Hünfelder betrügt Rettungsdienst: Mann wegen Notruf-Missbrauch verurteilt
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Hünfelder betrügt Rettungsdienst: 27-Jähriger wegen Missbrauch des Notrufs verurteilt

Weil ihm der Weg zu Fuß offenbar zu weit war, rief sich ein Hünfelder statt eines kostenpflichtigen Taxis lieber den Rettungsdienst und täuschte eine Fußverletzung vor. Doch der Schwindel fiel auf.

Hünfeld - Der Angeklagte konnte es sich – zwei Jahre nach den Taten – nicht erklären, warum genau er am 19. Mai 2022 und am 17. September 2022 so vorgegangen war. „Ich kann mich nur dafür entschuldigen. Es war definitiv Alkohol im Spiel“, waren die ersten Worte, die der Mann vor dem Hünfelder Amtsgericht aussprach. Der Hünfelder spielte zu diesem Zeitpunkt bei einem Verein im Hünfelder Land Fußball.

Hünfelder betrügt Rettungsdienst: Mann wegen Missbrauch des Notrufs verurteilt

„Nach den Spielen wird meist noch zusammen etwas getrunken. Ich habe keine gültige Fahrerlaubnis, daher habe ich immer gewartet, dass mich ein Spielkollege mit nach Hause nehmen kann“, sagte der Mann. Doch an den beiden Abenden im Jahr 2022 hatte der 27-Jährige offenbar keine Mitfahrgelegenheit für den sechs Kilometer langen Heimweg und wählte um 1.30 Uhr beziehungsweise um 22 Uhr den Notruf.

In beiden Fällen rückte eine zweiköpfige Besatzung des Hünfelder Rettungsdienstes aus und sammelte den Mann auf der Landstraße zwischen Nüst und Dammersbach ein. „Er hat uns gesagt, er habe starke Schmerzen im Fuß. Daher haben wir ihn untersucht und nach Hünfeld ins Krankenhaus gebracht“, sagte ein 23-jähriger Rettungssanitäter als Zeuge aus. Die Besatzung habe den Patienten in der Notaufnahme abgegeben und anschließend den Rettungswagen (RTW) wieder einsatzbereit gemacht.

„Währenddessen habe ich den Patienten draußen gesehen, mir aber im ersten Moment nichts weiter dabei gedacht, bis wir von Krankenhausmitarbeitern angesprochen wurden, ob er sich bei uns abgemeldet hätte“, gab der Zeuge an. Es sei nicht ungewöhnlich, dass Patienten das Krankenhaus verlassen, um beispielsweise zu rauchen. Doch der Angeklagte verließ das Krankenhaus kurz nachdem der Rettungsdienst ihn dort absetzte, ohne sich behandeln zu lassen und ohne sich abzumelden.

Vier Monate später ereignete sich der Vorfall erneut. Diesmal hatte eine 33-jährige Notfallsanitäterin Dienst. Noch während sie die Patientenübergabe in der Hünfelder Notaufnahme machte, entfernte sich der Mann aus dem Krankenhaus in Richtung Heimatadresse, die etwa 400 Meter vom Krankenhaus entfernt ist. „Meine Kollegin, die draußen war, hat ihn gehen sehen. Sie hat sich noch gewundert, dass alles so schnell ging. Als er raus lief, hat er nicht mehr gehumpelt. Ich habe mich maßlos geärgert, weil ich das Gefühl hatte, als Taxi missbraucht worden zu sein“, sagte die Zeugin.

Mit ihrem Gefühl sollte die Notfallsanitäterin Recht behalten. Noch in ihrem Dienst schrieb sie eine E-Mail an ihren Vorgesetzten und erklärte die Situation. Der 43-Jährige Notfallsanitäter nahm am nächsten Tag Kontakt mit ihr auf und ließ sich den Einsatz genau erklären. Wenige Wochen später gab er schließlich eine Anzeige bei der Polizei auf. Doch was war geschehen?

