Was ist eigentlich mit ...

Fernschreiber: R�ckblick auf 80 Jahre Telex in Deutschland

"Rotes Telefon" zwischen Washington und Moskau ist ein Fernscheiber
Von Thorsten Neuhetzki mit Material von dpa

Der Fernschreiber Lo 15 der C. Lorenz AG nach 1935 Der Fernschreiber Lo 15 der C. Lorenz AG nach 1935
Foto: dpa
Kommenden Mittwoch feiert die schriftliche Kommunikation �ber lange Distanzen in Deutschland Geburtstag: Am 16. Oktober 1933 wurden Fernschreiben in Deutschland f�r jedermann m�glich, der das n�tige Geld daf�r hatte. Die Deutsche Reichspost startete den "�ffentlichen Fernschreibdienst" mit Selbstw�hlbetrieb zwischen Hamburg und Berlin. Bekannt wurde dieser Fernschreiber auch unter dem Namen Telex - eine Abk�rzung, die viele noch aus Telefonb�chern oder Briefbl�cken von vor zehn oder mehr Jahren kennen.

Fernschreiben hie�en damals auch Telegramm und - veraltet - Depesche: Solche Begriffe klingen in Zeiten von Twitter und E-Mail nach vergilbtem Papier, Kaltem Krieg und Langsamkeit. Viele kennen die schreibmaschinen�hnlichen Apparate und die dazugeh�rige Technik mit Papierstreifen nur noch aus dem Museum. Doch dieser R�ckblick kann t�uschen. Jahrzehntelang galten Fernschreiben als extrem schnell, sicher und zuverl�ssig.

1950er bis 1970er Jahre waren Bl�tezeit des Fernschreibers

Der Fernschreiber Lo 15 der C. Lorenz AG nach 1935 Der Fernschreiber Lo 15 der C. Lorenz AG nach 1935
Foto: dpa
"Die Schnelligkeit und Verl�sslichkeit standen im Vordergrund", sagt Lioba N�gele vom Museum f�r Kommunikation in Frankfurt am Main. Diese Fernschreib-Eigenschaften seien zum Beispiel wichtig f�r Termingesch�fte gewesen - bei Gerichten, in Unternehmen und Beh�rden. "Die Ger�te hatten den Vorteil, dass sie immer im Dienst waren." Vor allem in den 1950er, 1960er und 1970er Jahren habe man in wichtiger und schneller Kommunikation auf das Telex gesetzt. Wer privat ein Fernschreiben verschickte, nannte es meist Telegramm, im gesch�ftlichen Verkehr Telex. Dieser Begriff meinte zugleich auch den Fernschreiber und das dazugeh�rige Netz. Bei der Deutschen Post dagegen hei�t jedes Fernschreiben Telegramm, wie Sprecherin Anke Blenn erl�utert.

Ein ber�hmtes Beispiel f�r eine Telexverbindung ist das "Rote Telefon". Dieser sprichw�rtliche hei�e Draht ging vor 50 Jahren, am 30. August 1963, zwischen Washington und Moskau an den Start, um dringende Probleme schnell l�sen zu k�nnen. "Alles geschieht schriftlich, um H�rfehler zu vermeiden und den Austausch zu dokumentieren", sagte k�rzlich der russische Milit�rexperte Pawel Felgenhauer im Rundfunk. Zum alten Eisen geh�rt die direkte Verbindung noch nicht.

Doch sonst findet sich der Fernschreiber kaum noch irgendwo. W�hrend fr�her in Nachrichtenredaktionen die Agentur- und Eilmeldungen aus dem "Ticker" kamen - nichts anderes als ein Fernschreiber, kamen mit der zunehmender Verbreitung der Computer auch spezielle �bertragungswege f�r die Nachrichten hinzu, die praktischer waren, als ein Telex abzuschreiben. So �bertrugen Nachrichtenagenturen vor dem Internet-Zeitalter die Texte per Satellit oder Standleitung in die Redaktionen, die diese weiterverarbeiteten und f�r ihre Leser aufbereiteten.

Deutsche Post bietet noch Telegramme an

Verschiedene Fernschreiber im Kommunikationsmuseum in Berlin Verschiedene Fernschreiber im Kommunikationsmuseum in Berlin
Foto: dpa
Bei der Deutsche Post bietet man noch Telegramme an. Es gelte aber als Nischenprodukt, sagt Sprecherin Blenn. Manche Unternehmen etwa schickten Telegramme an verdiente Mitarbeiter. Abgerechnet wird dann nach der W�rterzahl. Aus Indien kam Mitte Juli die Nachricht, dass nach 163 Jahren kein Telegramm mehr verschickt wird. Zuletzt konnten sich die Papierstreifen nicht mehr gegen Fax, E-Mail und SMS durchsetzen.

Nach dem Fernschreiber d�rfte als n�chstes das Telefax aus der Mode kommen. L�ngst kann Papier gescannt und als Dokument per E-Mail verschickt werden. Anfang 1979 startete laut N�gele der Fax-Dienst in Frankfurt am Main - mit einer �bertragungszeit von drei Minuten pro DIN-A-4-Seite. "Das waren Zeiten, in denen man im Minutentakt dachte."

Heute funktioniert die schriftliche, elektronische Kommunikation meist blitzschnell. Sie ist praktisch, allerdings aktuell wegen der NSA-Sp�haff�re belastet. So ganz pannenfrei lief es aber auch bei den als sicher gelobten Fernschreiben nicht. So gilt ein Telex als eine der gr��ten Polizeipannen der Nachkriegsgeschichte. Ein Polizist aus der N�he von K�ln hatte den richtigen Tipp f�r das Versteck gegeben, in dem die Rote Armee Fraktion (RAF) den sp�ter get�teten Arbeitgeberpr�sidenten Hanns Martin Schleyer gefangen hielt. Das Fernschreiben mit dem wichtigen Hinweis versandete 1977 jedoch irgendwo auf dem Dienstweg.

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