Rainer Maria Rilke | Biographie - Lektürehilfe.de

Rainer Maria Rilke

Kindheit und Jugend in Prag und Böhmen (1875-1896)

Der deutschsprachige österreichische Schriftsteller Rainer Maria Rilke wird als René[1] Karl Wilhelm Johann Josef Maria Rilke am 4. Dezember 1875 in Prag[2] geboren. Er kommt zu früh zur Welt und leidet deswegen zeit seines Lebens unter einer schwachen Gesundheit. Sein Vater arbeitet nach einer misslungenen militärischen Karriere als Bahnbeamter. Seine Mutter einer entstammt wohlhabenden Prager Fabrikantenfamilie. Seine Familie gehört zu der deutschen Minderheit in der damaligen kosmopolitischen österreichischen Stadt.

Rilkes Kindheit und Jugend sind nicht besonders glücklich. Von seiner herrschsüchtigen Mutter wird er bis zu seinem sechsten Lebensjahr als Mädchen erzogen. Gleichzeitig leiden seine unzufriedenen Eltern an der Ehe. Diese zerbricht, als Rilke nur neun Jahre alt ist. Mit der Trennung bleibt der Junge dann bei seiner religiösen Mutter. Er besucht die katholische Volksschule in Prag, wird aber 1885 - ein Jahr nach der Trennung seiner Eltern - auf eine Militärschule in St. Pölten geschickt, damit er sich auf die Offizierslaufbahn vorbereiten kann. Dort verbringt der sprachbegabte und fleißige Junge, der den militärischen Drill nur schwer erträgt, vier Jahre. In dieser Periode schreibt er seine ersten Gedichte.

Mit 15 Jahren wechselt Rilke 1890 auf die Militäroberrealschule Mährisch Weißkirchen, die er nur ein Jahr später aus gesundheitlichen Gründen verlässt. Er kehrt nach Prag zurück und besucht anschließend die Handelsakademie in Linz, um dort seine Matura zu absolvieren. Doch aufgrund einer von seiner Familie verbotenen Liebesaffäre mit dem einige Jahre älteren Valerie von David-Rhonfeld bricht der junge Mann sein Studium im folgenden Jahr ab und kehrt wiederum nach Prag zurück. 

Sein Onkel finanziert ihm anschließend den Privatunterricht. In dieser dreijährigen Periode besucht Rilke heimlich seine Geliebte Valerie und schreibt Gedichte. Auch knüpft er Kontakte zu dem literarischen und künstlerischen Milieu in Prag. Ende 1894 erscheint sein erster Gedichtband „Leben und Lieder“, 1895 folgt sein zweiter „Die Larenopfer“. 

Im Jahr 1895besteht Rilke sein Abitur „mit Auszeichnung“ und studiert zunächst Kunstgeschichte, Literaturgeschichte und Philosophie an der Prager Universität. Auf Wunsch seiner Eltern wechselt er jedoch mit dem Sommersemester 1896 den Studiengang zu Rechtswissenschaften.[3] 

Muse, Heirat und Rodin (1896-1903)

Um sich endlich frei entfalten zu können, entschließt sich der 21-jährige Dichter im September 1896, nach München umzuziehen und Philosophie zu studieren. Dort trifft er die vierzehn Jahre ältere verheiratete Lou Andreas-Salomé und verliebt sich in sie. Die einflussreiche Literatin wird seine Geliebte, Lehrerin und Beraterin. Rilke ändert unter ihrem Einfluss seinen Namen von René zu Rainer. Sie vermittelt ihm Nietzsches Gedankenwelt und teilt mit ihm ihre Liebe für ihre russische Heimat. Er folgt ihr im Herbst 1897 nach Berlin und lebt ganz in der Großstadt in ihrer Nähe.

Rilke reist zeitlebens sehr viel. Er unternimmt unter anderem 1898 eine mehrwöchige Auslandsreise nach Italien. In beiden Sommern 1899 und 1900 reist er mit Lou zwei Mal nach Moskau und St. Petersburg, wo er zweimalig dem russischen Schriftsteller Leo Tolstoi begegnet. Zurück in Deutschland, lernt er bei einem Aufenthalt in der Künstlerkolonie in Worpswede bei Bremen die Bildhauerin Clara Westhoff kennen. Das Paar heiratet im Frühjahr 1901. Im Dezember 1901 wird ihre Tochter Ruth geboren. 

