Körperschafts­status

Typ: Artikel , Schwerpunktthema: Heimat & Integration

Mit dem Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR) gewährt der Staat Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften besondere Rechte.

Zu den besonderen Rechten, die Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften unter bestimmten Voraussetzungen verliehen werden, zählen beispielsweise

  • das Recht zum Steuereinzug bei ihren Mitgliedern
  • die Dienstherrenfähigkeit (Möglichkeit, die Rechtsstellung ihrer Bediensteten öffentlich-rechtlich auszugestalten)
  • die Rechtssetzungsbefugnis (für eigenes Binnenrecht, z.B. Regelungen zur innerkirchlichen Organisation und zum Mitgliedschaftsverhältnis)
  • das Recht, kirchliche öffentliche Sachen durch Widmung zu schaffen. 

Darüber hinaus hat der Gesetzgeber mit dem Körperschaftsstatus für Religionsgemeinschaften eine Reihe von Einzelbegünstigungen verbunden (sog. "Privilegienbündel"). Dazu gehören zum Beispiel steuerliche Begünstigungen oder die Gewährung von Vollstreckungsschutz.

Demgegenüber ist beispielweise die Vertretung in öffentlichen und staatlichen Gremien (z.B. Rundfunkräten) nicht durchgängig an den Körperschaftsstatus geknüpft. Sie erfolgt häufig nur durch die Benennung der jeweiligen Religionsgemeinschaft als gesellschaftlich relevante Gruppe.

Auch viele weitere Rechte sind nicht an den Körperschaftsstatus geknüpft.

Dazu gehören zum Beispiel

  • der Betrieb von Einrichtungen wie Kindergärten oder Altenheimen
  • die Errichtung von Gebäuden, die religiösen Zwecken dienen
  • der Zugang zur Erteilung von Religionsunterricht nach Art. 7 Abs. 3 GG. 

Der Status der öffentlich-rechtlichen Körperschaft ist keine Voraussetzung dafür, dass eine Gemeinschaft überhaupt als Religionsgemeinschaft in Erscheinung treten oder die ansonsten Religionsgemeinschaften gewährten Rechte in Anspruch nehmen darf: Das Grundgesetz gewährt die religiöse Vereinigungsfreiheit. Religionsgemeinschaften entstehen demzufolge eo ipso (= von selbst), bedürfen also keiner Anerkennung durch den Staat, um als Religionsgemeinschaft zu gelten und in Erscheinung treten zu dürfen. Staatlicherseits erfolgt nur – wenn hierfür ein Anlass besteht und die erforderlichen Voraussetzungen erfüllt sind– ggf. die inzidente und deklaratorische Feststellung, dass es sich um eine Religionsgemeinschaft handelt. Jede Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft ordnet und verwaltet − innerhalb der Schranken der allgemeingültigen Gesetze − ihre Angelegenheiten selbst. Dieses Recht besteht unabhängig von der Rechtsform der jeweiligen Religions- und Weltanschauungsgemeinschaft.

Erwerb des Körperschaftsstatus: Voraussetzungen

Die Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts haben jene Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, die bereits vor Inkrafttreten der Weimarer Reichsverfassung (WRV) als solche anerkannt waren („geborene Körperschaften“) oder denen dieser Status auf Antrag hin gewährt wurde ("gekorene" Körperschaften). 

Verleihung des Körperschaftsstatus durch die Länder

Anderen Religionsgemeinschaften sind auf ihren Antrag hin gleiche Rechte zu gewähren, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.  Nach dem Grundsatz der bundesstaatlichen Kompetenzverteilung (Art. 30 GG) sind die Länder für die Verleihung des Körperschaftsstatus zuständig. Ihnen steht gemäß Artikel 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 8 WRV die Gesetzgebungskompetenz zur näheren Ausgestaltung des Verleihungsverfahrens zu. Den verfassungsrechtlichen Maßstab für die Prüfung des Anspruchs einer Religionsgemeinschaft auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts enthält Art. 4 Abs. 1 und 2 GG und Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV. Bei der Zuerkennung des Körperschaftsstatus handelt es sich um einen landesrechtlichen Verleihungsakt, bei dem die Länder an diesen Maßstab gebunden sind.

