*Dikigoros hat �ber all das - lange bevor er das Tagebuch seines Gro�vaters las - mit seinem Vater gesprochen. Dessen Erkl�rungen waren schl�ssig und nachvollziehbar: Er empfand die Ausbildung beim RAD und in der Wehrmacht nicht nur als ungeheuer hart, brutal und schikan�s ("schlimmer konnte es bei der SS auch nicht sein"); sie wurden jeden Tag - und auch jede 2. oder 3. Nacht - buchst�blich bis zum Umfallen geschundengeschliffen, d.h. bis einer ohnm�chtig zusammen brach. (Und wehe, jemand simulierte - selbst wenn nicht, hatten es die Ausbilder auf solche "Schlappschw�nze" k�nftig besonders abgesehen! Er hatte noch Gl�ck, da� es ihn selber nie erwischte.) Nein, das war nicht der Punkt, das war nun mal so beim Barras, immer und �berall, das war hinzunehmen. Aber viel schwerer wog, da� er die Ausbildung auch f�r sinn- und nutzlos hielt: Die Ausbilder spielten - noch im 4. Kriegsjahr! - 1. Weltkrieg: Sie mu�ten Sch�tzengr�ben ausheben, Stacheldrahtverhaue ziehen u.a. Unfug treiben - alles ohne Handschuhe, daf�r mit Gasmaske und Stahlhelm auf, in noch nassem Drillichzeug (die �fen durften �ber Nacht nicht anbleiben, sondern mu�ten geputzt werden, so da� man an ihnen nichts trocknen konnte), bei Temperaturen um den Gefrierpunkt. Solche Fisematenten gab es bei der Waffen-SS nicht; die �bte nicht eingraben, sondern angreifen, und das lag jungen Leuten nun mal viel mehr. Au�erdem war bekannt, da� dort Ausr�stung - vor allem Bewaffnung - und Verpflegung erheblich besser waren als anderswo. Urs' Ausbildung erfolgte an "holl�ndischen Beutegewehren, etwa 1,50 m lang, angerostet" und "tschechischen Beute-Maschinengewehren" - "halbwegs ordentliche" Waffen erbeuteten sie erst in Italien. Der "Schweinefra�" beim RAD war unter aller Kritik. ("Es i�t der Mensch, es fri�t das Pferd - bei uns, da ist es umgekehrt!") Die Zusatzrationen f�r Jugendliche, die ihnen auf dem Papier zustanden, "fra�en der fette K�chenbulle und seine Kumpane selber; wir bekamen nur Wassersuppe mit Kartoffelschalen vorgesetzt." Ideologisch berieselt wurde man bei der Wehrmacht auch - das ging zum einen Ohr rein, zum anderen wieder raus, �hnlich wie bei der heutigen Bundeswehr die "Erziehung zum Staatsb�rger in Uniform". Und mit Kameraden aus anderen L�ndern zusammen zu k�mpfen h�tte ihm �berhaupt nichts ausgemacht - wieso denn? Besser mit freiwilligen Ausl�ndern als mit unwilligen Inl�ndern, auf die man sich, wenn es hart auf hart kam, nicht verlassen konnte! (Er hatte selber erlebt, wie "Volksdeutsche" aus B�hmen und M�hren und dem Elsa� zum Feind �berliefen.) "Schuld daran, da� es zum Schlu� dreimal soviel Ausl�nder wie Deutsche in der Waffen-SS gab, waren deutsche Eltern, die ihren S�hnen nicht erlaubten, sich dorthin zu melden!" [Ein Satz, den Dikigoros damals nicht verstand - aber er hakte nicht nach. Doch wenn er das heute noch einmal liest, dann glaubt er, aus dem Grabe die Stimme seines Vaters zu h�ren, die ihm - und seiner Schwiegertochter, die so oft dar�ber jammert - sagt: "Und schuld daran, da� es heute auf manchen Schulen der BRD dreimal soviel Kinder mit nicht-deutscher Muttersprache wie mit deutscher Muttersprache gibt, sind deutsche Eltern, die sich nicht den Luxus erlauben, ein paar Kinder mehr zu bekommen!"] Kurzum, die �berlebenschancen schienen ihm 1942 bei der Waffen-SS erheblich h�her zu sein als bei der "normalen" Wehrmacht - und wer wollte den verdammten Krieg nicht �berleben? Er konnte nicht ahnen, da� die Waffen-SS von nun an tats�chlich immer an den gef�hrlichsten Brennpunkten als "Feuerwehr" eingesetzt wurde, mit extrem hohen Verlustraten, und da� viele - sogar die meisten - ihrer wenigen �berlebenden bei Kriegsende von den Alliierten entweder schon bei dem Versuch, sich zu ergeben, ermordet oder sp�ter in Gefangenschaft grausam zu Tode gefoltert wurden. Urs sen. hatte also im R�ckblick Recht; aber Urs iun. sah das nie ein; sie haben das einander lebenslang nachgetragen.
