Das Hunnenreich Attilas - Aufstieg und Niedergang- Eurasisches Magazin

Das Hunnenreich Attilas - Aufstieg und NiedergangEURASIEN HISTORISCH

Die Hunnen - Geschichte und Kultur von Attilas Hunnenreich

Das Hunnenreich Attilas - Aufstieg und Niedergang

Wie Geisterreiter brachen die Hunnen aus den kasachischen Steppen �ber das westliche Eurasien herein. Vor ihnen flohen ganze V�lker, auf die sie bei ihrem Vorr�cken stie�en. Aus diesen Fl�chtlingsstr�men entwickelte sich das, was heute mit dem Begriff �V�lkerwanderung� bezeichnet wird. Mit neuen Waffen, raffinierter Taktik und einem ungest�men Mut �berrannten die Hunnen alles, was sich ihnen in den Weg stellte. Doch ihr staatenbildendes Zeitalter dauerte nur einen Lidschlag der Geschichte. Nicht einmal hundert Jahre, dann verschwand das Hunnenreich wieder im Dunkel der Anonymit�t. Der Ruf der Hunnen als grausame und furchtlose Krieger hat alle Zeiten �berdauert.

Von Hans Wagner | 07.02.2016

Werden Hunnen versuchen einen Vorsto� auf den Sitz des Europaparlaments in Stra�burg zu unternehmen? 625 von ihnen sind dazu offenbar wild entschlossen. Sie wollen in Ungarn als eigene Ethnie anerkannt werden und andernfalls, so ihr Anf�hrer Josua Imre Nov�k, vor den Europ�ischen Gerichtshof f�r Menschenrechte (EGMR) ziehen und dort einfordern, was ihnen ihre Heimat bislang verweigert: die Anerkennung als rechtm��ige Nachfahren des einst in ganz Eurasien gef�rchteten Volkes der hunnischen Steppenreiter.

Die Hunnen wollen als gesch�tzte Minderheit innerhalb des ungarischen Staates eigene verbriefte Rechte erlangen. Das haben sie k�rzlich in einer dem Parlament in Budapest zugeleiteten Petition gefordert.

Noch heute gibt es bekennende Hunnen

Sechshundertf�nfundzwanzig Mann � so viele bekennen sich in Ungarn zum Hunnentum. Ein verschwindendes H�uflein, das nicht einmal mehr die Bedingungen der Republik f�r die Anerkennung als ethnische Minderheit erf�llen kann. Daf�r m�sste, ungarischen Gesetzen zufolge, eine Gemeinschaft von mindestens tausend Personen existieren, die sich mittels eigener Kultur und Sprache von der Mehrheitsbev�lkerung unterscheidet. Weder Politiker noch Minderheitenexperten sehen diese Voraussetzungen f�r die Hunnen erf�llt. Fachleute bestreiten schlichtweg die Existenz einer hunnischen Kultur in der Donaurepublik, auch wenn viele von den 625 Petitionsunterzeichnern den Namen des legend�ren Hunnenk�nigs Attila (395 bis 453 n. Chr.) tragen.

Experten halten die Wiederentdeckung des Hunnenreichs f�r eine Art Modeerscheinung, die man auch in der T�rkei beobachten k�nne. Der Bonner Arch�ologe und Hunnenspezialist Dr. Michael Schmauder sagt: �Die Ungarn haben mit den Hunnen nichts gemein. Sie geh�ren zu den finno-ugurischen V�lkern. Sind also eher noch mit den Finnen verwandt.�

Das Hunnenreich zur Zeit seiner gr��ten Ausdehnung im Jahr 453 unter dem legend�ren K�nig AttilaDas Hunnenreich zur Zeit seiner gr��ten Ausdehnung im Jahr 453 unter dem legend�ren K�nig Attila

Durch ihre erste Niederlage vor 5.000 Jahren gingen die Hunnen in die Annalen ein

Die Ablehnung als eigene Ethnie im noch jungen 21. Jahrhundert nach Christus k�nnte zur letzten Niederlage eines hunnischen �Verbandes� in Eurasien werden. Die erste bekanntgewordene Niederlage erlitten die Hunnen im Jahre 2637 v. Chr. gegen ein Heer des Kaisers von China. So jedenfalls steht es in der Zeittafel, die Thomas Mielke seiner gediegenen Romanbiographie von 1998, �Attila, K�nig der Hunnen�, angef�gt hat.

Die Hunnen wurden erstmals in China erw�hnt

Dadurch, dass die siegreichen Chinesen ihren Triumph niedergeschrieben h�tten, sei das Reitervolk vor rund 5000 Jahren bereits in die Annalen der chinesischen Geschichtsschreiber aufgenommen und erstmals bekannt geworden. Auch der Name der Hunnen ginge zur�ck auf eine chinesische Benennung. Die Chinesen h�tten als eine �Sammelbezeichnung f�r mehrere nomadisierende Hirtenv�lker� den Namen Hiung-nu oder Hsiung-nu gebraucht. Vor �mehr als 5000 Jahren� sollen diese die weiten Ebenen Innerasiens bev�lkert haben. In ihrem eignen Idiom w�rden sich die Hsiung-nu selbst als �Hun� bezeichnet haben - das Wort ihrer Sprache f�r �Mensch� oder auch �Volk�. Daraus sei dann schlie�lich der Name �Hunnen� geworden.

