Antrag Nr. 15-0018/2024:
Prüfung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Baudezernenten der Landeshauptstadt Hannover Herrn Thomas Vielhaber / Darlegung von Daten zu Dichte und Geschossflächenzahl (GFZ) anderer vergleichbarer Bauprojekte in der Landeshauptstadt Hannover im Kontext zur Wasserstadt Limmer und Vorstellung eines schlüssigen Verkehrskonzeptes für Limmer durch den Oberbürgermeister Belit Onay

Inhalt der Drucksache:

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Prüfung der Einleitung eines Disziplinarverfahrens gegen den Baudezernenten der Landeshauptstadt Hannover Herrn Thomas Vielhaber / Darlegung von Daten zu Dichte und Geschossflächenzahl (GFZ) anderer vergleichbarer Bauprojekte in der Landeshauptstadt Hannover im Kontext zur Wasserstadt Limmer und Vorstellung eines schlüssigen Verkehrskonzeptes für Limmer durch den Oberbürgermeister Belit Onay

Antrag

Der Bezirksrat möge beschließen:

1. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover Herr Belit Onay wird als Hauptverwaltungsbeamter aufgefordert, die Einleitung eines Disziplinarverfahren gegen den Baudezernenten Herrn Thomas Vielhaber (Leiter Dezernat VI) gem. § 18 Abs. 1 Niedersächsisches Disziplinargesetz (NDiszG) i.V.m. §§ 33, 34 Beamtenstatusgesetz (BeamtStG) zu prüfen.

2. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover Herr Belit Onay und die Vorsitzende des Stadtentwicklungs- und Bauausschusses (ABau) Frau Dr. Elisabeth Clausen-Muradian werden gebeten, für eine Beweiserhebung gem. § 25 Abs. 1 NDiszG die von der Sitzung des ABau am 06.12.2023 routinemäßig für die Erstellung des Sitzungsprotokolls angefertigten Tonaufnahmen (§ 22 Abs. 1 - Protokoll - der Geschäftsordnung (GO) des Rates der Landeshauptstadt Hannover) zu sichern und diese als Beweismittel für die Gesamtbeurteilung des Sachverhaltes einzubeziehen bzw. für die durchzuführenden Untersuchungen allen an dieser beteiligten Institutionen für ein rechtsstaatliches Verfahren zur Verfügung zu stellen. Gegebenenfalls hierfür erforderliche Beschlüsse sind einzuholen (§§ 28 Abs. 1 NDiszG i.v.m. 94 Abs. 1 StPO).

3. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover Herr Belit Onay wird dringend aufgefordert, von der Tagesordnung der 37. Sitzung des ABau vom 06.12.2023 unter Top 6. Bauleitplanung von einer möglichen Umsetzung / Verwertung der Abstimmungsergebnisses der Punkte

- 6.1. Drucks. Nr. 1331/2023 Bebauungsplan Nr.1536 - Wasserstadt Limmer West - Fortführung des Verfahrens,

- 6.1.1. Drucks Nr. 1331/2023 E1 Bebauungsplan Nr. 1536 Wasserstadt Limmer West - Fortführung des Verfahrens, Hier: Änderungsantrag des Stadtbezirksrats Linden-Limmer (Drucks Nr. 15-1947/2023),



- 6.1.2. Drucks Nr. 2543/2023 - Änderungsantrag der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen zur Drucksache-Nr. 1331/2023: Bebauungsplan Nr. 1536 - Wasserstadt Limmer West - Fortführung des Verfahrens

abzusehen, bis durch eine eingehende Untersuchung die Kausalität des Zustandekommens der Abstimmungsergebnisse zu den genannten Punkten abschließend geklärt ist.

4. Der Oberbürgermeister der Landeshauptstadt Hannover Herr Belit Onay wird aufgefordert, zu anderen Neubaugebieten innerhalb der Landeshauptstadt Hannover vergleichbare Zahlen und Fakten hinsichtlich Dichte, Geschossflächenzahl (GFZ), Investoren und die jeweiligen Inhalte der Verpflichtungen zum Städtebaulichen Vertrag in Bezug auf „Höhe und Verwendung der Verpflichtungen zu öffentlichen Freiflächen“ im Kontext zum Flächenmaß darzulegen (bei Bedarf auch in nichtöffentlicher Sitzung). Des Weiteren ist ein umfassendes schlüssiges Verkehrskonzept für Limmer unter Berücksichtigung der zu erwartenden Einwohnerzahl vorzustellen.

