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1 Einleitung

Wenn Krisenphänomene wie der Niedergang der Meinungsdemokratie oder die „Intimisierung der Öffentlichkeit“ (Imhof 2019) mit der nüchternen Formel Neuer Strukturwandel der Öffentlichkeit umschrieben werden – so das Rahmenthema des Dreiländerkongresses der deutschsprachigen soziologischen Fachgesellschaften in Innsbruck im Jahr 2011 –, dann ist der Bezug zu Jürgen Habermas unverkennbar. Die Formel greift eine wesentliche Argumentationslinie seines Werkes auf, angefangen mit seiner Habilitationsschrift (Strukturwandel der Öffentlichkeit, 1962), in der bereits 50 Jahre früher als in Innsbruck das demokratiezerstörerische Potenzial der Massenmedien als wesentlicher Aspekt des Niedergangs der bürgerlichen Öffentlichkeit diagnostiziert wurde.

Die Privatsphäre, mit der sich Habermas nur peripher befasst, dient ihm als historische Folie, um den Aufstieg der bürgerlichen Öffentlichkeit plausibel zu machen, denn er sieht in der bürgerlichen Familie, dem Ort der Privatheit, eine ihrer historischen Quellen. Dort entstand eine Kultur der Subjektivierung und Selbstreflexion, die als Ursprung für das öffentliche, zunächst literarische und dann auch politische Räsonnement – den Diskurs – dient. Auch in seinen späteren Werken ging es Habermas vor allem um die Frage, wie sich die kommunikative Vernunft durchsetzen kann, die für ihn der einzige Garant dafür ist, partizipative und deliberative Demokratie im Sinne einer politisch relevanten Öffentlichkeit zu verwirklichen.

Ich nehme Habermas’ Diagnose des Strukturwandels der Öffentlichkeit als Ausgangspunkt für den Versuch einer aktuellen Einschätzung des Verhältnisses von privat und öffentlich und frage nach entsprechenden Implikationen für das Geschlechterverhältnis. Dem liegt die Annahme zugrunde, dass dieser Ansatz immer noch genug Anregungspotenzial für zeitdiagnostische und auch für geschlechtertheoretische Analysen bietet, obwohl Habermas an der Geschlechterfrage wenig interessiert war. Sein kritisch-emanzipatorischer Ansatz hat jedenfalls in feministischen Debatten durchaus kritische Resonanz erfahren.

Zwei allgemeine Thesen werden diskutiert, die bereits bei Habermas angelegt und im Titel dieses Beitrags auch angedeutet sind. Sie müssen aber aktualisiert und spezifiziert werden. Die erste These geht aus von Habermas’ Diagnose des Funktionsverlustes der Familie und konstatiert, dass Privatheit heute durch die großen gesellschaftlichen Funktionsbereiche (Wirtschaft, staatliche Politik, Recht und Verwaltung, Medien, Wissenschaft) unter Druck gerät, sich gegenüber Imperativen aus diesen Systemen zu öffnen (Rationalisierung der Privatheit). Die zweite These schreibt die Habermas’sche Analyse der Entpolitisierung der Öffentlichkeit fort, aktualisiert und relativiert sie. Dabei spielen neben bestimmten politisch-sozialen Entwicklungen (etwa die Verstaatlichung der Gesellschaft) vor allem die Massenmedien eine wichtige Rolle für den Niedergang der Öffentlichkeit. Die aktuelle Frage ist, ob die Öffentlichkeit der neuen digitalen Medien diesen Trend der Entpolitisierung fortsetzt oder ihm entgegensteuern kann. Als Gegentrend lassen sich, über Habermas hinausgehend, die sozialen Bewegungen seit den 1960er Jahren, vor allem die zweite Frauenbewegung, betrachten, die eine Repolitisierung in Gang setzen konnten.

Ein Hauptanliegen dieses Bandes ist es, gerade auch bei solchen sozialwissenschaftlichen Ansätzen, die sich kaum mit Geschlechterverhältnissen befassen, in ihrer Anlage aber dafür offen sein könnten, nach Anschlussmöglichkeiten zu suchen. Kann Habermas’ Theorie überhaupt etwas zur Geschlechterdebatte beitragen? Welche Implikationen der an Habermas angelehnten Thesen lassen sich in Bezug auf die Geschlechterfrage erkennen? Aus der ersten These (Rationalisierung der Privatheit) ergeben sich mehrere Möglichkeiten. Es könnte zu einer Aufweichung der Geschlechter-Dichotomie und einer Neutralisierung der Bedeutung von Geschlecht (mit den alten Zuordnungen weiblich = privat, männlich = öffentlich) kommen. Man könnte aber auch vermuten, dass Frauen von der Rationalisierung der Privatheit eher profitieren als Männer, da sich Rationalisierung grundsätzlich auch gegen tradierte männliche Herrschaft auswirkt, sie zumindest transparent macht. Andererseits gibt es Hinweise, dass Rationalisierung immer noch ein männlich konnotierter Prozess ist und neue Ungleichheiten zu Ungunsten von Frauen mit sich bringen kann.

Der historische Ausgangspunkt in Bezug auf die zweite These (Entpolitisierung der Öffentlichkeit) ist der Ausschluss der Frauen aus der bürgerlichen Öffentlichkeit. Mit deren Niedergang – dem Wandel von einer politischen Diskurskultur zu einem massenmedialen Politikkonsum und der Übernahme öffentlicher Aufgaben durch den Staat – wird die Bedeutung des Ausschlusses der Frauen auf den Zugang zu Machtpositionen im Mediensystem und in der Politik, aber auch in der Wissenschaft verlagert. Die Frage ist auch, ob digitale Medien bessere Möglichkeiten für Frauen schaffen, öffentlich sichtbar und einflussreich zu werden. Grundlegender ist das Problem, wie nachhaltig die Beteiligung der Frauen in der öffentlichen Sphäre ist, die seit den 1970er Jahren von der neuen Frauenbewegung erkämpft wurde, und wie sie zur Repolitisierung der Öffentlichkeit beigetragen hat.

Zunächst zeichne ich die Habermas’sche Perspektive auf die Entstehung bürgerlicher Öffentlichkeit und Privatheit (Abschn. 2) sowie seine Kernthese des Zerfalls nicht nur der bürgerlichen Öffentlichkeit, sondern auch der bürgerlichen Privatheit (Abschn. 3) nach. Es folgt eine kurze Skizze der weiteren Entwicklung des Verhältnisses von privat/öffentlich im Werk von Habermas, soweit sie für das Verständnis der beiden Thesen wichtig ist (Abschn. 4). In der Geschlechterforschung, insbesondere in den USA, wurde dieser Ansatz intensiv rezipiert und Habermas wurde unter anderem dafür kritisiert, die Exklusion der Frauen aus der bürgerlichen Öffentlichkeit als bloße empirische (und deshalb korrigierbare) Abweichung vom Theorie-Ideal verharmlost zu haben (Abschn. 5). Die zweite Hälfte des Beitrags befasst sich mit Folgerungen für die aktuelle Diagnose des Verhältnisses von Privatheit und Öffentlichkeit. Zunächst werden die beiden Thesen aktualisiert: Rationalisierung der Privatheit (Abschn. 6) und Entpolitisierung der Öffentlichkeit (Abschn. 7). Anschließend werden weitere zeitdiagnostische Konsequenzen (Abschn. 8) und Fragen nach den Implikationen für das Geschlechterverhältnis und die Geschlechtertheorie (GGT) erörtert (Abschn. 9). Ein kurzes Fazit schließt den Beitrag ab (Abschn. 10).

2 Aufstieg der bürgerlichen Privatheit und Öffentlichkeit nach Habermas

Habermas will im Strukturwandel (SdÖ)Footnote 1 vor allem den Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit, aber auch den Niedergang der bürgerlichen Familie seit dem 19. Jahrhundert nachzeichnen. Um diese These stärker zu pointieren, beschreibt er zunächst den Aufstieg der bürgerlichen Öffentlichkeit und zeigt dabei, dass diese Öffentlichkeit auch ein Fundament in der Privatsphäre der Familie hatte.

Der Aufstieg der bürgerlichen Öffentlichkeit im 18. Jahrhundert ist wesentlich mit dem Aufstieg der Presse verbunden (der Kapitalismus benötigt neben dem Waren- auch einen Nachrichtenverkehr), mit dem eine öffentliche Meinung entsteht. Während wir bei diesem Begriff heute an Ergebnisse von Meinungsforschung denken mögen, ist die öffentliche Meinung in der bürgerlichen Gesellschaft das „hypothetische Resultat einer öffentlichen Kommunikation mit moralischem Anspruch und politischer Reichweite“ (Schneider 1992, S. 12; vgl. Hölscher 1979, S. 105–117). Im Unterschied zur bloßen Meinung – die häufig ein Ausdruck von kulturellen Wertungen, Gesinnungen, Vorurteilen ist (Heideggers man), von Arendt ([1958] 2016, S. 50) als Konformismus kritisiert – kann sich öffentliche Meinung „erst unter Voraussetzungen eines räsonierenden Publikums herstellen“ (Habermas [1957] 1972, S. 221).

