Die Welle
Wie entsteht Faschismus? Das will Lehrer Jürgen Vogel mit einem Experiment seinen Schülern demonstrieren.
Regie
Dauer
107 Min.
Kinostart
13.03.2008
Genre
FSK
12
Produktionsland
Cast & Crew
Rainer Wenger
Marco
Tim
Karo
Anke Wenger
Dennis
Lisa
Sinan
Maximilian Vollmar
Bomber
Kevin
Ferdi
Jens
Redaktionskritik
Kann sich eine Katastrophe wie der Nationalsozialismus wiederholen? Dieser Frage geht „Napola“-Regisseur Dennis Gansel in seinem neuen Film Die Welle nach. Eine hochspannende Deutschstunde mit Jürgen Vogel als Lehrer, der das Böse beschwört
Deutschland, heute. Der Gymnasiallehrer Rainer Wenger startet während einer Projektwoche zum Thema „Staatsformen“ ein gruppendynamisches Experiment. Ausgangspunkt ist die Frage eines Schülers nach der Entstehung von Faschismus: Wie konnten sich die Deutschen ganz ruhig verhalten, während die Nazis massenhaft Menschen abschlachteten? Und: Wäre so etwas heute noch einmal möglich? Der neue Film von „Napola“-Regisseur Dennis Gansel gibt auf diese Fragen beunruhigende Antworten.
„Die Welle“ basiert auf einem realen Experiment, das im Herbst 1967 an einer Schule im kalifornischen Palo Alto stattfand. Unter möglichst realen Bedingungen sollte die Entstehung autoritärer Machtstrukturen simuliert werden. Das Experiment gelang – dies sogar so gut, dass es nach wenigen Tagen abgebrochen werden musste.
Was der Geschichtslehrer Ron Jones seinerzeit aus seinen Schülern vorgekitzelt hatte, war eine offensichtliche Neigung zur Unterordnung unter ein strammes System von Befehl und Gehorsam – dem Bodensatz des Nazi-Spuks. Spätere Tests wie das berühmte Milgram-Experiment und das Stanford-Prison-Experiment schienen die Tendenz des Schulversuchs zu bestätigen: Steckt tatsächlich in jedem Menschen die Anlage zum Unmenschen?
Gansels „Die Welle“ überträgt den kalifornischen Psychotest ins aktuelle Umfeld einer beliebigen deutschen Kleinstadt. Jürgen Vogel verkörpert den idealistischen Lehrer Rainer Wenger, der das Projekt anstößt, ohne zu ahnen, welche Geister er damit ruft. Zunächst gibt er seinen Schülern nur harmlose Anweisungen: Sie sollen gerade sitzen, sich ordentlich melden, aber auch mögliche Gegner ausspionieren. Ein gemeinsames Handzeichen wird verabredet, ein Name für die Gruppe gefunden: Die Welle. Doch bald schwappt die Welle auch außerhalb des Klassenraums. Wer nicht zur Welle gehört, ist der Feind der Welle, und so wird aus dem Spiel mit dem Feuer blutiger Ernst.
Gansel schlägt von Anfang an ein hohes Tempo an und unterlegt sein Schulstück mit einem treibenden Soundtrack aus Rock und Pop. Der unheilvolle Sog der Geschichte reißt nie ab, und wie in Oliver Hirschbiegels „Das Experiment“ formieren sich die Mitläufer, die Apparatschiks, die blinden Eiferer, aber auch einige wenige Widerständler: deutsche Geschichte, reduziert auf das Viereck eines faschistischen Klassenzimmers.
Dennis Gansel ist ein spannender, aufwühlender Film über das schleichende Gift von Fremdbestimmung und Intoleranz gelungen. Das Ende geht über das Palo-Alto-Vorbild weit hinaus, unterstreicht aber in seiner radikalen Konsequenz die zentrale Aussage der Politfabel: Faschismus ist nicht das, was immer an einem anderen Ort passiert.
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