Bernhard Peter
Die Entwicklung des Wappens
des englischen K�nigshauses

Als typisches Beispiel, wie sehr ein Wappen die Geschichte eines Landes wiederspiegelt, sei hier die Entwicklung des Wappens des englischen Herrscherhauses beschrieben. Dazu ist das Wappen mit seinen insgesamt bis jetzt 12 verschiedenen Formen ein Musterbeispiel f�r alle Formen der Mechanismen einer Wappenvereinigung bzw. der Sichtbarmachung von Gebietsanspr�chen.

Fr�hzeit und Plantagenet-K�nige
In der Fr�hzeit der englischen K�nige sind heraldische Gebr�uche noch in der Entwicklung. Pers�nliche Erkennungszeichen spielen oft noch eine gr��ere Rolle als Familien-Erkennungszeichen, und Schildzeichen wurden noch nicht wie Wappen nach strengen Regeln vererbt. Die fr�hen normannischen K�nige aus dem Haus Anjou-Plantagenet f�hrten in Rot zwei goldene Leoparden (Wappen Nr. 1), Gules two lions passant guardant in pale Or.

Anmerkung: Auch wenn es ein schreitender L�we ist, wird er in der Heraldik als Leopard bezeichnet. Ein L�we ist aufrecht, der Kopf im Profil, ein Leopard schreitet und wendet dem Betrachter seinen Kopf zu. Die englischen Begriffe sind weniger irref�hrend: Man unterscheidet zwischen "rampant lion" und "lion passant guardant".

Daraus wurden unter den Plantagenet-K�nigen drei goldene Leoparden in Rot (Wappen Nr. 2). Richard I. L�wenherz (1189-1199) ist der erste K�nig, der mit einem echten, heraldischen Schild bekannt wurde, der nach allgemeinen Regeln vererbt wird. Die erste Darstellung des englischen Wappens findet man auf einem Siegel aus dem Jahre 1195. Seitdem ist es das Wappen von England geblieben. Die drei goldenen Leoparden blieben das englische Wappen unter Henry III. (1216-1272), Edward I. (1272-1307), Edward I. (1307-1327) und Edward III. (1327-1340). 1340 wurde das Wappen wieder ge�ndert.

Der Anspruch auf Frankreich
Im Jahre 1340 beansprucht Edward III. die franz�sische Krone, weil seine Mutter Isabella einzige Tochter und potentiellerweise einzige Erbin von K�nig Philip IV. von Frankreich ist. Seine Theorie war, da� eine Frau zwar in Frankreich nicht die Thronfolge antreten kann, wohl aber diesen Anspruch an ihren Sohn weitervererben kann. Eine Theorie, die zum Hundertj�hrigen Krieg f�hrte. Als Symbol dieses Anspruchs viertelt er den Schild (Wappen Nr. 3):

Dieses Wappen wurde benutzt unter den Plantagenet-K�nigen Edward III. (1340-1377) und Richard II. (1377-1399) und unter dem Lancaster-K�nig Henry IV. (1399-1405).

Im Jahre 1405 �ndert Charles V. K�nig von Frankreich, das altfranz�sische Wappen durch Reduzierung der Lilienanzahl auf drei. Der englische K�nig Henry IV. zieht sofort nach (Wappen Nr. 4):

Dieses Wappen blieb bis zum Ende der Regierung von Elisabeth I. bestehen. Es wurde benutzt von den Lancaster-K�nigen Henry IV. (1405-1413), Henry V. (1413-1422), Henry VI (1422-1461), den K�nigen aus dem Hause York Edward IV. (1461-1483), Edward V. (1483) sowie Richard III. (1483-1485) und zuletzt von den Tudor-Herrschern Henry VII. (1485-1509), Henry VIII. (1509-1547), Edward VI. (1547-1553), Mary I. (im Ehewappen mit Philip II. von Spanien 1553-1558) und zuletzt Elisabeth I. (1558-1603).

Einzig unter Mary I. kam es zu einer kurzfristigen �nderung: Sie verwendete ein Ehewappen mit Philip von Spanien. Der Schild wurde gespalten (Wappen Nr. 5):

Hinzuf�gung von Irland und Schottland unter den Stuarts
K�nig Henry VIII war zwar seit 1542 K�nig von Irland, doch wurde diese W�rde erst unter James I heraldisch ausgedr�ckt. Anla� der �nderung war die Hinzuf�gung des Wappens von Schottland unter den Stuart-K�nigen. Der neue Schild wurde geviertelt (Wappen Nr. 6):

Dieses Wappen war in Gebrauch bis zum Act of Union with Scotland 1707. Im einzelnen umfa�t das die Herrscher aus dem Hause Stuart James I. (1603-1625), Charles I. (1625-1649), Charles II. (1660-1685), James II. (1685-1688), sp�ter wurde es in dieser Form noch einmal von Anne (1702-1707) verwendet.

