„Little Bird“: Der Raub der indigenen Kinder Kanadas - kulturnews.de Zum Inhalt springen

„Little Bird“: Der Raub der indigenen Kinder Kanadas

Litte Bird Arte Arte-Mediathek
Esther Rosenblum ist Bezhig. Sie kam als kleines Kind in eine jüdische Pflegefamilie in Montréal. Jetzt sucht sie verzweifelt nach ihrer Familie. Die Serie „Little Bird“ läuft auf Arte und kann in der Arte-Mediathek gestreamt werden. (Foto: © Steve Ackerman/Fremantle)

In der Arte-Mediathek und bald auf Arte startet die kanadische Serie „Little Bird“ über den tausendfachen Raub indigener Kinder in den 1960er Jahren durch kanadische Behörden.

Die kanadische Serie „Little Bird“ auf Arte und in der Arte-Mediathek erzählt die Geschichte eines indigenen Kindes, das 1968 von der Jugendbehörde mit seinen Geschwistern den Eltern im Reservat weggenommen wird. 18 Jahre später ist Behzig, die jetzt Esther Rosenblum heißt, frisch verlobt und angehende Rechtsanwältin. Auf der Verlobungsfeier aber hört sie Sätze von ihrer Schwiegermutter in spe, die in ihrem identitären Rassismus so verletzend sind, dass Esther sofort die Feier verlässt.

„Little Bird“: Das Verbrechen an der indigenen Bevölkerung

Behzig (Darla Contois) , so soll sie hier ab sofort heißen, durchwühlt in Abwesenheit ihrer Mutter (Lisa Edelstein, „The Kominsky Method“) deren Akten, findet die Adoptionsurkunde und erfährt so zum ersten Mal ihren eigentlichen Namen. Behzig macht sich auf die Recherche nach ihrer ursprünglichen Familie …

Die Serie „Little Bird“ behandelt ein systematisches Verbrechen, das in den 1960ern in den USA und in Kanada begangen wurde, den „Sixties Scoop“. Die Handlung der Serie konzentriert sich – damals wurden Zigtausende Kinder ihren Eltern entrissen – auf die Familie Little Bird, die im Long-Pine-Reservat lebt, ohne Strom, ohne fließend Wasser und ohne Kühlschrank, so wie alle Menschen dort. Doch das soziale Leben ist intakt, die Familie hält zusammen, der zehnjährige Sohn soll zum ersten Mal auf der Jagd Beute machen und so ein Ritual auf dem Weg des Erwachsenwerdens absolvieren. Doch eine Sache ist da, schwebt über der Famliie wie ein Beil, das jederzeit fallen kann. Und so kriecht die Angst, die in der Familie schon lange der tägliche Begleiter ist, auch in jeden, der zuschaut. Da fährt eine Polizeistreife vorbei, und die kleine Behzig, die gerade draußen mit der Schwester spielt, schießt mit ihrer Schleuder aus Versehen einen Sprung in die Windschutzscheibe. Die Polizisten holen sofort das Jugendamt und nehmen der Mutter in Abwesenheit ihres Mannes ihre drei Kinder weg. „Little Bird“ ist in seiner Schilderung der Ereignisse auf beiden Zeitebenen der Handlung sehr emotional, jedoch nie melodramatisch, sondern wirklich in den Schmerz gehend. Drehbuchautorin Jennifer Pedemski (als Schauspielerin in „Reservation Dogs“ zu sehen) hat das einerseits zu verantworten, Regisseurin Elle-Máijá Tailfeathers hat die Geschichte in Szene gesetzt: Punktgenaue Flashbacks und eine absolut nachvollziehbare Dramarturgie bestimmen die Aussage der Serie, und Kameramann Guy Godfree („Maudie“) hat mit seinen subjektiven Kamerafahrten ganze Arbeit geleistet in der Inszenierung dessen, was die Menschen in der Serie gerade durchleben. Und das ist verdammt viel Schmerz, vor allem aber immer wieder Rassismus, der im Laufe der Zeit und je nach Bevölkerungsschicht sich in immer neuer Form manifestiert.

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