Mit der öffentlichen Meinung in diesem Sinn wird eine Sphäre der nichtstaatlichen Öffentlichkeit etabliert. Die BürgerFootnote 2 bilden eine Art Publikum, zunächst noch als Adressaten der öffentlichen Gewalt des vorbürgerlichen Staates. Unter einem Publikum wurde im bürgerlichen 18. Jahrhundert nicht eine passiv konsumierende Menschenmenge verstanden, sondern ein kommunikativ aktives Ensemble, das sich über wichtige Fragen eine Meinung bildet (vgl. Hölscher 1979, S. 81–91). Als bürgerliche Öffentlichkeit definiert Habermas also die Sphäre der „zum Publikum versammelten Privatleute“ (38). Dieses Publikum versucht, den bisher durch die „öffentliche Gewalt“ des Staates okkupierten Bereich der „grundsätzlich privatisierten, aber öffentlich relevanten Sphäre des Warenverkehrs“ unter Kontrolle zu bekommen (39). Das Medium dieser politischen Auseinandersetzung ist – „geschichtlich ohne Vorbild“ – das „öffentliche Räsonnement“. Die Waffe des Bürgertums im Kampf um die Herrschaft ist die „Publizität“ (39). Öffentlichkeit ist also nicht nur eine Sphäre des gesellschaftlichen Verkehrs, sondern auch das Prinzip der Publizität, des Öffentlichmachens (das sich zunächst gegen die Geheimpolitik der Monarchie richtete; vgl. Habermas [1957] 1972, S. 220–221).

Das bürgerliche Publikum besteht aus „Privatleuten“ (40). Privat sind diese nicht nur als Warenproduzenten, sondern auch aufgrund ihrer im Rahmen der „kleinfamilialen Intimsphäre“ erworbenen Subjektivität (40). In ihrer Doppelrolle als Warenbesitzer und Familienväter beziehen sie daraus ihre Kompetenz für öffentliches Räsonieren. Die Zuordnung der bürgerlichen Öffentlichkeit zum Privatbereich (in der Übersicht S. 41 in SdÖ – siehe hier Abb. 1) ist ungewohnt. Habermas unterscheidet zunächst Privatbereich und die staatliche Sphäre der öffentlichen Gewalt. Dann unterscheidet er innerhalb der Privatsphäre den Bereich des Warenverkehrs und der privaten Kleinfamilie von der „eigentlichen“ Öffentlichkeit (41). Habermas hält sich mit dieser Terminologie zunächst an die Semantik des 18. Jahrhunderts, in der sich öffentlich auf die öffentliche Gewalt, also den Staat bezieht, während privat sich auf Privatleute bezieht, das heißt Personen, die kein Amt innehaben, aber über Privatbesitz verfügen. Sieht man von der ökonomischen Seite des Privaten ab und denkt an die intimen Beziehungen zwischen den Ehegatten sowie zwischen Eltern und Kindern, dann erscheint der Begriff Intimsphäre passender für die Familie als Privatsphäre. Tatsächlich bezeichnet Habermas im weiteren Verlauf der Argumentation die Sphäre des Marktes als „private“, die Sphäre der Familie als „intime“.Footnote 3 Allerdings befasst sich Habermas nur oberflächlich mit der Familie, geht weder auf die Qualität der persönlichen Beziehungen ein noch auf die Situation von Frauen und Kindern.

Abb. 1
figure 1

(Quelle: Habermas (SdÖ, 41))

Privat/öffentlich bei Jürgen Habermas.

In Bezug auf die Öffentlichkeit differenziert Habermas zwischen politischer und literarischer Öffentlichkeit. Die politische Öffentlichkeit hat im Sinne demokratischer Meinungsbildung und des Prinzips der Publizität die Aufgabe der Kritik und Kontrolle der offiziellen Politik (Habermas [1957] 1972, S. 221). Die literarische Öffentlichkeit als Wegbereiter der politischen speist sich aus der „Sphäre der patriarchalischen Kleinfamilie“ (56). Die Intimität der bürgerlichen Familie bildet für Habermas die Quelle jener Subjektivität, die im 18. Jahrhundert eine ganz neue Literatur der Innerlichkeit und Selbstreflexion hervorbrachte (56). Sie ist daher der Ausgangspunkt für die öffentliche Seite der Privatheit. Nicht nur bürgerliche Arbeit und Warenverkehr – auch die familiale Intimsphäre ist öffentlich relevant, weil sie die literarische Öffentlichkeit inspiriert und fördert und gleichzeitig auch die Berufung auf die Humanität, den Menschen an sich stützt, die für die Durchsetzung des Vernunft-Anspruchs wichtig ist. Allerdings lässt uns Habermas auch an dieser Stelle ganz im Unklaren über den Anteil der bürgerlichen Frauen an dieser Kultur der Intimität, Subjektivierung und Bildung.

Als Vertreter der Kritischen Theorie der Frankfurter Schule sieht Habermas die bürgerliche Bezugnahme auf Humanität durchaus kritisch. Die Familie als der Ort „reiner Menschlichkeit“, scheinbar völlig autonom, ist in Wirklichkeit, so Habermas, abhängig von der Sphäre der Arbeit, des Warenverkehrs, des Eigentums. Hier setzt die Ideologiekritik ein. Die Familie und ihre Mitglieder erliegen der Illusion der Autonomie, der Zweckfreiheit und Humanität (59).

Gleichwohl sind diese Ideen nicht nur Ideologie (60). Subjektivität und Individualität werden literarisch kultiviert, in der bürgerlichen Familie verankert und dort mit der wirtschaftlichen Autonomie verwoben: Die Utopie der Freiheit bezieht sich genauso auf die bürgerliche Partnerwahl wie auf die Warenmärkte. Der bürgerliche Individualismus tritt seinen Siegeszug an. Auch Michael Warner (2002, S. 46–49) betont, dass der Aufstieg der bürgerlichen Privatheit ein reales emanzipatorisches Potential (Vernunft, Diskurs; Freiheit, Liebe, Bildung) mit sich führt. Habermas verknüpft also die familiäre Privatheit mit der literarischen und der politischen Öffentlichkeit des Bürgertums. Dieses nutzt in seinem Kampf um die Vorherrschaft im Staat – der sich als Kritik an der öffentlichen Gewalt etabliert – zunächst die bereits entwickelten Formen der literarischen Öffentlichkeit, die zur politischen Öffentlichkeit umfunktioniert werden konnte. „Die Vertretung der Interessen einer privatisierten Sphäre der Verkehrswirtschaft wird mit Hilfe von Ideen interpretiert, die auf dem Boden kleinfamiliärer Intimität gewachsen sind: Humanität hat hier ihren genuinen Ort, und nicht, wie es ihrem griechischen Vorbild entspräche, in der Öffentlichkeit selbst“ (64).

3 Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit – Rückzug der Familie

Im zweiten Teil von SdÖ befasst sich Habermas mit dem Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit, der am weitgehenden Verlust ihrer politischen Funktionen aufgezeigt wird. Es kommt zu einer „Verschränkung der öffentlichen Sphäre mit dem privaten Bereich“ (157), zu Tendenzen der „Verstaatlichung der Gesellschaft“ (es gibt, nach dem Ende der liberalen Ära seit etwa 1870, immer mehr Interventionen des Staates in die Gesellschaft) und der „Vergesellschaftung des Staates“ (Lobbyismus, Klientelpolitik) (158), und das zerstört allmählich die Basis der bürgerlichen Öffentlichkeit, nämlich die Trennung von Staat und Gesellschaft, von offizieller Politik und einer politisch wirksamen Öffentlichkeit.

Aber auch die Privatsphäre – ehemals öffentlich wirksam, wie gezeigt, als Nährboden für die literarisch-politische Öffentlichkeit, zum Beispiel in den Salons – degeneriert nun zur politisch irrelevanten Zone der intimen Behaglichkeit, sprichwörtlich geworden im Biedermeier. „In dem Maße, in dem Staat und Gesellschaft sich wechselseitig durchdringen, löst sich die Institution der Kleinfamilie aus dem Zusammenhang mit Prozessen der gesellschaftlichen Reproduktion“ (das heißt Erwerbsarbeit und Wirtschaft). Mit Schelsky sagt Habermas: Die Familie wird immer privater, die „Arbeits- und Organisationswelt wird immer ‚öffentlicher‘“ (168). Das Feld der Arbeit sind nun Großbetriebe, Organisationen, Bürokratien – die „Arbeitswelt“ hat sich als „eine Sphäre eigener Ordnung zwischen privatem und öffentlichem Bereich etabliert“ (169).Footnote 4 Der Strukturwandel der Familie stellt sich als Funktionsverlust in Bezug auf die Arbeit dar; und in Bezug auf die Absicherung treten an die Stelle familialer Solidarität sozialstaatliche Garantien. Aus feministischer Perspektive wird an dieser Stelle deutlich, dass im Begriff der Arbeit bei Habermas noch nicht die (erst später von der Geschlechterforschung sichtbar und anerkennungswürdig gemachte) Familien- oder Reproduktionsarbeit mitgedacht wird. Das relativiert die Aussage von der Privatisierung der Familie, lenkt den Blick vielmehr auf die politische Dimension des Privaten.

