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CDU-Parteitag: „Carsten Linnemann wird Habecks Nachfolger“

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In Berlin demonstrieren die Christdemokraten neues Selbstbewusstsein. Friedrich Merz präsentiert sich schon wie ein gefühlter Kanzler. Sein Generalsekretär wird mächtiger - und die Partei hat mit ihm etwas Besonderes vor.

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Laufschuhe vom Chef am Montag auf dem CDU-Parteitag: "Manchmal wirkt Carsten Linnemann wie der Sohn von Friedrich Merz." FOTO: PICTURE ALLIANCE

Für Friedrich Merz war das noch keine Krönungsmesse des Kanzlerkandidaten, auch kein triumphaler Königsritt zum Thron der Macht. Es war vielmehr eine CDU-Gralsrunde der Beschwörung und Sammlung. Merz sprach präsidial und staatsmännisch, er wirkte zuweilen schon wie ein gefühlter Kanzler und nicht wie einer, der noch aggressiv am Zaun des Kanzleramts rütteln muss. 

Der CDU-Vorsitzende brachte die Rivalen in der Partei dazu, sich öffentlich zu ihm zu bekennen, er erzielte bei seiner Wiederwahl ordentliche 90 Prozent. Für Merz ging es diesmal nicht um die Höhe eines Angriffsspektakels, auch nicht um die Tiefe einer Gefühlswallung - ihm ging es um die Breite der Volkspartei, die er hinter sich versammeln wollte. Das ist ihm gelungen. Die FAZ kommentierte: „Ein ausgewogener Vorsitzender." Der Spiegel meint „Fehlt eigentlich nur noch die Merkel-Raute." Selbst die Süddeutsche befand: „Auf dem CDU-Parteitag könnte man fast den Eindruck bekommen, dass es keinen tolleren Chef gibt als Friedrich Merz.“

Merz und die CDU demonstrieren mit diesem Parteitag in Berlin etwas, was sie zwischenzeitlich verloren zu haben schienen, was aber ihre ganz typische DNA ausmacht: die Selbstverständlichkeit der Macht. Dass die Christdemokraten wieder als selbstbewusste Volkspartei wirken, hat nicht nur mit Friedrich Merz, den Wahlerfolgen (Schleswig-Holstein, NRW, Berlin, Hessen) oder guten Umfragen (für die Europawahl dürfte die Union doppelt so stark werden wie die SPD, die bei der Bundestagswahl noch vorne lag) zu tun. Es liegt auch am neuen Generalsekretär. Carsten Linnemann wirkt ein wenig wie der Sebastian Hoeneß der deutschen Politik - ein schneidiger, jungenhafter Mann in den Vierzigern, der eine alte Traditionsmarke (dort der VFB Stuttgart hier die CDU) einer erstaunlichen Fitnesskur unterzieht.

Linnemann übernimmt die Abteilung Attacke

Mit diesem Parteitag ist Carsten Linnemann politisch enorm aufgestiegen. Bislang hatte er sein Amt offiziell nur kommissarisch, nachdem Merz sich vom damaligen Amtsinhaber Mario Czaja getrennt hatte. Nun ist er nicht nur offiziell gewählt  - der 46-Jährige erhielt 91,4 Prozent der gültigen Delegiertenstimmen, mehr sogar als Friedrich Merz selber. Das ist ein Fingerzeig, denn Linnemann hat sich in der Partei gehörig Respekt erarbeitet. Unter seiner Federführung hat die CDU nicht nur ihr neues Grundsatzprogramm ausgearbeitet, die Partei türkisgrün tapeziert und die Flügel der Partei demonstrativ geeint. Linnemann hält Merz auch den Rücken der Konflikte frei, übernimmt die Abteilung Attacke - seitdem er im Amt ist, kann Merz staatsmännischer auftreten und seine Polarisierungsquote reduzieren. Linnemann verkörpert zugleich dynamisches Machertum. „Merz ist der Kopf, aber Linnemann ist das Laufwunder der Partei“, witzelt ein Präsidiumsmitglied mit Verweis darauf, dass Linnemann schon im Morgengrauen um den Reichstag jogge, wenn die Konkurrenz noch schlafe. Um das Narrativ zu verstärken, schenkte Merz seinem Generalsekretär zum Dank ein paar neue Laufschuhe. 

Der promovierte Volkswirt, der seit 2009 im Bundestag sitzt und acht Jahre lang den CDU-Wirtschaftsflügel angeführt hat, wird zuweilen „Mini-Merz“ gerufen. In allen parteiinternen Machtkämpfen der vergangenen Jahre stand er nicht nur loyal auf der Seite seines jetzigen Chefs. Die beiden sind sich ähnlich, manchmal wirkt Linnemann wie der Sohn von Friedrich Merz. Linnemann und Merz sind beide katholische Westfalen, beide wirtschaftsliberal und wertkonservativ, beide haben die Politik Angela Merkels bekämpft. Beide haben den gleichen trockenen Humor, die Lust an guten Sprüchen und eine Rhetorik wie aus dem feinmechanischen Stanzwerk. Zum Grundsatzprogramm sagt Linnemann: „Wir haben auf 70 Seiten alles aufgeschrieben. Es gibt wieder Hauptsätze! Subjekt, Prädikat, Objekt!“. Applaus im Saal. Solche Sätze sind typisch Linnemann, sie könnten auch von Merz stammen. 

Carsten Linnemann stammt aus einem katholischen Dorf bei Paderborn. Das erdet. Seine Eltern haben dort bis vor einigen Jahren eine Buchhandlung betrieben. Mittelstand erdet auch. Sein „Nicht reden. Machen!“-Modus kommt daher. Er hat BWL studiert, wurde in Volkswirtschaft promoviert und ging zunähst zur Deutschen Bank nach Frankfurt am Main. 

Kein Stützstrumpf der Macht

Linnemann ist weder der Intellektuelle wie Heiner Geißler noch der Stratege wie Kurt Biedenkopf. Er ist aber auch kein Stützstrumpf der Macht wie Peter Hintze, Ronald Pofalla oder Hermann Gröhe. Er erinnert eher an Volker Rühe, der als Generalsekretär die CDU durch die Wiedervereinigungsjahre führte und hernach zum  Bundesverteidigungsminister (1992–1998) aufstieg. Genau das prophezeien nun viele CDU-Größen Carsten Linnemann - eine baldige Ministerkarriere. In der Union kursiert dazu ein Wunschtraum, dass nämlich Carsten Linnemann nach der kommenden Bundestagswahl neuer Bundeswirtschaftsminister werde und den ungeliebten Robert Habeck ablöse.

Fragt man Linnemann nach seinem Vorbild sagt er gerne: „Ich hab ein Vorbild, auch wenn der nicht Generalsekretär war: Ludwig Erhard, schon immer gewesen.“ Linnemann schwärmt von der sozialen Marktwirtschaft wie andere von ihrer Geliebten. „So mutige Politiker, von denen haben wir heute in Deutschland nicht viele.“ Linnemanns Podcast heißt „Einfach mal machen“, könnte aber auch „Wohlstand für alle“ oder „Ich löse Robert Habeck ab“ heißen. Subjekt, Prädikat, Objekt.

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