Leni Riefenstahl: Keinen Mann hasste sie mehr als Luis Trenker - WELT
WELTGo!
Journalismus neu erleben und produktiver werden
Ihr Assistent Journalismus neu erleben und produktiver werden
WELTGO! ENTDECKEN
  1. Home
  2. Regionales
  3. Bayern
  4. Leni Riefenstahl: Keinen Mann hasste sie mehr als Luis Trenker

Bayern Leni Riefenstahl

Keinen Mann hasste sie mehr als Luis Trenker

Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit
Szene aus dem Film „Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit“: Luis Trenker (Tobias Moretti) und Leni Riefenstahl (Brigitte Hobmeier) lernen sich während Dreharbeiten kennen. F...ür kurze Zeit werden sie ein Paar. Als die Affäre vorbei ist, werden sie zu erbitterten Rivalen
Quelle: Roxy Film/Christian Hartmann/Bayerischer Rundfunk
In dem ARD-Film „Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit“ spielt Brigitte Hobmeier Trenkers Kurzzeit-Geliebte Leni Riefenstahl. Ein Gespräch über mörderische Naivität, Sex und Trenker als Nazi.

Eigentlich ist sie durch mit diesem Film. Dreht schon den nächsten. Aber „Der schmale Grat der Wahrheit – Luis Trenker“ lässt die Schauspielerin Brigitte Hobmeier nicht los. Liebe, Hass, Eitelkeit, Rivalität, dazu die Verstrickung in ein verbrecherisches System spiegeln sich in der aufgeladenen Affäre von Luis Trenker mit Leni Riefenstahl. Wahnsinn, sagt Hobmeier, die die Riefenstahl spielt.

Die Welt: Sie spielen nicht, Sie sind Leni Riefenstahl in diesem Film, findet Drehbuchautor Peter Probst. Was sagen Sie?

Brigitte Hobmeier: Natürlich wollte ich die Figur so glaubhaft wie möglich darstellen. Aber 100 Prozent Riefenstahl? Mein Gefühl am Set war ein anderes. Ich dachte: Schade, dass ich nicht mehr von ihrem Leben erzählen kann in diesem Film – es geht ja um Luis Trenker. Sie ist die Antagonistin. Das ist die Geschichte. Gleichzeitig hoffe ich, dass sich noch viele Filmemacher mit der Figur beschäftigen.

Die Welt: Versuche hat’s gegeben. Warum ist nichts daraus geworden?

Hobmeier: Madonna wollte Leni Riefenstahl spielen. Jodie Foster hatte die Rechte an ihren Memoiren gekauft, wollte sie noch mit Riefenstahl selbst verfilmen, aber die hatte keine Lust. Ein zweiter Anlauf, ohne Riefenstahl, scheiterte. Leider. Man kann an dieser Frau, die 101 Jahre alt wurde, schließlich ein ganzes Jahrhundert ablesen! Allerdings besteht auch immer die Gefahr, dass man sich angreifbar macht, wenn man sich mit ihr beschäftigt. Da stehen wir uns mit unserer politischen Korrektheit oft selbst im Weg.

Die Welt: Kein Wunder: Wenn es eine Ästhetik des Nationalsozialismus gab, hat Leni Riefenstahl sie mindestens miterfunden, oder?

Adolf Hitler and filmmaker, Leni Riefenstahl, with joyous smiles. They are in a group with woman wearing traditional German costumes and uniformed Nazis. At the annual Nazi Party Rally in Nuremburg. September 1934. (BSLOC_2014_7_9)
Riefenstahl suchte die Nähe zu Adolf Hitler: „Hitler war für sie bis zum Schluss ein Gott“, sagt Schauspielerin Brigitte Hobmeier
Quelle: pa/Everett Colle/Everett Collection

Hobmeier: Wäre ich Leni Riefenstahl würde ich jetzt sagen: Das war meine Ästhetik! Die Nazis haben sie sich nur angeeignet. Nicht ich habe das von denen. Die haben’s von mir. Es ist meine Kunst.

