Ursula von der Leyen hat in Rom schon wärmere Empfänge erlebt, gerade in letzter Zeit: Mit Regierungschefin Giorgia Meloni versteht sie sich bestens, sie hat sie in Rom besucht und ist mit ihr schon nach Tunis und nach Lampedusa gereist im Bestreben, die illegale Einwanderung nach Italien – und damit nach Europa – zu bremsen.

Ursula von der Leyen hatte in Italien nicht besonders viel zu lachen.
EPA/ANGELO CARCONI

Aber zu Wochenbeginn gingen sich die beiden Spitzenpolitikerinnen aus dem Weg: Für von der Leyen war das herzliche Einvernehmen mit der ultrarechten Meloni schon immer etwas genierlich gewesen – und auch Meloni hat im EU-Wahlkampf kein vordringliches Interesse, sich mit der amtierenden EU-Kommissionspräsidentin blicken zu lassen. Bei vielen italienischen Rechtswählern sind die antieuropäischen Reflexe trotz Melonis Konzilianz gegenüber Brüssel immer noch wach – und von der Leyen ist nun einmal ein Symbol für all das, was man in Italien an der EU nicht so richtig mag.

"Wahlen sind eben etwas anderes", gab Meloni laut Medienberichten als Begründung dafür an, warum die Freundschaft mit Ursula von der Leyen nun erst einmal ein paar Wochen Pause machen muss. Und dass sich am Montag der europafeindliche Lega-Chef Matteo Salvini nicht mit von der Leyen blicken lassen wollte, war ebenfalls klar.

"Hinkendes Pferd"

Der größte Affront war aber das Verhalten der mitregierenden, konservativen Forza Italia, die im Europaparlament so wie von der Leyens CDU der EVP angehört und deren offizieller Gast die EU-Kommissionspräsidentin in Rom eigentlich gewesen ist: Es kam lediglich zu Treffen hinter verschlossenen Türen. Parteichef und Außenminister Antonio Tajani, Vizepräsident der EVP-Fraktion, vermied so gut es ging Pressefotos mit der deutschen Parteikollegin – was aber freilich nicht ganz gelang. Nicht einmal zum offiziellen Wahlkampfauftakt Tajanis, der am Montagabend in Rom stattfand, war von der Leyen eingeladen gewesen.

Auch bei der Forza Italia gilt derzeit eben die Devise: Auftritte mit der Kommissionspräsidentin schaden im Wahlkampf. Licia Ronzulli, eine einflussreiche Playerin innerhalb der Forza Italia und einst enge Vertraute des 2023 verstorbenen Parteigründers Silvio Berlusconi, erklärte unumwunden, Ursula von der Leyen sei zurzeit ein "hinkendes Pferd". Insgesamt habe sich ihre Präsidentschaft als "schwach" erwiesen; sie habe eine Kommission angeführt, "die von ideologischen und extremistischen Impulsen getrieben wurde, die zu schwerwiegenden Maßnahmen für unsere Bürger und Unternehmen geführt haben".

Ronzulli ist nicht die Einzige innerhalb der Forza Italia, die so denkt: Viele Vertreter und Vertreterinnen der ehemaligen Berlusconi-Partei würden lieber Roberta Metsola als Präsidentin der Kommission sehen als von der Leyen.

Jugend prescht vor

Immerhin: Ein wenig Aufmunterung erfuhr die Deutsche durch eine Delegation der jungen Generation der Forza Italia. "Unser Parteichef Tajani hat großes Vertrauen in Sie – und wir auch", versicherten die Jungpolitiker ihrem hohen Gast. Sie seien sehr stolz auf sie, und sie sei eine "echte Inspiration für uns alle". Auch Tajani erklärte – reichlich spät – am Montagabend, dass mit von der Leyen "alles bestens" sei.

Die Präsidentin der EU-Kommission und Spitzenkandidatin der Europäischen Volkspartei (EVP) reist derzeit durch die EU-Mitgliedsstaaten, um die Unterstützung der nationalen EVP-Mitglieder zu gewinnen. Am Dienstag reiste sie weiter nach Dänemark; am Freitag steht das Dreiländereck Frankreich, Deutschland und Luxemburg auf dem Programm. (Dominik Straub, 14.5.2024)