Stefanie Stappenbeck: „Zweimal haben mir Kollegen Ohrfeigen gegeben“ | Luxemburger Wort
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InterviewKrimireihe „Ein starkes Team“

Stefanie Stappenbeck: „Zweimal haben mir Kollegen Ohrfeigen gegeben“

Im Interview spricht die Schauspielerin über 30 Jahre „Ein starkes Team“, traumatische Erlebnisse bei Dreharbeiten, und warum sie ihre Seele genauso pflegt wie ihre Zähne.

Stefanie Stappenbeck (r.) - hier neben Florian Martens - spielt seit 2016 eine der beiden Hauptrollen in der beliebten Krimireihe „Ein starkes Team“.
Stefanie Stappenbeck (r.) - hier neben Florian Martens - spielt seit 2016 eine der beiden Hauptrollen in der beliebten Krimireihe „Ein starkes Team“. Foto: ZDF

Eine der beliebtesten Krimireihen im deutschen Fernsehen feiert Jubiläum: „Ein starkes Team“ wird 30 Jahre alt. In der neuen Folge der 1994 gestarteten Reihe, „Der Tausch“ - zu sehen heute im ZDF - müssen die Berliner Kommissare Otto Garber (Florian Martens) und Linett Wachow (Stefanie Stappenbeck) den Mord an einem Steuerprüfer klären, der viele Feinde hatte. Stefanie Stappenbeck spielt seit 2016 eine der beiden Hauptrollen in der Krimireihe, die regelmäßig von mehr als sechs Millionen Zuschauern verfolgt wird.

Stefanie Stappenbeck, neulich saßen Sie in Thomas Gottschalks letzter „Wetten, dass“-Ausgabe auf dem Wettsofa. Haben Sie sich vor dem Livepublikum wohlgefühlt?

Ich war schon Monate vorher aufgeregt, um ehrlich zu sein. Ich kenne es als Schauspielerin zwar, in Talkshows zu gehen oder auf der Theaterbühne zu stehen, aber bei „Wetten, dass...?“ zu sein, fand ich enorm. Ich habe es dann ja sogar geschafft, in Anwesenheit von Cher, die neben mir saß, ihr Lied „I Got You Babe“ zu singen, gemeinsam mit Jan Josef Liefers. Erst dachte ich, dass ich mich total blamieren werde, aber dass ich mich meiner Angst gestellt habe und diesen Moment sogar genießen konnte, darauf bin ich stolz. 

Trailer Ein starkes Team - Der Tausch 

Sind Sie generell auf dem Roten Teppich und im Blitzlichtgewitter zuhause?

Ich dosiere das, ich kann das nicht zu oft verkraften. Große High-End-Veranstaltungen mache ich nur zwei-, dreimal im Jahr. Ich muss nicht überall dabei sein, zu Hause auf meiner Couch ist es auch schön. (lacht) 

Sie sind ja schon sehr lange im Geschäft, wurden als Elfjährige von Talentsuchern fürs DDR-Fernsehen entdeckt. Wie genau darf man sich das vorstellen, haben die Scouts die Schulklassen abgeklappert?

Genauso war es. Eines Tages vor der Deutschstunde sagte die Lehrerin: Wir haben hier heute zwei Leute vom DDR-Fernsehen, die würden ein paar von euch zu Probeaufnahmen einladen. Die beiden haben sich erst vorgestellt und dann auf vier Kinder gezeigt – als letztes zeigten sie auf mich. Kurz darauf bin ich dann tatsächlich für Probeaufnahmen nach Adlershof gefahren und landete in einer Kinderkartei, und ein Jahr später habe ich meinen ersten Film gedreht. Trotzdem habe ich mich lange nicht als Schauspielerin empfunden, ich bin da so reingewachsen.

Ihr Weg war aber nicht immer leicht, Sie haben auch unangenehme Erfahrungen gemacht…

Ich habe ja schon als Teenager gedreht, und zweimal haben mir damals Kollegen Ohrfeigen gegeben. Bei einer Probe sagte der Schauspielkollege: „Guck mal, ich hab mir was für die Szene überlegt“ – und hat mir einfach eine runtergehauen. Und eine Schauspielerin hat das mal unverabredet gemacht, mitten im Take, als die Kamera lief. Das ist körperliche Gewalt. Heute würde man das nicht mehr zulassen, aber früher wurden viele Übergriffigkeiten nicht als solche erkannt. Mich hat das total schockiert, aber niemand hat eingegriffen. Und einmal lud mich ein Regisseur zu sich nach Hause ein, weil er das Drehbuch mit mir durchgehen wollte – wir drehten in seinem Heimatdorf einen Film. Da war ich Anfang 20, und nach fünf Minuten versuchte er, mir körperlich sehr, sehr nahezukommen. 

Heute würde man das nicht mehr zulassen, aber früher wurden viele Übergriffigkeiten nicht als solche erkannt. Mich hat das total schockiert, aber niemand hat eingegriffen.

Und dann?

Ich war völlig überfordert, habe es aber zum Glück geschafft, heil aus der Situation rauszukommen. Erst über 20 Jahre später, als die MeToo-Sache aufkam, bin ich aufgewacht und habe gemerkt, dass das nicht meine Schuld war, sondern dass da jemand seine Machtposition schamlos ausgenutzt hat. Das war wirklich eine Erleichterung, und ich bin der MeToo-Bewegung sehr dankbar.

Trotz allem wirken Sie immer so fröhlich. Wie machen Sie das?

