Der Jagdbomber Panavia 200 Tornado im Dienst der Bundeswehr
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Panavia 200 Tornado: Vielseitiger Jagdbomber im Dienst der Bundeswehr

Welche Varianten des Jagdbombers Tornado gibt es, welche Höchstgeschwindigkeit erreicht das Flugzeug, wie viele Maschinen hat die Bundeswehr im Einsatz? Die Antworten auf die wichtigsten Fragen zum Panavia Tornado.

Köln – Im Kölner Westen fliegen derzeit immer wieder Kampfjets vom Typ Eurofighter und Jagdbomber vom Typ Tornado über die Köpfe der Einwohner. Die Flugzeuge sind auf dem Fliegerhorst Nörvenich bei Düren stationiert und proben für den Ernstfall. Zwar werde versucht bewohnte Gebiete nicht zu überfliegen, erklärte das Luftfahrtamt des Bundeswehr, aufgrund der dichten Besiedlung in NRW sei dies jedoch nicht immer zu vermeiden. Militärische Übungsflüge sind von Montag bis Freitag bis spätestens 24 Uhr Ortszeit erlaubt, weshalb die Kölner teilweise auch abends Zeuge der Fliegerübungen werden.

Der Panavia 200 Tornado oder PA-200 Tornado, im Volksmund in den Regel nur Tornado genannt, ist ein Jagdbomber, der von 1979 bis 1998 produziert wurde. Bei der deutschen Bundeswehr und ihrer Luftwaffe sind drei Varianten des Flugzeugs im Einsatz.

  • Tornado IDS: Beim Tornado IDS (Interdiction Strike) handelt es sich um die Basisversion des Jagdbombers. Er dient der Unterstützung von Bodentruppen, führt Luftangriffe auf feindliche Einrichtungen und Stellungen durch und kann Luftnahunterstützung leisten. Er ist mit zwei Bordkanonen von Typ Mauser BK-27 bestückt, die er mit einer Kadenz von 1.000 oder 1.700 Schuss Munition pro Minute abfeuern kann. Pro Kanone können 180 Schuss Munition mitgeführt werden. Außerdem kann er mit Luft-Luft-Raketen sowie Bomben für Luft-Boden-Angriffe bestückt werden.
  • Tornado ECR: Auf Forderung der Luftwaffe wurde aus der IDS-Version die Variante ECR (Electronic Combat Reconnaissance) entwickelt, die von Januar 1990 bis September 1991 ausgeliefert wurde. Diese dient dem Aufspüren, Identifizieren und eventuellen Bekämpfen feindlicher Radaranlagen, weshalb der Tornado ECR über zusätzliche und verbesserte Systeme zur Lokalisierung entsprechender Ziele verfügt, darunter das Emitter Location System (ELS). Um Platz für diese Systeme zu schaffen, wurden bei dieser Variante die Bordkanonen entfernt. Der Tornado ECR kann mit Luft-Luft-Raketen zur Selbstverteidigung, vor allem aber Luft-Boden-Waffen zur Bekämpfung von gegnerischen Radaranlagen ausgestattet werden. Hierbei kommen vor allem „High Speed Antiradiation Missiles“ (HARM) zum Einsatz.
  • Tornado Recce: Hierbei handelt es sich um eine umgebaute Version des Tornado IDS. Seit 2009 verfügt die Luftwaffe über das digitale Aufklärungssystem „RecceLite“, der Tornado Recce wurde daran angepasst. Er dient in erster Linie zur Aufklärung, weshalb ein „Pod“ genannter Behälter unter dem Rumpf des Flugzeugs, in dem Aufklärungssensoren (optisch und Infrarot) mitgeführt werden, zur Grundausstattung des Tornado Recce gehört. Er verfügt über keinerlei Luft-Boden-Waffen, besitzt zur Verteidigung jedoch die beiden Bordkanonen vom Typ Mauser BK-27 und kann mit Luft-Luft-Raketen bestückt werden.

Der Jagdbomber Tornado in Zahlen

Zwei Recce-Tornados der Luftwaffe der Bundeswehr starten im Einsatz gegen den IS von der Militärbasis in Incirlik in der Türkei am 8. Januar 2016
Zwei Recce-Tornados der Luftwaffe der Bundeswehr starten im Einsatz gegen den IS von der Militärbasis in Incirlik in der Türkei © Falk Bärwald/Bundeswehr/dpa

