DER MENSCH KARL

Hinter der dunklen Sonnenbrille, dem eleganten Anzug und dem makellos gestylten Haar – hinter dem Erscheinungsbild der weltweiten Mode-Ikone – war Karl Lagerfeld vor allem eins: Ein unglaublicher Mensch.

Mit einer außergewöhnlichen Wahrnehmungsfähigkeit gesegnet.

Unfassbar belesen. Ein fantastischer Geschichtenerzähler. Seine Freunde kannten ihn als genialen, großzügigen und liebevollen Menschen. Und was viele vielleicht überraschen mag: als jemand, der über einen scharfen Humor verfügte und diesen immer genau im richtigen Moment einsetzte – eine Eigenschaft, die ihn zu einem unglaublich unterhaltsamen Gesprächspartner machte.

Hinter dem sorgfältig inszenierten Bild, das die Öffentlichkeit von ihm sah, steckte also unglaublich viel mehr...

BEHIND THE SUNGLASSES

Legendary fashion designer Karl Lagerfeld at work in 1984, surrounded by sketches and drawings scattered on the desk in front of him and pinned to the wall behind him.​

Karl Lagerfeld at work © Jürgen Schadeberg

KARL THE DESIGNER

KARL DER DESIGNER

Design als Kunstform war Dreh- und Angelpunkt von Karls Leben. Seiner unerschöpflichen Kreativität Ausdruck zu verleihen, war für ihn so etwas wie eine intrinsische Notwendigkeit. Eine Karriere in der Modebranche hatte er dabei allerdings konkret nicht geplant, denn eigentlich wollte er Illustrator werden. Als er 1954 im Alter von 21 Jahren am Design-Wettbewerb um den International Woolmark Prize teilnimmt und mit seinem Entwurf eines Mantels den ersten Preis gewinnt, war diese allerdings nicht mehr aufzuhalten. In den folgenden 65 Jahren blieb die Mode das Herzstück seines Schaffens, während er seine Leidenschaft für andere Formen Design nie vernachlässigte, stets einen offenen Geist bewahrte und sich Zeit seines Lebens von den unterschiedlichsten Dingen inspirieren ließ, von Menschen und Orten ebenso wie von Kunst und Popkultur.

"I DESIGN LIKE I BREATHE,

YOU DON’T ASK TO BREATHE; IT JUST HAPPENS.”


-Karl Lagerfeld

"I DESIGN LIKE I BREATHE,

YOU DON’T ASK TO BREATHE;

IT JUST HAPPENS.”


-KARL LAGERFELD

Karl Lagerfeld playfully looks through the ring of a pair of fabric scissors in place of his signature black sunglasses.​

Karl Lagerfeld Posing with Scissors © Pierre Guillaud / AFP

Karl Lagerfeld is pictured on the cover of the April 2009 issue of Madame Figaro China, which included a pattern for a jacket designed exclusively for the magazine’s readers.

Madame Figaro China Cover © Karl Lagerfeld

KARL DER FOTOGRAF

Karls Leidenschaft für Fotografie entfachte, als er beim Shooting für seine erste Kampagne im Jahr 1987 selbst hinter der Linse stand. Dabei entdeckte er das Fotografieren als faszinierende neue Form des kreativen Ausdrucks. In den folgenden Jahren beschäftigte sich Karl mit verschiedensten Techniken und Verfahren wie Leinwanddruck, Polaroid-Transfers, Resinotype, Daguerreotypie, Digitaldruck, Platindruck und Fresson-Druck. 1999 eröffnete er sein eigenes Fotostudio in Paris und fotografierte dort einige der größten Berühmtheiten der Modewelt und darüber hinaus. Im Laufe seiner Karriere hat Karl außerdem zahlreiche Fotobücher veröffentlicht, die meisten im Steidl Verlag.