Ich bin als fröhliches Kind geboren, und ich versuche immer, den Humor zu bewahren. Ich lasse mich außerdem seit über 20 Jahren durch Coaches und Therapeuten begleiten, ich liebe zum Beispiel Familienaufstellungen und Hypnose. Ich finde es total wichtig, dass wir alle die Dämonen in unserem Inneren bekämpfen, damit wir frei werden. Coaching hat etwas von Seelenpflege, so wie ich zum Zahnarzt gehe und Prophylaxe mache. Es gibt so viele Möglichkeiten, sich von Lasten zu befreien, und glücklich zu werden. Ich habe auch eine Ausbildung zum Coach absolviert und in meinem Bekanntenkreis schon manche erfolgreiche Aufstellung gemacht. 

Sind Sie auch am Set von „Ein starkes Team“ fürs gute Betriebsklima zuständig?

Das ist definitiv so. Ich empfinde es als meine Verantwortung als Hauptdarstellerin, für ein gutes Betriebsklima zu sorgen. Wir sind bei „Ein starkes Team“ ja auch eine richtig gut gewachsene, eingeschworene Familie. 

Sebastian (Matthi Faust, l.), Linett (Stefanie Stappenbeck) und Otto (Florian Martens) begutachten den toten Kai Uwe Benrath (Ralf Tempel).
Sebastian (Matthi Faust, l.), Linett (Stefanie Stappenbeck) und Otto (Florian Martens) begutachten den toten Kai Uwe Benrath (Ralf Tempel). Foto: dpa/ZDF

Die Serie ist vor 30 Jahren gestartet, damals mit Ihrer Vorgängerin Maja Maranow. Was ist das Erfolgsgeheimnis?

Wir Deutschen sind ein Volk der Rätsler und Forscher, deshalb kommen Krimis immer gut an. Außerdem wirken unsere Krimis authentisch, weil sie sehr stark in Berlin angebunden sind, sie haben viel Lokalkolorit, mein Kollege Florian Martens als Kommissar Otto berlinert stark. Man kann bei unseren Fällen gut mitraten, und was, glaube ich, auch wichtig ist: Alle Zuschauer wissen, dass bei uns niemals Kinder zu Schaden kommen oder ähnlich fürchterliche Dinge passieren. Niemand muss bei unseren Filmen Angst haben, dass er seelisch verletzt oder traumatisiert wird: So was Schlimmes zeigen wir nicht. 

Die Reihe startete wenige Jahre nach dem Mauerfall, damals ging es um ein gemischtes Ermittlerteam aus Ost und West. Spielt das Ost-West-Thema heute überhaupt noch eine Rolle?

Selten. Darin spiegelt sich die gelebte Realität in der Stadt. Ich habe nach dem Mauerfall 15 Jahre lang gesagt „Ich fahre nach West-Berlin“, bis ich 30 war. Jetzt fahre ich nach Charlottenburg. (lacht) Das Problem ist nicht mehr so da, und deshalb kommen Ost-West-Fragen in unseren Krimis in Alltagsgesprächen nicht mehr so oft vor, sondern nur ab und zu, wenn es um eine etwas ältere Generation geht oder wenn wir Fälle haben, die in die Geschichte zurückreichen.  

Und was gefällt Ihnen an Ihrer Rolle als Linett am besten?

Sie bringt mir sehr viel bei: genau hinzuhören, genau zugucken, Menschenkenntnis. Aber auch: nicht zu gutgläubig sein. Mir persönlich ist ja Misstrauen zu anstrengend, ich gehe grundsätzlich immer vom Guten aus und lerne von Linett, auch mal kritisch zu sein. 

Niemand muss bei unseren Filmen Angst haben, dass er seelisch verletzt oder traumatisiert wird: So was Schlimmes zeigen wir nicht. 

Was wünschen Sie sich für die Zukunft der Figur?

Unsere Hauptautoren sind sehr gut und lange dabei, sie schreiben unglaublich spannende Bücher, aber natürlich mit einem eher männlichen Blick. Ich würde mir wünschen, dass Linett die Fahne der Frauen künftig öfter hochhalten darf. Und neben ihrer Empathie und Klugheit auch mehr Aggression und Witz zeigt. Aber das wird!

Nicht nur „Ein starkes Team“ feiert 2024 runden Geburtstag: Sie werden im April 50 Jahre alt. Ist das ein Einschnitt für Sie?

Nö. Ich hatte meinen großen Einschnitt, als ich 35 wurde, da bin ich in eine richtige Lebenskrise gerutscht, weil ich in die Altersgruppe um die 40 kam. Aber dann habe ich gleich ein schönes Coaching zu dem Thema gemacht und alles aufgearbeitet. Heutzutage ist 50 doch auch kein so großer Einschnitt mehr – man kann auch in diesem Alter noch lebensfrisch und tatkräftig sein. Ich finde, ich werde mental und körperlich immer stärker. Toi, toi, toi. (lacht)

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Zur Person:

Stefanie Stappenbeck kam 1974 in Potsdam zur Welt und wuchs in Ost-Berlin auf. Schon als Kind wurde sie fürs DDR-Fernsehen entdeckt, als Teenager stand sie für den Film „Die Weihnachtsgans Auguste“ vor der Kamera. Nach dem Abitur spielte Stappenbeck an renommierten Bühnen wie dem Deutschen Theater Berlin, seit Mitte der 1990er-Jahre arbeitet sie hauptsächlich fürs Fernsehen. Die Schauspielerin war unter anderen im Dokudrama „Die Manns“ und in den „Tatort“-Folgen mit Til Schweiger zu sehen, seit 2012 wirkt sie regelmäßig in den Vernau-Krimis mit Jan Josef Liefers mit. Stefanie Stappenbeck hat eine Tochter und lebt in Berlin.

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