“ in seinem zweiten Film als Regisseur also viel mehr als nur ein gro�es Gesp�r f�r sein urspr�ngliches Metier. Und Ralf Noacks Kameraarbeit steht in dieser Dramedy in nichts seinen vorz�glich fotografierten Krimi-Grotesken, dem „Tatort – Der treue Roy“, den� „Metzger“-Filmen und dem furiosen „Zorn – Kalter Rauch“ nach. Aber auch das Szenenbild erz�hlt die Geschichte am�sant mit (so l�sst sich an der Positionierung des Riesen-„Singing in the Rain“-Plakats die psychische Verfassung der Heldin ablesen), genauso wie die kleinen Gesten der Schauspieler. Wer K�hlers Lucy die ersten Minuten in Augenschein nimmt, erkennt eine Frau, die gefallen will, den �u�eren Schein liebt und die nach au�en hin perfekt sein will. Da h�tte es gar nicht der Explizitheit im Dialog bedurft. Dramaturgisch etwas aufgesetzt und emotional �berfl�ssig wirkt auch die L�uterung von Lucys Vater. Der Verzicht auf diese Szene h�tte einem Hanns Zischlers Tr�nen erspart, die wenig zu dieser Rolle, so ganz & gar nicht zum Stil dieses Klasse-Mimen passen und die der Situation eine falsche Tonlage geben. Da ist die „Analyse“ der Beziehungssituation durch die Heldin schon etwas zeitgem��er: „Ich liebe dich nicht; also ich glaube, ich bin mir ziemlich sicher, dass ich es bald tun werde; obwohl ich nichts versprechen kann; es k�nnte auch alles in Tr�nen enden.“
Mit solchen Bildern l�sst man sich das "Herzkino" gern gefallen. K�hler & Taubman
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
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