Dirk Nowitzki über Familie, Kinder und die Basketball-EM - WELT
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Basketball Dirk Nowitzki

"Ich werde meine Kinder zu nichts zwingen"

Dirk Nowitzki mit seiner Ehefrau Jessica bei der Premiere von „Der perfekte Wurf“. Der Film über das Leben des deutschen Basketball-Nationalspielers kam im September 2014 in die Kinos Dirk Nowitzki mit seiner Ehefrau Jessica bei der Premiere von „Der perfekte Wurf“. Der Film über das Leben des deutschen Basketball-Nationalspielers kam im September 2014 in die Kinos
Dirk Nowitzki mit seiner Ehefrau Jessica bei der Premiere von „Der perfekte Wurf“. Der Film über das Leben des deutschen Basketball-Nationalspielers kam im September 2014 in die Ki...nos
Quelle: picture alliance / dpa/hka hpl
Diese Woche stößt Dirk Nowitzki zur Basketball-Nationalmannschaft. Im Exklusiv-Interview verrät der NBA-Star, was ihn motiviert, ob er ein Patriot ist und wie er das Leben mit zwei Kindern genießt.

Wenn die ersten Touristenbusse am frühen Vormittag von der B 13 in Richtung der Weinberge abbiegen, wechselt Dirk Nowitzki, 37, in der Sporthalle etwas außerhalb von Markt Randersacker bei Würzburg gerade zum zweiten Mal sein T-Shirt. Im Kraftraum war er schon, nach den Sprints ist er wieder komplett durchgeschwitzt. Anderthalb Stunden Wurftraining mit seinem Freund und Entdecker Holger Geschwindner liegen noch vor ihm.

Deutschlands Basketball-Superstar macht sich für die Europameisterschaft fit, die am 5. September in Berlin beginnen wird. Kommende Woche stößt er auf Mallorca zum Nationalteam.

Welt am Sonntag: Sie sind in diesem Sommer mit der ganzen Familie nach Europa gekommen, Ihrer Frau Jessica, Tochter Malaika und Sohn Max. Da haben Sie ja richtig was zu tun.

Dirk Nowitzki: Das ist das volle Programm. Der Schritt von einem Kind zu zwei Kindern ist echt riesig. Bei einem kannst du zu deiner Frau sagen: "Nimm du sie mal, ich brauche eine halbe, dreiviertel Stunde Pause!" Jetzt kriegt man die Tochter zurück, wenn man den Sohn abgibt. Es macht aber auch Riesenspaß, die Große ist ja jetzt zwei geworden, und sie versucht jetzt, dreisprachig mit uns zu reden, Schwedisch, Englisch, Deutsch, das ist total süß. Der Kleine ist jetzt vier Monate alt. Wir sind in diesem Sommer viel gereist, weil ich im Winter nie Zeit habe. Wir wollen so viel sehen wie möglich, waren im Mai schon am Strand, aber das ist schon alles sehr aufwendig.

Auf die EM-Vorrundenspiele in Berlin freut sich Nowitzki schon: „Mit den deutschen Fans im Rücken zu spielen wird sicherlich Kribbeln pur“
Auf die EM-Vorrundenspiele in Berlin freut sich Nowitzki schon: „Mit den deutschen Fans im Rücken zu spielen wird sicherlich Kribbeln pur“
Quelle: dpa/aar jai nic

Welt am Sonntag: Eine Schwedin und ein Deutscher leben in Amerika und haben zwei Kinder, die dort aufwachsen. Gibt es eine Amtssprache?

Nowitzki: Nein, meine Frau spricht mit den Kindern Schwedisch, ich Deutsch, und zusammen sprechen wir dann auch wieder Englisch, und wir hoffen, dass es dreisprachig ganz gut funktioniert. Im Moment ist es bei der Großen ein ziemliches Wirrwarr, aber Englisch steht schon an erster Stelle, weil sie das ja auch am meisten hört, wenn ich mit meiner Frau rede oder wenn Freunde da sind. Ich hoffe natürlich, dass auch irgendwann mal Deutsch und Schwedisch fließend am Start sind.

Welt am Sonntag: Sie haben immer sehr offen über Ihren Familienwunsch gesprochen. Sind Sie jetzt glücklich?