Karl Lagerfeld is pictured behind the camera, looking down the lens, poised to shoot.​

KARL’S SELF-PORTRAITS

KARL UND SEINE SELBSTPORTRÄTS

Karl war nicht nur fantastisch darin, andere Menschen vor der Kamera in Szene zu setzen, sondern ein wahrer Meister von Selbstporträts. Im Laufe seines Lebens entstanden so zahllose Fotografien, Bilder und Zeichnungen seiner unverwechselbaren Persönlichkeit.

One of the famous self-portraits of KARL LAGERFELD

Karl Lagerfeld Self Portrait © Karl Lagerfeld

“PHOTOGRAPHY IS PART OF MY LIFE. IT COMPLETES THE CIRCLE BETWEEN MY ARTISTIC AND PROFESSIONAL RESTLESSNESS.”


-KARL LAGERFELD

“PHOTOGRAPHY IS PART OF MY LIFE.

IT COMPLETES THE CIRCLE BETWEEN

MY ARTISTIC AND PROFESSIONAL RESTLESSNESS.”


-Karl Lagerfeld

A bookcase stacked with vertically and horizontally laid books provides a backdrop to Karl Lagerfeld standing on a coffee table, also strewn with books, and dressed in his iconic black suit, white shirt and tie, leather gloves and signature sunglasses.​

Karl Lagerfeld in the 7L Bookshop, © Eric Dessons/JDD/Sipa

KARL THE BOOK LOVER

KARL DER BUCHLIEBHABER

Literatur und Bücher, eine weitere große Leidenschaft von Karl: In seiner Privatsammlung hatte Karl über 300.000 Bücher und ob in seinem Zuhause, seinem Studio oder seinen Büros: Überall türmten sich Bücher zu den unterschiedlichsten Themen, von Geschichte bis hin zu Kunst, Musik, Geografie, Architektur und mehr. Als er 1999 sein eigenes Fotostudio eröffnete, kombinierte er dies mit einem Buchladen, den er 7L nannte. Ein Jahr später gründete er den Verlag EDITIONS 7L und war seitdem auch Verleger. Das Programm von EDITIONS 7L war vor allem auf visuelle Bücher ausgerichtet, bei denen Fotografie auch immer eine wichtige Rolle spielte. In Karls Leidenschaft für Literatur zeigt sich einmal mehr sein unvergleichlicher Durst nach Lernen, Wissen und kulturellem Bewusstsein.

KARL THE ARCHITECTURE LOVER

KARL DER ARCHITEKTURLIEBHABER

Die Bereiche Innendesign und Architektur übten ebenfalls eine besondere Faszination auf Karl aus – und so suchte er sich auch hier spannende Aufgaben: in Paris, Macau, Miami, Berlin, Taiwan, Monte-Carlo, Singapur, Toronto und an anderen Orten. Zu seinen letzten Projekten gehört die umfassende und kunstvolle Renovierung des Hôtel de Crillon in Paris und der Bau des KARL LAGERFELD Hotels in Macau (das Ende 2020 eröffnete).

Karl Lagerfeld appears as a shadowy figure at the back of his cool-toned apartment, while a high-gloss silver chair and stools and a vast white leather banquette occupy the foreground. ​

Appartement of Karl Lagerfeld, © AD Magazine

A black and white self-portrait of Karl Lagerfeld, wearing playful white cat ears and his signature black sunglasses, while holding his beloved white cat Choupette, who looks straight down the lens of the camera.  ​

Karl and Choupette © Karl Lagerfeld

KARL & CHOUPETTE

KARL & CHOUPETTE

Kaum zu glauben, dass Karl seine Liebe für Katzen erst in späteren Jahren entdeckte – und eigentlich war es auch nur eine einzige Katze, die sein Herz eroberte. Eigentlich sollte Karl nur eine Woche auf Choupette aufpassen, doch er ließ sie nicht mehr gehen. „Es war Liebe auf den ersten Blick”, erinnerte sich Karl. „Sie ist friedvoll, lustig, bringt Freude und sie ist graziös, schön anzusehen und hat ein souveränes Auftreten.“

