Linke, Konservative, Rechtsextreme: Warum sich an Israel alle abarbeiten
Im Nahost-Konflikt spiegelt sich jeder – und jeder nimmt ihn als Gelegenheit für das Eigene: für die eigene Identität, die eigene Agenda
Warum zieht der Krieg im Nahen Osten das Interesse der Weltöffentlichkeit in solchem Maße auf sich? Das fragte das Zeit-Magazin den US-Theoretiker Michael Walzer. Kaum jemand rede über die Kämpfe im Sudan oder über jene im Kongo.
Walzers Antwort: „Es hat mit dem biblischen Erbe zu tun. Es hat etwas mit Jerusalem als Zentrum dreier Religionen zu tun.“ Aber das betrifft nur Gläubige, für die die Bibel oder der Koran unmittelbar in ihr Leben hineinragt. Aber für ein weltweites Interesse reicht das als Erklärung nicht aus.
Das Interesse scheint deshalb so massiv, weil es mehr als ein interessiertes Beobachten ist. Es ist vielmehr eine durchaus vehemente Parteinahme. Und diese geht weit über den Kreis der jüdischen oder migrantischen Diaspora, die familiäre Bindungen in den Nahen Osten hat, hinaus. Partei ergreifen nicht nur die Betroffenen, sondern auch jene, die sich betroffen fühlen. Und das sind viele, sehr viele. Das macht den Nahost- und nicht etwa den Ukraine-Krieg zum paradigmatischen Konflikt unserer Zeit.