Die Intensität der kosmischen Strahlung schwankt allerdings, sie hängt zum Beispiel von der Aktivität der Sonne ab. Während der letzten 10.000 Jahre gab es drei Zeiträume, in denen die Strahlung ungewöhnlich stark war. Miyake und Kollegen untersuchten nun eins dieser Zeitintervalle genauer, und zwar zwischen 750 und 820 nach Christus. Dafür bestimmten sie den C-14-Gehalt in den Jahresringen zweier 1300 Jahre alter Zedern. Die Analyse der Baumringe ergab, dass der Gehalt an radioaktivem Kohlenstoff in den Bäumen im Jahr 775 plötzlich um 1,2 Prozent anstieg. Die Produktionsrate müsse dafür um den Faktor zehn höher gewesen sein als normal, schreiben die Forscher.
Normalerweise schwankt die jährlich erzeugte C-14-Menge nur in einem Bereich von 0,05 Prozent. Als Ursache für den Strahlensturm kommen eine nahe Supernova oder ein Super-Flare auf der Sonne in Frage. Beides schließen Miyake und Kollegen allerdings aus. Hätte sich in der näheren kosmischen Umgebung eine Supernova ereignet, müsste deren Leiche heute noch zu beobachten sein. Und Eruptionen auf der Sonne erzeugen in der Regel höchstens ein Tausendstel der Strahlung, die nötig wäre, um die Ergebnisse zu erklären. Auf anderen sonnenähnlichen Sternen wurden solche Super-Flares zwar schon beobachtet, doch bislang nehmen Astronomen an, dass sie auf der Sonne nicht vorkommen.
Dass die Erde im Jahr 775 tatsächlich ungewöhnlich stark bestrahlt wurde, bestätigen weitere Baumring-Daten und Messungen an einem Eisbohrkern in der Antarktis. Dort fand sich eine ungewöhnliche Häufung des Isotops Beryllium-10. Zudem wurden in England rätselhafte Phänomene beobachtet, berichtet das britische Wissenschaftsmagazin New Scientist. Ein Chronist aus dem 13. Jahrhundert berichtet von Feuerzeichen am Himmel und Schlangen, die aus dem Boden sprangen.