Vierzehn deutsche Regisseure für dreizehn Kurzfilme in einem Projekt über Deutschland. Jeder hat höchstens zwölf Minuten, um seinen ganz spezifischen Blick auf dieses Land zu entwerfen. Jeder für sich. Und alle zusammen.
Sicher gibt es da schwächere Filme in dieser Kompilation; aber neun, zehn bemerkenswerte Kurzfilme sind ein hervorragender Schnitt. Dreizehn Filme mit individueller Handschrift, individueller Form, individuellen Ideen und Themen. Dreizehn verschiedene Filme, die dennoch zusammenpassen.
Vierzehn Regisseure beschäftigen sich mit Deutschland: das ist zuallererst auch deshalb interessant, weil es den Direktvergleich der Filmemachern ermöglicht, weil es Schlaglichter wirft auf ihre bisherige Arbeiten, auf Arbeitsweise, auf Vorlieben und Sichtweisen, gerade auch im Kontrast (in Ton und Thema) mit den anderen.
Zudem ergibt sich eine spezielle Dynamik unter den Kurzfilmen, die teils dramatisch, teils essayistisch, teils dokumentarisch, teils biographisch, teils nach wahren Begebenheiten, teils komplett erfunden, teils sehr ernst, teils überdreht und albern sind.
Fatih Akin etwa hat ein Interview der Süddeutschen mit Murat Kurnaz, fünf Jahre lang unschuldig Gefangener auf Guantanamo, nachinszeniert, mit einem zugegebenermaßen künstlich agierenden Dennis Moschitto, aber auch mit starken Sätzen gegen die Gleichgültigkeit, ja Feindseligkeit der Politik, sprich: von Steinmeier. Hans Weingartner erzählt die wahre Geschichte von Andrej Holm nach, der elf Monate lang unschuldig Opfer eines groß angelegten Lauschangriffs des Verfassungsschutzes war, um dann angeklagt zu werden als sogenannter Gefährder; der dann unter Umkehrung des Rechtsgrundsatzes der Unschuldsvermutung beweisen musste, kein Terrorist zu sein.
Eine feine Rachefantasie hat dagegen Hans Steinbichler verfasst: Sepp Bierbichler läuft Amok gegen die Layout-Änderung der FAZ (und übersieht bei aller Rage über das oberflächliche Zeitungsaussehen die Schlagzeile, die von einem möglichen Frieden zwischen Nord- und Südkorea kündet). Isabelle Stever blickt mit der Kamera in eine Grundschule, wo per Klassenrat über das Völkerballspiel im Sportunterricht debattiert wird, eine kleine Demokratiestunde. Dani Levy wird ganz albern, viel mehr noch als in seinem Führer-Film: gegen Schwarzsehen gibts jetzt ein Medikament, das alle Welt freundlich und fröhlich macht doch Vorsicht bei Überdosierung. Überdosiert ist dagegen sicherlich Wolfgang Beckers Beitrag über den Patienten Deutschland in einer maroden Klinik, eine ziemlich dürftige Satire auf billigstem Politkabarettniveau inkl. Stammtischwitz, aufgebaut auf einer simplen Krankenhausmetapher und durchsetzt mit vielen vielen Kalauern vom Sozialinfarkt und Umverteilungsschock, von Subventionsadrenalin und Dr. Katelbach, der nicht kommt.
Erinnerungswürdig dagegen Dominik Grafs und Martin Gressmanns fast lyrischer Abgesang auf die hässliche Architektur der Nachkriegszeit, die kalten Stahl-Glas-Konstruktionen weichen muss und Deutschlands Gesicht ändert. Und Romuald Karmakars Interview mit einem Iran-stämmigen Puffbetreiber, der sch über die Perversionen seiner Kunden auslässt, die immer schlimmer werden.
Das ist vielleicht der Tenor vieler der Filme und von daher bei aller Individualität, bei aller nicht-repräsentativer Auswahl in dem ganzen weiten Panoramablick über die deutsche Film-, Kultur-, Gesellschafts- und Politiklandschaft: ein Zukunftspessimisus macht sich breit in unterschiedlicher Form, aber stets mit der These, dass etwas im Wandel begriffen ist. Und dass dieser Wandel nicht zum Besseren führen wird.
Doch dieser Pessimismus führte zu einem lebendigen Film; nicht zu verfilmten Leitartikeln und auch nicht zu banalen Allgemeinplätzen.
Fazit: Dreizehn mal ganz verschiedene Blicke auf die aktuelle Lage der Nation: kurzweiliges und nachdenkliches Vergnügen.