Derzeit hat die Bundeswehr 95 Maschinen vom Typ PA-200 Tornado im Bestand, von denen 85 Stück bei den Einsatz- und Ausbildungsverbänden der Luftwaffe im Einsatz sind. Beim Flug auf Autopilot kann der Tornado auf eine Flughöhe von 60 Metern heruntergehen, bei manueller Steuerung sogar bis auf 30 Meter. Im Tiefflug kann er eine Höchstgeschwindigkeit von Mach 1,3 (entspricht 1.605,24 km/h) erreichen. Die Flügelstellung der Tragflächen kann stufenlos zwischen 25 und 67 Grad Pfeilung verstellt werden, wobei 25, 45 und 67 Grad die drei Grundeinstellungen sind. Bei einer Pfeilung von 25 Grad und niedrigen Geschwindigkeiten ist eine hohe Manövrierfähigkeit des zweistrahligen Mehrkampfflugzeugs gewährleistet. Der Tornado ist ein zweisitziges Kampfflugzeug: Im vorderen Cockpit nimmt in der Regel der Pilot Platz, im hinteren Cockpit der Waffensystemoffizier.

Leergewicht14 t
Maximales Startgewicht28,5 t
Länge17,23 m
Höhe5,95 m
Spannweite bei 25 Grad Pfeilung13,91 m
Spannweite bei 67 Grad Pfeilung8,56 m
HöchstgeschwindigkeitMach 1,3 (1.605,24 km/h)

Was kostet ein Tornado-Kampfjet?

1976, also drei Jahre vor der Produktionsreife, rechneten die Entwickler mit einem Preis von 29,2 Millionen DM pro Flugzeug, zuzüglich weiterer 15 Millionen DM für zusätzliche Ausgaben für Ersatzteile, Waffen, Bodengeräte und Ausbildung. 1995 – zu diesem Zeitpunkt waren bei der Bundeswehr 339 Tornados im Einsatz – wurde ein Stückpreis von 55 Millionen DM errechnet. Da die Produktion des Kampfflugzeugs 1998 endete, gibt es keine Euro-Preise für den PA-200 Tornado.

Ein Kampfjet vom Typ Tornado IDS beim Start vom Flughafen Berlin-Schönefeld im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Juni 2016
Ein Tornado IDS beim Start vom Flughafen Berlin-Schönefeld im Rahmen der Internationalen Luft- und Raumfahrtausstellung (ILA) im Juni 2016 © Carsten Vennemann/Bundeswehr/dpa

Der Tornado: Ein Flugzeug mit Geschichte

1967 schlossen sich die Niederlande, Belgien, Kanada, Italien und die Bundesrepublik Deutschland zur F-104-Replacement-Group zusammen, um einen Ersatz für das titelgebende Flugzeug, vor allem als Starfighter bekannt, zu entwickeln. Großbritannien suchte zur gleichen Zeit nach einem Nachfolgemodell für die Canberra und schloss sich der Gruppe noch im gleichen Jahr an. Dafür zogen sich bereits 1968 Kanada und Belgien aus dem Projekt zurück, wenig später folgten die Niederlande. Die verbliebenen Partner Deutschland, Großbritannien und Italien einigten sich auf die Entwicklung eines Mehrzweckkampfflugzeugs, das sich im möglichen Kampf gegen Truppen des Warschauer Pakts vor allem durch Robustheit und Wehrhaftigkeit auszeichnete, zum extremen Tiefflug bei jedem Wetter fähig war und vielseitig einsetzbar war.

Aus jedem Partnerland beteiligte sich ein Industriekonzern an dem Projekt: Aus Großbritannien die British Aircraft Corporation (BAC), aus Deutschland Messerschmitt-Bölkow-Blohm (MBB) und aus Italien Fiat Aviazione. Diese drei Firmen schlossen sich in der unabhängigen internationalen Panavia Aircraft GmbH mit Sitz in München zusammen. Die Entwicklung des neuen Kampfflugzeugs begann am 20. Juli 1970, am 14. August 1974 fand der erste Testflug des Prototypen P01 in Manching in Deutschland statt. 1976 wurde der Name des neuen Flugzeugs von MRCA (Multi-Role-Combat-Aircraft) zu Tornado geändert. Insgesamt wurden zehn Prototypen entwickelt, von denen einer jedoch lediglich für Bodentests verwendet wurde und nie abhob.