Hsiung-nu hei�t zu deutsch: �Schreckliche Sklaven�. Was die Chinesen damit gemeint haben, kann ein Schreiben verdeutlichen, das im fr�hen 4. Jh. v. Chr. ein H�ndler aus China an seinen Herrn in die Stadt Samarkand an der Seidenstra�e richtete: �Herr, der letzte Kaiser floh, wie sie sagen aus Saragh (eine alte Kaiserstadt, hei�t heute Luoyang) vor der Hungersnot. Seine befestigte Residenz und die feste Stadt wurden dem Feuer �bergeben. Weiterhin wurde der Kaiser zum Gefangenen gemacht und in die Gefangenschaft der Hunnen gef�hrt. Und sie [...] pl�nderten das Land - diese Hunnen, die gestern noch das Eigentum des Kaisers waren.�

Darstellung von Attila dem Hunnenk�nigDarstellung von Attila dem Hunnenk�nig

Der Hunger hatte die Hunnen aus den Steppen des Ostens ins westliche Eurasien getrieben

Die neuere Forschung zweifelt das von Mielke genannte Datum der hunnischen Niederlage von 2637 v. Chr. an und damit auch den Zeitpunkt des ersten Auftauchens der Hunnen. Aber eine andere verl��liche Datierung zu ihrer Herkunft und zum Alter des Reitervolkes kann auch sie nicht bieten. Wieder einmal hei�t es, wie bei so vielen historischen V�lkern in Eurasien, ihre Geschichte liege �im Dunkeln�. Die meisten Historiker gehen aber davon aus, dass der Begriff Hunnen eine Sammelbezeichnung ist f�r eine ganze Gruppe zentralasiatischer V�lkerschaften. Als Herkunftsraum hat die Geschichtswissenschaft das Gebiet zwischen dem riesigen Issyk-Kul in Kirgisien, dem mit 706 Metern tiefsten Gebirgssee der Welt, und Ulan-Bator, der heutigen Hauptstadt der Mongolei ausgemacht.

Jahrhundertelang haben sich in der Zeit v. Chr verschiedene St�mme aus dieser Region blutige K�mpfe mit dem benachbarten chinesischen Kaiserreich geliefert. Die gro�e chinesische Mauer verdankt diesen Auseinandersetzungen ihre Entstehung. Begonnen wurde sie in der zweiten H�lfte des f�nften Jahrhunderts v. Chr. und danach immer weiter ausgebaut, bis zu einer Gesamtl�nge von 6.350 Kilometern. Sie ist damit das gr��te Bauwerk der Welt und zeugt von den immensen Gefahren, denen sich das Reich der Mitte durch die angriffslustigen Nomadenv�lker aus dem Norden ausgesetzt sah.

In seiner Romanbiographie Attilas l�sst Mielke einen hunnischen Schamanen zu Wort kommen, der einem R�mer gegen�ber dieses Bauwerk mit dem Schutzwall des r�mischen Limes gegen die Germanen vergleicht: �Gegen die chinesische Mauer ist euer Limes mit seinen h�lzernen Palisaden und eingeigelten Castellen nicht mehr als ein Gartenzaun! Bei den Chinesen konnten die Kampfwagen auf der Mauer fahren, nicht nur davor oder dahinter.�

Der Weg nach S�den war ihnen durch die chinesische Mauer versperrt

Die Mauer wurde f�r die V�lkerschaften der Hunnen un�berwindbar. Der Weg nach S�den war versperrt. Wieder erkl�rt der Schamane, was das bedeutete. Diesmal mit dramatischen Worten, die viel dar�ber aussagen, was die Hunnen gepr�gt und zum h�rtesten Reitervolk der Erde gemacht hatte: �Vor dreihundert Jahren fanden auch unsere Herden kein Gras mehr. Vor hundert Jahren erfror das Vieh auf allen Weiden im fernen Osten. Wir mu�ten um alles k�mpfen � um jeden Grashalm im starr gefrorenen Boden, um jeden Vogel im Eisnebel, und selbst um erfrorenes Wild mu�ten wir mit den letzten Raubtieren in der K�lte streiten. Dies ist der eigentliche Grund f�r unsere von Krieg und verzweifelter Gnadenlosigkeit begleitete Flucht nach Westen. Wir kamen aus dem Gebiet zwischen dem tiefsten See der Welt und dem Altaigebirge. Dort stie�en andere zu uns, denen es nicht besser ging. Wir konnten nur �berleben, wenn wir die �berlebenden und St�rksten unserer V�lker und Sippen vermischten. Nur weil wir niemals stehenblieben und dem eisigen Tod an keiner Stelle Gelegenheit gaben, uns festzufrieren, und auch im Sommer nie versuchten, mit dem Boden zu verwurzeln, haben wir all diese furchtbaren Jahrzehnte �berlebt.�

Es war die Flucht vor dem Hungertod, die den V�lkerschaften der Hunnen den Weg nach Westen wies. Dar�ber ist sich heute die Wissenschaft weitgehend einig. Der pl�tzliche Hunnensturm war kein Raubzug aus Mordlust und Habgier, sondern geschah aus Not und Verzweiflung.

F�r das Jahr 36 auf 35 v. Chr. berichten chinesische Quellen von der Vernichtung eines Nomadenreiches. Ob es sich dabei um das der Hsing-Nu handelte, ist nicht v�llig gekl�rt.

Die Besiegten wurden aus Turkestan und der Dzungarei nach Ru�land vertrieben. Da die Hunnen selbst ihre Geschichte mangels einer Schrift nicht niederschreiben konnten, wird �ber die Identit�t der Vertriebenen immer noch ger�tselt. Viele Forscher halten es aber f�r wahrscheinlich, dass es sich dabei um die Hunnen handelte.