Das war keine kleinere Dummheit, das sind Straftaten.

Amtsanwältin Christine Vukota von der Staatsanwaltschaft Fulda

Während der Hünfelder im ersten Fall noch seine Krankenkassenkarte mit sich führte, konnte er sich beim zweiten Mal nicht ausweisen. „Ich habe ihn daher als Selbstzahler im System angelegt. Der Patient hat die Möglichkeit, die Karte nachzureichen“, erklärte die 33-Jährige. Doch das sei nicht geschehen. Im Gegenteil: Die Rechnung, die der DRK Kreisverband Hünfeld dem Mann als Selbstzahler ausgestellt hatte, kam postwendend zurück: nicht zustellbar. Der Mann hatte falsche Angaben zu seiner Identität gemacht.

Verärgert über den Vorfall berichtete die Notfallsanitäterin einigen Kollegen auf der Rettungswache von dem Einsatz, darunter dem 23-jährigen Rettungssanitäter. Die Art und Weise der Einsätze war identisch, doch die Namen des „Patienten“ unterschiedlich. Ein kurzer Blick der Rettungsdienstmitarbeiter auf die Webseite des Fußballvereins entlarvte den Mann schließlich. Dort war er mit Foto und richtigem Namen abgebildet. „Und er hatte eine markante Tätowierung. Der Vergleich der beiden Einsätze ergab, dass er sich nie im Krankenhaus behandeln ließ. Daher habe ich ihn wegen möglichem Notrufmissbrauch angezeigt. Die Kosten in Höhe von 828,30 Euro für den Einsatz sind bis heute offen“, sagte der 43-jährige Zeuge.

Rettungswagen
Nicht verletzt und aufgeflogen: Der Hünfelder ist nun wegen Missbrauch des Notrufs verurteilt worden. © Fernando Gutierrez-Juarez/dpa/Symbolbild

Reumütig gab der Angeklagte seine neue Adresse bei dem 43-Jährigen an und entschuldigte sich für seine Taten. Er lebe seit einem Jahr im Ausland, der Umzug sei ein Neuanfang gewesen, sagte der 27-Jährige. „Ich weiß nicht, warum ich damals den Namen des Bruders meiner Noch-Ehefrau angegeben habe. Das war einfach dumm.“

Notruf missbraucht: Angeklagter aus Hünfeld kein unbeschriebenes Blatt

„Das war keine kleinere Dummheit, das sind Straftaten“, brachte es Amtsanwältin Christine Vukota von der Staatsanwaltschaft Fulda in ihrem Abschlussplädoyer auf den Punkt. „In beiden Fällen wurde der Notruf missbraucht und Sie haben falsche Angaben gemacht. Sie haben dafür gesorgt, dass dafür ein Rettungswagen kommt, während in dieser Zeit wirklich schlimme Notfälle hätten passieren können.“ Zudem haderte sie damit, dass im ersten Fall die Krankenkasse für den Einsatz aufgekommen war, obwohl keine rechtmäßigen Leistungen entstanden sind. Sie forderte eine Geldstrafe von 100 Tagessätzen zu je 80 Euro.

Ein Blick in das Bundeszentralregister offenbarte, dass der 27-Jährige kein unbeschriebenes Blatt ist. Er wurde zwischen 2018 und 2021 wegen Diebstahl, Steuerhinterziehung, Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Fahren ohne Fahrerlaubnis und Betrug verurteilt. Nun kommt die Verurteilung von Richterin Dorothee Wagner in Höhe von 4800 Euro wegen des zweifachen Missbrauchs des Notrufs und erneuter Betrug hinzu.

Am 11. Februar wurde der europäische Tag des Notrufs gefeiert. Zu diesem Anlass erinnerte die Stadt Fulda an die (lebens-)wichtige Tätigkeit der Leitstelle Fulda.

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