Deutsche Zutaten von Nassau bis Hannover
William III. f�gte als Sohn von Wilhelm II. von Oranien und als Statthalter der Vereinigten Niederlande im Jahre 1689 das Wappen von Nassau als Zentralschild hinzu (Goldener L�we auf blauem Schild, bestreut mit goldenen Schindeln) (Wappen Nr. 7). Haus Oranien/Nassau: William III. (1689-1702), Maria II. (1689-1694).

Anne nimmt 1702 die Nassau-Zutaten wieder weg und benutzt wieder das alte Stuart-Wappen bis 1707 (Wappen Nr. 6).

Unter Anne fand 1707 der Act for the Union with Scotland statt. Aus diesem Anla� wurde das Wappen erneut ge�ndert (Wappen Nr. 8):

In dieser Form wurde das Wappen nur kurze Zeit verwendet, n�mlich nur von Anne aus dem Hause Stuart (1707-1714).

Haus Hannover: Hinzunahme der hannoveranischen Elemente
Ab 1714 kam es zu erneuter Umgestaltung: Denn Georg I. war zus�tzlich auch noch Kurf�rst von Hannover und Herzog von Braunschweig-L�neburg. Er ver�ndert das Wappen durch Ersatz des vierten Viertels, fr�her England/Schottland, jetzt mit vier neuen Elementen (Wappen Nr. 9):

In dieser Form wurde das Wappen benutzt von den Herrschern aus dem Hause Hannover: George I. (1714-1727), George II. (1727-1760), George III. (1760-1801).

Abb.: Wappen von K�nig George I. (1714-1727), Hannover, Nordportal des nieders�chsischen Staatsarchivs

Abb.: Wappen von K�nig George II. (1727-1760), Hannover, Portal der ehemaligen Garde-du-Corps-Kaserne am K�nigsworther Platz

Abb.: Wappen von K�nig George III. (1760-1801), Abb. aus Peerage 1790

Haus Hannover: Abkopplung von Frankreich
Die n�chste �nderung erfolgt 1801 (Act of Union with Ireland): Bei dieser Gelegenheit wird der alte Anspruch auf die franz�sische Krone aufgegeben (Wappen Nr. 10).

In dieser Form wird das Wappen gef�hrt von George III. (1801-1816) aus dem Haus Hannover, im Detail:

Bildbeispiel: Wappen von K�nig George III. (1760-1816) am alten Festungstor von Galle (Sri Lanka), das 1669-1873 den einzigen Zugang zur Altstadt bildete (unten Detailausschnitt).

Auf dem Helm ruht die "Imperial Crown", und darauf steht ein goldener, schreitender, hersehender L�we (Leopard), der wiederum mit der "Imperial Crown" gekr�nt ist. Die urspr�ngliche Helmzier der britischen K�nige, wie sie seit Edward III. gef�hrt wurde, war ein roter, hermelingestulpter Turnierhut, und darauf der besagte gekr�nte Leopard (lion passant guardant). Unter Heinrich VIII. wurde die Helmzier ge�ndert, und statt auf dem Turnierhut stand nun der L�we auf der k�niglichen Krone (the Royal Crown proper, thereon a lion statant guardant Or, royally crowned also proper). Die exakte Form der Krone ver�nderte sich dabei im Laufe der Geschichte immer mal wieder.

Prunkst�cke: Um den ovalen Schild liegt das Band des Hosenbandordens mit der Aufschrift "Honni soit qui mal y pense" - "Ein Schelm, der B�ses dabei denkt" (Garter), unten ist eine weitere Devise: "Dieu et mon droit" - "Gott und mein Recht". Zwei Schildhalter flankieren das Wappen, heraldisch rechts ein goldener, rotbewehrter, gekr�nter, hersehender L�we f�r England (engl.:a lion rampant guardant Or crowned), links ein silbernes, golden bewehrtes und bem�hntes Einhorn f�r Schottland, um den Hals eine goldene Krone, heute meist mit daran h�ngender goldener Kette dargestellt, die hier aber fehlt (engl.: sinister a unicorn Argent armed, crined and unguled Proper, gorged with a coronet Or composed of crosses pat�e and fleurs de lys (a chain affixed thereto passing between the forelegs and reflexed over the back also Or)). Unter dem Schild befinden sich Rosen und Disteln, Symbole f�r England und Schottland.