Attila in der ZDF-Dokumentation - hervorragender Politiker statt naiver BarbarAttila in der ZDF-Dokumentation - hervorragender Politiker statt naiver Barbar

Der hunnische K�nigssohn Attila wurde als Geisel ins R�mische Reich abgestellt

Das Hsiung-Reich, das den Chinesen so viel �rger bereitet hatte, war um das Jahr 35 n. Chr. zerbrochen und in ein Nord- und S�dreich aufgeteilt worden. Etwa 100 Jahre sp�ter zogen die Hunnen chinesischen Quellen zufolge dann endg�ltig aus ihren angestammten Gebieten ab. �ber Ost-Turkestan und das Altaigebiet (s�dlich von Nowosibirsk) gelangten sie in die n�rdlich des Aralsees gelegenen Steppen des westlichen Kasachstans

Der junge Attila erinnerte sich sp�ter an Erz�hlungen seiner V�ter �ber die chinesische Mauer. Das war, als er im Jahr 410 n. Chr. als 15j�hrige Geisel in Rom weilte. Geiseln auszutauschen war damals zwischen verschiedenen V�lkern �blich. Man w�hlte die S�hne hochgeborener Adeliger. Sie wurden an den H�fen fast wie eigene S�hne gehalten, wuchsen oft auch zusammen mit den Spr��lingen des dortigen K�nigs auf. Sinn und Zweck des Geiselaustausches war es, den Frieden abzusichern und pl�tzliche Angriffe auszuschlie�en, die zum Tode der Geisel h�tte f�hren k�nnen. Im Austausch mit Attila hatten die R�mer Aetius, den f�nf Jahre �lteren Spro� aus dem Kaisergeschlecht der Flavier zu den Hunnen abgestellt.

Als Attila in Rom weilte, hatte der Westgotenk�nig Alarich mit seinen Kriegern die Stadt belagert. Mielke schildert, wie weitgehend verhungerte und vertierte r�mische Handwerker und Tagel�hner versuchten, den jungen Hunnen und zwei weitere Geiseln zu ermorden und ihren Hunger an ihnen zu stillen. Die beiden anderen waren der Germane Geiserich und der Gepide Laudarich. Die drei Halbw�chsigen h�rten wie au�erhalb der Mauern die Krieger der Westgoten ihr Kampfgeschrei erhoben, das sogenannte Baritus. Mit vor den Kopf gehaltenen Schildw�lbungen verst�rkten sie es zu grausamem Dr�hnen.

Von christlichen Geschichtsschreibern wurden die Hunnen als Bestien geschildert

Die drei jungen �Barbaren�, wie sie von den R�mern genannt wurden, konnten entkommen. Und in dieser dramatischen Situation auf Leben und Tod hatte sich Attila dem Trauma der Herkunft seines Volkes entsonnen. Als er in Gefahr war, l�sst Mielke die Bilder vor ihm auftauchen, wie die V�ter gerade mal gut 30 Jahre vorher auf ihren kleinen schnellen Pferden aus dem Osten herangest�rmt waren - aus purer Not, nicht aus Lust an Krieg und Feindschaft. Dass eine romanhafte Schilderung das ferne Geschehen nicht pr�zise wiedergeben kann, ist einleuchtend. Aber dass Attila, der selbst in wenigen Jahren K�nig werden sollte, sich gerade w�hrend seiner Zeit als r�mische Geisel Gedanken �ber seine Herkunft machte, ist doch sehr wahrscheinlich. Seine Vorfahren hatten Weidegr�nde gesucht, f�r ihre Pferde, Futter f�r die Herden, Nahrung f�r Mensch und Vieh. Das sieht heute auch die Geschichtsforschung so. Doch von den christlichen Schreibern Roms wurden sie zu Barbaren erkl�rt, zu Bestien in Menschengestalt stilisiert und zu einer Art neuer biblischer Plage.

Ein Volk aus dem Nichts

Es scheint, als seien die Hunnen des Jahres 374 nach Christi aus dem Nichts gekommen. In der Geschichte gab es bis zu ihrem Heranst�rmen aus den Steppen keinen Bericht �ber ein Volk, das so urp�tzlich auftauchte wie sie. Und kein Volk ist kaum hundert Jahre sp�ter, so nahezu spurlos wieder im Nichts verschwunden. Die geheimnisvollen hunnischen Reiterscharen haben die Menschen in Eurasien mehr beeindruckt als alles bisher Dagewesene.

Alles an ihnen war neu und fremd. Die Schnelligkeit und die Grausamkeit, mit der sie nach Europa vordrangen. Ihr ungewohntes Aussehen: klein, z�h, anscheinend mit ihren Pferden zu einer Einheit verwachsen. Die flache Gesichtsform und die gelbliche bis dunkle Hautfarbe. Ihre Art zu leben.

In Ermangelung einer eigenen Geschichtsschreibung, gibt es nur Texte �ber sie, die von Gegnern und Feinden verfa�t wurden und entsprechend gef�rbt sind. Die zeitgen�ssischen Geschichtsschreiber, allen voran die des sich ausbreitenden Christentums, zeichneten sie als unkultivierte Barbaren, als teuflische D�monen und Bestien. F�r Attila kam sp�ter die Bezeichnung �Gei�el Gottes� in Mode. Der r�mische Geschichtsschreiber Ammianus Marcellinus schreibt �ber das fremde Volk: �Sie alle haben kompakte, feste Glieder einen breiten Nacken und sind von so monstr�ser und ungestalter H��lichkeit, dass man sie f�r zweibeinige Bestien halten k�nnte.�

Hunne mit Pferdefleisch - die Tiere dienten als Milch- und Fleischquelle ebenso wie zum ReitenHunne mit Pferdefleisch - die Tiere dienten als Milch- und Fleichquelle ebenso wie zum Reiten

Herodot berichtet von Kopfumformungen � edle Hunnen wollten Langsch�del haben

In anderen Berichten hei�t es, bei den Hunnen sei es Sitte gewesen, den m�nnlichen Kleinkindern die Gesichter zu zerschneiden, um den sp�teren Bartwuchs zu verhindern. Die Krieger h�tten sich Schwarzerde in die Kampfwunden geschmiert, damit sich dort dickh�utige Narben bildeten. Der griechische Geschichtsschreiber Herodot (485 bis 425 v. Chr.) hat �ber die Sitte der hunnischen Kopfumformung berichtet. Durch Dr�cken und Binden im fr�hesten Kindesalter h�tte man Langsch�del geformt, die als besonders edel galten. Der Oberkopf sei bei den Hunnen als �u�eres Zeichen ihrer Unterwerfung kahlgeschoren worden, nur der als �Khagan� bezeichnete Hordenf�hrer habe das Recht besessen, langes Haupthaar zu tragen.