Nowitzki: Ich hatte ja ein paar Enttäuschungen hier und da auf dem Weg zur Familie, aber jetzt ist es genau so, wie ich es mir vorgestellt habe. Super. Ich habe immer von Kindern geträumt. Wenn ich da bin, gebe ich mir auch das volle Programm, vom Windelnwechseln angefangen, einfach schön. Die Verantwortung hat natürlich alles verschoben. Am Anfang bist du fast ein wenig egoistisch mit deiner Zeit. Wenn du schlafen willst, gehst du schlafen, wenn du einen Film gucken willst, guckst du einen Film. Jetzt ist alles auf die Kids ausgerichtet. Wenn die Große wach ist, kriege ich halt mal keinen Mittagsschlaf nach dem Training. Das ist dann halt so.

Welt am Sonntag: Glauben Sie, Ihre enorme Popularität könnte Ihren Kindern eines Tages im Weg stehen?

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Nowitzki: Das kann schon sein. Ich habe zu Hause eine Wand, an der all meine Pokale ausgestellt sind und viele Bälle. Wir hatten neulich Besuch von Leuten, die ich nicht so gut kannte. Einer hat gesagt, das wäre schon ein enormer Druck, wenn die Kinder das alles jeden Tag da stehen sehen. Das hatte ich bis dahin nie bedacht. Vielleicht mache ich das wirklich irgendwann mal weg. Ich will überhaupt keinen Druck auf meine Kids ausüben, sondern es so machen, wie meine Eltern mit mir. Die haben mich immer unterstützt. Erst beim Tennis, dann beim Handball, und als ich darauf keinen Bock mehr hatte, haben sie mich zum Basketballtraining gefahren. Ich werde sie zu nichts zwingen. Wenn meine Tochter tanzen will, fahre ich sie zum Tanzen.

Jetzt mache ich noch die zwei Jährchen. Meinen Vertrag mit Dallas erfülle ich auf jeden Fall
Dirk Nowitzki

Welt am Sonntag: Fällt es Ihnen manchmal schwer, das Haus zu verlassen, wenn Ihnen Malaika gerade etwas dreisprachig erzählt?

Nowitzki: Natürlich. Die Spiele machen noch wahnsinnig Spaß, aber während der Saison war es manchmal schon schwer. Dann war ich zwei Tage da und musste wieder für eine Woche weg. Dann rannte sie mir schon hinterher und rief "Papa, Papa!". Das tat dann schon weh. Aber jetzt mache ich noch die zwei Jährchen, meinen Vertrag mit Dallas erfülle ich auf jeden Fall. Der Wettbewerb kitzelt schon noch. Probleme macht ein wenig das Training im Sommer, sich da zu motivieren. Fitness habe ich den ganzen Sommer über durchtrainiert, im Urlaub morgens für zwei Stunden in den Kraftraum zu gehen, fällt im Alter jedoch schwerer. Aber Spielen macht immer noch Riesenspaß.

Welt am Sonntag: Sind Sie eigentlich schon mehr Amerikaner als Deutscher?

Nowitzki: Ich bin jetzt fast so lange in Amerika, wie ich in Deutschland war. Ich fühle mich an beiden Plätzen sehr, sehr wohl. Wir sind ja jetzt schon wieder mehr als einen Monat in Europa unterwegs und waren auch in Schweden bei der Familie meiner Frau, sind dort herumgereist. Auch meine Frau fühlt sich hier wohl, aber Dallas wird schon Zeit meines Lebens im Mittelpunkt stehen. Ich habe dort mein Netzwerk aufgebaut über all die Jahre. Da werde ich nicht in zwei, drei Jahren, oder wie lange es noch geht, alles zusammenpacken und weggehen. Dazu fühlen wir uns in Dallas ganz einfach zu wohl.

Welt am Sonntag: Trotz Ihrer Liebe zu den USA: Ein Patriot sind Sie schon, oder? Immerhin feuern Sie in den sozialen Netzwerken immer deutsche Sportler an, wenn es um irgendwas geht.

Nowitzki (lacht): Am vergangenen Wochenende habe ich sogar das 1:0 der Würzburger Kickers in der Dritten Liga gegen Dynamo Dresden getwittert. Leider fiel dann noch das 1:1. Aber im Ernst: Ich werde nie meine Heimat vergessen, und ich hatte bei den Olympischen Spielen 2008 die Ehre, die deutsche Fahne ins Stadion zu tragen. Da habe ich viele Athleten kennengelernt, mit ihnen die Telefonnummern ausgetauscht, und wir haben über Twitter noch immer Kontakt. Ich unterstütze sie und sie mich, und mich freut es ganz einfach, wenn deutsche Athleten erfolgreich sind.