1979 begann die Serienproduktion des Tornado, 1980 wurden das erste Flugzeug des Typs an das Tri-National Tornado Training Establishment (TTTE), einen gemeinsamen Ausbildungsverband der drei Entwicklerländer, geliefert. 1982 wurden Einsatzverbände in Deutschland und Großbritannien mit dem Tornado ausgerüstet, zwei Jahre später folgte Italien. 1986 kam Saudi-Arabien als erster und einziger Exportkunde des Tornado hinzu. 1989 überlegte das US-Verteidigungsministerium, den Tornado als Ersatz für die Phantom F-4G zur Unterdrückung feindlicher Luftabwehr anzuschaffen, entschied sich jedoch dafür, diese Rolle von der F-16 übernehmen zu lassen. 1991 überlegte das südkoreanische Militär die Anschaffung von 50 Tornados vom Typ ECR, gab diese Absicht jedoch wieder auf, nachdem es zu Produktionsverzögerungen aufgrund technischer Probleme kam. Bis zum Produktionsende im Jahr 1998 wurden insgesamt 992 Maschinen vom Typ Panavia 200 Tornado gefertigt.

Welche Länder haben den Jagdbomber Tornado?

  • Deutschland (359 Maschinen)
  • Großbritannien (398 Maschinen)
  • Italien (100 Maschinen)
  • Saudi-Arabien (120 Maschinen)

Der Panavia Tornado im Einsatz

Obwohl der Jagdbomber PA-200 Tornado ursprünglich für Konflikte mit Maschinen des Warschauer Pakts entwickelt wurde, kamen er gegen diese nicht zum Einsatz, sondern wurde seit den 1990ern in anderen Konflikten eingesetzt. Deutsche Tornados flogen Aufklärungsmissionen und bekämpften feindliche Radarstellungen im Bosnien-Konflikt und im Kosovo-Krieg, beides Folgen des Zerfalls Jugoslawiens. Britische, italienische und saudi-arabische Tornados kamen erstmals im Zweiten Golfkrieg zum Einsatz, unter anderem als Teil der „Operation Desert Storm“. Sie waren Teil der anti-irakischen Koalition, die sich den Truppen Saddam Husseins nach der Invasion Kuwaits entgegenstellten und diese letztendlich zurückschlugen.

Deutsche Tornados kamen später auch im Syrien-Konflikt zum Einsatz, britische und deutsche PA-200 Tornado wurden im Kampf gegen den IS eingesetzt. Die Aufklärungsversionen des Versionen des Tornado führten in Deutschland auch Einsätze im Inneren durch, wenn sie staatliche Stellen im Rahmen der Amtshilfe unterstützten. Dazu gehören die Suche nach Vermissten, die Jagd nach Straftätern, z.B. dem Kaufhauserpresser Arno Funke alias Dagobert, in deren Rahmen Tornados mit Infrarotkameras ICE-Trassen bei Nacht überwachten, sowie die Überwachung von Deichen, beispielsweise während des Elbhochwassers im Jahr 2002.

Ein Tornado ECR der Luftwaffe der Bundeswehr, der mit Anti-Radar-Raketen Vom Typ HARM ausgerüstet ist
Ein Tornado ECR der Bundeswehr, der mit HARM-Raketen ausgerüstet ist © Timm Ziegenthaler/Stocktrek/imago

Wird der Tornado durch die F-35 ersetzt?

Der Tornado gehört gewissermaßen zu den „alten Schätzchen“ der Bundeswehr und soll auf absehbare Zeit ersetzt werden. Schon jetzt übernehmen Eurofighter Typhoon bereits einige Aufgaben von Tornados, weshalb die Bundeswehr weitere Kampfjets dieses Typs geordert hat. Angesichts des Ukraine-Kriegs drängte Bundeskanzler Olaf Scholz auf eine schnellere Modernisierung der Bundeswehr. Zwar soll langfristig ein gemeinsam mit Frankreich und Spanien entwickeltes neues Flugzeug, Projektname Future Combat Air System (FCAS), die Tornados ersetzen, doch nach Expertenmeinungen ist nicht vor 2040 mit einem Einsatz der neuen Flieger zu rechnen. Daher verkündete das Verteidigungsministerium am 14. März, dass man amerikanische Kampfflugzeuge vom Typ F-35 vom Hersteller Lockheed Martin anschaffen werde, da diese „ein einzigartiges Kooperationspotential mit den Nato-Verbündeten“ bieten würden. Acht europäische Bündnispartner setzen das Kampflugzeug ein oder sind schon im Beschaffungsprozess. Die 85 Tornados der Bundeswehr sollen durch 50 Flugzeuge vom Typ F-35 ersetzt werden. Eine F-35 kostet 73 Millionen Euro, inklusive Waffensystemen und Ersatzteilen sogar stolze 100 Millionen Euro. Der wahrscheinliche Tornado-Nachfolger steht jedoch nicht nur wegen seiner hohen Anschaffungskosten in der Kritik: Im Sommer 2022 machten Berichte über einen Produktionsfehler bei den Schleudersitzen die Runde. (nbo) Mehr News auf der 24RHEIN-Homepage.

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