Als der Auftritt der Hunnen im westlichen Teil Eurasiens begann, schrieb man also das Jahr 374 n.Chr. Urpl�tzlich fegten ihre Reiter aus den russischen und kasachischen Steppen �ber die in der N�he des Schwarzen Meeres lebenden Alanen hinweg, selbst ein kriegerischer Nomadenstamm, und unterwarfen sie. Nur ein Jahr sp�ter griffen die Hunnen auch das Volk der Ostgoten an, das an der Schwarzmeerk�ste und auf der Krim siedelte. Die St�mme der unterworfenen Alanen waren zu der Zeit bereits in das hunnische Reiterheer integriert worden und k�mpften mit gegen die Goten. (Siehe dazu EM Ausgabe 05-02 DIE GOTEN)

Das Ostgotenreich stand zu dieser Zeit unter der Herrschaft des greisen K�nigs Ermanarich, eines legend�ren und m�chtigen Herrschers aus dem Hause der Amaler. Dieses Geschlecht, das sich auf einen mythischen Ursprung zur�ckf�hrte, lenkte die Geschicke der Ostgoten bereits in der zehnten Generation. Ihm entstammte auch der sp�tere K�nig Theoderich der Gro�e, der Ravenna und Italien eroberte.

Auch die gef�rchteten gotischen Krieger waren den Reiterscharen der Hunnen nicht gewachsen

F�r die Ostgoten kam die Wucht des Hunnensturms nach Westen ebenso �berraschend wie vorher f�r die Alanen. Obwohl das Gotenreich sehr ausgedehnt war, �ber befestigte Orte und ein starkes Heer von Kriegern verf�gte, war es diesem Anrennen nicht gewachsen. Der greise Ermanarich, der angeblich mittlerweile 110 Jahre alt war, beging einer Legende zufolge angesichts der Unbesiegbarkeit der Hunnen Selbstmord. Ob er dies aus Furcht vor der unberechenbaren Gefahr tat, die mit den Steppenreitern sein Reich heimsuchte, oder nur um einem jungen, dynamischeren Herrscher, der den Hunnen gewachsen sein k�nnte, Platz zu machen, ist unbekannt. Vielleicht wurde er auch in Wahrheit im Verlauf der K�mpfe von einem Hunnen erschlagen. Auf jeden Fall wurden die Ostgoten besiegt und genau wie die Alanen zur Heeresfolge gezwungen.

Mit Germanen und Hunnen waren die gef�rchtetsten Krieger der damals bekannten Welt aufeinander getroffen. Den ungest�men Hunnen, die von ihren Pferden aus k�mpften und rasend schnelle Angriffe f�hrten, waren die germanischen Goten jedoch nicht gewachsen. Ebenso wie Alanen und Ostgoten mu�te sich kurze Zeit sp�ter auch das Volk der mit den Goten verwandten ostgermanischen Gepiden geschlagen geben und in hunnischen Verb�nden Heeresfolge leisten.

Unter ihrem Anf�hrer Balamir oder Balamber zogen die Reiterscharen der Hunnen und ihrer neuen Hilfstruppen weiter nach Westen bis zur Donau. Wenn man von den Hunnen spricht, meint man heute vor allem die �schwarzen� oder �europ�ischen� Hunnen, die wohl wegen ihrer dunklen Gesichtsfarbe so genannt wurden. Ihre Verwandten, die �wei�en Hunnen�, hatten sich als Volksstamm schon fr�her von ihnen getrennt und sich am Fu�e des Kaukasus an den Grenzen des alten persischen Reiches niedergelassen.

Das Zeitalter der Hunnen dauert nicht einmal hundert Jahre - eine Chronologie ihrer Schicksalsschlachten und Eroberungen im westlichen Eurasien

In den Jahren und Jahrzehnten nach ihrem ersten Auftreten im Westen im Jahr 374 n. Chr. bedrohen die Hunnen wiederholt das morsche r�mische Imperium und bringen es zusammen mit germanischen St�mmen an den Rand des Unterganges.

401 entsteht dann ein erstes B�ndnis zwischen Hunnen und R�mern, nachdem Hunnenk�nig Uldin den Kopf des gotischen F�rsten Gaina am 3. Januar als Neujahrsgeschenk an den ostr�mischen Kaiser Arkadios nach Konstantinopel schickt. In der Folgezeit verbessert sich das Verh�ltnis auch zwischen Westrom und Hunnen. Es kommt sogar zum Austausch von herrschaftlichen Geiseln.

415 wird Attilas Vater Mundschuk K�nig der Hunnen. Sein Nachfolger Ruga vereinigt seine schwarzen Hunnen und viele Germanenst�mme zu einem Gro�reich zwischen Rhein, Donau und Schwarzem Meer.

Im Jahr 430 greifen die Hunnen das am Rhein gelegene K�nigreich Burgund an. Der Feldzug mi�lingt. Bei der Totenfeier f�r den umgekommenen Burgunderk�nig Otkar werden 10.000 gefangene Hunnen niedergemetzelt.