Die Welt: Filme wie „Triumph des Willens“ über den Reichsparteitag der NSDAP von 1935 oder Riefenstahls „Olympia“-Film über die Spiele 1936 waren aber doch Auftragsarbeiten und reine Propagandaproduktionen.

Hobmeier: Mir gefällt die Anekdote, dass Charlie Chaplin sich vor Lachen gekringelt haben soll, als er „Triumph des Willens“ zum ersten Mal sah. Es war dieser Film, der ihn zu seiner Nazi-Persiflage „Der große Diktator“ inspirierte – als kluger Kopf kannst du über das Brimborium der Parteitage doch nur lachen. Beim „Olympia“-Film liegen die Dinge wieder anders.

Anzeige

Die Welt: Inwiefern?

Hobmeier: Der Film wurde zur Weltausstellung nach Paris eingeladen. Ganz Europa, die ganze Welt war begeistert. Riefenstahl war damals auch keineswegs die Einzige, die sich für schöne Körper interessierte. Es war die Ästhetik der Zeit, des Expressionismus. Man kann das nicht als Argument gegen sie verwenden. Sonst wäre jeder Ausdruckstänzer damals automatisch auch ein Nazi gewesen. Es sind nicht die Filme, die Leni Riefenstahl in meinen Augen zur Täterin machen.

Die Welt: Sondern?

Hobmeier: Was sie zur Täterin macht, ist, dass sie eine der nächsten Personen zu Hitler war. 1932, bevor sie mit Arnold Fanck zu Dreharbeiten nach Grönland für den Film „SOS Eisberg“ aufbricht, schreibt sie ihm: „Habe Rede von Ihnen gehört. Möchte Sie treffen!“ Hitler kennt natürlich ihre Filme. „Das Blaue Licht“ hatte sie da schon gedreht. Sie treffen sich. Dann geht sie weg. Und als sie wiederkommt, ist das Erste, was sie macht, ihn anrufen: „Gehen wir einen Kaffee trinken?“ Aus ihrer Faszination für Hitler hat Riefenstahl nie ein Hehl gemacht.

Luis Trenker - Der schmale Grat der Wahrheit
Noch sind sich die beiden gewogen: Trenker (Tobias Moretti) und Riefenstahl (Brigitte Hobmeier) auf einem Künstler-Empfang
Quelle: Roxy Film/Christian Hartmann/Bayerischer Rundfunk

Welt: Das heißt?

Hobmeier: Er war für sie bis zum Schluss ein Gott. „Hitler“, sagt sie, „ist der Gute. Die Bösen sind die anderen. Die um ihn herum. Die machen das Schlimme.“ Das ist so naiv, dass man denkt: Mädel! Wer hat denn vergessen, dir den Kopf zu waschen?

Die Welt: War mehr zwischen den beiden?

Anzeige

Hobmeier: Das glaube ich nicht. Aber Riefenstahl hat bewusst im Vagen gelassen, ob sie Hitlers Geliebte war oder nicht. Sie hat in der Öffentlichkeit damit gespielt und so einen Schutzraum um sich geschaffen. Denn wer legt sich schon mit der potenziellen Geliebten des Führers an?

Die Welt: Im „Schmalen Grat“ sieht man, wie zwei Künstler, Riefenstahl und Trenker, um die Gunst der Nazis buhlen. Warum sind die so verführbar? Und was macht das verbrecherische System für die beiden so attraktiv?

Hobmeier: Sie haben die Chance bekommen. Vielleicht ist die Antwort wirklich so einfach. Sie waren den Machthabern durch ihre Arbeiten aufgefallen, Bergfilme, mit großem heroischen Potenzial. Dazu kommt: Die erste Künstlergarde aus Deutschland, darunter viele Juden, ist weg. Emigriert. Plötzlich ergibt sich die Gelegenheit, von der zweiten, dritten Reihe in die erste zu springen. Und die ergreifen sie.

Die Welt: Des Führers liebste Künstler zu sein: War es das, was die beiden aneinander so sexy fanden, dass sie sich auch gleich in eine Affäre stürzten?