"I LOVE TO BE CREATIVE ALL THE TIME. IF NOT, I WOULD BE BORED AND BOREDOM IS A CRIME"


-KARL LAGERFELD

"I LOVE TO BE CREATIVE ALL THE

TIME. IF NOT, I WOULD BE BORED

AND BOREDOM IS A CRIME"

 


-Karl Lagerfeld

Karl Lagerfeld is pictured among celebrity party-goers and revellers at his Venetian Ball at Le Palace in Paris in 1978. ​

Karl Lagerfeld at « La Folle nuit Venitienne » Party © Michelle de Rouville / Scoop / Paris Match

Karl Lagerfeld pictured at the Karl Lagerfeld Party at Studio 54 in New York.​

Karl Lagerfeld at « Lagerfeld Party » in Studio 54 © Dustin Pittman/Penske Media/REX

Karl Lagerfeld sporting an elaborate conical hat at a party hosted by LouLou del la Falaise at Le Palace in Paris in 1978.

Karl Lagerfeld at Loulou de la Falaise’s Party © Jack Nisberg / Roger

KARL DER KOLLABORATOR

Für Kollaborationen hegte Karl eine besonders große Leidenschaft. Er liebte es, mit kreativen Talenten – darunter Künstler, Designer, berühmte Persönlichkeiten und ikonische Marken wie Coca-Cola, Barbie, Steiff, Faber Castell, tokidoki und weitere – zusammenzuarbeiten und sich von ihnen inspirieren zu lassen. 2004 erhielt Karl eine Anfrage von H&M für eine gemeinsame Capsule Collection: Es war das erste Mal überhaupt, dass sich der Modegigant mit einem Designer für Haute Couture und Runway-Looks zusammentat. Die Kollaboration war ein enormer Erfolg und machte Designer-Kooperationen in der gesamten Branche zum Trend (der bis heute andauert).

KARL THE COLLABORATOR

Collaboration was one of Karl’s greatest passions. He loved to work with — and be inspired by — creative talents including artists, designers, celebrities, musicians and iconic brands like Coca-Cola, Barbie, Steiff, Faber Castell, tokidoki and more. In 2004, Karl was asked by H&M to collaborate on a capsule collection; this was the first time ever that the fast fashion giant partnered with a high fashion and runway designer. The acclaimed project had resounding effects on the fashion industry, which have lasted to this day.

Karl Lagerfeld, dressed in his signature black suit, fingerless gloves and sunglasses, is pictured sitting next to Barbie, who is looking up at the legendary designer and wearing the same iconic ensemble.

BEI KARL ZUHAUSE

Zwölf Jahre später erinnert sich der ehemalige Herausgeber des T-Magazine, Stefano Tonchi, an das einzigartige Scrapbook, das er einst von Karl Lagerfeld erhalten hat.

A page from a one-of-a-kind scrapbook given by Karl Lagerfeld to Editor of T-Magazine Stefano Tonchi.

„Es dauerte ein paar Monate, bis es soweit war, doch dann erhielt ich das Dokument und es war so viel mehr, als ich erwartet hatte“, erinnert sich Tonchi. „Karl wusste, dass es ein interessantes Unterfangen war, da es noch einmal ein anderes Gewicht und eine andere Tiefe hatte als seine anderen Designprojekte. Wir haben sofort gespürt, dass es etwas sehr Besonderes war.“


Die 19 Seiten waren in Form eines Scrapbooks mit Polaroid-Schnappschüssen und Fotos gestaltet – von seinem Zuhause, seiner Kunst, seinen Möbelstücken und anderen Objekten. Er hatte sie aufs Papier geklebt und um sie herum handschriftliche Notizen angebracht. Es gab es Bilder von seinen Wohnungen und Häusern in Monte Carlo, Biarritz, Brittany, Berlin und Le Mée in der Nähe von Fontainebleau: makellose Schlafzimmer in verschiedenen Blautönen, inspiriert von Ludwig XIV.; ein Blick in ein Pariser Apartment mitten in der Renovierung. Lagerfeld hatte so viel geschickt, dass wir das normalerweise 2-seitige Feature auf das Doppelte vergrößerten, um die eindrucksvolle und unglaublich sorgfältig gestaltete Sammlung unterzubringen.