R�mische Tributzahlungen an die Hunnen erreichen astronomische Summen

Die westr�mische Herrschaft umfa�t zu der Zeit nur noch das mittlere Gallien, Italien und die Alpenprovinzen. Das ostr�mische Reich zahlt bereits hohe Tribute an die Hunnen. Im Jahre 430 zum Beispiel 175 Kilogramm Gold, drei Jahre sp�ter steigt der Tribut auf 350 Kilo.

Im Jahr 434 teilt der hunnische Gro�k�nig Ruga sein Reich auf seine Neffen Bleda und Attila auf. Die Tributzahlung Ostroms an die Hunnen wird auf 700 Kilo verdoppelt. 436 zerschlagen die Hunnen das Burgunderreich am Mittelrhein.

In dem im Mittelalter verfa�ten Nibelungenlied �ber K�nig Gunter, Br�nhilde, Krimhild, Siegfried, Hagen etc. wird der Name Attila zu Etzel. 435 n. Chr. wird der Hunnenk�nig Bleda ermordet � angeblich ist Attila der Auftraggeber. Attila wird Alleinherrscher der Hunnen. Drei Jahre sp�ter zahlt Ostrom die sagenhafte Summe von �ber einer Tonne Gold als Tribut an die Hunnen.

451 bricht Attila zu seiner Schicksalsschlacht nach Gallien auf. Er kommt bis Orleans. Dort endet die �Schlacht auf den Katalaunischen Feldern� mit einem Patt zwischen Hunnen, R�mern und Germanen. Die Germanen, nicht die Hunnen erleiden die h�chsten Verluste. Auf dem H�hepunkt der Schlacht wird der Westgotenk�nig Theoderich erschlagen - wohl von einem Gepiden, wie die Geschichtsforschung vermutet, nicht von einem Hunnen.

Mit dem Tod Attilas endet die Hunnenherrschaft in Europa

Attilas Nimbus eines unbesiegbaren Feldherren ist mit dem Unentschieden von Orleans auf jeden Fall dahin, obwohl er mit einem Rest des Heeres abziehen kann und der v�lligen Vernichtung entgeht. Die Hunnen reiten nach Italien. Von Papst Leo werden sie dazu �berredet, Rom nicht anzugreifen. Er bietet ihnen stattdessen alle oberitalienischen St�dte zur Pl�nderung.

Ein Jahr sp�ter heiratet Attila die junge Germanin Hildiko. In der Hochzeitsnacht stirbt er an einem Blutsturz. Sein Nachfolger Ellac wird 455 mit seinen Kriegern von einer vereinten Streitmacht der Ostgoten, Gepiden und Rugier am Flu� Nedao geschlagen. Bei dem Gew�sser handelt es sich wahrscheinlich um die heutige Leitha im �sterreichischen Burgenland, das damals die r�mische Provinz Pannonien bildete. Das Hunnenreich in Europa ist damit zu Ende. Die Hunnen verschwinden in alle Winde zerstreut wieder im Dunkel der Geschichte.

Die Flucht der V�lker vor dem Hunnensturm wird heute als �V�lkerwanderung� bezeichnet

Der Sturm der Hunnen in den Westen l�ste einen gewaltigen Fl�chtlingsstrom aus. Heute spricht man von einer �V�lkerwanderung�, was jedoch nach Ansicht vieler Historiker reichlich verharmlosend klingt. V�lker seien niemals �gewandert�, sondern stets auf der Flucht gewesen, entweder vor dem Hunger � was auch der Grund f�r den Hunnensturm gewesen ist � oder vor �berm�chtigen Feinden.

Als die hunnischen Steppenreiter Ende des 4. Jahrhunderts nach Christus das Gebiet an der unteren Donau erreichten, hatte das R�mische Reich bereits seinen Zenit �berschritten. Den Soldaten gelang es kaum noch, die Grenzen zu sichern. Auch innenpolitisch gab es keine Einheit mehr. Das Imperium war in zwei H�lften zerfallen. Zwei schwache Kaiser, einer in Ravenna, einer in Byzanz, dem sp�teren Konstantinopel, lenkten die Geschicke des br�ckelnden Imperiums Romanum.

Die Steppenreiter brachten neue Waffen und Kampfformen in den Westen

Die Kriegf�hrung der Hunnen hat ihre Gegner im westlichen Eurasien zun�chst v�llig �berrascht und vor nahezu unl�sbare Probleme gestellt: Zwar kannten auch die meisten europ�ischen V�lker bereits den Einsatz von Reitern im Gefecht, doch sie bevorzugten vor allem den Kampf Mann gegen Mann. Damit war der Schwerpunkt der Europ�er auf das Fu�volk gesetzt. Die vorr�ckenden Reiternomaden hingegen k�mpften ausschlie�lich vom R�cken ihrer Pferde aus, Infanterie war ihnen unbekannt. Sie waren hervorragende Reiter und konnten aus ihren S�tteln heraus gezielte Pfeilhagel auf den Feind niedergehen lassen. Und das sowohl in der Vorw�rtsbewegung �ber Kopf und Hals des Pferdes zielend, als auch nach einer Kehrtwendung �ber Kruppe und Schweif des Tieres r�ckw�rts.

Die Hunnen schossen ihre Pfeile von einem Kompositreflexbogen ab.Die Hunnen schossen ihre Pfeile von einem Kompositreflexbogen ab.

Ihre �Feuerkraft� war allen anderen V�lkern ihrer Zeit �berlegen. Und zwar nicht nur quantitativ, sondern auch qualitativ. Die Hunnen schossen ihre Pfeile von einem Kompositreflexbogen ab. Dieser Bogen ist in anderer Weise gekr�mmt als ein normaler Bogen. Das Holzst�ck ist so bearbeitet, dass es die Form auf keinen Fall wieder verliert. Kleine Knochenst�cke unterst�tzen die Spannung. Das Besondere an der Form dieses Reflexbogens ist, dass man selbst bei einem leichten Zug eine enorme Kraftentwicklung erreicht. So braucht man nicht mit weit auseinanderstehenden Beinen auf der Erde stehen, um eine hohe Durchschlagswucht zu erreichen - man kann vom Pferder�cken aus elegant schie�en und dennoch die feindlichen Schilde durchbohren. Keine der damals �blichen Schildpanzerungen hielt einem hunnischen Pfeilschu� stand.