Weiteres Vorkommen dieses Wappentyps:

Haus Hannover: Verlust der Kurw�rde
Der Wiener Kongre� von 1815 hinterl��t seine Spuren: Hannover steht nicht l�nger die Kurf�rstenw�rde zu. Es wird K�nigreich.

In der neuen Form wird das Wappen gef�hrt von den Herrschern aus dem Haus Hannover: George III. (1816-1820), George IV. (1820-1830), William IV. (1830-1837). Im Detail:

 

Abb.: Hannover, Portikus des Leineschlosses, Wappen von K�nig William/Wilhelm IV.

Im Detail mu� jedoch etwas bei der Darstellung am Leineschlo� moniert werden: Ganz unten ist der Schriftzug "Dieu et mon droit", der einem britischen Souver�n zusteht. Dazu m��te jedoch die "Imperial State Crown" auf dem Schild gef�hrt werden, nicht wie hier die Hannoversche K�nigskrone, die dadurch zweimal auftaucht, einmal �ber dem Herzschild und einmal �ber dem Hauptschild. Korrekterweise h�tte man sich f�r eine der beiden M�glichkeiten entscheiden m�ssen: Entweder stellt man die Funktion als britischer Monarch in den Vordergrund, dann hat das Wappen den Schriftzug "Dieu et mon droit" untendrunter, auf dem Hauptschild l�ge die "Imperial State Crown" und auf dem Herzschild die Hannoversche K�nigskrone. So ist es auch am Buckingham Palace in London dargestellt und auch am k�rzlich wiederaufgebauten Schlo� Herrenhausen. Oder man stellt die Funktion als K�nig von Hannover in den Vordergrund, dann w�rde das Motto wegfallen, die Hannoversche K�nigskrone auf dem Hauptschild liegen und daf�r auf dem Herzschild wegfallen (nicht doppelt). Dieses hier ist jedoch ein Hybrid.

Haus Hannover: Genealogie
Genealogie des Hauses Hannover:

�bergang vom Haus Hannover an das Haus Sachsen-Coburg-Gotha / Haus Windsor
Eine Frau kann im K�nigreich Hannover nicht die Thronfolge antreten. Somit ging die Krone von Hannover beim Regierungsantritt von Queen Victoria an Ernest Duke of Cumberland �ber. Somit wurden die deutschen Zutaten 1837 aus dem Wappen entfernt (Wappen Nr. 12). Das vereinfachte Wappen wurde von folgenden Herrschern gef�hrt: Haus Hannover: Victoria (1837-1901), Haus Coburg, seit 1917 Haus Windsor: Edward VII. (1901-1910), George V. (1910-1936), Edward VIII. (1936), George VI. (1936-1952), Elisabeth II. (1952-jetzt). In dieser Form wird das Wappen bis heute vom Haus Windsor gef�hrt:

Haus Sachsen-Coburg-Gotha / Haus Windsor: Genealogie
Genealogie des Hauses Windsor:

Haus Windsor: M�nzen von Queen Elizabeth II
M�nzen aus der Regierungszeit von Queen Elizabeth II:

Links Wappen mit allen vier Feldern (England-Schottland-Irland-England), Mitte nur die englischen Leoparden, rechts nur der schottische L�we.

Literatur, Links und Quellen:
Royal Heraldry, Beast and Badges of Britain, Pilgrim Press, Derby 1987
Heraldik Gro�britanniens:
http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_Supporters_of_England - http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_coat_of_arms_of_the_United_Kingdom - http://www.royal.gov.uk/Home.aspx - http://www.royal.gov.uk/MonarchUK/Symbols/Coatsofarms.aspx - http://www.heraldica.org/topics/britain/royalarm.htm - http://en.wikipedia.org/wiki/Royal_Arms_of_England
Genealogien: Prof. Herbert Stoyan, Adel-digital, WW-Person auf CD, 10. Auflage 2007, Degener Verlag ISBN 978-3-7686-2515-9
ein herzliches Dankesch�n an Herrn Karl-Ernst Sittel f�r wertvolle Hinweise
J.H. & R.V. Pinches, the Royal Heraldry of England, London 1974
Die mit "Peerage 1790" gekennzeichnete Abbildung ist entnommen aus: The Peerage of England, Scotland and Ireland to which are annexed the extinct and forfeited peerages of the three kingdoms, Volume 1, The Peerage of England, London, printed for W. Owen, L. Davis und J. Debrett, 1790 -
https://books.google.de/books/about/The_Peerage_of_England_Scotland_and_Irel.html?id=NFwBAAAAQAAJ

Heraldik der illegitimen Nachkommen der englischen K�nige
Wappen, Linien und Territorien der Welfen (3): Wappen des Hauses Hannover

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