Ein besonderer Moment, von dem er heute noch schwärmt: 2008 durfte Dirk Nowitzki zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking die deutsche Fahne ins Stadion tragen
Ein besonderer Moment, von dem er heute noch schwärmt: 2008 durfte Dirk Nowitzki zur Eröffnungsfeier der Olympischen Spiele in Peking die deutsche Fahne ins Stadion tragen
Quelle: picture alliance / dpa/ab_gr_nic
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Welt am Sonntag: Wie pflegen Sie Freundschaften wie etwa die zu Bastian Schweinsteiger?

Nowitzki: Bastian und ich haben uns ein paar Mal getroffen, als Steffen Hamann bei den Bayern Basketball spielte. Die beiden waren ja ganz dick befreundet. Bastian und ich kennen uns gut, aber im Moment haben wir keinen Kontakt. Ich fand es ein bisschen schade, dass er zu Manchester United gegangen ist, aber es ist natürlich sein gutes Recht, noch mal einen Reiz zu setzen, und ich wünsche ihm natürlich nur das Beste.

Welt am Sonntag: Wo wir gerade beim Fußball sind: Die Brüder Ihrer Frau, die Zwillinge Martin und Marcus Olsson, sind ebenfalls Profis in der englischen Premier League.

Nowitzki: Nur der eine. Beide haben für die Blackburn Rovers gespielt und sind mit denen abgestiegen. Martin ist dann zu Norwich gegangen und jetzt wieder aufgestiegen. Marcus spielt mit Blackburn in der Zweiten Liga. Ich werde mir vielleicht nach der EM noch kurz in England ein Spiel von Norwich ansehen. Ich hatte so ein wenig den Kontakt zum Fußball verloren, Bundesliga habe ich mir drüben nicht angeschaut, Premier League hat mich nicht so interessiert. Das hat sich geändert. Seit ich mit Jessica zusammen bin und ihre Brüder kennengelernt habe, schauen wir fast jedes Wochenende Fußball (lacht). Vergangenen Montag habe ich mir sogar die Zweite Liga angeschaut, Leipzig gegen Fürth.

So lässt Nowitzki die deutschen Baskeball-Fans jubeln

Dirk Nowitzki wird bei der Basketball-EM 2015 in Deutschland dabei sein. Das frühe Ausscheiden mit den Dallas Mavericks in den NBA-Playoffs macht die Teilnahme möglich.

Quelle: Die Welt/SID Sport

Welt am Sonntag: Trotz Ihrer Liebe zu Dallas scheinen Sie ein Patriot zu sein. Immerhin spielen Sie jetzt die EM für Deutschland.

Nowitzki: Sagen wir es so: Ich habe immer gern für Deutschland gespielt. Es hat immer Spaß gemacht, und wir haben ja auch Erfolge gefeiert. Für mich ist das etwas Besonderes, jetzt noch mal in Deutschland zu spielen. Wenn die EM in einem der Nachbarländer wäre, hätte ich wahrscheinlich nicht mitgespielt. Die Vorrunde in Berlin ist für den deutschen Basketball etwas ganz Spezielles, und ich habe gehört, die fünf Spiele sind auch schon fast ausverkauft. Mit den deutschen Fans im Rücken zu spielen, das wird sicherlich Kribbeln pur.

Welt am Sonntag: Was ist drin? Der Titel? Oder eher Platz sechs, der die Teilnahme an einem olympischen Qualifikationsturnier sichern würde?

Nowitzki: Wir haben eine Monster-Vorgruppe erwischt, ich glaube, die schwerste bei dieser EM. Wir müssen Island zum Auftakt besiegen, da muss unsere junge Mannschaft Selbstbewusstsein tanken. Danach kommen die Bretter. Bei Spanien ist einer der Gasol-Brüder dabei, die Italiener haben vier NBA-Spieler, Serbien ist immer gut, die Türkei war voriges Jahr im WM-Viertelfinale. Minimalziel muss erst mal das Weiterkommen sein. Aber wenn du Vierter wirst, kannst du davon ausgehen, dass du gegen Frankreich in Frankreich vor 40.000 Leuten spielst. Das wäre natürlich nicht optimal. Olympia ist schon irgendwo im Hinterkopf. Peking 2008 war zusammen mit der Meisterschaft mit Dallas der sportliche Höhepunkt meines Lebens. Das noch mal zu erleben, wäre toll.