Die Familie wird, nach Habermas, zunehmend zur Konsumentengemeinschaft, sie wird moralisch ausgehöhlt. Sie verliert damit auch ihre Bedeutung als Nährboden einer machtkritischen öffentlichen politischen Kultur. Das aber macht sie auch anfälliger für Rationalisierungsprozesse (im Sinne meiner ersten These), als passiv konsumorientierte Gemeinschaft ist sie empfänglicher für Impulse von außen – und dies könnte das politische Potenzial von Privatheit schwächen. Damit ist auch die zweite These dieses Beitrags (Entpolitisierung der Öffentlichkeit) angesprochen, die in SdÖ bereits deutlich erkennbar ist, wenn Habermas die Veränderungen des Publikums beschreibt. Das Publikum degeneriert vom aktiv „kulturräsonierenden“ zum passiv „kulturkonsumierenden Publikum“. An die Stelle einer literarischen Öffentlichkeit mit politischem Anspruch tritt zunehmend „der pseudo-öffentliche oder scheinprivate Bereich des Kulturkonsums“ (176). Damit lösen sich die klaren Grenzen zwischen Gesellschaft und Staat sowie zwischen privater und öffentlicher Zone auf. Es entsteht ein Zwischenbereich, der weder privat noch öffentlich ist. Hier „durchdringen sich die verstaatlichten Bereiche der Gesellschaft und die vergesellschafteten Bereiche des Staates ohne Vermittlung der politisch räsonierenden Privatleute. Das Publikum wird von dieser Aufgabe durch andere Institutionen weitgehend entlastet“, nämlich durch Verbände (die ihren Ursprung im alten Privatsektor haben) und durch Parteien (die aus dem alten öffentlichen Bereich kommen) (194). Verbände vergesellschaften den Staat, Parteien verstaatlichen die Gesellschaft. Der politische Funktionswandel der Öffentlichkeit zeigt sich auch in der Bewegung vom kritischen Journalismus schriftstellernder Privatleute zu den öffentlichen Dienstleistungen der Massenmedien, die von einflussreichen Gruppen aus Wirtschaft und Staat manipuliert werden.

Für Habermas kommt es also bald – nur ein knappes Jahrhundert nach dem Aufstieg – wieder zu einem Zerfall der öffentlichen Sphäre und des bürgerlich-liberalen Prinzips der Publizität. Für ihn hat vor allem der Staat immer mehr Zugriff auf die Sphäre der Arbeit und auch auf die Familie. Die vormals bürgerliche Öffentlichkeit – sie bestand aus einem Publikum räsonierender Privatleute; sie artikulierte sich in öffentlichen Versammlungen und der bürgerlichen Presse; und sie erfüllte eine kritische Funktion gegenüber dem Staat, aber auch gegenüber der Abschottung der Intimsphäre – ist allmählich untergegangen. Verbände und Parteien traten an die Stelle der bürgerlichen Versammlung, der bürokratisierte kapitalistische Großbetrieb trat an die Stelle des Familienbetriebs, und die Presse wurde immer mehr zu einem Sprachrohr der Politik.

Ganz offensichtlich sind dies für Habermas negative Entwicklungen. Besonders auffallend ist, dass er auch die sozialstaatliche Transformation des liberalen Rechtsstaates kritisch sieht. Das mag vor dem Hintergrund der Adenauer-Ära nachvollziehbar sein; aber für eine kritisch-feministische Perspektive, für eine geschlechtersensible Gesellschaftstheorie, ist es schwer zu begreifen, warum sozialstaatliche Interventionen zugunsten benachteiligter Gruppierungen eine Gefahr für die Demokratie sein sollten. Das Hauptproblem für Habermas ist der Niedergang der bürgerlich-patriarchalen Elite und der von ihr beherrschten Öffentlichkeit. Alles, was dazu beigetragen hat, konnte er damals nur negativ sehen, also auch eine wohlfahrtsstaatliche Politik zugunsten exkludierter Gruppen.

Es waren insbesondere die medienkritischen Thesen – das Fernsehen mache das räsonierende Publikum immer mehr zu einem bloß noch konsumierenden; Politik verkomme zur Unterhaltung, Wahlkampf zur Show und zur Konsumartikel-Werbung –, die noch Jahrzehnte später in der Medienforschung auf breite Resonanz stießen. Obwohl Habermas noch nichts von jenen Medien wusste, die heute als neue Medien bezeichnet werden (Internet, Smartphone), hatte er doch bereits, in guter kulturpessimistischer Tradition, eine klare Vorstellung von den für die Demokratie fragwürdigen Konsequenzen der Mediatisierung. Die beiden zeitdiagnostisch-kritischen Thesen – Rationalisierung der Privatheit und Entpolitisierung der Öffentlichkeit – sind also bereits im SdÖ angelegt. Aus feministischer Perspektive stellt sich allerdings die Frage, ob Rationalisierung der Privatheit unter Umständen positiv zu bewerten ist, im Sinne der Forderung, auch das Private sollte politisch sein. Die beiden Thesen werden in den Abschn. 6 und 7 dieses Beitrags unter Einbeziehung neuerer Literatur genauer expliziert und auf die gegenwärtige Situation bezogen. Zuvor aber ist es sinnvoll, noch einen Blick auf die veränderte Terminologie in späteren Werken von Jürgen Habermas zu werfen.

4 Die Relevanz der Lebenswelt für eine demokratische Kultur

Der Strukturwandel der Öffentlichkeit markiert den ersten Schwerpunkt eines Werkes, in dem die Grundidee der kommunikativen Vernunft als wichtigster Wert einer emanzipativen Gesellschaft kontinuierlich verfolgt wird. Die räsonierenden europäischen Bürger des 18. Jahrhunderts sind die idealtypischen historischen Fälle jener idealen Sprecher, die Habermas in seiner Theorie des kommunikativen Handelns entwickelt und später in der auf eine ideale Demokratie bezogenen Diskursethik politisch wirksam werden lässt.

Das Begriffspaar privat/öffentlich, das in SdÖ den Gang der Argumentation bestimmt, tritt in der Folge allerdings zurück. Nur wenige Fundstellen gibt es dazu in späteren Schriften.Footnote 5 In der Theorie des kommunikativen Handelns (Habermas 1981) dominiert das Spannungsverhältnis zwischen Lebenswelt und System die komplexe Argumentation. Lebenswelt ist die Welt der kulturellen Selbstverständlichkeiten und unhinterfragten, sozial integrativen Gewohnheiten (vgl. Habermas 1981, Bd. 2, S. 182–228). System bezieht sich auf rationalisierte Sphären von Staat, Bürokratie, Wirtschaft oder Recht. Privatheit und Öffentlichkeit werden als Bereiche der Lebenswelt bestimmt. Die Lebenswelt hat also eine private und eine öffentliche Seite, in beiden geht es um kommunikative Verständigung durch Sprache. Kern der privaten Lebenswelt ist die Familie, Kern der Öffentlichkeit ist die Kultur (literarische Öffentlichkeit) beziehungsweise die öffentliche Meinung (politische Öffentlichkeit) (vgl. Habermas 1981, Bd. 2, S. 471; Arnauld 2009, S. 188–190). Die Lebenswelt ist ständig von Rationalisierung durch systemische Strukturen bedroht, die in der modernen differenzierten Gesellschaft in Funktionssystemen (Wirtschaft, Politik, Recht und so weiter) eigene Machtzentren bilden.

In Faktizität und Geltung (1992) werden diese Überlegungen fortgeführt, bezogen auf das Rechtssystem. Es bleibt bei der Aufteilung (private und öffentliche) Lebenswelt vs. rationalisierte Systembereiche. Gleichwohl öffnet Habermas das Modell stärker in Richtung einer triadischen Struktur, denn die Öffentlichkeit wird nun wieder (wie schon im SdÖ) zur Vermittlungskategorie zwischen Privatheit und System (Staat, Verwaltung). Die Öffentlichkeit, besonders im Rahmen der Zivilgesellschaft, hat die Aufgabe, lebensweltlich artikulierte private Bedürfnisse an das politische System heranzutragen (vgl. Arnauld 2009, S. 192).

Privatheit und Öffentlichkeit sind also zwei komplementäre Sektoren der Lebenswelt, die eine ist auf Intimität, die andere auf Publizität ausgerichtet. Wie schon in SdÖ ist die Privatsphäre durch die private „Verarbeitung lebensgeschichtlich resonierender gesellschaftlicher Problemlagen“ (Habermas 1992, S. 442) eine Art „Impulsgeber“ für die Öffentlichkeit. Diese Rolle kann die Privatheit aber nur wahrnehmen, wenn sie rechtlich geschützt ist.

Habermas hat im Grunde am Idealmodell des öffentlich räsonierenden gebildeten Publikums in allen seinen Schaffensperioden festgehalten. Welches Hauptwerk man auch heranzieht – immer geht es um den öffentlichen Diskurs, bei dem die Vernunft zählt, von der die Kraft der Argumente ausgeht. Das frühe Buch (SdÖ) ist „Ausgangspunkt einer programmatischen Gesellschaftsvision, die im ‚herrschaftsfreien Diskurs‘ den höchsten Wertmaßstab politischen Handelns sieht“ (Moos 1998, S. 166). Doch stellte sich von Anfang an auch die Frage der Idealisierung: Ist der herrschaftsfreie Diskurs tatsächlich frei von Herrschaft? Und die Geschlechterfrage: Ist es nicht die männliche Elite, welche die Hoheit über die Regeln des Diskurses besitzt? Lassen sich andere Gruppen problemlos ins Diskursuniversum integrieren? Es sind vor allem solche Fragen, welche die feministische Kritik provoziert haben.

5 Diskussionen und Kritik in feministischer Theorie und Geschlechterforschung

Der theoretische Ansatz von Jürgen Habermas stieß in der feministischen Diskussion auf kritische Resonanz (vgl. Lang 2003, S. 89). Insbesondere nordamerikanische feministische Theoretikerinnen beziehungsweise Genderforscherinnen setzten sich anlässlich der englischen Übersetzung von SdÖ (Habermas 1989) intensiv mit seiner Theorie auseinander und arbeiteten an einer Neubestimmung der Kategorie Öffentlichkeit (vgl. etwa die Sammelbände Meehan 1995 und Landes 1998a, teilweise auch Calhoun 1992). Auch wenn Habermas’ Konzept Anerkennung verdiene und viele positive Anknüpfungspunkte biete, so die Kritik (vgl. Fraser 1992, 1994; Cohen 1995; Landes 1998b; Lang 2003, S. 103; Hausen 1990), seien doch wesentliche Korrekturen notwendig.