Au�erdem waren die Bogen der Hunnen sehr weittragend. Die Steppenreiter konnten ihre Gegner also aus gro�er Distanz ins Visier nehmen. Sie wurden oft getroffen, bevor sie auch nur einen einzigen Hunnen gesehen hatten. Der Pfeil verfehlte sein Ziel nur selten und traf meist t�dlich. Die Hunnen benutzten Steigb�gel in Form lederner Schlaufen. Darin konnten sie stehen und wesentlich genauer zielen, als im Sattel sitzend. Steigb�gel waren etwa im 3. Jahrhundert v. Chr. von den Skythen erfunden worden und wurden bald darauf auch von den Hunnen �bernommen. Nach Europa gelangte er erst viel sp�ter. Die Benutzung des Steigb�gels war einer der entscheidenden Vorteile, auf den die eurasischen Reiternomaden ihre �berlegenheit zu Pferde gr�ndeten.

Mit dem Lasso holten hunnische Krieger ihre Feinde von den Beinen

F�r den Nahkampf verwendeten die Hunnen ein sehr langes zweischneidiges Schwert. Dieses Schwert nahm im Leben der Hunnen einen besonderen Stellenwert ein. Es konnte Untergang oder Sieg bedeuten, wenn der Reiter sich im Schlachtget�mmel bew�hren mu�te. In hunnischen Gr�bern wurden zusammen mit Schwertern goldene Amulette gefunden. Mit den Amuletten versuchten die Hunnen, ihre wichtigste Waffe nach dem Reflexbogen zu sch�tzen. Mit einem Lederband wurde das Amulett an der Schwertscheide befestigt. Es sollte das Schwert sch�tzen und dem Krieger Sicherheit und Kraft verleihen.

Zur Ausr�stung der Hunnen geh�rte auch das Lasso, mit dem sie ihre Gegner gekonnt von den Pferden rissen. Nie zuvor hatte man im westlichen Eurasien eine solche Kampfesweise gesehen. Die Hunnen selbst waren nur leicht ger�stet, trugen neben Leder- und Fellkleidung allenfalls Fellm�tzen oder Spangenhelme.

Zur �berlegenheit der hunnischen Verb�nde trugen neben dem raffinierten Waffeneinsatz die Schnelligkeit und Wendigkeit bei, mit denen ihre Reiterscharen operierten. Und die spezielle Taktik der Scheinflucht. Ro� und Reiter waren pl�tzlich verschwunden, anstatt sich zum Kampf zu stellen und tauchten dann unvermittelt im R�cken oder an den Flanken des gegnerischen Heeres wieder auf, um ihm empfindliche Verluste zuzuf�gen.

Die Hunnen k�mpften, den Berichten ihrer Feinde zufolge, in kleinen, beweglichen Einheiten von 500 bis 1000 Mann und fielen unter schrecklichem Kriegsgeheul �ber die geordneten Truppen der Gegner her. Das f�hrte meistens dazu, dass deren Verb�nde vor Schreck auseinanderspritzten. Ihre versprengten Teile wurden dann von den Hunnen niedergeritten und vernichtet.

Die R�mer erfanden den Namen �Tartaren� f�r die Krieger aus dem Osten

Der r�mische Geschichtsschreiber Ammian berichtete: �Man m�chte sie die schrecklichsten aller Krieger nennen, weil sie im Fernkampf mit Pfeilen k�mpfen und im Nahkampf mit der Waffe ohne R�cksicht auf sich selbst.�

Die ostr�mische Bev�lkerung belegte die schwarzen Hunnen mit einem Namen, mit dem sp�ter alle asiatischen Reiterv�lker bezeichnet wurden: Tartaros, die Tartaren. Dieses Wort kommt urspr�nglich aus dem Griechischen, wo es �H�lle� oder �Unterwelt� hei�t. F�r die R�mer hatte es die Bedeutung von �die Teuflischen�.

So avancierten die �Barbaren� zum Schreckgespenst der sich zun�chst durchaus �berlegen d�nkenden R�mer. Es dauerte eine Weile, bis f�hige Feldherren Roms erkannt hatten, welche milit�rischen Vorteile die Steppenreiter durch ihre kleinen z�hen Pferde erreichten, auf denen sie auch weite Entfernungen schnell zur�cklegen konnten. Sie trachteten schon bald danach, die Hunnen als Verb�ndete oder als bezahlte Hilfstruppen zu gewinnen.

Sp�rliche Berichte �ber Kultur und Lebensweise der Hunnen

Das Nomadenleben brachte es mit sich, dass das hunnische Zeltlager oft jeden Tag an anderer Stelle neu errichtet werden mu�te. Dann brannten Feuer im weiten Rund, �ber denen gro�e zylindrische Kupferkessel hingen. In ihnen k�chelten Fleischsuppen, mit Zwiebeln und frischen Kr�utern.

Die Frauen trugen gro�e Ohrringe. Gemahlinnen besonders vornehmer Hunnen schm�ckten ihre Stirn mit B�ndern aus Gold, verziert mit dem roten Granat-Edelstein Alamdin und Perlmutteinlagen.

