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USA verhängen Sanktionen gegen Dodik – So reagiert der serbische Separatistenführer

Bosnia Serbs Political Crisis Bosnia Serbs Political Crisis
Der bonisch-serbische Präsident Milorad Dodik gibt sich gelassen ob der Sanktionen gegen ihn
Quelle: AP
Der bosnisch-serbische Präsident Milorad Dodik zündelt mit einer Abspaltungsdrohung auf dem Balkan. Nun haben die USA Sanktionen gegen ihn verhängt. Doch ob dies an der Fortführung seiner Politik hindern wird, bezweifeln Analysten.

Die US-Regierung hat den bosnisch-serbischen Spitzenpolitiker Milorad Dodik wegen angeblicher Korruption und dessen Bemühungen zur Destabilisierung von Bosnien-Herzegowina mit Sanktionen belegt. Dies gelte auch für den von ihm kontrollierten Fernsehsender Alternativna Televizija, teilte das US-Finanzministerium am Mittwoch mit.

Dodik ist der bestimmende Politiker im serbischen Landesteil von Bosnien, der Republika Srpska (RS), sowie das serbische Mitglied im bosnischen Staatspräsidium. Als Nationalist versucht er, die RS aus Bosnien abzuspalten.

Das US-Finanzministerium erklärte, Dodik habe die Institutionen der bosnischen Föderation untergraben und in der RS parallele Strukturen aufgebaut. Zudem habe Dodik seine Position genutzt, „um durch Bestechung, Schmiergelder und andere Formen der Korruption ein persönliches Vermögen anzuhäufen“. Seine separatistischen Aktivitäten dienten dazu, von seiner Korruption abzulenken. Er untergrabe damit die Stabilität, territoriale Integrität und Souveränität Bosnien-Herzegowinas, teilte das Ministerium weiter mit.

Vermögenslage unklar

Über welche Summe sich Dodiks Vermögen beläuft, ist allerdings schwer zu sagen. Im Jahr 2019 meldete Dodik ein Jahreseinkommen und ein Vermögen von mehr als 1,2 Millionen Euro (1,36 Millionen US-Dollar) an, darunter eine 800.000 Euro teure Villa in Serbiens Hauptstadt Belgrad. Allerdings betreiben enge Angehörige – darunter seine Kinder – verschiedene Firmen.

Einer der schärfsten Kritiker Dodiks, Drasko Stanivukovic, Bürgermeister von Banja Luka, der größten Stadt der Republika Srpska, behauptet, dass seine Familie an mindestens 70 Unternehmen beteiligt sei. Experten wie der Journalist Erol Avdović schätzten den Zirkel der Betroffenen auf rund 50 Personen.

Infolge der Sanktionen wird jeglicher möglicher Besitz Dodiks in den USA eingefroren. US-Bürgern und Firmen ist es weitgehend verboten, mit ihm oder dem TV-Sender Geschäfte einzugehen oder ihn finanziell zu unterstützen. Auch falls betroffene Personen und Firmen kein Vermögen in den USA haben, erschweren ihnen solche Strafen die meisten internationalen Geschäfte, weil Banken und Unternehmen nicht riskieren wollen, gegen US-Sanktionen zu verstoßen.

Dodik reagierte auf die Sanktionen gelassen und sagte, die Zeiten, in denen die USA und der Westen Bosnien nach „ihrem eigenen Geschmack ummodeln können“, seien lange vorbei. Die Anschuldigungen, er habe Vermögen für sich, seine Angehörigen und Geschäftspartner angehäuft, seien „monströse Lügen“: „Die USA sind eine große Macht, aber sie sind auch große Lügner.“

Auf einer Pressekonferenz nach Bekanntwerden der Sanktionen fügte er ironisch hinzu, dass es für ihn wohl am besten wäre, ein Untertan der Vereinigten Staaten zu sein, fügte jedoch hinzu, dass er nicht gewählt worden sei, um die amerikanische Politik zu verfolgen.

„Milorad Dodik ist politisch unberechenbar“

Bekannt wurde der 63-jährige Diplom-Politologe erstmals 1998 als gemäßigter Reformer und knapp gewählter regionaler Premierminister der Republika Srpska, der Förderation Bosnien-Herzegowina. Inzwischen ist er bekannt dafür, das Massaker von Srebrenica herunterzuspielen und beklagt eine Ungleichbehandlung der bosnischen Serben.

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2001 änderte Dodik, nachdem er eine Präsidentschaftswahl in der Republika Srpska verloren hatte, seinen Kurs und stellte sich als nationalistischer Hardliner und Sezessionist neu auf. Er erlangte nach und nach die Kontrolle über alle Ebenen der Regierung der Republika Srpska und schaffte es 2009, ausländische Richter und Staatsanwälte aus dem bosnischen Gerichtssystem zu verweisen. Berichten zufolge wurde gegen ihn wegen Korruption und Erosion der Demokratie ermittelt.

Analysten fürchten, Dodik könne durch die Sanktionen sich selbst zum Helden oder Märtyrer stilisieren. Zudem steige die Gefahr eines gewaltsamen Konflikts in Bosnien. „Milorad Dodik ist politisch unberechenbar, aber auch rational, und das weiß jeder, was bedeutet, dass er sich und sein Netzwerk und seine persönlichen Interessen schützen wird“, kommentierte der Journalist Erol Avdović die Ereignisse.

dpa/AP/kami

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