**Ein Fall krasser Rechtsbeugung durch die politische Justiz. Gewi� war die T�tung R�hms rechtswidrig. Selbst wenn er einen Putsch vorbereitet hatte - was sich im Nachhinein weder beweisen noch widerlegen l��t -, h�tte er in einem ordentlichen Rechtsstaat - der Deutschland bis 1945 ja noch war - nicht einfach erschossen werden d�rfen, sondern vor Gericht gestellt, ggf. verurteilt und hingerichtet werden m�ssen. (Ein "Staatsnotstand" lag, jedenfalls nach der Festnahme von R�hm & Co., nicht [mehr] vor.) Allerdings hatte Dietrich niemanden pers�nlich erschossen, sondern lediglich diesbez�gliche Befehle von oben an seine Untergebenen weiter geleitet. Selbst wenn man ihm das abwegiger Weise als Straftat auslegen wollte, so h�tte diese infolge des vom Reichstag verabschiedeten und vom Reichspr�sidenten v. Hindenburg gegengezeichneten - also nach rechtsstaatlichen Grunds�tzen zustande gekommenen - Amnestie-Gesetzes nicht mehr verfolgt werden d�rfen.
***Heute wird gerne das M�rchen verbreitet, Dietrich habe "nur 6 Monate abgesessen" und sei dann wegen seines schweren Herzleidens vorzeitig entlassen worden. Das Gegenteil ist richtig. Das Urteil war zwar nach au�en "nur" ein Fall von Rechtsbeugung; f�r jemanden, der die Interna kennt, war es aber noch viel schlimmer und zeigt die sch�bige Praxis des Unrechtsstaats auf, zu dem Deutschland (in allen Nachfolgestaaten, auch der BRD) nach 1945 mutiert war: Dietrich war 1955 zwar formell begnadigt, aber faktisch nicht entlassen, sondern vielmehr sogleich von der deutschen Justiz in Untersuchungshaft genommen worden. Im Zeitpunkt der Urteilssprechung hatte er dort bereits 18 Monate verbracht, f�r die er im Falle eines Freispruchs h�tte entsch�digt werden m�ssen. In solchen F�llen ist es �blich, auch Unschuldige zu einer Freiheitsstrafe in exakt der selben H�he zu verurteilen, um dem Staat diese Kosten zu ersparen. So weit so schlecht; in diesem Falle wurde er trotzdem noch einmal 18 Monate festgehalten - von denen er zwar zwei Drittel nicht in der Zelle, sondern im Krankenhaus verbrachte, was ihm aber ein geringer Trost gewesen sein d�rfte. Insgesamt verbrachte Dietrich 13 Jahre unschuldig im Gef�ngnis: zun�chst 10 Jahre f�r ein frei erfundenes "Kriegsverbrechen", dann zweimal 18 Monate f�r eine Tat, die von Rechts wegen nicht [mehr] der Strafverfolgung unterlag.
****In der Theorie wurden zwar Angeh�rige der Waffen-SS ab 1961 anderen Wehrmachtsangeh�rigen (die bereits seit 1951 eine Rente erhielten) versorgungsrechtlich gleich gestellt; in der Praxis wurden jedoch Ausnahmen gemacht - u.a. f�r den "Kriegsverbrecher" Dietrich, �hnlich wie f�r den "Kriegsverbrecher" Reder in der R�.
*****Dietrich hat keine Memoiren hinterlassen; auch in den Erinnerungen seiner Zeitgenossen nimmt er wenn, dann nur sp�rlichen Raum ein. So gibt es bis heute keine brauchbare Biografie; die wenigen Kurzbeitr�ge Nachgeborener in diversen Zeitschriften, Lexika und Sammelb�nden sind durchweg schlecht belegt und entsprechend unverl��lich.
******W�re die Teilnahme von Soldaten - sei es in Uniform oder in Zivil - verboten worden (wie dies sp�ter in vergleichbaren F�llen h�ufig geschah), h�tte man die gerade erst aufgebaute Bundeswehr wahrscheinlich gleich wieder dicht machen k�nnen, denn das h�here Offizierskorps bestand damals noch durchweg aus alten Wehrmachts-Soldaten, die um die Unbegr�ndetheit der "Kriegsverbrecher"-Vorw�rfe wu�ten und einem solchen Befehl getrotz h�tten. H�tte man sie alle entlassen wollen, w�ren nur ein paar hundert "selbstgestrickte" Subaltern-Offiziere �brig geblieben, mit denen kein Staat zu machen war.
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