Arthur Schopenhauer : Mitleidsethik und Moral

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Arthur Schopenhauer : Mitleidsethik und Moral

Arthur Schopenhauer

Der Arthur - Schopenhauer - Studienkreis ist im Internet auf mehreren Websites und Blogs mit sehr unterschiedlichen Themen, die sich auf Schopenhauer beziehen, pr�sent. Die Webstatistiken des Studienkreises zeigen deutlich, dass Mitleidsethik an der Spitze der nachgefragten Schl�sselw�rter (Keywords) steht und alle Seiten, die mit dem Wort Mitleid zusammenh�ngen, besonders viele Besucher und Anfragen erhalten.(1) Deshalb erscheint es angebracht, auf diese Thematik gesondert einzugehen.

Wie kaum ein anderer weltbekannter Philosoph hatte Schopenhauer das Thema Mitleid als Grundlage der Ethik hervorgehoben. Gerade auch im Hinblick auf seine Mitleidsethik war Schopenhauer ein Denker gegen den Strom. Unter diesem Titel ver�ffentlichte der verdienstvolle Herausgeber von Schopenhauers Werken und langj�hrige Pr�sident der Schopenhauer-Gesellschaft, Arthur H�bscher, ein Buch zur Bedeutung Schopenhauers “Gestern - Heute - Morgen”. Dort schrieb H�bscher �ber Schopenhauers Ethik: “Sie ist keine Anweisung zur Tugend wie die Ethiken aller Schulen noch zu seiner Zeit, sie lehrt nicht, wie man sich sittlich verhalten soll, sie zeigt, wie die Menschen sich wirklich verhalten. Sie untersucht die Grundtypen und Gesetze ihres Handelns und f�hrt sie auf den letzten Grund zur�ck: die negativen Verhaltensweisen, deren Quelle der Egoismus ist, und die Handlungen von moralischem Wert, deren Grundlage und Triebfeder das Mitleid ist, - das ethische Urph�nomen.”(2)

Mitleidsethik ist ein zentrales Thema der Schopenhauerschen Philosophie, die in ihrem Kern eine Erl�sungslehre ist. Das wird bereits dadurch deutlich, dass in Schopenhauers Hauptwerk Die Welt als Wille und Vorstellung, und zwar dort, wo es um Bejahung und Verneinung des Willens geht, die Mitleidsethik breiten Raum einnimmt.(3) Dar�ber hinaus begr�ndete Schopenhauer seine Mitleidsethik sehr ausf�hrlich und gut verst�ndlich in seiner Preisschrift �ber die Grundlage der Moral, wobei er sich entschieden von der Kantschen Ethik abgrenzte, ja ausdr�ck- lich darauf hinwies, dass seine Ethik “in den wesentlichsten Punkten der Kantischen diametral entgegen gesetzt ist”(4).

Die oben genannte Publikation ist die zweite der beiden “Preisschriften”, die Schopenhauer unter der �berschrift Die beiden Grundprobleme der Ethik  zusammengefasst hatte. Direkt unter der �berschrift betonte Arthur Schopenhauer, dass seine zweite Preisschrift von der K�niglich D�nischen Societ�t der Wissenschaften in Kopenhagen 1843 nicht gekr�nt wurde. Der entscheidende Grund, warum dieser Schrift ihre Kr�nung versagt blieb, war wohl weniger ihr philosophischer Inhalt als vielmehr die negative Art und Weise, in der sich Schopenhauer �ber andere Philosophen �u�erte. Das �ndert aber nichts daran, dass sie eine der wichtigsten philosophischen Schriften, vielleicht sogar die bedeutendste Schrift zur Begr�ndung der Ethik ist.

Nur das Mitleid war f�r Schopenhauer die Grundlage der Moral, die alleinige Triebfeder f�r ethisches, d. h. wirklich uneigenn�tziges Verhalten. Alles Handeln oder  Unterlassen im Hinblick auf irgendwelche Belohnungen oder Strafen im Diesseits oder Jenseits ist im Grunde egoistisch und somit nicht ethisch. Das Mitleid, das Nachempfinden des Leides eines anderen Wesens - sei es Mensch oder Tier - , f�hrt dazu, dass nicht das eigene, sondern das fremde Wohl zum entscheidenden Motiv f�r das eigene Verhalten wird. Ja mehr noch, es wird die ansonsten kaum zu �berwindende Mauer zwischen  dem Ich und dem Nicht-Ich durchl�ssig.(5)  

Mit seiner Mitleidsethik unterschied Arthur Schopenhauer sich von fast allen anderen weltbedeutenden Philosophen auch dadurch, dass seine Ethik  allumfassend ist und somit auch die Tierethik einschlie�t.  Insofern ist sie z. B. mit der Ethik des Buddhismus, vor allem des Mahayana-Buddhismus, wo die Tugend des Mitleids von zentraler Bedeutung ist, vergleichbar.(6) Jedoch im Gegensatz zu den Religionen hatte Schopenhauer keine Ethik gepredigt. So stellte er seiner zweiten Preisschrift das Motto voran: 

Moral predigen ist leicht, Moral begr�nden schwer.

Arthur Schopenhauer war es vom Schicksal  noch verg�nnt, kurz vor seinem Tod (1860), das Vorwort zur zweiten, betr�chtlich erweiterten  Auflage seiner beiden Preisschriften zu schreiben. Dieses kann somit auch als das letztes Wort zu seiner Mitleidsethik gelten, durch die er zu einem der geistigen Wegbereiter der heutigen Tierrechtsbewegung wurde.


Anmerkungen

(1)  Diese Beobachtung steht m. E. im Kontrast zu der besonders bei Intellektuellen festzustellenden       Geringsch�tzung des Mitleids. Oft sind es gerade diejenigen, die den urspr�nglichen Anh�nger, aber sp�teren Gegner Schopenhauers, n�mlich Nietzsche, sch�tzen, also den Philosophen, der wie kein anderer Mitleid als  “Schw�che”, “Krankheit”, “�ble Eigenschaft” und dergleichen mehr  anprangerte. S. dazu: Richard Oehler, Nietzsche-Register, 4.Auflage, Stuttgart 1978, S. 303 ff.  (Stichwort Mitleid ).

(2)  Arthur H�bscher, Denker gegen den Strom. Schopenhauer: Gestern - Heute - Morgen. 2. Auflage, Bonn 1982, S. 143.

(3)  Insbesondere: Arthur Schopenhauer, W I, S. 443 ff.

(4)  Arthur Schopenhauer, E, S. 115.

(5) Das Mitleid hat in der Philosophie Schopenhauers eine sogar befreiende Bedeutung: Durch das Mitleid wird das, was Schopenhauer das principium individuationis nennt, und der damit zusammenh�ngende verh�ngnisvolle egoistische Eigenwille, der den Menschen normalerweise beherrscht und immer neues Leid bewirkt, zumindest zeitweise �berwunden.

(6)  Hierzu ist bezeichnend, dass Schopenhauer ein Exemplar seiner Ethik dem Gr�nder des M�nchener Tierschutzvereins, Ignaz Perner, zusandte. Schopenhauer selbst war einer der ersten Mitglieder des 1841 in Frankfurt am Main gegr�ndeten Tierschutzvereins  (s. dessen Homepage) zusandte.
                                                                                                                                                        
Weiteres > Tierethik und Philosophie : Arthur Schopenhauer

               > Tierethik - Tierrechte - Schopenhauer

               > Spiegelneuronen und Schopenhauers Mitleidsethik

                  Schopenhauers Preisschrift �ber die  Moral

                   mit  >  Vorwort der Redaktion und  > Textausz�gen

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