„Es war etwas ganz Besonderes für Karl, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und uns etwas über sein Leben zu erzählen – über die Orte, an denen er gelebt hat“, sagt Tonchi und fügt hinzu „obwohl Lagerfeld dafür bekannt war, dass er die Vergangenheit verabscheute. „Es war eine Biografie anhand der Orte, an denen er gelebt hat.”

Angesichts des immensen Einflusses, den Karl Lagerfeld in der Modewelt hatte, überrascht es, Stefano Tonchi sagen zu hören, dass er seinen Freund selten in seiner Eigenschaft als Modedesigner gesehen hat. „Irgendwie habe ich ihn nie aus den Augen eines Modemenschen betrachtet, denn so habe ich ihn persönlich nicht erlebt“, erinnert sich der geschätzte Herausgeber und Verleger. „Ich habe seine letzten Designs von Chloé nicht gesehen, war nicht auf der letzten Chloé Show. Ich habe Karl aufgrund seiner Liebe zur Kultur entdeckt.


Es war das Jahr 2004. Tonchi hatte gerade das T:The New York Times Style Magazine gegründet, nachdem er zuvor unter anderem für Esquire und The Sunday Times Magazine tätig war. Er sagt, da seine Modeexpertise eher im Bereich Menswear gelegen habe und die von Lagerfeld im Bereich Ready-to-wear und Couture für Damen, seien sich die beiden vor allem über ihre gemeinsame Leidenschaft für kreative Kunst, Geschichte, Menschen, Orte, Architektur, Innendesign und Ausstellungen nähergekommen. „Ich erinnere mich nicht an Gespräche über Mode oder Kleidung”, sagt Tonchi über ihre gemeinsamen Treffen im Pariser Studio von Lagerfeld. „Dafür hat er viel über seine Liebe zu Möbelstücken gesprochen – und über das Leben in seiner Welt“.

Two double-page spreads from T Magazine featuring excerpts from Karl Lagerfeld’s scrapbook. The pages are brimming with Polaroid snapshots and photos of Karl’s homes, art, furniture and inspiration.
Two double-page spreads from T Magazine featuring excerpts from Karl Lagerfeld’s scrapbook. The pages are brimming with Polaroid snapshots and photos of Karl’s homes, art, furniture and inspiration.
Three pages of Karl Lagerfed's scrapbook given to Editor of T-Magazine Stefano Tonchi. The pages evidence rue de l'Université where Karl spent 30 years.

Scattered in its organization, the eclectic anthology flowed from 1930s images of Lagerfeld’s childhood home in Blankenese, Germany, to a 1979 Polaroid of his French Chateau, Penhouët. Later, a 2000s snapshot of his “beloved bookstore” in Paris was followed by photos of his Berlin apartment dated 1995 (Karl noted, “It’s very ‘Weimar Republic’”).


“His attachment to some of these places was surprising to me,” Tonchi reveals. “I didn’t know so much about where he had lived, where he had many memories. His relationship with Monte Carlo. His discovery of Biarritz. When another designer had one house, he would have multiple and change them like he would change his clothes. And he would never look back.”


Und so kam es, dass Tonchi, als das Herausgeber-Team des T Magazine sich im Sommer 2008 daran setzte, die Urlaubsausgabe zu planen, die Idee hatte, unter der Rubrik „Profile in Style“ – in der Storys darüber erscheinen, was Kreative der modernen Zeit inspiriert, fasziniert und in ihrer Arbeit beeinflusst – ein Feature über Karl Lagerfeld zu bringen. Lagerfelds Berühmtheit war zu dieser Zeit bereits legendär und Tonchi hoffte, dass er seiner Idee zustimmen würde, wohl wissend, wie wenige Zeit sein Freund für derartige Anfragen hatte.