Hobmeier: Steile These! Sie stimmt nur nicht. Riefenstahl und Trenker, das Mannsbild und die männeraffine Frau, prallten 1925 bei den Dreharbeiten zu „Der Heilige Berg“ aufeinander. Es muss eine sehr intensive und explosive Affäre gewesen sein, begleitet von Eifersuchts- und Hassattacken des Regisseurs Arnold Fanck, der Riefenstahl ebenfalls begehrte. Die Affäre dauerte aber nur wenige Wochen. Das heißt: Sie war lang vorbei, als Trenker und Riefenstahl in den 30ern anfingen, mit dem Regime zu kungeln.

Die Welt: Aus Liebenden wurden Rivalen?

Luis Trenker in "Berge in Flammen", 1931
Wettgegerbt, verwegen, ein Held der Berge: So hat sich der Schauspieler und Regisseur Luis Trenker inszeniert. Hier 1931 in „Berge in Flammen“
Quelle: picture-alliance / akg-images

Hobmeier: Riefenstahl hielt sich an Hitler. Trenker war Goebbels’ Favorit. Goebbels soll Trenker ja auch den Olympiafilm angeboten haben, ehe dann auf Intervention Hitlers Riefenstahl den Zuschlag bekam. Die Konkurrenz der beiden ist auch der Hintergrund der Geschichte, die wir im „Schmalen Grat“ erzählen: Wie Trenker nach dem Krieg mit den von ihm gefälschten Tagebüchern Eva Brauns hausieren geht. Und wie er darin unter anderem Leni Riefenstahl kompromittiert.

Die Welt: Riefenstahl soll nackt für Hitler getanzt haben, auf dessen Berghof.

Hobmeier: Laut Gerichtsbeschluss, den Eva Brauns Eltern und Leni Riefenstahl zusammen erwirkten, sind die Tagebücher nicht echt. Veröffentlichungen daraus sind nur mit dem Zusatz erlaubt, dass es sich um fiktive Schilderungen handelt.

Die Welt: So oder so: Trenker scheint mächtig sauer auf Riefenstahl gewesen zu sein.

Hobmeier: Die beiden haben sich nichts geschenkt. Von Riefenstahl stammt der Satz, sie hasse keinen Menschen mehr als Luis Trenker. Ihm ging es mit ihr wie den meisten Männern seiner Zeit. Frauen vom Typ Riefenstahl – aufgewachsen in den 20ern, in einer Zeit der Befreiung der Frau, des Körpers und der Sexualität – waren ihnen suspekt. Und sie haben ihr, etwa bei den Reichsparteitagsfilmen, tatsächlich auch brutale Schwierigkeiten gemacht. Denn natürlich hat es die Männer um sie herum wahnsinnig gefuchst, dass dieses Weiberleut’ da machen konnte, was sie wollte.

Die Welt: Im Nachkriegsdeutschland durfte Riefenstahl keinen Film mehr drehen, während Trenker im öffentlich-rechtlichen Fernsehen den kernigen Erzählonkel gab. Wie kann das sein?

Hobmeier: Das haben wir uns auch gefragt. Riefenstahl zum Beispiel war nie in der NSDAP, Trenker ist noch 1944 eingetreten. Trenker optierte als Südtiroler für den Beitritt zum Deutschen Reich, was ihm die abgrundtiefe Feindschaft Reinhold Messners eingetragen hat. Messner hat Trenker dafür öffentlich zur Rechenschaft gezogen. Doch bei uns hat das keinen interessiert. Bei uns hat der Trenker weiter aus dem Herrgottswinkel heraus seine Berggeschichten erzählen dürfen.

Die Welt: Was bleibt, wenn Sie an Leni Riefenstahl denken?

Hobmeier: Ein bitterer Beigeschmack. Weil man nie auch nur einen Funken Eingeständnis von ihr bekommen hat. Aber ich glaube auch nicht, dass sie für sich je zu irgendeiner Klarheit gekommen ist. Sie hat das System zu ihrem Vorteil ausgenutzt. Aber sie war nicht in der Lage, über den eigenen Tellerrand hinauszuschauen.

„Luis Trenker: Der schmale Grat der Wahrheit“, Mittwoch, 18.11., ARD, 20.15 Uhr

Mehr aus dem Web
Neues aus der Redaktion
Auch interessant