Auf die "Erstverleihung" des Körperschaftsstatus in einem Land folgt noch die Durchführung von „Zweitverleihungsverfahren“ in jedem weiteren Land, auf dessen Staatsgebiet die antragstellende Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft die mit dem Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts verbundenen Rechte ausüben möchte. 

Voraussetzungen für die Verleihung der Körperschaftsrechte

Neben den ausdrücklich in Art. 140 GG in Verbindung mit Art. 137 Abs. 5 Satz 2 WRV genannten Voraussetzungen müssen für die Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an eine Religionsgemeinschaft – im Rahmen der Grundwerte der Verfassung – weitere, ungeschriebene Voraussetzungen erfüllt sein (BVerfGE 139, 321, 348 f. Rn. 88). 

Die Verleihung der Körperschaftsrechte muss beantragt werden, Antragstellerin muss eine Religionsgemeinschaft sein. Um als Religionsgemeinschaft anerkannt zu werden, muss die Antragstellerin bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Der Begriff der Religionsgemeinschaft wird meist wie folgt definiert: „Unter Religionsgemeinschaft ist ein Verband zu verstehen, der die Angehörigen ein und desselben Glaubensbekenntnisses oder mehrerer verwandter Glaubensbekenntnisse zur allseitigen Erfüllung der durch das gemeinsame Bekenntnis gestellten Aufgaben zusammenfasst“ (BVerwGE 123, 49, 54). Für die Qualifizierung einer Religionsgemeinschaft reicht nicht allein die Behauptung und das Selbstverständnis, eine Gemeinschaft bekenne sich zu einer Religion und sei eine Religionsgemeinschaft, vielmehr muss es sich auch tatsächlich, nach geistigem Gehalt und äußerem Erscheinungsbild, um eine Religion und Religionsgemeinschaft handeln (BVerfGE 83, 341, 353). Die Verfassung verlangt zudem ausdrücklich, dass die betreffende Religionsgemeinschaft "durch ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder die Gewähr der Dauer bieten", d.h., ihre Verfassung und die Zahl ihrer Mitglieder müssen darauf schließen lassen, dass die Religionsgemeinschaft auch in Zukunft dauerhaft bestehen wird. 

Das Bundesverfassungsgericht verlangt in seiner Rechtsprechung außerdem die Rechtstreue der Religionsgemeinschaft (BVerfGE 102, 370 ff.; 139, 321, 351 f. Rn. 94 f.). Danach muss die Religionsgemeinschaft, die Körperschaft des öffentlichen Rechts werden will, die Gewähr dafür bieten, dass sie die ihr übertragene Hoheitsgewalt in Einklang mit den verfassungsrechtlichen und sonstigen gesetzlichen Bindungen ausüben wird. Sie muss die Gewähr dafür bieten, dass ihr künftiges Verhalten die in Art. 79 Abs. 3 GG umschriebenen fundamentalen Verfassungsprinzipien nicht gefährdet. Ebenso darf sie nicht die Grundrechte Dritter sowie die Grundprinzipien des freiheitlichen Religions- und Staatskirchenrechts des Grundgesetzes einschränken.

Als rechtliche Grundlage der Anerkennungsverfahren dient den Ländern ein gemeinsamer "Leitfaden für die Verleihung der Körperschaftsrechte an Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften", der am 16. Februar 2017 verabschiedet wurde. Darin werden die für eine Anerkennung als Körperschaft des öffentlichen Rechts zu erfüllenden Voraussetzungen ausführlich dargelegt.

Wenn die genannten Voraussetzungen erfüllt sind, besteht ein verfassungsrechtlicher Anspruch auf Verleihung des Status einer Körperschaft des öffentlichen Rechts an die Religions- oder Weltanschauungsgemeinschaft (BVerfGE 139, 321, 348 f. Rn. 88). Schließen sich mehrere derartige öffentlich-rechtliche Religionsgemeinschaften zu einem Verband zusammen, ist auch dieser Verband eine öffentlich-rechtliche Körperschaft (Art. 140 GG i.V.m. Art. 137 Abs. 5 Satz 3 WRV).

So sind etwa im Bereich der Katholischen Kirche die einzelnen Bistümer und der Verband der Diözesen Deutschlands als Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt. Gleiches gilt im Bereich der Evangelischen Kirche für die jeweiligen Landeskirchen und auch für einzelne Kirchengemeinden und die aus ihnen gebildeten Verbände.

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