Hunnische Gr�ber sind in der Regel Einzelgr�ber, die oft in der N�he von Fl�ssen angelegt wurden. Hunnische Gr�berfelder gibt es nicht. F�r Bestattungen reicher Hunnen waren die sogenannten Totenopfer charakteristisch. Sie bestanden meist aus Waffen und Pferdegeschirr. Die Wissenschaft hat keine Erkenntnisse �ber die Bestattung der einfachen Bev�lkerung. Die meisten d�rften als Krieger auf dem Schlachtfeld geblieben sein.

Attilas K�nigssitz - ein Palast aus HolzAttilas K�nigssitz - ein Palast aus Holz

Der Aufstieg Attilas zum unumschr�nkten Herrscher �ber alle Hunnen

Am meisten dokumentiert in der Geschichtsschreibung �ber die Hunnen sind das Leben und die Taten jenes Mannes, der wie kein anderer hunnische Gr��e verk�rpert: Attila. Er wuchs in seiner Bedeutung �ber die vor ihm seit 374 regierenden Hunnenk�nige Balamir, Uldin, Mundschuk und Ruga weit hinaus. Unter Mundschuk, dem Vater Attilas und Ruga (siehe Kasten) war in der ersten H�lfte des 5. Jh. n. Chr. bereits ein gewaltiges hunnisches Reich entstanden. Es schlo� auch viele Germanenst�mme ein und erstreckte sich vom Rhein bis zur Donau und bis zum Schwarzen Meer .

Attila wurde 395 oder 396 geboren, rund zwanzig Jahre nachdem der Hunnensturm nach Westen begonnen und bereits die Donau �berschritten hatte. Sein Name ist gotischer Herkunft und bedeutet �V�terchen�. Im Jahre 410 n. Chr. wurde der junge Hunne f�r einige Jahre als Geisel zu den R�mern geschickt. Dort lernte er deren Kampfweise, Sitten und Gebr�uche kennen und wurde sogar mit dem Titel eines r�mischen Heerf�hrers (�Magister militium�) ausgezeichnet.

Als Hunnenk�nig Ruga im Jahr 434 n. Chr. starb, ging die Macht auf seine beiden Neffen Attila und dessen Bruder Bleda �ber. Kurz nach ihrem Machtantritt lie� Attila seinen Konkurrenten umbringen. Eine gemeinsame Regentschaft h�tte traditionell auch eine Teilung des Reiches bedeutet. Dies wollte Attila, so wird vermutet, um jeden Preis verhindern. Au�erdem strebte er offensichtlich die Alleinherrschaft �ber die Hunnen und alle unterworfenen V�lker an und wollte dabei mit niemandem teilen. Er forderte von seinem Gefolge einen uneingeschr�nkten Treueschwur. Mit dieser Bindung der hunnischen Streitmacht allein an seine Person konnte er jede Politik bedingungslos durchsetzen.

Attila und die Hunnen waren zu dieser Zeit auf dem H�hepunkt ihrer Macht. Von der ehemligen r�mischen Geisel Aetius, der inzwischen zum m�chtigsten aller R�mer aufgestiegen war, hatten sie ein festes Siedlungsgebiet erhalten und die Goten, Alanen und Gepiden waren ihnen treu ergeben. Die K�nige der Ostgoten und Gepiden, Laudarich und Ardarich waren offenbar sogar wichtige Unterfeldherren, Ratgeber und vielleicht sogar Freunde Attilas. Von einem h�lzernen Palast aus, zwischen den Fl�ssen Donau und Thei� gelegen, soll Attila regiert haben, wenn er nicht gerade mit seinem Heer unterwegs war. Dort sei ein Thronsaal eingerichtet gewesen, in dem er auf einer Liege � wie bei den R�mern �blich - �ber den H�flingen lagerte. Das jedenfalls berichteten r�mische Gesandte in ihren Reiseschilderungen und Protokollen. Doch auch wenn Attila tats�chlich eine solche Residenz eingerichtet und seine Untertanen eine Reihe von D�rfern gebildet hatten, richtig se�haft wurden die Hunnen nie. Zu gro� war ihr Reich und auch zu instabil. Walter Pohl beschreibt in seinem Werk �Die V�lkerwanderung� Attilas Hof als �Knotenpunkt eines Vielv�lkerreiches, so dass hier Hunnisch, Gotisch, Latein und andere Sprachen gesprochen wurden.� Michael Schmauder h�lt es f�r m�glich, �dass Latein eine Art Verkehrssprache war.�

Attila sicherte vielen Kriegern Karriere und Reichtum � mit seinem Tod erlosch der hunnische Traum vom Reich

Was trieb fremde V�lker an, sich mit den Hunnen auf Kriegs- und Eroberungsz�ge zu begeben? Warum wollten sie Teil der Hunnenmacht sein? Dazu Michael Schmauder: �Es war sicher f�r viele V�lker interessant, Teil der Hunnen zu sein, weil die Hunnen in gewisser Weise ein Erfolgsmodell waren. Sie beherrschten enorm gro�e R�ume, konnten sich extrem schnell bewegen, sehr leicht an reiche Beute kommen und dies hatte f�r viele Krieger eine hohe Attraktivit�t.� Die Pl�nderungsz�ge, der st�ndige Geldflu� aus den Tributzahlungen und die gute Versorgung in Attilas Reich habe dazu gef�hrt, dass der K�nig der Hunnen von einer st�ndig wachsenden Zahl von �Freunden� umgeben war.

Ein Jahr nach der Schlacht auf den Katalunischen Feldern (siehe Kasten) feierten die Hunnen und zahlreiche G�ste die Hochzeit ihres K�nigs Attila mit der burgundischen K�nigstochter Hildiko. Attila war bereits 58 Jahre alt und hatte � wie �blich � vorher zahlreiche Frauen gehabt, einen ganzen Harem, wie es gelegentlich in den Quellen hei�t. Von vielen soll er nicht einmal die Namen gekannt haben.

