Guy M�quet ist das franz�sische Pendant zu Sophie Scholl. Volker Schl�ndorff hat dem mit 17 Jahren hingerichteten Flugblattaktivisten einen bewegenden Film gewidmet: „Das Meer am Morgen“ schildert Kriegsverbrechen in Frankreich anno 1941 aus drei Perspektiven. So entgeht Schl�ndorff dem Gut-B�se-Schema. Ein Film, der beklommen macht ob der perfiden Mechanismen der Nazis. Eine nachdenkenswerte Auseinandersetzung mit Ernst J�nger!
Foto: Arte F / DelacroixDas franz�sische Pendant zu Sophie Scholl: Guy M�quet (L�o Paul Salmain), mit 17 Jahren von den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg hingerichtet.
Er war 17 Jahre jung, als er von den deutschen Besatzern im Zweiten Weltkrieg hingerichtet wurde: Guy M�quet. In Frankreich kennt diesen Namen jedes Kind, eine Metrostation ist nach ihm benannt, auf Anordnung von Pr�sident Sarkozy wird an jedem 22. Oktober, seinem Todestag, sein Abschiedsbrief in den Schulen des Landes vorgelesen. M�quet ist das franz�sische Pendant zu Sophie Scholl. „Oscar“-Preistr�ger Volker Schl�ndorff („Die Blechtrommel“) hat ihm einen bewegenden und aufr�ttelnden Film gewidmet: „Das Meer am Morgen“ („La mer � laube“). Urspr�nglich „nur“ f�r Fernsehen gedreht, lief das historische Drama vielbeachtet auf der Berlinale, jetzt zeigt ihn Arte als deutsche TV-Erstauff�hrung.�
1941 wird Guy M�quet, sehr nat�rlich gespielt von L�o Paul Salmain, in der Bretagne in einem Straflager interniert, weil er in einem Kino Flugbl�tter verteilt hat. Als in Nantes ein deutscher Oberstleutnant erschossen wird, fordert Hitler Vergeltung und ordnet die Exekution von 150 franz�sischen Geiseln an. Auf die Liste der zu Exekutierenden kommt auch der 17j�hrige Guy Moquet. General von St�lpnagel und der Schriftsteller und Hauptmann Ernst J�nger versuchen, die drakonische Hinrichtung zu begrenzen. Am Atlantikwall wird derweilen Soldat Heinrich zu Schie��bungen f�r die Exekution verpflichtet.
Foto: Arte F / DelacroixGuy M�quet unmittelbar vor der Exekution: Sein Abschiedsbrief wird weltber�hmt.
Inspiriert von j�ngst entdeckten Berichten Ernst J�ngers, einer fr�hen Erz�hlung von Heinrich B�ll und den Abschiedsbriefen der Exekutierten hat Schl�ndorff nicht nur Regie gef�hrt, sondern dazu auch das Drehbuch verfasst. Er schildert dieses Kriegsverbrechen aus drei Perspektiven: der des hinzurichtenden Jungen, der des heimlichen Protokollanten Ernst J�nger und der des exekutierenden Wehrmachtssoldaten Heinrich. Die Geschichte spielt an einem Ort in der Bretagne, „wo ich zehn Jahre nach dem Krieg zur Schule ging und Abitur gemacht habe“, erkl�rt Schl�ndorff seinen pers�nlichen Bezug zu diesem Filmstoff. Und so schildert er die Geschehnisse mit meisterhaft professionellem Blick, aber auch mit viel Herzblut und Engagement. Sein Schachzug, unterschiedliche Sichtweisen zu kombinieren, erweist sich als klug: So entgeht er dem Gut-B�se-Schema, er stellt nicht Heroen Monster gegen�ber, er f�hrt vor, wie Menschen mit ihnen auferlegten Entscheidungen, die von einem rachs�chtigen Diktator gef�llt wurden, umgehen m�ssen und wie menschliche R�dchen in einer perfiden Maschinerie funktionieren: der deutsche Offizier, der den Exekutionsbefehl weitergibt, der Kollaborateur, der seine einstigen Kommunistenfreunde ans Messer liefert und der Lagerleiter, der den Abtransport der Gefangenen organisieren muss.�
Foto: Arte F / DelacroixVariation des "Stahlgewitter"-Autors Ernst J�nger: Ulrich Matthes. Arielle Dombasle
Ulrich Matthes („Der Untergang“) spielt ihn brillant, diesen Ernst J�nger – den umstrittenen Schriftsteller, der von Hitler f�r sein „Stahlgewitter“ gefeiert, aber sp�ter zum heimlichen Widerst�ndler wurde. Dem setzt Volker Schl�ndorff mit der Figur des jungen Soldaten Heinrich einen anderen deutschen Schriftsteller und zugleich ein anderes Weltbild gegen�ber: Heinrich B�ll war 1941 mit 21 Jahren als Wehrmachtsangeh�riger am Atlantikwall stationiert und hat seine Erlebnisse in der Erz�hlung „Verm�chtnis“ niedergeschrieben. Jacob Matschenz, l�ngst mehr als nur eine der gro�en Nachwuchs-Schauspielhoffnungen, mimt diesen Heinrich, der am Ende im Angesicht des Verbrechens vollkommen verzweifelt zusammenbricht.���
„Das Meer am Morgen“ ist ein Film, der beim Betrachten Beklommenheit hervorruft, die Exekutionen sind schwer zu ertragen, aber von enormer Wirkung. Minuti�s hat Volker Schl�ndorff die Ereignisse dieses 22. Oktober 1941 rekonstruiert und ein bewegendes historisches Drama �ber einen unfreiwilligen Nationalhelden, eine Hommage an die R�sistance und eine nachdenkenswerte Auseinandersetzung mit Ernst J�nger geschaffen.
Foto: Arte F / DelacroixAnspannung. Nur noch wenige Minuten bis zur Hinrichtung. Salmain & Marc Barb�
Volker Bergmeister arbeitet als freier TV- und Filmkritiker f�r Zeitungen und Fachzeitschriften. Er war 25 Jahre Jurymitglied des Grimme-Preises, aktuell leitet er die Jury des Creative Energy Award beim Filmfest Emden und geh�rt der Nominierungskommission f�r den Robert-Geisend�rfer-Preis an.