Dirk Nowitzki mit der Meistertrophäe der NBA. Der Titelgewinn 2011 mit den Dallas Mavericks ist bislang sein größter Erfolg gewesen
Dirk Nowitzki mit der Meistertrophäe der NBA. Der Titelgewinn 2011 mit den Dallas Mavericks ist bislang sein größter Erfolg gewesen
Quelle: picture alliance / dpa/lws cs ase

Welt am Sonntag: Ihre Weggefährten in Peking 2008 sind mittlerweile alle zurückgetreten. Sie spielen nun mit der nächsten Generation. Wie sehen Sie Ihre Rolle im Team?

Nowitzki: Ich werde meine Erfahrung einbringen, auf dem Spielfeld und auch außerhalb. Da müsste ich ganz gut reinpassen. Ich verhalte mich ja nicht unbedingt wie ein 37-Jähriger, ich bin einer, der immer gern Spaß hat, ob beim Essen oder im Bus. Ich glaube, wir werden uns schnell zusammenfinden, und das müssen wir auch auf dem Spielfeld schaffen, denn so viel Zeit haben wir nicht. Klar, damals waren wir aufeinander eingespielt. Da hieß es, guck mal, der Dirk ist da, wieder zum Zocken. Jetzt kenne ich ein paar Spieler noch gar nicht. Mich da einzubringen hat natürlich auch einen großen Reiz.

Welt am Sonntag: Ist Ihnen eigentlich in jedem Moment bewusst, dass Sie für zahllose Kids ein Vorbild sind?

Nowitzki: Ich habe nie gedacht, das oder jenes musst du jetzt machen, weil du ein Vorbild bist. Ich habe immer versucht, mein Leben zu leben, und bin die Sachen locker angegangen und habe versucht, Spaß zu haben. Ich bin nicht perfekt und mache auch Fehler. Aber, dass Kids zu mir aufschauen, ist schon eine tolle Sache, eine Anerkennung dafür, was ich in meiner Karriere geleistet habe, und auch eine Ehre.

Welt am Sonntag: In Ihren Werbespots kommen Sie selbstironisch rüber. Entspricht das Ihrer Persönlichkeit?

Nowitzki: Auf jeden Fall, und wir arbeiten jetzt schon so lange zusammen, dass die Schreiber sich genau die witzigen Sachen ausdenken, die zu mir passen.

In einem ironischen Video der Mavericks posiert Dirk Nowitzki 2014 als Rapper
In einem ironischen Video der Mavericks posiert Dirk Nowitzki 2014 als Rapper
Quelle: dpa/hpl

Welt am Sonntag: Stellen Sie sich manchmal vor, wie sich Ihr Leben ohne Basketball wohl anfühlen wird?

Nowitzki: Ich schätze, dass ich erst mal Abstand zum Sport gewinnen muss und dass die Familie im Vordergrund steht. Ich werde reisen und Sachen machen, die ich nicht machen durfte wie zum Beispiel Skifahren. Das habe ich sehr vermisst. Die letzten 40 oder so Jahre werde ich dann aber schon etwas machen müssen. Da muss ein Reiz kommen. Dem Basketball werde ich schon irgendwie erhalten bleiben. Wie, weiß ich noch nicht.

Welt am Sonntag: Sie haben allein an Gehältern über 200 Millionen Dollar verdient. Was empfinden Sie als Luxus?

Nowitzki: Freizeit zum Beispiel – und das schon seit Langem. Ich arbeite ja auch den Sommer durch, weil es sonst sehr schwer ist, wieder in Tritt zu kommen. Ich habe neulich Jan Jagla (ehemaliger Nationalspieler – d.R.) zu seinem Karriereende gratuliert, und da hat er gesagt, er freue sich sehr, mal ohne schlechtes Gewissen gar nichts zu machen. Darauf freue ich mich auch ein wenig. Darauf, dass nicht immer der Druck da ist: Du musst dich verbessern, du musst dein Fitnessprogramm durchziehen. Viel Zeit für meine Familie zu haben, das ist Luxus.

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