Interpretation Er ist�s von Eduard M�rike

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M�rike: Er ist�s

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Interpretation: Er ist�s

Da an der Aussage des Gedichtes keine gro�en Zweifel bestehen, konzentriere ich mich darauf zu zeigen, wie M�rike durch die Bauweise den Fr�hling in sein Gedicht bekommt.

Zun�chst mal f�ngt er bei jeder Zeile oben an: Das Metrum ist ein Troch�us, streng wechseln Hebung und Senkung beginnend mit einer Hebung. Dabei ist Hebung nicht gleich Hebung. Liest man ein Gedicht laut, ergeben sich in jedem Vers einzelne Hebungen, die besonders betont werden, w�hrend andere nur mitschwimmen im Fluss des Gedichtes. In den ersten beiden Versen w�rde ich z.B. �Fr�hling� und �blaues� sowie �flattern� und �L�fte� besonders betonen. Da die meisten Verse hier eine besondere Betonung auf der ersten Hebung haben, setzt das Gedicht nach der kurzen Pause am Versende immer wieder mit Schwung ein. Das ist vor allem am Schluss besonders ausgepr�gt.

Auch die Zahl der Hebungen pro Vers wird variiert. In den ersten vier Versen sind es vier, dann geht M�rike herunter auf drei, um im �Horch�-Vers hochzuschnellen auf f�nf, bevor die Abschlussverse mit drei Hebungen auskommen. Man wei� also nie, was als n�chstes kommt � so wie im Fr�hling eben.

Nicht nur die Variation bei den Hebungen teilt das Gedichte in drei Abschnitte. Die ersten vier Verse bilden sprachlich und durch den umarmenden Reim Abschnitt eins. Der gleiche Konsonant B am Wortanfang in Vers eins, die �-Laute an Anfang und Schluss der Verse und die �ber die Versenden fortgesetzten Satzbauten (Zeilensprung, Enjambement) sorgen f�r eine aufger�umte Fr�hlingsstimmung. Erst der vierte Vers bremst ein wenig: a-Laute rahmen u und o ein. Die Hebung am Schluss des Verses, der gleichzeitig Satzende ist, f�hrt zu einer Lesepause.

Die n�chsten beiden Verse bilden Abschnitt zwei. Hier dominieren o-Laute. Die Verk�rzung der Hebungszahl auf drei f�hrt nicht unbedingt zu einem schnelleren Tempo. Denn Vers f�nf enth�lt eigentlich einen abgeschlossenen Satz, der mit einer lang gesprochenen Hebungssilbe endet. Nochmal wird der Lesefluss gestaut, doch Vers sechs mit seinen kurzen Lauten ist eine erste Eruption.

Im letzten Abschnitt geht das Gedicht endg�ltig in den Zeilenstil �ber: Jede Zeile enth�lt einen abgeschlossenen Satz. Noch mal staut M�rike den Lesefluss durch �� Horch� und den im Vergleich �berlangen Vers. Doch dann explodiert f�rmlich der Text im Stakkato von �- und i-Lauten mit der besonderen �berraschung, dass noch ein reimloser Vers (Waise) eingef�gt wird, der den Titel wieder aufnimmt bzw. sich darauf reimt.

M�rike hat nicht nur �ber den Fr�hling geschrieben, er hat ihn auch durch die Bauweise des Gedichtes nachgeahmt, indem er flotte und ruhige Passagen, spannungserh�hende Stauungen und letztlich explosive Kurzverse miteinander mischte. Der reinste April sozusagen.

Autor: Hans-Peter Kraus (Kontakt)
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Interpretationen im Web:

Beim Max-Planck-Gymnasium in Trier hat jemand das Gedicht in einer Ausf�hrlichkeit untersucht, die nun gar keine W�nsche mehr offen l�sst.