Seine Mittellosigkeit und Unzufriedenheit mit seinem Familienleben lassen Rilke im Herbst 1902 nach Paris übersiedeln, um dort eine Monografie über den berühmten französischen Bildhauer Auguste Rodin zu verfassen. Seine Frau folgt ihm kurze Zeit später, nachdem sie ihre Tochter in die Obhut ihrer Eltern übergeben hat. 

Rastlosigkeit und Reisen (1903-1914)

1903 erscheint die Monografie über "Auguste Rodin". Rilke und seine Frau verlassen Paris Ende März 1903 und verbringen nachfolgend einige rastlose Jahre in Europa mit längeren Aufenthalten in Florenz, Rom, Berlin und München. Das Ehepaar wechselt mehrmals im Jahre seinen Aufenthaltsort und reist 1904 zum Beispiel nach Dänemark und Schweden. Von 1905 bis 1906 wird Rilke acht Monate als Sekretär von Rodin in Meudon, einer Vorstadt von Paris, angestellt. 

Nach dem Bruch mit Rodin hält die innere Unruhe den rastlosen Dichter stets auf Trab. Er reist in die Provence (1909), nach Belgien (1906), Spanien (1912), Tunesien und Ägypten (1911) und fast jedes Jahr einmal nach Italien. Dazwischen hält er sich in Paris, München, Berlin und Prag auf. Er findet laufend Unterstützung durch mehrere Mäzene. So folgt er zum Beispiel 1910 den Einladungen der Fürstin Marie von Thurn und Taxis und hält sich mehrmals auf ihrem Schloss Duino bei Triest auf.[4] 

Die unstete Lebensweise des Ehepaares führt zur Entfremdung der beiden Ehepartner voneinander und schließlich zur Trennung im Jahr 1911. Die formelle Scheidung scheitert jedoch 1912 an den hohen Kosten und bürokratischen Schwierigkeiten. Rilke und seine Frau leben zukünftig jeder für sich.

Wien und München (1914-1919) 

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs 1914 ist Rilke -wie viele anderen deutschen Schriftsteller - vom Krieg begeistert und verfasst in den Tagen nach dem Beginn des Konflikts fünf „Kriegsgesänge“. Euphorisch betrachtet der Dichter den Krieg als eine mystische Macht, welche die Menschen aus ihrer Gleichgültigkeit herausreißt. 

Als österreichischer Staatsbürger muss er zum Militär. Im Dezember 1915 absolviert er eine kurze Grundausbildung, wird für kriegstauglich befunden und ins Kriegsarchiv in Wien versetzt. Dank einflussreicher Gönner wird er ein halbes Jahr später aus dem Militärdienst entlassen und kann nach München zurückkehren. 

Kurz nach dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs lernt Rilke die Malerin Lou Albert-Lasard kennen. Er unterhält bis 1916 eine Liebesbeziehung zu ihr und lebt mit ihr zusammen in Wien und München. In dieser Periode unternimmt er mehrere Reisen innerhalb Deutschlands zum Chiemsee, auf das Gut Böckel in Westfalen und nach Berlin. Er hat einen ausgedehnten Freundeskreis, dem Stefan Zweig, Hugo von Hofmannsthal und Helene von Nostiz angehören.  Der Schrecken und die Grausamkeit des Ersten Weltkriegs lassen den Lyriker in den Jahren zwischen 1916 und 1919 nahezu verstummen. In dieser Zeit stellt Rilke seine dichterische Arbeit fast vollständig ein.

Schweiz, Krankheit und Tod (1919-1926)

Rilke zieht ab Juni 1919 in die Schweiz und entkommt damit der schwierigen und instabilen Nachkriegszeit in Deutschland.[5] Nach dem Zerfall der Habsburger Donaumonarchie ist sein Pass ungültig geworden. Er beantragt als gebürtiger Prager die tschechoslowakische Staatsbürgerschaft, die er 1920 auch erhält. 