„Es dauerte ein paar Monate, bis es soweit war, doch dann erhielt ich das Dokument und es war so viel mehr, als ich erwartet hatte“, erinnert sich Tonchi. „Karl wusste, dass es ein interessantes Unterfangen war, da es noch einmal ein anderes Gewicht und eine andere Tiefe hatte als seine anderen Designprojekte. Wir haben sofort gespürt, dass es etwas sehr Besonderes war.“

Die 19 Seiten waren in Form eines Scrapbooks mit Polaroid-Schnappschüssen und Fotos gestaltet – von seinem Zuhause, seiner Kunst, seinen Möbelstücken und anderen Objekten. Er hatte sie aufs Papier geklebt und um sie herum handschriftliche Notizen angebracht. Es gab es Bilder von seinen Wohnungen und Häusern in Monte Carlo, Biarritz, Brittany, Berlin und Le Mée in der Nähe von Fontainebleau: makellose Schlafzimmer in verschiedenen Blautönen, inspiriert von Ludwig XIV.; ein Blick in ein Pariser Apartment mitten in der Renovierung. Lagerfeld hatte so viel geschickt, dass wir das normalerweise 2-seitige Feature auf das Doppelte vergrößerten, um die eindrucksvolle und unglaublich sorgfältig gestaltete Sammlung unterzubringen.


„Es war etwas ganz Besonderes für Karl, einen Blick in die Vergangenheit zu werfen und uns etwas über sein Leben zu erzählen – über die Orte, an denen er gelebt hat“, sagt Tonchi und fügt hinzu „obwohl Lagerfeld dafür bekannt war, dass er die Vergangenheit verabscheute. „Es war eine Biografie anhand der Orte, an denen er gelebt hat.”

One page features 1980s snapshots of his iconic Cote d’Azur property, La Vigie. It had all the decadence you could expect of a French villa: lavish décor with Belle Epoque opulence, all framed by dramatic views of the Mediterranean. Lagerfeld personally captured these photos from his second Monte Carlo residence, an apartment at Roccabella, just 1,600 meters away. In an epic juxtaposition, the latter was then fully clad in Memphis Group style, which the all-anticipating Karl began to collect well before it became a trend. On a photo of that living room, he drew an arrow pointing to the art: “On the wall, only Big Nudes by H. Newton.”


“It was like on one side he was post-modern and on the other he was an incredible classicist,” Tonchi observes. “He was always connected to the present, but he had an incredible understanding and knowledge of history. He collected 17th and 18th century furniture before anybody else; he was also the first to collect Memphis furniture and later Zaha Hadid furniture, while he was living in a 1920s villa in Biarritz. It’s a post-modern man who can make all of these time periods collapse into one.”

Another page from Karl Lagerfeld’s scrapbook dated 1985 includes a photograph of a candlelit dinner party and with the handwritten text “a candle light dinner in the small dining room of 51 Rue d l’Universite (second floor), very much like the painting of a dinner in the 1770s by Ollivier.”
A scrapbook page featuring a rare photograph of Karl Lagerfeld aged five years old and wearing lederhosen. Beneath the photograph, Karl’s handwritten text reads: “I loved only Austrian clothes as a child. Nobody had it in the north of Germany then.”​

Keinem festen System folgend, fließt die eklektische Anthologie durch Zeit und Orte und zeigt Bilder aus den 1930er-Jahren, auf denen das Elternhaus von Karl Lagerfeld im Hamburger Viertel Blankenese zu sehen ist und ein Polaroid von 1979, auf dem sein französisches Chateau Penhouët gezeigt wird. Ein paar Seiten weiter dann ein Schnappschuss seines „geliebten Buchladens“ in Paris, gefolgt von einigen Fotos seiner Berliner Wohnung aus dem Jahr 1995 (Karls handschriftliche Notiz dazu „Sehr ‘Weimar Republik’).