Zunächst ist offensichtlich, dass Habermas das Geschlechterverhältnis nicht explizit thematisiert; also auch nicht den Ausschluss der Frauen aus der männlich dominierten bürgerlichen Öffentlichkeit.Footnote 6 Das gilt selbst für die literarische Öffentlichkeit (weil er sich zum Beispiel auf die Kaffeehäuser und Männerclubs konzentriert statt auf den bürgerlichen Salon). Und obwohl Habermas die Genese der bürgerlich-männlichen Öffentlichkeit auch auf das psychologische Klima in der Familie zurückführt – historischer Vorläufer der bürgerlichen ist diesbezüglich die puritanische Familie; als deren Besonderheiten wurden die psychologische Kompetenz der Frau und die große Bedeutung der Kommunikation in der Familie hervorgehoben (vgl. Schücking [1929] 1964) – interessiert er sich nicht für die Frage, warum Frauen keine politische Kompetenz zugeschrieben wurde, sie stattdessen zu Spezialistinnen für Emotionalität, Familiensinn und häusliche Atmosphäre gemacht wurden. Die feministische Kritik lässt sich in sechs Punkten bündeln, die eng zusammenhängen. Die grundlegende Differenz ist, dass Habermas – normativ und empirisch – an der Trennung von privater und öffentlicher Sphäre festhält, der Feminismus dagegen gerade darin das entscheidende Problem sieht.Footnote 7

  1. 1.

    Bürgerliche Öffentlichkeit schließt Frauen systematisch aus. Das übersieht oder ignoriert Habermas, für den der freie Zugang aller Personengruppen konstitutiv für die Öffentlichkeit ist, in der grundsätzlich alle Positionen artikulationsfähig sind. Entsprechende Defizite (Exklusionen) wären dann nur empirisch-historische Verzerrungen, die durch Inklusionsfortschritte korrigierbar sind. Demgegenüber hat die feministische Kritik diese Exklusionsmechanismen als konstitutiv für die dominante bürgerlich-patriarchale Öffentlichkeit angesehen (vgl. Fraser 1992; Fleming 1995).

    Im Übrigen wird der Ausschluss von Frauen durch historische Forschungen relativiert. Während Habermas die Ursprünge bürgerlicher Öffentlichkeit vor allem in diskursiven Kommunikationsformen lokalisiert, hat die historische Geschlechterforschung eher Revolten und Protestversammlungen in den Blick genommen (vgl. Hausen 1990; Landes 1998b; Lang 2003, S. 93). „Frauen waren an diesen prototypischen Formen moderner öffentlicher Artikulation stärker beteiligt, als wir gemeinhin vermuten“ (Lang 2003, S. 93). Das gilt vor allem für die USA mit ihrem ganz anderen historischen Hintergrund. Doch auch dort waren Frauen lange Zeit von vielen öffentlichen Arenen ausgeschlossen (vgl. Ryan 1992, S. 265).

  2. 2.

    Wesentliche Gründe für den Ausschluss sind die in der Konzeption bürgerlicher Öffentlichkeit angelegte Abwertung von Familie und Privatsphäre als unpolitischer Raum, eine strikte Trennung zwischen privater und öffentlicher Sphäre sowie die entsprechende Zuordnung der beiden Geschlechter, legitimiert durch die scheinbar natürlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau („Polarisierung der Geschlechtscharaktere“, Hausen 1978). „Die reproduktiven Grundlagen maskuliner bürgerlicher Subjektwerdung“ (Lang 2003, S. 100) wurden ignoriert. Der Politikbegriff wurde auf männlich definierte Staatsbürgerschaft und Diskursrationalität verengt, Alltagsprobleme galten als nicht politikwürdig. All das übersieht Habermas. Nancy Fraser (1994) kommt zu dem Schluss, dass seine begrifflichen Unterscheidungen die Benachteiligung und fehlende Anerkennung der Frauen unsichtbar machen (vgl. Fraser 1994, S. 175–187).

  3. 3.

    Kritisiert wurde auch die Vorstellung von Habermas, dass es nur eine Öffentlichkeit gäbe. Er betone zu stark die universalistische Neutralität einer hegemonialen Perspektive, statt eine Pluralität von Öffentlichkeiten (multiple publics) und Gegenöffentlichkeiten (subaltern counterpublics) zu akzeptieren. Zahlreiche historische Studien zeigten, dass es eine Vielzahl von nichtbürgerlichen, nichtpatriarchalen Öffentlichkeiten gab (vgl. Fraser 1992, S. 114–117). Dazu komme Habermas’ Überzeugung, die Proliferation konkurrierender Öffentlichkeiten gefährde die Demokratie (vgl. Fraser 1992, S. 117). Die feministische Theorie steht allerdings vor dem Dilemma, entweder den Vernunft- und Universalitätsanspruch aufzugeben – mit der Konsequenz, dass es einen Pluralismus von Öffentlichkeiten gibt, die alle gleichermaßen Legitimitätsansprüche stellen dürften, auch wenn das bei manchen höchst fragwürdig wäre (Gewalt, Populismus etc.); oder am Universalitätsanspruch festzuhalten – mit dem Risiko, hegemoniale Positionen ungewollt zu stärken (vgl. Fraser 1992, S. 124).

  4. 4.

    Auch die strikte Trennung zwischen Gesellschaft und Staat (später: Lebenswelt und System) wurde problematisiert, weil sie geschlechtsspezifische Ausgrenzungspraktiken noch verstärke (vgl. Fraser 1994, S. 197–211). Kritisiert wurde, dass Habermas das Eindringen von Interessen (durch Verbände und Parteien) in die scheinbar nur dem interessefreien Diskurs verpflichtete Öffentlichkeit als wesentlichen Grund für die Entpolitisierung der Öffentlichkeit ansieht (vgl. Lang 2003, S. 96). Berücksichtigt man, dass diese Öffentlichkeit männlich war, sieht es so aus, als sei sozialstaatliche Politik im Interesse von Frauen oder Arbeitern für den Niedergang vernunftorientierter Politik verantwortlich. Fraser (1992) meint, die strikte Trennung von Staat und Zivilgesellschaft sei für das bürgerliche Modell vielleicht angemessen, jedoch nicht für ein Modell, das der heutigen (postbürgerlichen) Situation gerecht werden könne. Ein solches Modell dürfe nicht nur weak publics erfassen, das sind Assoziationen der Meinungsbildung in der Zivilgesellschaft (wie NGOs), sondern müsse auch strong publics einschließen, das sind Öffentlichkeiten mit der Möglichkeit, Beschlüsse zu fassen, wie zum Beispiel souveräne Parlamente (vgl. Fraser 1992, S. 132–136).

  5. 5.

    Trotz der Anerkennung der großen Bedeutung von kommunikativer Vernunft für die Gestaltung des Politischen sieht die feministische Kritik doch eine Schwäche des Habermas’schen Modells in seiner absoluten Priorisierung des rationalen Diskurses. Habermas’ Sicht sei zu einseitig, zu sehr von der Orientierung an Sprache und Vernunft geprägt, er setze zu stark auf Diskursrationalität und vernachlässige performative Aspekte, Emotionalität oder körperliche Praxis (vgl. Landes 1998b, S. 136). Er unterschätze auch die Macht- und Kampfprozesse zur Durchsetzung einer öffentlichen Meinung (Status- und Machtunterschiede werden im Idealmodell des Diskurses ausgeklammert, es gilt ausschließlich die Kraft des guten Arguments). Warner (2002, S. 50–53) hebt als Kritik und Differenz zu Habermas hervor, die öffentliche Sphäre müsse als Raum für soziale Bewegungen und Identitätspolitik verstanden werden. Das Modell des rationalen Diskurses sei nicht geeignet, die sexual- und geschlechterpolitischen sozialen Bewegungen zu verstehen.

  6. 6.

    Das liberale Modell, auf das sich Habermas letztlich stützt, sei nur begrenzt tauglich. Es schließe Frauen aus, obwohl das seiner Programmatik widerspricht. Das liberale Modell sei nicht geschlechtsneutral. Eine solche Kritik kann sich auf Carole Pateman (1988) berufen, die einen verborgenen Geschlechtervertrag im liberalen Gesellschaftsvertrag identifiziert hat. Demnach sind Frauen eingeladen, Gesellschaft mitzugestalten, sofern sie bereit sind, sich an den Geschlechtervertrag halten. Habermas fehle eine klare Vorstellung davon, wie das liberale Modell umgeschrieben werden müsse, um als Kritische Theorie für die Gegenwart Geltung beanspruchen zu können (vgl. Fraser 1992, S. 111). Letztlich sitze er selbst der liberalen Ideologie auf.

