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Paul Levi (1883–1930)

Radikalsozialist, Rechtsanwalt und Abgeordneter

Als Paul Levi nach seinem Tod am 9. Februar 1930 mit einer Gedenkminute im Reichstag gewürdigt wurde, verließen sowohl die Abgeordneten der KPD als auch die der NSDAP den Saal. Den Letzteren war er als Radikalsozialist und scharfer Kritiker des Militarismus verhasst. Die Ersteren hatten ihn wegen seiner scharfen Kritik am republikfeindlichen Kurs der KPD aus ihrer Partei ausgeschlossen. Paul Levi war den Sozialdemokraten zu weit links und den Kommunisten zu weit rechts. Sein Einsatz für die Weimarer Republik entsprang nicht der Überzeugung vom parlamentarischen System, wohl aber dem Glauben an eine persönliche demokratische Pflichterfüllung im Sinne der „tiefe[n] Überzeugung, dass jeder an seinem Orte für das Wohl des Ganzen zu arbeiten habe“.

Paul Levi entstammte einer liberalen jüdischen Familie und wurde am 11. März 1883 in Hechingen geboren. Nach dem Jurastudium ließ er sich 1909 als Anwalt in Frankfurt am Main nieder und trat noch im selben Jahr der SPD bei. Wenige Monate vor Ausbruch des Ersten Weltkriegs übernahm er die Verteidigung Rosa Luxemburgs, die wegen ihrer scharfen antimilitaristischen Haltung vor Gericht stand. Es entwickelte sich eine enge Freundschaft, die zur treibenden Kraft in Levis weiterem Wirken wurde. Paul Levi bezog öffentlich Stellung gegen den Krieg und entfernte sich damit immer weiter von der Parteilinie der SPD. Er kam mit einer Reihe von namhaften Sozialisten aus unterschiedlichen Ländern in Kontakt und gehörte gegen Ende des Ersten Weltkriegs zu den Gründern der linkssozialistischen Spartakusgruppe, später auch der KPD. Entgegen der Mehrheit seiner Partei lehnte er die politische Mitarbeit im Rahmen des parlamentarischen Systems der neuen Weimarer Demokratie allerdings nicht ab. Vielmehr begriff er sie als eine Chance zur friedlichen und demokratischen Vorbereitung einer sozialistischen Gesellschaft. Nicht zuletzt in dieser Haltung zeigt sich seine charakteristische Mischung aus radikaler politischer Überzeugung und gleichzeitig nüchternem Pragmatismus.

Nach den Morden an Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht übernahm Paul Levi im Frühjahr 1919 den Vorsitz der KPD. Dem wortgewaltigen Verteidiger des Rätesystems gelang es, seine Partei zu überzeugen, an den „bürgerlichen“ Wahlen der Weimarer Republik teilzunehmen. Dieser pragmatische Kurs sowie seine offene Kritik am „Putschismus“ und an der „Verräter-Paranoia“ innerhalb der KPD brachte ihn in offenen Widerspruch zu den führenden Kräften in (und hinter) der Partei. Schließlich wurde er wegen „schwerer Parteischädigung und Vertrauensbruch“ ausgeschlossen. Über die Zwischenstationen der Kommunistischen Arbeitsgemeinschaft und der USPD führte sein politischer Weg – wie der nicht weniger anderer Weggenossen – 1922 in die SPD zurück. Sein für die KPD 1920 errungenes Reichstagsmandat behielt er bis an sein jähes Lebensende. In der SPD als „Radikalinski“ verschrien, ging es Paul Levi darum, in der Republik von seinen Idealen zu retten, was zu retten war. Dass die revolutionäre Umwälzung in Deutschland inzwischen in weite Ferne gerückt war, war ihm klar. Als linker Flügelmann der SPD kämpfte er nun gegen die Feinde der Republik und für eine sozialistische Wirtschaftsordnung.

Bis zu seinem frühen Tod engagierte sich Paul Levi innerhalb und außerhalb des Parlaments als Jurist, kämpfte für eine Strafrechtsreform und gegen die Todesstrafe. Mit der Zeitschrift „Sozialistische Politik und Wirtschaft“, auch „Levi-Korrespondenz“ genannt, schuf er sich ein publizistisches Forum und das wichtigste Organ der innerparteilichen Opposition. Der Aufklärung der Machenschaften der rechtsextremen Feinde der Demokratie in Politik, Wirtschaft und Verwaltung sowie des Mordes an seinen Freunden Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht widmete er seine letzten Kräfte. Ein verschlossener Einzelgänger war er immer gewesen. Ungeklärt ist, ob er am 9. Februar 1930 im Alter von 46 Jahren bewusst, im Fieberwahn oder aus Versehen aus dem Fenster seiner Berliner Wohnung stürzte.


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Anregungen zum Weiterlesen:

  • Paul Levi (1883–1930) © Archiv der sozialen Demokratie der Friedrich-Ebert-Stiftung, Bonn

  • BERADT, Charlotte: Paul Levi. Ein demokratischer Sozialist in der Weimarer Republik, Frankfurt/M. 1969.

  • BLOCH, Charles: Paul Levi – Ein Symbol der Tragödie des Linkssozialismus in der Weimarer Republik, in: Walter Grab/Julius H. Schoeps (Hrsg.): Juden in der Weimarer Re-publik, 2. Aufl., Darmstadt 1998, S. 244–262.

  • JENS, Walter: Ein Jud aus Hechingen. Requiem für Paul Levi, Stuttgart 1992.

  • MAYER, Ines: Paul Levi (1883–1930), in: Reinhold WEBER/Ines MAYER (Hrsg.): Politische Köpfe aus Südwestdeutschland, Stuttgart 2005, S. 137–146.

  • QUACK, Sibylle: Geistig frei und niemandes Knecht – Paul Levi/Rosa Luxemburg, Köln 1983.

  • SCHOLLE, Thilo: Paul Levi. Linkssozialist – Rechtsanwalt – Reichstagsmitglied,
    Leipzig 2017

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