Zeitgeschichte: Dresdener �Euthanasie�-Prozess
ArchivDeutsches �rzteblatt14/2009Zeitgeschichte: Dresdener �Euthanasie�-Prozess

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Zeitgeschichte: Dresdener �Euthanasie�-Prozess

Jachertz, Norbert

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Boris Böhm, Gerald Hacke (Hrsg.): Fundamentale Gebote der Sittlichkeit. Der „Euthanasie“- Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947. Schriftenreihe der Stiftung Sächsische Gedenkstätten, Band 14, Sandstein, Dresden 2008, 212 Seiten, kartoniert, 15 Euro
Boris B�hm, Gerald Hacke (Hrsg.): Fundamentale Gebote der Sittlichkeit. Der �Euthanasie�- Prozess vor dem Landgericht Dresden 1947. Schriftenreihe der Stiftung S�chsische Gedenkst�tten, Band 14, Sandstein, Dresden 2008, 212 Seiten, kartoniert, 15 Euro
Vor dem Landgericht Dresden mussten sich vom 16. Juni bis 7. Juli 1947 19 �rzte, Pfleger und Krankenschwestern der Anstalten Gro�schweidnitz und Pirna-Sonnenstein wegen Krankenmordes in der NS-Zeit verantworten. Die �rzte Prof. Dr. Paul Nitsche und Dr. Ernst Leonhardt wurden zum Tode, Dr. G�nther Langer zu 15 Jahren Zuchthaus verurteilt. Todesurteile ergingen auch gegen zwei Pfleger des �Sonnensteins�, Hermann Felfe und Erhard G�bler. Gegen weitere Angeklagte wurden (teils hohe) Zuchthausstrafen verh�ngt, eine �rztin und ein Arzt sowie eine Schwester wurden mangels Beweisen freigesprochen. Ein weiterer Arzt hatte sich vor Prozessbeginn umgebracht. Leonhardt und Felfe begingen nach dem Prozess Suizid. Die Todesurteile gegen Nitsche und G�bler wurden im Innenhof des Landgerichts am M�nchner Platz in Dresden am 25. M�rz 1948 vollstreckt.

Die Angeklagten/Verurteilten hatten aktiv bei der �Aktion T4� oder dem anschlie�enden Krankenmord mittels Medikamenten mitgemacht. Auf dem Sonnenstein wurden w�hrend T4 die Patienten vergast und verbrannt, Gro�schweidnitz fungierte als sogenannte Zwischenanstalt, das hei�t Zubringer zum Sonnenstein, und nach dem Ende von T4 als T�tungsanstalt.

Der Dresdener Prozess gilt als einer der fr�hesten Versuche, dem NS-Krankenmord juristisch beizukommen. Er fand unter Oberhoheit der sowjetischen Besatzung statt, Rechtsgrundlage war das Kontrollratsgesetz Nr. 10, das unter anderem die Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit betraf. Auffallend an diesem Prozess ist, dass er vor einem deutschen Gericht, im gerade entstandenen (wenig sp�ter wieder kassierten) Land Sachsen ablief und sich die Akteure rechtsstaatlichen Normen verpflichtet f�hlten. Den Angeklagten wurde somit ein fairer Prozess gemacht (wenn auch die Verh�ngung der Todesstrafe aus heutiger Sicht zu verurteilen w�re).

Die von Boris B�hm und Gerald Hacke � der eine leitet die Gedenkst�tte Sonnenstein, der andere die am M�nchener Platz � herausgegebene Ver�ffentlichung beschreibt gut belegt, verst�ndlich, ja geradezu vorbildlich den Prozess, dessen Vorgeschichte und Begleitumst�nde. Detailliert geschildert werden der Prozessverlauf und die Biografien der Prozessbeteiligten, nicht nur, wie bei Gerichtsberichten sonst verbreitet, der Angeklagten, sondern auch der Richter, Ankl�ger, Anw�lte und medizinischen Gutachter.

Zwei erg�nzende Beitr�ge behandeln die juristische Aufarbeitung der NS-�Euthanasie� in Westdeutschland (am Beispiel des D�sseldorfer �Euthanasie�-Prozesses von 1948/1950) und Ostdeutschland � eine unbefriedigende Bilanz: Herunterspielen der Schuld im Westen, zunehmende politische Instrumentalisierung im Osten. In Dresden kam es hingegen 1947 weder zu einem Schauprozess, wenn auch die �ffentliche Begleitmusik betr�chtlich war, wie in einem der Buchbeitr�ge nachzulesen ist, noch zum Reinwaschen der M�rder. Norbert Jachertz

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