Gleichwohl lag die Attraktivität des Modells auch für den Feminismus darin, dass Habermas immer darauf insistierte, die uneingeschränkte Teilhabe aller Gruppen sei ein Grundprinzip bürgerlicher Öffentlichkeit (vgl. Ryan 1992, S. 261); dass Habermas an einen öffentlichen Willen glaubte, der sich per Diskursrationalität durchsetzen kann (vgl. Landes 1998b, S. 140); dass das Diskursmodell im Prinzip „feminisiert“ werden könne, d. h. es sei mit gewissen Revisionen für die feministische Theorie brauchbar (vgl. Benhabib 1998, S. 92; Landes 1998b, S. 155–156).Footnote 8

In einem Vorwort zur Neuauflage von SdÖ hat Habermas (1990) auf die Kritik reagiert und einige Revisionen an seiner Konzeption vorgenommen. Als wichtig betrachte er den Einwand, sein Begriff der Öffentlichkeit im Singular sei unzulänglich und habe zu einer „ungerechtfertigten Idealisierung“ geführt (Habermas 1990, S. 15). Man komme zu anderen Ergebnissen, „wenn man von Anfang an mit konkurrierenden Öffentlichkeiten rechnet und dabei die Dynamik der von der dominierenden Öffentlichkeit ausgeschlossenen Kommunikationsprozesse berücksichtigt“ (Habermas 1990, S. 15, Hervorh. im Original). Dagegen hält er daran fest, dass der Ausschluss von Frauen oder der Arbeiterklasse nicht konstitutiv sei, sondern historisch kontingent. Habermas wiederholt sein Credo, dass niemand per se, also begründungslos, exkludiert werden könne. Die bürgerliche Öffentlichkeit artikuliere sich „in Diskursen, an die sich […] auch das von ihr ausgeschlossene ‚Andere‘, also zum Beispiel die feministische Bewegung, anschließen konnte, um sie – und die Strukturen der Öffentlichkeit selbst – von innen zu transformieren“ (Habermas 1990, S. 20).

Zumindest für einen Teil der feministischen Kritik bleiben dies Idealisierungen oder ideologische Verharmlosungen realer Machtasymmetrien zwischen den Geschlechtern. Die Kritik sieht hier den klassischen Liberalen am Werk, der fest daran glaubt, dass alle eine Chance haben, sich öffentlich zu artikulieren – der aber nicht einsehen will, dass dies prinzipiell durch Herrschaftsverhältnisse torpediert wird; und der daran glaubt, dass der im Idealfall herrschaftsfreie und interesselose rationale Diskurs das beste Mittel sei, ein für alle Gruppen zustimmungsfähiges Gemeinwesen zu schaffen – ohne anzuerkennen, dass der Diskurs prinzipiell nicht herrschaftsfrei sein kann und außerdem nur ein mit anderen konkurrierendes Ausdrucksmedium ist.

6 Rationalisierung der Privatheit

Nach der Darstellung von Habermas’ Idee vom Aufstieg und Niedergang einer aufgeklärten und demokratieorientierten bürgerlichen Öffentlichkeit sowie der feministischen Kritik an seiner Konzeption werden nun in diesem und im folgenden Abschnitt die beiden eingangs genannten zeitdiagnostischen Thesen (Rationalisierung der Privatheit und Entpolitisierung der Öffentlichkeit) im Anschluss an Habermas erörtert. Wie gezeigt, ist in SdÖ schon der Gedanke angelegt, dass die Privatsphäre unter Druck geraten kann, sich gegenüber gesellschaftlichen Imperativen zu öffnen. Klar formuliert wird diese These in der Theorie des kommunikativen Handelns, wo sie mit der Formel Kolonialisierung der Lebenswelt noch zugespitzt wird: Die Logik der Rationalität gesellschaftlicher Funktionsbereiche (Wirtschaft, Recht, Medien usw.) – eine Logik der Effizienz und Zweckmäßigkeit – drängt in die Lebenswelt, die eher durch tradierte Kulturmuster und unhinterfragte Selbstverständlichkeiten reguliert wird. Beispiele für Rationalisierungen wären die Monetarisierung privater Beziehungen, die Verrechtlichung von intimen Praktiken oder die wissenschaftliche Optimierung der Lebensführung. Allerdings gewinnt die private Lebenswelt bei Habermas kaum Konturen: Man erfährt fast nichts über die Intimität der Familie oder des Paares. Deshalb bleibt die These der Rationalisierung von Privatheit bei ihm blass. Um sie plausibler zu machen, sind einige Modifikationen, Ergänzungen und Aktualisierungen notwendig.

Habermas spricht in SdÖ zwar davon, dass die Privatheit „immer privater“ (168) werde. Aber weder befasst er sich genauer mit der Familie noch geht er auf die Schwerpunktverlagerung von der Familie zum intimen Paar und zum Individuum (vgl. Burkart 2008, S. 238–56), von der familialen zur persönlichen Privatheit ein. Das Paar schafft sich im Verlauf der Moderne seine eigenständige Intimsphäre, und die Individuen schaffen sich ihre individuelle, persönliche Privatheit (vgl. Hausen 1992, S. 83). Die Privatisierung der Familie und die Individualisierung in diesem Sinn öffnen die private Sphäre für rationalisierende Intrusionen von außen, denn moderne Individuen und Paare sind im Vergleich zur Vormoderne stärker aus tradierten sozialen Bezügen und moralischen Bindungen gelöst. Sie sind deshalb empfänglicher für eine Orientierung an rational-universellen Gesichtspunkten – vom Preisvergleich und der Quantifizierung von Leistungen bis zur wissenschaftlichen Optimierung der Lebensführung (Berufsentscheidung, Partnerwahl) – und dies umso mehr in Zeiten des Neoliberalismus und der Digitalisierung, in denen sich immer mehr die Rationalität von Daten und Rechenoperationen durchsetzt.

Im Unterschied zu Habermas, der von systemischer Rationalisierung der (privaten und öffentlichen) Lebenswelt spricht, beziehe ich Rationalisierung hier auf das Eindringen bestimmter Formen von Rationalität aus der öffentlichen Sphäre in die private Sphäre, wie am Beispiel des Spannungsverhältnisses von romantischer Liebe und Partnerschaftlichkeit im Folgenden gezeigt wird. Habermas übersieht m. E. das Spannungsverhältnis zwischen privater und öffentlicher Logik innerhalb der Lebenswelt und damit auch die mögliche Rationalisierung der privaten Lebenswelt durch das Eindringen öffentlicher Imperative.

Ein Beispiel für solche Spannungen ist das Verhältnis von Liebe und Partnerschaft. Die Begriffe bezeichnen zwei regulative Prinzipien für Paarbeziehungen, die miteinander konkurrieren (vgl. Leupold 1983; Giddens 1992; Koppetsch 1998; Burkart 2018, S. 71–72, 217–220). Das Modell der Partnerschaft(lichkeit) strebt nach Zielen wie Gerechtigkeit, Reziprozität und Gleichheit – das sind Werte der demokratischen Öffentlichkeit. Hinter dem Partnerschaftsmodell stehen gesellschaftliche Rationalisierungsprozesse, die auf die Paarbeziehung einwirken:

  • Verwissenschaftlichung – vor allem: Psychologisierung, mit der Folge, dass es zu einer grundlegenden Skepsis gegenüber lebensweltlichen Selbstverständlichkeiten kommt. Das Subjekt soll sich als psychologisch komplexes Individuum begreifen, das über sich selbst und seine Beziehung in wissenschaftlichen Kategorien nachdenkt. Auch die Liebe wird reflexiv, das heißt, zum Gegenstand wissenschaftlich fundierter Bewertung (vgl. Illouz 2011, S. 294).

  • Kontraktualismus und Gerechtigkeit. Gemäß dem Partnerschaftsmodell sollen sich intime Beziehungen am Vertragsgedanken, einem rationalen Prinzip des Aushandelns, an Gleichheits- und Gerechtigkeitsidealen orientieren – die Paarbeziehung wird zu einer demokratischen Arena, mit einer Tendenz zur öffentlichen Rechtfertigung.

  • Ökonomisierungstendenzen, etwa im Sinne einer Kommerzialisierung der Romantik und der Einbindung der Partnerwahl in die Konsum- und Warenwelt (vgl. Hochschild 2003; Illouz 2003). Partnersuche wird stärker an Markt-Rationalität orientiert (Rational-Choice-Theorien und entsprechende Algorithmen helfen beim Online-Dating).

Im Kontrast dazu orientiert sich die Liebe – das gilt sowohl für die romantische als auch für die Liebe zwischen Eltern und Kindern – weder an Vernunft noch an Moral, sie ist bedingungslos und oft unvernünftig, fordernd statt ausgleichend, hemmungslos statt berechnend. Das Eindringen von Rationalitätsstandards aus den systemischen Bereichen und der öffentlichen Sphäre bringt persönliche Beziehungen also in Spannung zu ökonomischer Rationalität (Marktförmigkeit der Beziehungswahl, Kommerzialisierung der Romantik), zu psychologischer Rationalität (Partnerschaftlichkeit, wissenschaftlich angeleitete Selbstreflexion) und zur politischen Rationalität (zum Imperativ der Gleichheit und zum Vertragsdenken) (vgl. Illouz 2011; Burkart 2014). Daraus ergeben sich eine Reihe von Spannungsverhältnissen, zum Beispiel zwischen rational gesteuerter Wahl und bedingungsloser Hingabe; zwischen dem Vertragsprinzip des Partnerschaftsmodells und hemmungsloser Leidenschaft; zwischen dem Gleichheitsanspruch und der Macht des freiwilligen Machtverzichts. Werte wie Freiheit, Gleichheit, Wissenschaftlichkeit und die Idee des Vertrags haben in der öffentlichen Sphäre ihre Berechtigung, sie stellen wichtige Errungenschaften der Moderne dar. Aber sie können nicht umstandslos auf private Verhältnisse, insbesondere Paarbeziehungen, übertragen werden – oder nur um den Preis, die Besonderheiten von romantischer Liebe und Intimität aufzugeben.Footnote 9

Das gilt vor allem dann, wenn wir Liebe und Intimität als Praxis verstehen, d. h. als Beziehungsform, die leiblich-emotional verankert ist und daher leibliche Kommunikation und intime Praktiken stärker betont als diskursive Verständigungsformen. Dann wird klarer, warum die Liebe eine gewisse Resistenz gegenüber Überformungen durch Diskursrationalität, Verwissenschaftlichung und Gleichheitsrhetorik aufbringt. Als Praxis in diesem Sinn kann sie eine starke Bindungskraft erzeugen, weil sie im geschützten Raum der Intimität Leidenschaft oder Hingabe zulässt – oder andere Umgangsformen, die sich nicht um soziale Imperative kümmern. So können in der Privatsphäre des Paares öffentlich debattierte Ansprüche an Partnerschaftlichkeit und Gerechtigkeit situativ ausgeklammert werden – um eine Intimsphäre aufrechtzuerhalten, die Liebe und Sexualität nicht nach Maßstäben öffentlicher Vernunft oder politischer Korrektheit praktiziert, sondern nach Maßgabe der Autonomie der Lebenspraxis.