Ein Blutsturz beendete die Hunnenherrschaft in ganz Eurasien

Attila stirbt an einem Blutsturz in der HochzeitsnachtAttila stirbt an einem Blutsturz in der Hochzeitsnacht

Die Hochzeitsnacht mit Hildiko schildert Mielke in seiner Romanbiographie. Man habe den Fr�hling des Jahres 453 geschrieben. Das gro�e Fest sei auch ein Fr�hlingstreffen und eine Wiedersehensfeier der verschiedenen V�lker und St�mme gewesen, mit Kampfsport und Gelagen. Die ganze Nacht habe man Medos und den s��en Wein der Thraker getrunken. Laute Ges�nge, begleitet von Trommeln, H�rnern und rhythmischem Stampfen habe die Nacht durchdrungen. Hunderte von Abordnungen aus allen Teilen des r�mischen Reiches, von den entferntesten Herrschern aus allen Himmelsrichtungen schickten Attila und seiner germanischen Frau aus dem Geschlecht der Burgunden ihre Gl�ckw�nsche. Alle jubelten und w�nschten ihnen ein langes Leben.

�Der n�chste Morgen blieb sehr lange stumm�, l�sst Mielke das eigentliche Drama beginnen. Kein Vogel habe im beginnenden Grau des Tages einen Ton von sich gegeben. Gegen Mittag habe ein Vertrauter des K�nigs die Schlafgem�cher innerhalb des Palastes aufgesucht. �Was er sah, entsetzte ihn mehr als jedes Mordget�mmel auf den Schlachtfeldern, mehr als der allt�gliche Tod, selbst wenn er grausam war.�

Der Hunnenk�nig lag auf seinem Bett, �berall aus Mund und Nase war Blut hervorgequollen, das l�ngst schwarz und verkrustet war. �Auch auf das fast durchsichtige Nachtgewand der Braut, auf ihre sch�nen Br�ste, den Leib, in ihr Gesicht und ihre blonde, str�hnig zerzauste Haarpracht� hatte sich der Blutsturz des Hunnenk�nigs Attila ergossen. Im ersten Augenblick wollte der Vertraute Hildiko t�ten, weil er dachte, die junge Frau h�tte den Hunnenk�nig aus Rache f�r den Untergang des Burgunderreiches ermordet. Aber ihre Unschuld stellte sich sofort heraus, als das Wort vom Blutsturz aus dem Mund des Arztes drang. Ein starkes Bluterbrechen, ausgel�st durch pl�tzlich starke Blutungen aus Lunge, Speiser�hre oder den Bronchien, hatte das Leben des Hunnenk�nigs ausgel�scht. Seine trauernden Krieger h�llten ihn in seidene T�cher, legten ihn in einen Sarg aus Gold und Silber. Weder das Grab noch die Beigaben wurden je entdeckt. Die Leichenbestatter, so hei�t es, habe man aus Sicherheitsgr�nden umgebracht.

Das Ende der hunnischen Herrschaft kam ebenso rasch, wie es begonnen hatte

Mit dem Tod Attilas war auch die pers�nliche Treue, die die Untergebenen mit Attila verband, aufgel�st. Dies war nach Ansicht von Historikern der Hauptgrund f�r den schnellen Niedergang der hunnischen Herrschaft. Die S�hne Attilas verstanden es nicht, die Gefolgsleute ihres Vaters auf sich selbst einzuschw�ren. Schon bald nach Attilas Tod kam es zu einem Aufstand der unterdr�ckten V�lker gegen die Hunnen. Auch unter den Hunnen selbst brachen b�rgerkriegs�hnliche K�mpfe um Herrschaft und Einflu� aus. Damit war schlie�lich das Ende der Hunnenmacht besiegelt � den Rest besorgten einst verb�ndete Goten und Gepiden in zwei finalen Schlachten. Attilas Volk zerstreute sich buchst�blich in alle Winde. Viele der hunnischen Krieger schlossen sich anderen Steppenv�lkern an. Als geschlossene Gemeinschaft traten sie nie mehr in Erscheinung. Sie verschwanden im Dunkel der Geschichte, aus dem sie einst gekommen waren.

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Literatur:

Die sch�nste Art Geschichte lebendig werden zu lassen, ist zweifelsohne der historische Roman. Wenn er es auch noch mit den Fakten so genau nimmt, wie Thomas R.P. Mielke in seiner Romanbiographie �ber das Leben Attilas, wird die Lekt�re vollends zum Hochgenu�:

�Attila � K�nig der Hunnen � der Roman seines Lebens� von Thomas R.P. Mielke, Schneekluth Verlag, M�nchen 2000, 892 Seiten, ISBN 3-795-11584-1.

Die faszinierende Zeitreise einer Schulklasse ins Hunnenreich schildert Herwig Wolfram. Sie sei zwar erfundene Fiktion, aber die beschriebenen Lebensumst�nde der Hunnen und sogar die Schimpfw�rter, die Goten und Gepiden einander an den Kopf werfen, k�nnten allesamt durch arch�ologische Belege und antike Quellen belegt werden:

�Pl�tzlich standen wir vor Attila � eine Zeitreise ins Hunnenreich� von Herwig Wolfram, Ueberreuter Verlag Wien 2002, 155 Seiten, ISBN 3-800-02988-X.

Eine knappe Darstellung der Hunnen findet sich in Walter Pohls �Die V�lkerwanderung�. Unter der Kapitel�berschrift �Attila: Ein Steppenreich in Mitteleuropa� ordnet Pohl die Bedeutung Attilas in die Geschichte der damaligen Zeit ein:

�Die V�lkerwanderung � Eroberung und Integration� von Walter Pohl, Kohlhammer Verlag Stuttgart 2002, 268 Seiten, ISBN 3-170-15566-0.

V�lker Geschichte Eurasien

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