„Das Wunder von Loch Ness“ beginnt wie eine dieser Kom�dien, in denen Kinder f�r ihre alleinstehenden Eltern einen Partner suchen. Doch dann wird's abenteuerlich und die Handlung setzt auf Effekte. Das funktioniert, weil die Figuren gut eingef�hrt worden sind. Sogar eine animierte Hauptfigur wird stimmig zum Leben erweckt. Ein Kinderfilm f�r die ganze Familie, der sicher zwischen den Genres und Tonlagen jongliert. Nettes Popcorn-Pantoffelkino!
Nur gut, dass es solche Kinder blo� im Film gibt: Der kleine Tim ist ein Klugschei�er, den man im wahren Leben nur deshalb ertragen w�rde, weil seine Mutter aussieht wie Lisa Martinek. Die signalisiert mit eifriger Mimik, an welcher Sat-1-Tradition sich diese Geschichte orientiert: „Das Wunder von Loch Ness“ ist absolut kinderkompatibel. Aber weil Zuschauer unter 14 Jahren die Werbeeinnahmen des Senders nicht um einen Cent erh�hen, zeigt er die kurzweilige Familienzusammenf�hrung mit Fantasy-Elementen mitten in der Woche.
Foto: Sat 1 / Martin MenkeTim (Lukas Schust) & sein neuer Freund Oki, der uns irgendwie bekannt vorkommt!
Nach einem spannenden Prolog, in dessen Verlauf ein Seeungeheuer das Boot zweier harmloser Angler zerlegt, beginnt der Film wie eine dieser Kom�dien, in denen Kinder f�r ihre alleinstehenden Eltern einen Partner suchen. Der elfj�hrige Tim (Lukas Schust, von Regisseur Michael Rowitz auch durch schwierigere Dialogpassagen sicher gef�hrt) hat eine Kontaktanzeige aufgegeben. Mutter Anna ist Biologin, l�uft gern barfu� durch die Gro�stadt und mag es verst�ndlicherweise gar nicht, wenn die mit Engelsgeduld ertragene kleine Nervens�ge in ihr Leben eingreift. Derweil sucht im fernen Schottland der Kryptozoologe Eric (Hans-Werner Meyer) nach „Nessie“, und weil ein TV-Reporter (Thomas Fritsch) ein Interview mit ihm f�hrt, f�llt Tim in M�nchen aus allen Wolken: Der Mann sieht genauso aus wie sein Vater; blo� ein paar Jahre �lter. Also nix wie ran ans Sparschwein, mit Hilfe des etwas schusseligen Opas ein Ticket nach Inverness gebucht und ab nach Schottland.
Eric gegen�ber gibt er sich als Reporter einer Sch�lerzeitung aus und fragt ihn ein Riesenloch in den Bauch, plumpst aber dann ins Wasser – und jetzt geht die Geschichte erst richtig los.
Wie schon in „Das total verr�ckte Wunderauto“ gibt es eine weitere, allerdings animierte Hauptfigur, und sie ist der Star des Films: Oki sieht ein bisschen aus wie eine Kreuzung aus Gollum („Herr der Ringe“) und E.T., hat aber den liebensw�rdigen Charakter von Hauself Dobby („Harry Potter“) und redet so seltsam wie Yoda („Star Wars“). Er ist jedoch weder Hobbit noch Au�erirdischer, sondern 603 Jahre alter Druide und H�ter eines uralten Schatzes. Dieser „Stein der Druiden“ verleiht seinem Besitzer unermessliche Macht, und ausgerechnet ein mieser Mitarbeiter Erics (eher Witzfigur als bedrohlich: Serge Falck) will ihn sich unter den Nagel rei�en. Oki hat Tim gerettet, und gemeinsam bringen sie den Stein in Sicherheit.
Einmal am Loch Ness (= der �sterreichische Wei�ensee) angekommen, l�sst die Handlung alle Komplexit�t fahren und setzt voll auf Effekte. Aber das funktioniert, weil die Figuren gut eingef�hrt worden sind; und weil die Firma Trixter gute Arbeit geleistet hat. Oki, markant gesprochen von Rufus Beck, ist im Nu als gleichwertige Figur akzeptiert. Der Rest ist mysteri�se gr�ne Strahlung und allerlei unterhaltsame Einf�lle, etwa der „Wald des Schweigens“, der sich unerwartet aggressiv gegen Krach zur Wehr setzt, oder die „Todesschlucht“, in der man die giftige Luft einatmen muss, um zu �berleben. Dank dieser bedrohlichen, aber dennoch eher spielerischen Herausforderungen hat der Film ungleich mehr Charme als etwa „Manatu“. Au�erdem sorgt Thomas Fritsch immer wieder daf�r, dass Tim nie ernstlich in Gefahr ger�t. Der Reporter aus dem Prolog tritt auch mal als Taxifahrer auf, ist aber niemand anders als der legend�re Merlin. Das ahnte man bereits, lautet sein Nummernschild doch „M3RL1N“; eine h�bsche kleine Belohnung f�rs genaue Hinschauen.
Foto: Sat 1 / Martin MenkeVor lauter Beziehungsstreit... Lisa Martinek, Serge Falck und Hans-Werner Meyer
„Nessie“, auch das ein h�bscher Einfall, ist �brigens in Wirklichkeit ein U-Boot, mit dem Oki vom Versteck des Steins abzulenken pflegt; auch wenn man einwenden k�nnte, dass er damit die Leute doch erst recht an den See lockt. Gr��eres Manko sind mitunter die Darsteller. Lisa Martinek zum Beispiel muss viel zu oft �beragieren, ein Missverst�ndnis vieler Schauspieler; als ob Kinderfilme Kasperletheater seien. Meyer gleicht das durch m�rrische Selbstgespr�che und ein alles andere als kinderfreundliches Verhalten aus. Dass beide zwischendurch in typisches „Romantic-Comedy-Verhalten verfallen, geh�rt zwar zur Geschichte, ist aber wohl eher ein Tribut an die (weibliche) Zielgruppe: Als die Eltern Tim und Oki verfolgen, wird das dramaturgisch viel zu sehr gestreckt; die Szenen sollen Eric und Anna ausgiebig Gelegenheit geben, die vergangenen zw�lf Jahre aufzuarbeiten. Martinek hat dabei die Rolle der Buhfrau: Anna ist zwar tolle Mutter, aber miserable Partnerin. Prompt muss Martinek laut kreischen, als Anna auf Skelette st��t; dabei sollte ihr der k�rperliche Verfall als Biologin nicht fremd sein. All das aber kann man auch getrost ignorieren und den Film als m�rchenhafte Kom�die genie�en, die am Ende noch richtig dramatisch wird. (Text-Stand: 5.2.2008)
Tilmann P. Gangloff ist seit 1985 freiberuflicher Fernseh- und Filmkritiker f�r Tageszeitungen und Fachzeitschriften, seit 1990 regelm��iges Mitglied der Jury f�r den Grimme-Preis sowie Mitglied diverser anderer Fernsehpreisjurys.