Der Plan | Kritik | Film | critic.de

Der Plan – Kritik

Politiker? Marionetten. Der freie Wille? Eine Illusion. Wahre Liebe? Schicksal. Nur: Wer, wenn nicht wir, hat die Zügel in der Hand?

Der Plan 03

Die Story von Der Plan (nach einer Kurzgeschichte von Hollywoods SciFi-Darling Philip K. Dick) kann man auf zweierlei Arten erzählen. Kurzversion: Mann und Frau lieben sich, allen Hindernissen zum Trotz. Etwas ausführlicher: Nachdem er die Wahl zum Senator New Yorks zwar unglücklich verloren, in der Nacht des Debakels aber die Bekanntschaft der eigensinnigen Tänzerin Elise (Emily Blunt) gemacht und sich sofort verliebt hat, stolpert der Kongressabgeordnete David Norris (Matt Damon) in eine nicht für seine Augen bestimmte Situation: Männer in Hut, Schlips und tadellosem Anzug sowie einige schwarz behelmte Kompagnons machen sich mit rötlich glühenden Maschinen an den Köpfen von Norris’ Bürokollegen zu schaffen. Es sind die Angestellten einer dubiosen „Regulierungsbehörde“ (Originaltitel des Filmes: The Adjustment Bureau), die mithilfe subtiler Eingriffe die Geschicke der Welt gemäß einem ultrakomplexen Plan gestaltet. Sollte Mr. Norris nicht einen Gehirnreboot erleiden wollen, darf er niemandem von dem Erfahrenen berichten. Und, vor allem: Er darf sich niemals in Elise verlieben, weil das der „Plan“ nicht vorsieht. Der Rest sollte, nach der alten Weisheit „Es lockt das Verbotene“, klar sein.

Der Plan 01

Wobei die zwei Varianten, den Film zusammenzufassen, dessen innere Logik recht gut widerspiegeln: haarsträubend komplizierter Verschwörungsplot auf der einen, simple Liebesgeschichte auf der anderen Seite. Die Dynamik und auch die Spannung zwischen beiden generiert den Pulsschlag dieses Films, sein Spiel mit Widersprüchen und Widersinnigkeiten.

Der Plan 06

Dabei geizt Der Plan weitgehend mit Effekten und Sensationen. Das Wirken der McCarthy-artigen Regulierungsbehörde, angeführt von Mad Men John Slattery (der eine gewisse Patina von „zeitloser Eleganz“ quasi in der Westentasche mit sich führt), ist so dezent wie nur irgend möglich inszeniert: keine sich unter CGI-Gewalt biegenden Städte wie in Inception (Christopher Nolan, 2010), keine Matrix-Hyperstilisierung, keine Satellitenbilder und Zooms vom Weltall auf die Nadel im Heuhaufen. Stattdessen fein-spröde Bürokratenroutinen mit kleinteiligem Kompetenzgerangel, penibler Buchhaltung und gestärkten Bügelfalten.

Der Plan 04

So kommt der Film einerseits geradezu bescheiden daher, ist jedoch andererseits arg rede- und wenig handlungsfreudig. Aber genau deswegen wohl nimmt Der Plan gern und häufig Reißaus ins Gefühlsduselige. Denn je detaillierter man Einblick gewinnt in die ausgeklügelten Kleinigkeiten des Masterplans, desto höher türmen sich die Fragezeichen. Am folgeschwersten ist das Empfinden, dass eine wirkliche Bedrohung für die Paarbildung David/Elise nie besteht. Auf Exekutivseite wurde bei der Regulierungsbehörde irgendwie zu stark gespart: Statt ordentlich zu ballern, können die „Sachbearbeiter“ nur Stöckchen zwischen die Beine der zu- und voneinander Flüchtenden werfen. Richtig brutal sieht anders aus. Das heißt: Telefone abschalten, Türen verschließen, Stromausfälle provozieren, Kaffee verkleckern und dergleichen Streiche mehr. Was aber auch wieder (narrato-)logisch notwendig und daher irgendwie charmant ist: Die Menschen sollen eben nichts mitbekommen von den Eingriffen, alles soll wirken wie aus der Welt selbst entstanden.

