Neues Wahlrecht: CSU verliert bereits jetzt Mandate im Bundestag
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Neues Wahlrecht: CSU verliert bereits jetzt Mandate im Bundestag

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Die Debatte um das neue Wahlrecht erreicht das Bundesverfassungsgericht. Union und Linke sehen sich durch die Reform benachteiligt. Die Überhangmandate stehen vor dem Aus.

Karlsruhe – Anderthalb Jahre vor der voraussichtlich nächsten Bundestagswahl hat das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe am Mittwoch (24. April) weiter darüber verhandelt, nach welchem Wahlrecht 2025 gewählt wird. Die Ampelkoalition setzte im vergangenen Jahr eine Reform durch – doch dagegen wehren sich Union und Linke. Sie sind von den Änderungen besonders betroffen.

Am Mittwoch ging es zunächst um die sogenannte Zweitstimmendeckung. In Zukunft sollen die Sitze im Bundestag komplett anhand der Mehrheitsverhältnisse bei den Zweitstimmen vergeben werden. Bis zur Reform gab es Überhangmandate. Diese fielen an, wenn eine Partei mehr Wahlkreise gewann, als ihr nach dem Zweitstimmenergebnis Sitze zustanden.

News Bilder des Tages Landtagswahl 2023. Markus Söder (Ministerpräsident des Freistaates Bayern) und Innenminister Joach
Markus Söder, Ministerpräsident von Bayern (links), und der Parteivorsitzende der CDU, Friedrich Merz, bei einer Veranstaltung in Nürnberg. Aktuell hat der Ministerpräsident nichts zu lachen. Seine Partei hat in kürzester Zeit zwei Plätze im Bundestag verloren. (Archivbild) © IMAGO

Davon profitierte in der Vergangenheit oft die CSU, die nur in Bayern antritt und viele ihrer Wahlkreise mit Direktmandaten gewinnen konnte. Bundesweit holte sie also wenige Zweitstimmen, dafür räumte sie aber in Bayern die Wahlkreise ab. Um die Sitzverteilung gerecht zu halten, bekamen andere Parteien Ausgleichsmandate. So wurde der Bundestag immer größer - was die Reform stoppen soll. Sie deckelt die Zahl der Abgeordneten bei 630.

Ausgleichsmandate führen zu Ungleichbehandlung – CSU sieht neues Wahlrecht als zu kompliziert

Das führe aber zu Ungleichbehandlung, argumentierten die Vertreter der Union vor Gericht. „In der Fläche besonders breit verwurzelte“ Parteien mit vielen Erststimmen würden besonders hart getroffen, sagte der Bevollmächtigte der CSU-geführten bayerischen Staatsregierung, Markus Möstl.

Für die CSU kritisierte deren Bevollmächtigter Kyrill-Alexander Schwarz, dass es sich bei der Erststimme in Zukunft nicht mehr um eine echte Wahl, sondern lediglich um eine „Vorauswahl“ handle. Das sei schlecht verständlich: „Das Wahlrecht wendet sich ab von einem Mechanismus, der völlig einfach und simpel zu verstehen war.“

Grundmandatsklausel als nächster Streitpunkt – Linke besonders betroffen

Wahlkreise seien „keine kleinen politischen Gemeinschaften“, sagte dagegen der Bevollmächtigte des Bundestags, Christoph Möllers. Bundestagsabgeordnete seien Vertreter des ganzen Volks. Für die Bundesregierung argumentierte deren Bevollmächtigte Sophie Schönberger, dass Parteien künftig einfach nach ihrem Zweitstimmenergebnis behandelt würden – es sei nicht erkennbar, wo darin eine Ungleichheit liege. „Es ist nicht so, dass regional erfolgreiche Parteien benachteiligt sind“, sagte Schönberger. „Im Gegenteil.“

Später sollte es am Mittwoch noch um das Thema Grundmandatsklausel gehen. Auch sie fällt im neuen Wahlrecht weg. Dank dieser Klausel zogen Parteien bislang auch dann mit der Stärke ihres Zweitstimmenergebnisses in den Bundestag ein, wenn sie an der Fünfprozenthürde scheiterten, aber mindestens drei Direktmandate gewannen. Das kam 2021 der Linken zugute, die mit knapp unter fünf Prozent bei den Zweitstimmen dennoch als Fraktion in den Bundestag einzog. Inzwischen ist sie nur noch eine Gruppe, weil einige Linken-Abgeordnete zum neuen Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) wechselten.

Mit Andreas Scheuer und Stefan Müller verliert die CSU zwei Sitze im Bundestag

Nachdem sich Andreas Scheuer unerwartet vom Bundestag zurückgezogen hatte, wird sich auch Stefan Müller im Mai von den Geschäften in Berlin verabschieden. Sein Mandat legt der CSU-Politiker nieder, um Präsident des Genossenschaftsverbands Bayern zu werden. Die Besonderheit für die CSU: Aufgrund der neuen Überhangmandatsregelung werden für die zwei Ausscheidenden keine neuen Abgeordnete nachrücken.

Auch die Linkspartei und ihre frühere Fraktion wandte sich an das Gericht, ebenso die bayerische Landesregierung, die CSU und 195 Mitglieder der Unionsfraktion im Bundestag, außerdem Linken-Abgeordnete und mehr als 4000 Privatpersonen, gebündelt vom Verein Mehr Demokratie.

Die Verhandlung begann am Dienstag. Ein Urteil soll in dieser Woche noch nicht fallen. Vertreter der Fraktionen erwarteten es aber schon in einigen Monaten, vor oder kurz nach der parlamentarischen Sommerpause. Viel Zeit bis zur nächsten Bundestagswahl bleibt dann nicht mehr. (afp/SiSchr)

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