„Es überraschte mich immer wieder, wie sehr er an einigen dieser Orte hing“, gesteht Tonchi. „Ich wusste nicht so viel darüber, wo er überall gelebt hatte und womit er besonders viele Erinnerungen verband. Seine Beziehung zu Monte Carlo. Seine Entdeckung Biarritz. Wenn andere Designer ein Haus hatten, so hatte er gleich mehrere und wechselte diese wie seine Kleide. Dabei schaute er nie zurück.”


Es ist nicht ganz klar, wie oft Lagerfeld seine verschiedenen Refugien besuchte, bei seinem prall gefüllten Kalender. (Er war zeitgleich Kreativdirektor für Chanel, Fendi und das nach ihm benannte Maison KARL LAGERFELD und flog, wenn es nötig war, immer wieder kurzfristig nach Rom oder New York.) Doch unabhängig davon, wie viel Zeit er wirklich an jedem dieser Orte verbrachte, ist eindeutig zu sehen, dass er alles, was er anfasste, mit einer bestimmten Absicht und einer klaren Vision tat. Jeder Raum war makellos gestaltet, jedes Möbelstück ganz gezielt ausgewählt. Das Ergebnis ist ein einzigartiger und unverwechselbarer Stil – und unverwechselbar Karl.


Auf einer Seite finden wir gleich mehrere Schnappschüsse aus den 1980er-Jahren, die Karls französische Villa La Vigie an der legendären Côte d’Azur zeigen. Die Bilder versprühen all die Dekadenz, die man sich für ein solches Anwesen vorstellen kann: aufwändiges Dekor im Stil der Belle Epoque, vor einer dramatischen Kulisse des Mittelmeers. Lagerfeld hat diese Fotos selbst aufgenommen, von seiner Wohnung in Roccabella, seinem zweiten Anwesen in Monte Carlo, das nur 1600 Meter weit entfernt lag. In einer epischen Gegenüberstellung war dieses komplett im Memphis Stil eingerichtet – ein Designstil, für den sich Karl, der immer einen Schritt voraus war, schon damals interessierte, lange, bevor er zum Trend wurde. Ein Foto seines Wohnzimmers hat er mit einem Pfeil versehen und daneben geschrieben: „An den Wänden nur die Big Nudes von H. Newton.”


„Auf der einen Seite war er postmodern, auf der anderen ein überzeugter Klassizist“, stellt Tonchi fest. „Er war immer mit der Gegenwart verbunden, doch gleichzeitig hatte er ein unglaubliches Verständnis und Wissen über die die Vergangenheit und Geschichte. Er sammelte Möbelstücke aus dem 17. und 18. Jahrhundert, bevor irgendjemand anders dies tat; er war auch der erste, der Möbelstücke im Memphis Stil sammelte, später dann, als er in einer Villa aus den 20er-jahren in Biarritz wohnte, auch Möbel von Zaha Hadid. Ein postmoderner Mann, der all diese Zeitepochen in einer verschmelzen lässt.“


Angesichts der Tatsache, dass Lagerfeld üblicherweise nicht viel über sein privates Leben preisgab, enthielt das Scrapbook eine überraschende Menge an Persönlichem. Da war zum Beispiel ein Foto von ihm als Fünfjährigen in Lederhosen („Als Kind trug ich ausschließlich österreiche Kleidung. Zu dieser Zeit hatte das sonst niemand in Norddeutschland.”). Dann ein recht dunkles Foto von einer privaten Dinnerparty mit Freunden in seiner Wohnung in der Rue de l’Université. Und eine Darstellung eines Hauses im Tadao Ando Stil mit der Notiz „Ich bekam keine Genehmigung, es in Frankreich zu bauen, nicht in der Nähe von Paris und nicht in Biarritz. Das bedaure ich sehr, nun ist es zu spät!”