Begründung

Es besteht begründeter Anlass zu der Annahme, dass Herr Thorsten Warnecke (Leiter 61 - Fachbereich Planen und Stadtentwicklung) im Verlauf der 37. Sitzung des ABau am 06.12.2023 mindestens grob fahrlässig unkorrekte und unvollständige Angaben bezüglich der Dichte zum Baugebiet in der Kesselstraße in Limmer im Vergleich zum geplanten Bauvorhaben 2. Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer (Was-serstadt Limmer West - Fortführung des Verfahrens) machte. Die Angaben wurden in Anwesenheit und mit Billigung des Stadtbaurates Herrn Thomas Vielhaber gegenüber Mandatsträgerinnen und Mandatsträgern sowie Bürgerinnen und Bürgern getätigt. In dem Verfahren zum 2. Bauabschnitt der Wasserstadt Limmer wurden seitens der Bauverwaltung der Landeshauptstadt Hannover keinerlei belastbare Daten zu Dichte und Geschossflächenzahl (GFZ) von weiteren vergleichbaren Wohnungsbauprojekten im Bereich der Landeshauptstadt Hannover (z.B. Neubaugebiet Kronsberg) den Mitgliedern des Rates zur Verfügung gestellt, was aber für eine neutrale Meinungsfindung unerlässlich gewesen wäre und in der Konsequenz die Annahme aufkommen lässt, dass die Mandatsträgerinnen und Mandatsträger in der o.g. Sitzung nicht die realistische Möglichkeit hatten, um über eine wertneutrale Meinungsbildung zu einem Abstimmungsergebnis zu gelangen, dass der Verantwortung des Mandats gerecht wird.

Herr Thomas Vielhaber hat es mindestens grob fahrlässig unterlassen, eine weitere alternative Verwendung (z.B. als Serverfarm / Parkhaus) der sogenannten „Conti-Altgebäude“ auf dem Gelände der Wasserstadt Limmer für einen Erhalt derselben zu prüfen und hat diesen Umstand auch eingeräumt. Eine Prüfung mit positivem Ausgang könnte den Abriss der „Conti-Altgebäude“ verhindern.

Es ist somit nicht auszuschließen, dass die mutmaßlich fehlerhafte fachliche Expertise der Darstellungen des Stadtbaurates Herr Thomas Vielhaber und des Herrn Thorsten Warnecke im kausalen Zusammenhang zum Abstimmungsverhalten der (stimmberechtigten) Mitglieder der Sitzung im ABau am 06.12.2023 beigetragen haben. Das Ergebnis der Abstimmungen zu den TOP 6.1. ff. lässt somit Fragen offen, über ein etwaiges modifiziertes Abstimmungsverhalten einzelner Mitglieder bei sachlich korrekten und umfangreichen Angaben, Zahlen, Projektvergleichen und Prüfungen aller Alternativen seitens der Bauverwaltung.


Zu dem einstimmig beschlossenen Interfraktionellen Antrag (Nr. 15-1947/2023) des Stadtbezirksrates Linden-Limmer aus der Sitzung vom 20.09.2023 wurde durch die Beschlussdrucksache 1. Ergänzung (Nr. 1331/2023 E1) des Fachbereiches 61.12 am 26.09.2023 dieser in den relevanten Punkten komplett mit den Worten „Es wird vorgeschlagen, dem Antrag nicht zu folgen“ ignoriert und somit die eindeutige Willensbekundung der Mandatsträgerinnen und Mandatsträger aus dem betroffenen Stadtbezirk Linden-Limmer als „ad absurdum“ geführt.

