KULTUR
Zeitgeschichte: Dresdener �Euthanasie�-Prozess
Boris B�hm, Gerald
Hacke (Hrsg.): Fundamentale
Gebote der
Sittlichkeit. Der �Euthanasie�-
Prozess vor
dem Landgericht Dresden
1947. Schriftenreihe der
Stiftung S�chsische
Gedenkst�tten, Band 14,
Sandstein, Dresden
2008, 212 Seiten,
kartoniert, 15 Euro
Die Angeklagten/Verurteilten hatten aktiv bei der �Aktion T4� oder dem anschlie�enden Krankenmord mittels Medikamenten mitgemacht. Auf dem Sonnenstein wurden w�hrend T4 die Patienten vergast und verbrannt, Gro�schweidnitz fungierte als sogenannte Zwischenanstalt, das hei�t Zubringer zum Sonnenstein, und nach dem Ende von T4 als T�tungsanstalt.
Der Dresdener Prozess gilt als einer der fr�hesten Versuche, dem NS-Krankenmord juristisch beizukommen. Er fand unter Oberhoheit der sowjetischen Besatzung statt, Rechtsgrundlage war das Kontrollratsgesetz Nr. 10, das unter anderem die Bestrafung von Verbrechen gegen die Menschlichkeit betraf. Auffallend an diesem Prozess ist, dass er vor einem deutschen Gericht, im gerade entstandenen (wenig sp�ter wieder kassierten) Land Sachsen ablief und sich die Akteure rechtsstaatlichen Normen verpflichtet f�hlten. Den Angeklagten wurde somit ein fairer Prozess gemacht (wenn auch die Verh�ngung der Todesstrafe aus heutiger Sicht zu verurteilen w�re).
Die von Boris B�hm und Gerald Hacke � der eine leitet die Gedenkst�tte Sonnenstein, der andere die am M�nchener Platz � herausgegebene Ver�ffentlichung beschreibt gut belegt, verst�ndlich, ja geradezu vorbildlich den Prozess, dessen Vorgeschichte und Begleitumst�nde. Detailliert geschildert werden der Prozessverlauf und die Biografien der Prozessbeteiligten, nicht nur, wie bei Gerichtsberichten sonst verbreitet, der Angeklagten, sondern auch der Richter, Ankl�ger, Anw�lte und medizinischen Gutachter.
Zwei erg�nzende Beitr�ge behandeln die juristische Aufarbeitung der NS-�Euthanasie� in Westdeutschland (am Beispiel des D�sseldorfer �Euthanasie�-Prozesses von 1948/1950) und Ostdeutschland � eine unbefriedigende Bilanz: Herunterspielen der Schuld im Westen, zunehmende politische Instrumentalisierung im Osten. In Dresden kam es hingegen 1947 weder zu einem Schauprozess, wenn auch die �ffentliche Begleitmusik betr�chtlich war, wie in einem der Buchbeitr�ge nachzulesen ist, noch zum Reinwaschen der M�rder. Norbert Jachertz