Nun liegt allerdings der feministische Einwand nahe, hier werde eine Mystifikation der Liebe (aus männlicher Sicht) betrieben. Für den Feminismus stand die heterosexuelle Liebe immer wieder unter dem Verdacht, ein Instrument des Patriarchats zu sein, weil sie Frauen dazu verführe, sich Männern freiwillig zu unterwerfen. „It starts when you sink into his arms and ends with your arms in his sink.“ (Stevi Jackson, zitiert nach Bethmann 2013, S. 21). Warum also sollte das Eindringen von Rationalität nur negativ sein? War zum Beispiel die rechtliche Rationalisierung der Ehe (die rechtliche Bewertung bestimmter Vorgänge in einer Ehe nach Maßgabe von Verfahrensregeln) nicht eine wichtige Errungenschaft, um männliche Gewalt zu sanktionieren und auch präventiv zu verhindern? Auch kann das Partnerschaftsmodell helfen, mehr Ausgeglichenheit bei der Arbeitsteilung in Beziehungen zu erreichen oder Männer dabei unterstützen, ihre kommunikative Kompetenz zu verbessern. Rationalisierung ist also nicht grundsätzlich negativ, und ein Eindringen öffentlicher Imperative in die Zone der Privatheit kann unter Umständen gerechtfertigt und positiv sein. Es bleibt aber zu berücksichtigen, dass die beiden Sphären – privat und öffentlich – jeweils ihre Eigenlogik haben, in der die Bedeutung von Rationalität sehr unterschiedlich sein kann.

7 Entpolitisierung der Öffentlichkeit, Krise der demokratischen Kultur und Chancen für Repolitisierung

Die zweite These dieses Beitrags diagnostiziert eine Entpolitisierung der Öffentlichkeit. Sie wird bei Habermas im Wesentlichen durch zwei Entwicklungen begründet. Zum einen hat die bürgerliche Öffentlichkeit durch verschiedene Prozesse der Organisation von Staat und Gesellschaft (Entstehung von Parteien und Verbänden, Bürokratisierung, die Transformation zum Wohlfahrtsstaat – gewissermaßen die Verstaatlichung der Öffentlichkeit) ihre politische Bedeutung weitgehend verloren. Zum zweiten hat der Strukturwandel der Medien (der Übergang von einer kritischen bürgerlichen Presse zur modernen Unterhaltungsindustrie der Massenmedien) maßgeblich zur Entpolitisierung der Öffentlichkeit beigetragen. Doch es gibt auch eine gegenläufige Tendenz der Repolitisierung durch die sozialen Bewegungen seit 1968, die allerdings bei Habermas keine große Rolle spielt.

Ein Teil der Debatten im Anschluss an SdÖ bezog sich auf den Niedergang der politischen Öffentlichkeit. Was in der Medienforschung als Eventisierung der öffentlichen Sphäre – vor allem durch das Fernsehen (vgl. Meyrowitz 2002) – diagnostiziert wurde, findet sein Pendant in Studien zur Krise der politischen Kultur – Stichwort: Postdemokratie (vgl. Crouch 2008). Moniert wird eine moralische Aushöhlung der deliberativen Demokratie durch Bürokratisierung und Technokratisierung der Politik oder eine starke Politikverdrossenheit durch die Auswüchse der Parteiendemokratie. Die komplexe Frage des Verhältnisses von Staat und Gesellschaft – der „Verstaatlichung der Gesellschaft“ – kann hier selbstverständlich nicht erschöpfend behandelt werden. Hingewiesen sei aber noch einmal auf die feministische Kritik, dass Habermas die sozialstaatliche Transformation als Niedergangssymptom der Öffentlichkeit ansieht, weil die reine Vernunft des Diskurses dabei durch Partikularinteressen verdrängt wird, beispielsweise, wenn Politik zur Frauenförderung gemacht wird. Ohnehin hat sich dieses Thema mit der Globalisierung verflüchtigt, der Wohlfahrtsstaat wurde überall zurückgedrängt, die transnationale Vernetzung des Kapitalismus (vgl. Castells 1997) und dessen Ausrichtung am Neoliberalismus hat wesentlich zur Entpolitisierung national begrenzter Öffentlichkeiten beigetragen. Oder aber es kam zu national orientierten, rechtspopulistischen Repolitisierungen. Besonders eine Politik, die hilflos auf Neoliberalismus und Globalisierung reagiert, wird mit dafür verantwortlich gemacht, dass sich viele Gruppierungen entweder ganz von der politischen Partizipation verabschieden oder den neuen rechtspopulistischen Strömungen gefolgt sind.

Der zweite wichtige Prozess, der zur Entpolitisierung der Öffentlichkeit beitrug, ist der Strukturwandel der Massenmedien. Habermas hat den Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit durch medialen Kulturkonsum noch vor der Digitalisierung angesetzt. Die Mediendebatten der 1990er Jahre waren geprägt von der Hoffnung, die neuen Medien würden basisdemokratische Utopien verwirklichen helfen und einen neuen Schub für eine kritische Öffentlichkeit mit sich bringen. Seitdem erkannt wurde, dass es auch beim digitalen Kapitalismus in erster Linie um Profite geht, sind diese Hoffnungen zwar gedämpft. Gleichwohl wird in digitalen Medien immer noch die Chance gesehen, die demokratische Kultur zu revitalisieren – durch Online-Petitionen, Hashtag-Debatten, schnelle Mobilisierung von Widerstand und Empörung, kurzfristige Aktivierung von Gegenöffentlichkeiten. Es ist allerdings noch ziemlich unklar, was wir heute, im digitalen Zeitalter, unter Öffentlichkeit verstehen wollen. Die Vorschläge der Medienforschung sind weit gefächert, sie reichen bis zur Vorstellung, Öffentlichkeiten würden „durch Suchmaschinen“ hergestellt (Pfetsch et al. 2018, S. 482). Es bleibt umstritten, ob das Internet als Medium zur Herstellung von vernetzter diskursiver Öffentlichkeit, ganz im Sinne von Habermas, betrachtet werden kann oder ob es eher um Formen kommunikativer Vergemeinschaftung geht (vgl. Adolf 2015, S. 59–60).

Einfacher scheint die Beurteilung eines Gegentrends der Repolitisierung, der jedoch nichts mit Digitalisierung zu tun hat. Eine Vielzahl von sozialen Bewegungen, die im Kontext von 1968 entstanden sind, hat zu einer neuen Art der Politisierung jenseits der Parteiendemokratie geführt. Mit der Studentenbewegung, den Friedens- und Ökologie-Bewegungen und nicht zuletzt der Frauenbewegung kam es zur Wiederbelebung einer nichtstaatlichen und nicht medienökonomisch kontrollierten politischen Öffentlichkeit. Demonstrationen, Versammlungen, provokative Aktionen und Medien-Kampagnen haben eine Form der Öffentlichkeit revitalisiert, die allerdings nicht so sehr dem Habermas’schen Diskursmodell entspricht, sondern eher dem, was der Feminismus bei Habermas vermisst hat: Performanz, Körperlichkeit, Diversität, die politische Relevanz von Problemen der alltäglichen, privaten Lebenswelt. Besonders der Frauenbewegung seit den späten 1960er Jahren wird großer Einfluss für die Politisierung der Öffentlichkeit zugeschrieben, zu der auch die Publizität des Privaten gehörte. So verweist etwa Lenz (2010) auf die engen Wechselwirkungen zwischen Alternativkultur und Frauenbewegung, die ein ganz neues Bewusstsein für die politische Bedeutung des alltäglichen Lebens schufen; und Hodenberg (2018) kann zeigen, dass die männliche Seite der Studentenbewegung zwar medial präsenter, aber – gemessen an den konkreten politischen Forderungen – weniger erfolgreich war als die Frauenbewegung, die langfristig den zunächst peripheren alternativen Lebensformen Breitenwirkung verschaffen konnte. Allerdings gibt es auch kritische Hinweise, dass die sozialen Bewegungen im Zuge ihrer Etablierung (als Grüne Partei oder als Konzept des Gender Mainstreaming) dem Neoliberalismus zu größerer Akzeptanz verhalfen (vgl. McRobbie 2010; Fraser 2017) und damit einer individualistischen Ideologie, für die zum Beispiel Selbstoptimierung mehr zählt als politisches Engagement.