Durch den in der Sitzung des ABau am 06.12.2023 mehrheitlich gefassten Beschluss zum Bebauungsplan Nr. 1536 Wasserstadt Limmer West - Fortführung des Verfahrens wird der sogenannte 2. Bauabschnitt (BA) eine eklatant massive Verdichtung im Gegensatz zu 1. BA sowie zu anderen Neubaugebieten innerhalb des Stadtgebietes der Landeshauptstadt Hannover erfahren. Nur alleine mit dem erhöhten Bedarf an Wohnraum innerhalb der Landeshauptstadt lässt sich die angedachte Verdichtung nicht plausibel erklären, da vergleichbare parallellaufende Neubauprojekte dann eine ähnliche Verdichtung erfahren würden. In der Sitzung des Stadtbezirksrates Linden Limmer am 15.12.2021 hat der Anwaltsplaner der Bürgerinitiative (BI) Wasserstadt Limmer, der Architekt Mark Hömke, sehr anschaulich und beispielhaft verdeutlich, dass eine Verdichtung einem Investor einen ansehnlichen Gewinnzuwachs beschert. Die beispielhafte Kalkulation ist nachzulesen in dem Protokoll zur Sitzung des Stadtbezirksrat Linden-Limmer am 15.12.2021 (https://e-government.hannover-stadt.de/ lhhsimwebre.nsf/TO/20211215_STBR10_P). Nachvollziehbare fachlich fundierte Vergleichsdaten der Verwaltung wurden bis heute nicht vorgelegt.

Im Frühjahr 2022 fanden auf den Gelände der Wasserstadt Limmer Baumaßnahmen durch und im Auftrag des dortigen Investors, der Günter Papenburg AG, nach den Plänen der „Landschaftsarchitektur chora blau“ statt. Diese dort durchgeführten Arbeiten standen im Widerspruch eines einstimmigen Interfraktionellen Änderungsantrages (Drucks. Nr. 15-2722/2021 zur (Haupt-) Drucks. Nr.15-0655/2023) des dort für die Gestaltung originär zuständigen Stadtbezirksrates Linden-Limmer. Erst nach erwirkter Entscheidung der Kommunalaufsicht wurde durch die Verwaltung der Landeshauptstadt Hannover (67.20) die Zuständigkeit des Bezirksrates Linden-Limmer eingeräumt. Die vollständige Umsetzung des Änderungsantrages steht weiterhin aus. Durch den Stadtbezirksrat Linden-Limmer wurde in der Sitzung vom 19.04.2023 weiterhin in einem Interfraktionellen Änderungsantrag (Drucks. Nr. 0878/2023 „Neuanlage Grünzug Uferpark“) unter anderem unter „1. Der neu anzulegende Radweg erhält inklusive taktile Trennung eine Mindestbreite von 3,50 Metern und wird asphaltiert ausgeführt. (…)“. Die Antwort der Verwaltung hierzu lautete: „Im Bereich des Regenwasserrückhaltebeckens (RRB) kann der Radweg nicht breiter als 2,50m ausgeführt werden, da ansonsten das RRB umgebaut werden müsste, hierfür jedoch keine Finanzmittel zur Verfügung stehen. In der Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 20.06.2023 wurde erneut die durchgehende Breite des Radweges mit 3,50 Metern beschlossen (Antrag Nr. 15-1399/2023 N1). Auch dieser Antrag wurde mit Hinweis auf das „hierfür nicht zur Verfügung stehende Budget abgelehnt.“ Die Ablehnung erfolgte trotz des vorherigen Hinweises, dass gemäß einer Entscheidung der Kommunalaufsicht des Niedersächsischen Ministerium für Inneres und Sport das alleinige Recht für die Gestaltung des Uferparks der Wasserstadt Limmer beim Stadtbezirksrat Linden-Limmer liegt. Während für eine geforderte Verbreiterung des Radweges laut Verwaltung (67.22) keine finanziellen Mittel mehr ermöglicht werden konnten, wurden die Pläne der „Landschaftsarchitektur chora blau“ umgesetzt. Vor dem Hintergrund der „finanziellen Defizite“ bei der Gestaltung der öffentlichen Freiflächen wurde in der Sitzung des Stadtbezirksrates Linden-Limmer am 20.09.2023 eine Anfrage zum Thema „Verwendung der Verpflichtungen der WLG zu öffentlichen Freiflächen bis zu einem Betrag von 1.857.470,- €“ gestellt (Anfrage Nr. 15-1858/2023 / https://e-government.hannover-stadt.de/lhhsimwebre.nsf/DS/ 15-1858-2023)
Der Baudezernent Herr Thomas Vielhaber trägt als Leiter Dezernat VI die Gesamtverantwortung für die geschilderten Umstände.

Bei dem Bauderzernenten Herrn Thomas Vielhaber handelt es sich gem. § 2 Abs. 2 Satz 2 NBG um einen mittelbaren Landesbeamten und Mitglied des Leitungspersonals einer Kommune gem. § 107 Abs. 1 Satz 2 und 3 NKomVG.