Der Plan 05

Der Verschwörungsplot ist insgesamt nur Vehikel und Metapher für Auseinandersetzungen mit anderen, großen Themen wie Zufall, Schicksal, der Liebe und dem freien Willen. Je vertrackter und totaler die Verschwörung, je durchgreifender und umfassender die gegen unsere Helden aufgebrachten Methoden, desto größer die Herausforderung, durch ihre Lücken in die Freiheit zu entwischen. Man kann von wahrer Liebe, von wirklich freiem Willen nur in dem Maße sprechen, in dem man sie zu erkämpfen bereit ist. Die Buchhalter-Agenten mit ihren Buchhalter-Tricks, mit ihren kleinen Zeit und Raum-Betrügereien: Sie sind Hürden und Prüfer für den Test der Stärke und des Herzens. „Earn your freedom!“ ruft einem Der Plan entgegen, und „Get that girl!“.

Der Plan 08

Was dem Film jedoch nie abgeht, was ihn zugleich rettet und auszeichnet, ist seine entspannende Selbstironie. Der Plan kapituliert vor den Widersprüchen der eigenen Geschichte, erträgt die Niederlage aber mit schelmischer Würde; er stolpert über die selbst ausgelegten Fallstricke, aber fällt nicht ohne Stil. Dem Zuschauer ist es geradezu freigestellt, dem Plot zu folgen oder ihn hemdsärmelig umzukrempeln. Verstanden als Planspiel, das den Verschwörungsgedanken durchaus konsequent, aber ohne Rückfall in allzu sinistere Panikmache durchbuchstabiert, wird letztlich vor allem eines klar: Kein Szenario ist unwahrscheinlicher als eines, das Politik, Wirtschaft, Kultur, Religion etc. als Facetten eines einzigen, großen Planes begreift. Wer ernsthaft dafür eintritt, dass das ganze klimakillende, finanzkrisenverursachende, kriegeführende Post-9-11-Tohuwabohu von langer Hand geplant und durchexerziert wird, staged chaos also, der muss entweder die unendliche Geschichte neu erzählen, Gott auf unergründlichen Wegen folgen oder ziemlich bald in große Erklärungsnöte kommen. Und unter eben denen leidet Der Plan, ob nun als Verschwörungs- oder Liebesfilm. Das allerdings tut er durchaus bewusst, und irgendwie genießerisch. Wenn nun aber, andererseits, auch das nur wieder eine gewiefte Verschleierungshandlung sein sollte ...

Trailer zu „Der Plan“


Trailer ansehen (1)

Neue Trailer

alle neuen Trailer

Neue Kritiken

Kommentare


Wilm

Vorhin gegen Ende aus dem Kino gegangen. Intelligenzbeleidigend, der Film. 3 Blocks Telefone lahmlegen, aber ein Stau an einer Kreuzung würde 'zu große Wellen schlagen'...dann dieser ewig-pathetische 'Sie müssen Präsident von Amerika werden' Mist. 'Wir haben euch seit 1910 alleine machen lassen' - warum ab dann? Den Rest der Welt ausgeblendet, nein, Asien gab's noch nicht, habt 'ihr Menschen 2 Kriege angezettelt'..die vielen danach, als die Regler wieder dabei waren, zählen auch nicht. Fazit: Abstruser Konsummüll, der nur eine Frage offen lässt: Hat Matt Damon Schulden?


tonnebaer

Eine interessante Idee etwas fade umgesetzt, meiner Meinung nach. Der Hauptdarsteller konnte auch diesmal ohne perfekt einstudierte Kung-Fu Einlagen überzeugen. Ich hätte mir gewünscht, dass die Assoziation mit dem "Vorsitzenden" nicht so sehr in die Richtung des Allmächtigen, sondern eher in die des Big Brother gelenkt hätte. Alles in allem eine nicht so fesselnde Abendunterhaltung, insbesondere wenn man in diesen Tagen das Buch "CHAOS mit SYSTEM" von Konrad Kustos gelsen hat und sich hier mit einer deutlich spannenderen Version von einer tatsächlich realen (Un)Freiheit konfrontiert sieht.


projekt2501

Ganz einfach ein charmanter Liebesfilm. Keine tiefgründgen Gedanken zum freien Willen, keine Verschwörung, keine Religion. Science Fiction ganz einfach als Kulisse - und es funktioniert wunderbar.


Till

Habe den Film gerade eher so nebenbei im Fernsehen genossen und feiere jetzt den Schlussabsatz mit einem Bier.






Kommentare der Nutzer geben nur deren Meinung wieder. Durch das Schreiben eines Kommentars stimmen sie unseren Regeln zu.