Tonchi beauftragte die Modekritikerin der Times, Cathy Horyn, damit, das Feature zu schreiben. Ihre Aufgabe war dabei nicht nur, Lagerfelds Handschrift zu entziffern, sondern darüber hinaus die einzigartige Geschichte auch für zwei Millionen Leser zugänglich zu machen.


„Ein sehr hilfreiches Werk für alle, die einen Blick in Karls Leben werfen und seine Vergangenheit besser einordnen wollen“, so Tonchi. „Ich denke, dass Karl für mehr in Erinnerung bleibt als nur für seine Designs. Seine Fähigkeit, Kommunikation zu verstehen und diese zu nutzen, um seine Geschichte zu erzählen, bleibt unvergessen.


Fürs Protokoll: Tonchi hat nur eine Kopie des Scrapbooks erhalten, das Original befindet sich unter den vielen anderen Schätzen in Lagerfelds Pariser Büro. Die „Profile in Style”-Story ist übrigens nur ein Beispiel für den kreativen Austausch, den die beiden Männer pflegten.


„Ich schlug immer wieder Ideen vor und Karl half mir dann, sie zum Leben zu erwecken“, erinnert sich Tonchi. „Was viele Menschen nicht wissen, ist, dass Karl ein unglaublich hilfsbereiter und wahnsinnig großzügiger Mensch war – das betraf Bücher, Geschenke, Erfahrungen, Dinge und sich selbst.”


Seit 2011 haben Tonchi und sein Mann, der Kunsthändler David Maupin, zwei Zwillingstöchter, Maura und Isabella. Damals gestand Lagerfeld gegenüber Tonchi, dass er sich nie als Familienmenschen gesehen hatte. Auch, wenn es nicht zu dem Bild passen mag, das viele Menschen von Karl Lagerfeld haben – in seinem makellosen Anzug, die Augen hinter der Sonnenbrille verborgen – , erzählt Tonchi begeistert von seinem interessierten und liebevollen Umgang mit seinen Töchtern. Karl nannte die beiden Mädchen seine Großenkelinnen.


„Er erzählte mir von seiner Katze, wenn ich ihm von meinen Töchtern erzählte“, erzählt Tonchi und kichert. „Und Kinder sind keine Katzen und Katzen keine Kinder, aber diese Gespräche haben uns einander wirklich nähergebracht. Mir gefiel sein Verständnis von Familie, auch wenn er selbst keine hatte. Auf eine Art hat er die Mode zu seiner Familie gemacht.”


“I would propose ideas, and Karl would help make them come to life,” Tonchi recalls. “What people don’t know is that Karl was incredibly supportive and incredibly generous — with books, gifts, experiences, things, and himself.”


In 2011, Tonchi and his husband, art dealer David Maupin, welcomed twin daughters Maura and Isabella. It was then that Lagerfeld revealed to Tonchi what was his most unexpected role: family man. While it’s perhaps unnatural to imagine Karl — buttoned-up in a crisp suit jacket and sunglasses — having a soft spot for children, Tonchi says he was deeply interested and caring. He called the girls his great grandchildren.


“He would talk about his cat when I spoke about my daughters,” Tonchi says with a chuckle. “And kids are not cats, and cats are not kids, but those conversations brought us really close. I discovered many aspects of him. You know, I love his understanding of family when he didn’t really have one. Somehow, he made fashion his family.”

Another page from Karl Lagerfeld’s scrapbook dated 1985 includes a photograph of a candlelit dinner party and with the handwritten text “a candle light dinner in the small dining room of 51 Rue d l’Universite (second floor), very much like the painting of a dinner in the 1770s by Ollivier.”​

A TRIBUTE TO KARL: THE WHITE SHIRT PROJECT

A TRIBUTE TO KARL:
THE WHITE SHIRT PROJECT

A collection of decorative white shirts from The White Shirt Project on display. The collection was designed by Karl Lagerfeld’s friends and family in celebration of his iconic legacy. ​

16.09.2019

Wenn man an Karl Lagerfeld denkt, hat man unweigerlich auch seinen Signature-Style vor Augen: schmale Lederhandschuhe, dunkle Sonnenbrille und vor allem: ein maßgeschneidertes weißes Hemd. Das weiße Hemd war fester Bestandteil seines persönlichen Looks und in seinen Kollektionen interpretierte er dieses über Jahre hinweg immer wieder neu.