§ 33 BeamtStG - Grundpflichten (1) Beamtinnen und Beamte dienen dem ganzen Volk, nicht einer Partei. Sie haben ihre Aufgaben unparteiisch und gerecht zu erfüllen und ihr Amt zum Wohl der Allgemeinheit zu führen. (…)

(*1) § 33 Kommentar - BeamtStG 2. Dienst für das ganze Volk (Absatz 1 Satz 1) § 33 Abs. 1 Satz 1 BeamtStG stellt auf die Rolle des Beamten „als Beamter“ ab. Als solcher dient er „dem ganzen Volk“, nicht einer Partei. Bei Erfüllung seiner Dienstaufgaben muss er parteipolitisch neutral handeln. Dies ist eine beamtenrechtliche Grundpflicht. Die Formulierung „Dienst für das ganze Volk“ knüpft an das Gebot des Art. 20 Abs. 2 GG an. Die Staatsgewalt liegt beim Volk, das der Beamte vertritt. Er ist damit ein Organ ein er demokratischen, sozialstaatlichen und rechtsstaatlichen Ordnung und Verwaltung. Dies verpflichtet ihn, die Belange, Interessen und Rechte aller Bürger, Gruppen und Vereinigungen wahren. Der Beamte schuldet daher nicht nur dem Einzelnen, sondern dem gesamten Volk die gebotene Loyalität. (…) Unter „Partei“ werden nicht nur die politischen Parteien i.S.d. Art. 21 GG verstanden. Mit ihm werden auch alle anderen wirtschaftlichen, sozialen, gesellschaftlichen, konfessionellen Interessengemeinschaften umfasst. Denn Unparteilichkeit nimmt nicht Bezug auf den in Satz 1 formulierten Begriff der Partei, sondern stellt auf Interessengegensätze, die zwischen Personen oder sozialen Gruppierungen auftreten könnend im Rahmen der Pflichterfüllung entschieden werden müssen. Die Verwaltung kann auf der Grundlage der Unparteilichkeit unsachlicher Beeinflussung widerstehen (Reich, § 33 Rn. 4). Der Beamte darf - ohne Rücksicht auf seine innere Einstellung - nicht den Eindruck erwecken, dass der irgendeiner Vereinigung, einer Interessengruppe (Gewerkschaft, Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft) oder sonstigen Organisation dient. Alleinige Richtschnur für seine dienstliche Tätigkeit ist das Wohl der Allgemeinheit. (…) § 34 BeamtStG - Wahrnehmung der Aufgaben, Verhalten Beamtinnen und Beamte haben sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. (…)

(*2) § 34 Kommentar - BeamtStG (…) I. Voller persönlicher Einsatz Als Folge der Anwendung der hergebrachten Grundsätze des Berufsbeamtentums sind die Beamtinnen und Beamten nach Satz 1 verpflichtet, sich mit vollem persönlichem Einsatz ihrem Beruf zu widmen. Die Beamtinnen und Beamten müssen das zugewiesene Arbeitsgebiet korrekt bewältigen und dafür eine Leistungsbereitschaft mitbringen (Steiner ZBR 2013, 370). Der volle persönliche Einsatz erfordert - zumindest in verantwortlichen Positionen, in die man nur aufgrund erwiesener Tüchtigkeit und Leistung gelangt - den individuell optimalen und nicht nur einen generell durchschnittlichen dienstlichen Einsatz (vgl. BVerwG NJW 1981, 1283; OVG Lüneburg DOV 2014, 495).

Das beantragte Disziplinarverfahren soll für die Bürgerinnen und Bürger im Stadtbezirk Linden-Limmer in aus deren Sicht fragwürdigen und nicht nach-vollziehbaren Entscheidungen der Verwaltung eine rechtsstaatliche Überprüfung von Verwaltungshandeln und Sachverhaltsaufklärung leisten, eventuelle Modifizierungen aufzeigen und für zukünftige Verfahren zum Qualitätsmanagement beitragen. Ein Disziplinarverfahren kann ergebnisoffen geführt auch reinigenden Charakter haben.



Literaturverzeichnis: (*1) Metzler-Müller, Karin, Beamtenstatusgesetz, 4. Auflage. Stand 2016 (*2) Reich, Andreas, Beamtenstatusgesetz, Kommentar, 3. Auflage. Stand 07/2018