8 Zeitdiagnostische Implikationen und gesellschaftstheoretische Konsequenzen

Aus der Habermas’schen Diagnose von Aufstieg und Fall der bürgerlichen Öffentlichkeit und anderen zeitdiagnostischen Überlegungen lassen sich eine Reihe weiterer Implikationen und Konsequenzen ableiten. Im Verhältnis von privater und öffentlicher Sphäre laufen die bisherigen Überlegungen auf eine wechselseitige Entgrenzung, eine größere Durchlässigkeit der alten Grenzen, hinaus. In der Perspektive von Habermas ist das eher eine Krisendiagnose, für den Feminismus ist die Aufweichung der alten Grenzen eher ein Fortschritt, zumal Frauen an der Repolitisierung der Öffentlichkeit maßgeblich beteiligt waren. Das alte emanzipatorische Potenzial beider Sphären, wie es Habermas beschrieben hat (Subjektivierung und Politisierung) ist mit der Grenzverwischung aber nicht verschwunden, denn die Eigenlogiken beider Sphären wirken auf Stabilisierung der Grenzen: Schutz der Privatheit vor unerwünschten Zugriffen durch Ökonomie, Medien und Staat; dagegen Transparenz und diskursive Standards in der Öffentlichkeit.

Mit Habermas können wir, trotz vieler problematischer Entwicklungen, die große Bedeutung von kommunikativer Vernunft, von diskursiver Rationalität für die öffentliche Sphäre festhalten. Demokratie braucht anspruchsvolle Debatten, sie muss immer wieder legitimiert werden, sonst droht Abkehr der Wähler_innen und Aufstieg populistischer Strömungen. Ebenso kann mit Habermas an der großen Bedeutung der Privatsphäre, nicht nur als Refugium und Schutzzone (deshalb ist die Rationalisierung der Privatsphäre problematisch), sondern auch als Basis für eine positive Selbstentwicklung, festgehalten werden, die wiederum eine Basis für verantwortungsbewusste Staatsbürgerschaft darstellt, denn Schule und politische Bildung können Defizite der primären Sozialisation nur bedingt kompensieren. Eine autonome – das heißt, gegen Intrusionsversuche gewappnete – private Lebenswelt könnte zum Beispiel Hoffnung machen, dass die derzeit viel diskutierte neoliberale Selbstoptimierung nur ein öffentliches Oberflächenphänomen ist, während dahinter in der Privatsphäre weiterhin ein reflexives Selbstverwirklichungspotenzial steckt.

Die Vorstellung einer homogenen politisch relevanten Öffentlichkeit erscheint fragwürdig. Plausibler ist ein Modell der öffentlichen Sphäre, in der sich eine hegemoniale Öffentlichkeit (im Sinne einer vorherrschenden öffentlichen Meinung) konfrontiert sieht mit alternativen und kritischen Meinungen von Gegenöffentlichkeiten. Marginalisierte Gruppen und Bewegungen müssen entsprechende Artikulationschancen haben, sonst sind Exklusion und Konflikte unvermeidlich, mit allen Konsequenzen, wie zum Beispiel die Flüchtlingskrise 2015 und die Coronakrise gezeigt haben. Öffentlichkeit bedeutet immer auch Kampf zwischen Gruppierungen um die Diskurshoheit. Dass die öffentliche Meinung durch Diskursrationalität – und nicht etwa Gesinnungsethik – entstehen sollte, ist die Überzeugung der Bildungs- und Wissenselite, die im diskursiven Kampf um die Meinungshoheit gute Karten hat. In anderen Milieus stehen andere Artikulationsmedien als der Diskurs im Vordergrund, etwa die Macht der Bilder oder die atmosphärische Erzeugung von Kollektivemotionen. Aber mit Habermas wird man doch der diskursiven Vernunft – Argumentieren, mit Fakten belegen, Zweifel anmelden usw. – eine gewisse Priorität zubilligen dürfen.

Die öffentliche Sphäre ist aber nicht nur eine Arena von politischen Debatten und kritischer Streitkultur. Sie ist auch eine Sphäre der Macht. Dies wird zunehmend deutlich am Aufstieg von kapitalistischen Unternehmen, vor allem in der Medienbranche, die weder mit Waren noch mit Dienstleistungen Profite erzielen, sondern mit Informationen und Datenhandel auf der Basis genauer Kenntnisse bestimmter Bereiche der Privatsphäre ihrer Kunden (die, weil sie scheinbar umsonst bequeme Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, übersehen oder ignorieren, dass mit ihren privaten Daten Geschäfte gemacht werden). Auch neue digitale Dienstleistungsunternehmen, die auf der Basis von disruptiven Innovationen erfolgreich sind (zum Beispiel Amazon, Uber, Air B&B), verändern durch ihre Marktmacht die Vorstellung der öffentlichen Sphäre. Im Zusammenhang mit dem Aufstieg des digitalen globalen Kapitalismus bekommt auch der Begriff der Öffentlichkeit eine globale Bedeutung.

9 Implikationen für das Geschlechterverhältnis und für eine geschlechtertheoretisch fundierte Gesellschaftstheorie

Die Trennlinie zwischen öffentlich und privat ist durch Feminismus und Geschlechterforschung stark infrage gestellt worden – nicht zuletzt, weil sie die Asymmetrie zwischen den Geschlechtern verfestigt und naturalisiert hatte. Es spricht dennoch Einiges für die Persistenz zweier Sphären des Privaten und Öffentlichen und auch normativ für deren Berechtigung, wenn man die jeweilige Eigenlogik einbezieht (Schutz der Privatheit vor unerwünschten Zugriffen; Transparenz und diskursive Standards in der Öffentlichkeit). Wenn außerdem die Kontextabhängigkeit der Kategorie Geschlecht berücksichtigt wird, lässt sich vielleicht besser verstehen, dass auch komplexere Zuordnungen zwischen Mann/Frau und privat/öffentlich möglich sind. Kontextabhängigkeit soll heißen (im Anschluss an Heintz 2001), dass die Bedeutung von Geschlecht (Differenzen, Macht- und Anerkennungsverhältnisse usw.) je nach sozialer Umgebung – Familie oder Wirtschaft, Bildungssystem oder Sexualität – sehr unterschiedlich sein kann, weil Geschlecht dann mit jeweils anderen Kategorien – Liebe oder Effizienz, individuelle Leistung oder Solidarität, Konkurrenz oder Kooperation – relationiert ist.

Welche Implikationen für das Geschlechterverhältnis lassen sich aus den beiden hier diskutierten zeitdiagnostischen Thesen (Rationalisierung der Privatheit, Entpolitisierung der Öffentlichkeit) ableiten? Beide Thesen bewegen sich im Rahmen des von Max Weber ([1920] 1980) begründeten Rationalisierungstheorems. Dieses wurde zu einem festen Bestandteil von Modernisierungstheorien und für diese ist typisch, dass sie indifferent gegenüber Geschlechterfragen sind, weil sie grundsätzlich davon ausgehen, dass askriptive Kriterien wie Alter oder Geschlecht an Bedeutung verlieren würden. Sie setzen deshalb am geschlechtsneutralen Individuum oder am universell gedachten Subjekt an. Aus der ersten These (Rationalisierung der privaten Lebenswelt) ließe sich dann ableiten, dass es zu einer Aufweichung der alten Geschlechter-Dichotomie und einer Neutralisierung der Bedeutung von Geschlecht kommt. Ungleichheitsforschung und feministische Forschung zeigen jedoch immer wieder, dass dies eine Illusion der Moderne sein könnte: Der Rationalisierungsprozess hat weder Klassenunterschiede zum Verschwinden gebracht noch ist er geschlechtsindifferent. Die Frage ist, ob sich an den Asymmetrien zwischen den Geschlechtern dennoch etwas ändert.

Man könnte zunächst vermuten, dass Frauen von der Rationalisierung der Privatheit eher profitieren als Männer, da sich Rationalisierung grundsätzlich auch gegen tradierte männliche Herrschaft auswirkt, sie zumindest transparent macht. So war, wie schon erwähnt, zum Beispiel die rechtliche Rationalisierung der Ehe eine wichtige Errungenschaft, um männliche bzw. väterliche Gewalt zu sanktionieren und auch präventiv zu verhindern. Aber auch ökonomische Rationalisierung – das heißt, eine stärkere Orientierung an Markteffizienz statt an einer patriarchalen Familientradition (der Sohn übernimmt den väterlichen Betrieb, auch wenn es Zweifel an seiner Kompetenz gibt) – kann Frauen helfen, sofern es ihnen gelingt, ihre Kompetenzen auf bestimmten Märkten bekannt zu machen. Ein weiteres Beispiel finden wir in der Bildungsexpansion seit den 1960er Jahren, von der besonders die Frauen aus den Mittelschichten profitierten. Die Rationalisierung der Privatheit besteht in diesem Fall darin, dass die Möglichkeit zu studieren nicht mehr so sehr von familialen Überzeugungen, dass Töchter für etwas anderes bestimmt sind als Söhne, als vielmehr von Schulnoten und familienexternen Beurteilungen abhängig wurde.