Zu Ehren von Karl hat sich eine globale Community aus Freunden und Familie zusammengetan, um das von ihm so geschätzte Kleidungsstück neu zu interpretieren. Inspiriert von ihren persönlichen Erinnerungen und Anekdoten, haben sie jeweils ihre eigene Version des Signature-Pieces entworfen und ihrer Wertschätzung an diese besonderen Erinnerungen künstlerisch zum Ausdruck gebracht. Dabei haben sie sich von persönlichen Anekdoten und Erfahrungen inspirieren lassen und diese künstlerisch so umgesetzt, dass sie jeweils eine ganz individuelle Erinnerung an Karl darstellen.


Unter anderem haben folgende Kreative ein Hemd designt: Cara Delevingne, Kaia Gerber, Gigi Hadid, Lewis Hamilton, Diane Kruger, Alessandro Michele, Helen Mirren, Jean-Baptiste Mondino, Kate Moss, Takashi Murakami, Olivia Palermo, Soo Joo Park, Cristiano Ronaldo, Nadja Swarovski, Amber Valletta, Steven Wilson und mehr.

Der weltweite Launch findet am 26. September statt und umfasst Limited-Edition-Designs, deren Erlös an eine Charity-Organisation gespendet wird, eine Tour des Projekts und vieles mehr.


„Wenn ich an Karls ikonischsten Designs seiner Karriere denke, denke ich immer an seine weißen Hemden", so Carine Roitfeld, Style Advisor of KARL LAGERFELD und Kuratorin des Projekts "ATribute to Karl - The White T-Shirt Project". Mit dem Projekt können wir sein Erbe würdigen, seine unerschütterliche Liebe für Mode einfließen lassen und etwas zurückgeben. Ich kann mir keine schönere Möglichkeit für uns vorstellen, seine Leidenschaft für Kreativität zu feiern.”


#MYWHITESHIRTFORKARL


27.09.2019

Im Mittelpunkt des Projekts „A Tribute to Karl" steht eines der meistgeschätzten Kleidungsstücke des Designers: das weiße Hemd als unverzichtbares Must-have für SIE und IHN. Die Teile aus der Sammlerkollektion sind mit berühmten Signature-Details von Karl — einem hohen Kragen und breiten Manschetten — sowie einem Label der Special Edition ausgestattet. Sie sind aus Baumwoll-Popeline gefertigt und vereinen kreatives Design mit unangestrengter Perfektion.


In Gedenken an Karl sind Influencerinnen und Influencer aus der ganzen Welt zusammengekommen, um zu präsentieren, wie sie die weißen Hemden stylen. Ob im Bund oder über der Hose, elegant oder lässig kombiniert: Jeder hat dem ikonischen Design seine ganz eigene Note verliehen. Machen Sie auch mit – unter #MyWhiteShirtForKarl.




In memory of Karl, a community of international influencers has come together to show how they style these white shirts. Whether tucked in or worn loose, dressed up or dressed down, they each put their signature touch on the iconic design. You are invited to follow along — and join yourself — using #MyWhiteShirtForKarl.

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Willkommen bei einer neuen Generation von KARL.COM – ein verbessertes Einkaufserlebnis mit gehobener Funktionalität, intuitiver Navigation und personalisiertem Service. Hier laden wir Sie ein, die Welt von KARL zu entdecken: mit eindrucksvollen Lookbooks, Editorials zur neuen Kollektion, exklusiven Shopping-Services sowie einer hervorragenden Kundenbetreuung.