Bevor der kosmopolitische und rastlose Dichter 1921 im Schlossturm von Chateau de Muzot im Kanton Wallis[6] eine geeignete und endgültige Wohnstätte findet, verbringt er mehrere Aufenthalte in Paris und Venedig. Als Dichter gewinnt Rilke in dieser Periode seine schöpferische Kraft wieder und schreibt seine Werke „Duineser Elegien“(1922) und „Die Sonette an Orpheus“ (1923), die er innerhalb kurzer Zeit zu Ende bringt.

Der Dichter erkrankt 1923 schwer und begibt sich zunächst in ärztliche Behandlung in Schöneck am Vierwaldstättersee. Er fährt in den kommenden drei Jahren drei Mal zu einer Kur in Bad Ragaz und hält sich mehrere Monate in dem Sanatorium von Valmont bei Montreux auf. Trotz seiner Erkrankung verfasst er in den Jahren von 1923 bis 1926 mehrere Werke. 

Rilke findet genug Kraft, um von Januar bis August 1925 nach Paris zu reisen. Er versucht durch Ortswechsel und Änderung seiner Lebensbedingungen der Krankheit zu entkommen. Im Herbst kehrt er zu seiner letzten Wohnstätte Chateau de Muzot zurück. Anfang 1926 schreibt er drei Briefe, welche die Herrschaft des Ministerpräsidenten und Diktators Benito Mussolinis loben und den Faschismus als ein Heilmittel preisen. Es geht ihm nun gesundheitlich so schlecht, dass er ständig das Sanatorium in Valmont aufsuchen muss. Dort stirbt er am 29. Dezember 1926. Nur wenige Tage vor seinem Tod erhält er seine Diagnose: Leukämie. Auf seinen Wunsch hin wird er auf dem schönen Friedhof der Burgkirche von Raron in der Schweiz beigesetzt.

Werke (Auswahl)

Lyrik

  • Leben und Lieder, 1894
  • Larenopfer, 1896
  • Wegwarten, 1896
  • Traumgekrönt, 1897
  • Advent, 1898
  • Mit zur Feier, 1898
  • Das Buch von der Armut und vom Tode (1903)
  • Der Panther (1902/03)
  • Das Buch von der Armut und vom Tode (1903)
  • Neue Gedichte, 1907
  • Der Neuen Gedichte anderer Teil, 1908
  • Requiem, 1909
  • Die frühen Gedichte, 1909
  • Requiem (1909)
  • Erste Gedichte, 1913
  • Das Marien-Leben, 1913
  • Duineser Elegien (1922)
  • Sonette an Orpheus, 1923
  • Späte Gedichte, 1934

Prosa

  • Am Leben hin, 1898
  • Zwei Prager Geschichten, 1899
  • Vom lieben Gott und anderes, 1900 (1904 unter dem Titel "Geschichten vom lieben Gott")
  • Die Letzten, 1902
  • Worpswede, 1903
  • A. Rodin, 1903
  • Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke (1904)
  • Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" (1910)
  • Erzählungen und Skizzen aus der Frühzeit, 1928
  • Verse und Prosa aus dem Nachlaß, 1929

Dramen

  • Jetzt und in der Stunde unseres Absterbens, 1896
  • Im Frühfrost, 1897
  • Ohne Gegenwart, 1898
  • Die weiße Fürstin, 1900
  • Das tägliche Leben, 1902


 


[1] Der Name René bedeutet auf Französisch „wiedergeboren“ und verweist vermutlich auf den Tod seiner Schwester, die 1874 kurz nach ihrer Geburt verstarb. 

[2] Die historische Hauptstadt Böhmens Prag war damals eine österreichische Stadt.

[3] Was ihm eine spätere Übernahme der Anwaltskanzlei seines inzwischen verstorbenen Onkels ermöglichen sollte.

[4] Hier verfasst er das „Marien-Leben“ (1913) und den ersten Teil der „Duineser Elegien“ (1923).

[5] Direkt nach dem Sturz des Kaiserreiches im November 1918 besitzt das besiegte Deutschland kein Staatsoberhaupt und keine Verfassung. Die neue Republik ist von Extremismus, Separatismus sowie außenpolitischen Gefahren bedroht, und erlebt wirtschaftliche, soziale und finanzielle Probleme sowie eine hohe Inflation.

[6] Rilkes Mäzen Werner Reinhart erwirbt das Gebäude im Mai 1922 und stellt es ihm mietfrei zur Verfügung.

Rainer Maria Rilke

Unsere produkte für Rainer Maria Rilke