Andererseits gibt es viele Hinweise, dass Rationalisierungsprozesse neue Ungleichheiten zu Ungunsten der Frauen mit sich bringen (z. B. Bethmann 2013, S. 21–38) und dass Rationalisierung ein männlich konnotierter Prozess ist. So sind zum Beispiel Studienfächer, wo es auf Effizienz und Berechenbarkeit ankommt, immer noch weitgehend von Männern dominiert, im Gegensatz zu pädagogischen Studienfächern oder Kunstgeschichte. Männliche Herrschaft kann gerade durch Rationalisierungsprozesse immer wieder restabilisiert werden, etwa, indem oberflächliche Zugeständnisse an die feministische Kritik gemacht werden (es werden beispielsweise umfangreiche Kataloge mit Empfehlungen zur Verbesserung der Chancen für Frauen erstellt), während latente patriarchale Strukturen weitgehend unverändert bleiben.

Was bedeutet die zweite These (Entpolitisierung der Öffentlichkeit) im Hinblick auf die Geschlechterfrage? Mit dem Wandel von einer politischen Diskurskultur zu einem massenmedialen Politikkonsum und mit der Übernahme öffentlicher Aufgaben durch den Staat wurde die Problematik des Ausschlusses von Frauen auf den Zugang zu Positionen im Mediensystem, in der Wissenschaft und in der Politik fokussiert. Hierbei sind erkennbare Fortschritte erzielt worden, wie die Präsenz von Frauen in der öffentlichen Sphäre, die seit den 1970er Jahren von der zweiten Frauenbewegung erkämpft wurde und auch wesentlich zur Repolitisierung der Öffentlichkeit beigetragen hat, zeigt. Allerdings ist der Zugang zu einflussreichen und mit Macht ausgestatteten Positionen im Mediensystem immer noch schwierig. Die Frage ist, ob die neuen Medien bessere Möglichkeiten für Frauen schaffen, öffentlich sichtbar und einflussreich zu werden. Hashtag-Kampagnen (zum Beispiel #Aufschrei, 2013; #MeToo, 2017) zeigen, dass zumindest feministische Kritik via digitale Medien erfolgreich sein kann. Sowohl die feministische als auch die mediale Gegenöffentlichkeit gewinnen in den Hashtag-Debatten an Einfluss – nicht bloß meinungsbildend, sondern mit Auswirkungen auf die Praxis.

Was bedeutet dies alles für eine Gesellschaftstheorie mit systematischem Bezug auf die Geschlechterfrage? Wenn eine Theorie – hier am Beispiel Habermas – die Kategorie Geschlecht nicht berücksichtigt, ist dies in GGT-Perspektive nicht einfach das Ausklammern einer empirischen Variable, sondern weit mehr, da die Verhältnisse zwischen den Geschlechtern weitreichende Konsequenzen für die Relationen von Privatheit und Öffentlichkeit, für Sozialstruktur und Erwerbssystem und für die politische Kultur haben. Grundsätzlich bewegt sich die Bedeutung von Geschlecht zwischen den Polen Strukturkategorie und Differenzvariable.Footnote 10 Im ersten Fall ist die gesellschaftliche Bedeutung von Geschlecht allumfassend (omnirelevant), sie reicht von der Verwandtschaft bis zur Ökonomie, vom Recht bis zur Politik – typisch für traditionale Gesellschaften (wo beispielsweise der Häuptling bei allen wichtigen Fragen das letzte Wort hat). Als empirische Differenzvariable hat Geschlecht dagegen nur noch periphere Bedeutung; es geht dann um (meist kleine) Unterschiede in der geschlechtsspezifischen oder -typischen Ausprägung von Eigenschaften (etwa: Frauen seien empathiefähiger). Solchen Unterschieden kann allerdings strukturbildende Kraft zukommen, wenn sie systematisch auftreten und mit Herrschaftsverhältnissen verknüpft sind. Dann werden Geschlechtsunterschiede zu einer wichtigen Achse von sozialer Ungleichheit. Auch in der modernen Gesellschaft ist Geschlecht mehr als eine bloße Variable. Geschlecht ist immer noch ein grundlegendes Klassifikations- und Ordnungssystem, wenn auch nicht mehr in einem totalen, allumfassenden Sinn (wie in traditionalen Gesellschaften), sondern relativ. Das heißt, Geschlecht ist kontextabhängig, seine Bedeutung und Relevanz kann je nach sozialer Sphäre sehr unterschiedlich sein. So ist beispielsweise für die heteronormative Paarbeziehung das Geschlecht geradezu konstitutiv; bei der Ehe für alle ist es dagegen nicht mehr relevant, zumindest in der Idee. Im Sport ist das Geschlecht ebenfalls konstitutiv für die Zuordnung der Individuen, wobei seine Bedeutung an eine als unüberwindlich unterstellte natürliche Differenz (Körperkraft etc.) anschließt. Und auch bei der Vergabe von bestimmten Stellen in Wissenschaft und Politik ist das Geschlecht insofern konstitutiv, als eine Gleichverteilung in Bezug auf dieses eine Kriterium angestrebt wird. In vielen gesellschaftlichen Bereichen kommt es jedoch nicht mehr entscheidend auf das Geschlecht eines Individuums an.

10 Fazit

Für Jürgen Habermas’ Gesellschaftsanalyse ist die Leitunterscheidung privat/öffentlich zentral, insbesondere in seiner frühen Schrift zum Strukturwandel der Öffentlichkeit. Allerdings hat ihn die Privatsphäre zunehmend weniger interessiert, vielleicht auch aufgrund seiner Diagnose, dass sie „immer privater“ geworden sei und an gesellschaftlicher Bedeutung verloren habe. Im Gegensatz zu manchen Feministinnen ist für ihn eine klare Trennung der beiden Sphären wichtig zur Reproduktion ihrer jeweiligen Eigenlogik. In seinen späteren Schriften geht es ihm – abgesehen von der allgemeinen sozialtheoretischen Bedeutung der diskursiven Vernunft – vor allem um die Auslotung von Möglichkeiten ‚echter‘ Demokratie, trotz der schon im Strukturwandel diagnostizierten Entdemokratisierungstendenzen. Verschiedene Entwicklungen, vor allem die Mediatisierung, die sozialstaatliche Bürokratie oder der Lobbyismus sind verantwortlich für den Niedergang des kritischen öffentlichen Diskurses, für die Entpolitisierung der öffentlichen Arena. Doch Habermas hält die Fahne der Aufklärung hoch und glaubt beharrlich an die Macht des Diskurses.

Die Gesellschaftsdiagnose einer Krise der Demokratie ist bei Habermas abgeleitet aus einem historischen Vergleich von Aufstieg und Niedergang der bürgerlichen Öffentlichkeit, unter Bezug auf Entwicklungen in Deutschland, England und Frankreich, wobei die idealtypisierende Methode zu einer Idealisierung der bürgerlichen Gesellschaft beigetragen hat, die den Kapitalismus zunächst noch weitgehend (1962, in SdÖ) aus der kritischen Schusslinie hält. Diese Idealisierung diente aber auch methodisch dazu, die utopische Kontrastfolie einer aufgeklärten, deliberativen Demokratie zu gewinnen, mit der die reale Entwicklung kritisiert werden kann.

Dieser Kontrastfolie fehlte allerdings in SdÖ noch die Möglichkeit zur Artikulation für nicht-hegemoniale Diskurs-Interessen, etwa von Frauen oder der Arbeiterklasse oder von Migrant_innen, denn sie war noch ganz auf die patriarchale Dominanz der frühbürgerlichen Gesellschaft abgestimmt, trotz der wichtigen Beiträge der weiblichen bürgerlichen Kultur seit dem 18. Jahrhundert. Habermas’ früher Entwurf ging mit der Selbstverständlichkeit der sich als objektiv und universalistisch verstehenden modernen Wissenschaft noch davon aus, dass die männliche Diskurs-Herrschaft nur ein kontingentes historisches Beispiel wäre, und dass für die Theorie keine Umbauten notwendig wären, um die strukturellen Ungleichheiten zu erfassen und aufzuheben. Die feministische Kritik hat dieses Manko herausgearbeitet und das Modell der einen öffentlichen Sphäre beziehungsweise der männlichen Hegemonie infrage gestellt. Vielleicht erleben wir derzeit einen entsprechenden Umbau – von einer patriarchal dominierten bürgerlichen Öffentlichkeit mit Universal- und Monopolanspruch zu einer heterogenen, diversifizierten Öffentlichkeit, in der verschiedene Gruppierungen und Bewegungen um die Durchsetzung ihrer Interessen (in Form der Durchsetzung ihrer Meinung als Wahrheit) kämpfen, wobei sie nicht unbedingt am Universalitätsideal der Diskursrationalität festhalten. Rationale mediale Diskurse (wie sie wohl noch am klarsten in Printmedien des Qualitätsjournalismus geführt werden), so lässt sich dennoch hoffen, sind besser gegen Manipulationsversuche geschützt als Debatten, die (wie in den Boulevard-Medien der alten Printmedien, dem Fernsehen und einem Teil der neuen Medien des Internet) stärker auf die Macht der plakativen Parolen, der Bilder und Emotionen setzen.

Um die Privatsphäre hat sich Habermas schon in SdÖ wenig, später noch weniger gekümmert. Durch seine Betonung von diskursiver Vernunft hat er selbst die von ihm kritisierte Rationalisierung der Privatheit ungewollt legitimiert, weil er damit die Eigenlogik der Privatsphäre vernachlässigte: Privatheit ist, verstanden als geschützter Raum der Intimität und Sozialisation, nach Habermas die Basis für reflektierte Subjektivität und Selbstbewusstsein, ein Nährboden für emanzipatorisches Denken und, durch die private Verarbeitung gesellschaftlicher Problemlagen, ein Impulsgeber für die öffentliche Sphäre.