Westernhagen in Köln: Nur ein paar Details trüben die Party | Express

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Westernhagen in KölnRock-Legende zurück in seinem Revier – nur ein paar Details trüben die Party

Marius Müller-Westernhagen in der Lanxess-Arena.

Marius Müller-Westernhagen griff bei seinem Konzert am Montagabend (13. Mai 2024) in der Lanxess-Arena auch immer wieder zur Gitarre.

Zum 75. Geburtstag präsentiert Marius Müller-Westernhagen noch einmal mit großer Band seine bekanntesten Hits. Die Kölner Lanxess-Arena war beim Auftritt restlos ausverkauft.

von Marcel Schwamborn (msw)

Mit 18 rannte er in Düsseldorf rum, war Sänger in 'ner Rock'n'Roll-Band. Seine Mutter nahm ihm das immer krumm. Er sollte was Seriöses werden. Doch glücklicherweise sang er weiter – nicht schön, sondern geil und laut.

Keine Frage, Marius Müller-Westernhagen (75), der in seiner 50-jährigen Karriere schon 17 Millionen Platten verkauft hat, gehört zu den deutschen Musik-Legenden. Ihn muss man mit Herbert Grönemeyer, Peter Maffay und Udo Lindenberg in einem Atemzug nennen. Ein paar Songfetzen reichen, dann singen alle mit: „Pippi ist kein Name und auch kein Getränk…“

Marius Müller-Westernhagen: 15.000 Fans feierten sein musikalisches Werk

Vor der Corona-Pandemie hatte der Mann mit der unverkennbaren Whiskey-Stimme, der so gerne musikalisch die Rolling Stones zitiert, mit Karohemd und Cowboy-Hut plötzlich seine Kult-Songs in ein Blues-Korsett gezwängt. Doch nach sechs Jahren Bühnen-Abstinenz geht es endlich wieder auf die großen Bühnen.

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Zum 75. Geburtstag präsentiert der gebürtige Düsseldorfer noch einmal sein Schaffen. Das Ganze geschieht ohne große Worte, nicht einmal eine Begrüßung sitzt drin. Am Montagabend (13. Mai 2024) feiern dennoch 15.000 Fans in der ausverkauften Kölner Lanxess-Arena noch einmal sein musikalisches Werk – von ganz frühen Titeln wie „Taximann“ bis hin zum neuen (und eher belanglosen) „Zeitgeist“.

Marius Müller-Westernhagen in der Lanxess-Arena.

Eine große LED-Wand sorgte beim Westernhagen-Konzert für die Hintergrund-Bilder.

Auffällig von der ersten Minute: Im eierschalenfarbenen Anzug röhrt Westernhagen seine zahlreichen Hits immer noch mit perfekter Stimme ins Mikro. Die zehnköpfige Begleitband ist voller erstklassiger Musiker. Ob die Gitarristen Brad Rice und Connor Kennedy, Schlagzeuger Aaron Comess, Heidi Joubert an den Percussions oder die Background-Crew um Ex-Weather-Girl Ingrid Arthur – alle haben ihre Glanzmomente.

Doch ein paar Dinge trüben die Zeitreise durch das Leben der Rock-Größe dann doch. Die Bestuhlung im Innenraum scheint selbst dem Sänger peinlich zu sein. Als nach „Fertig“ alle vor den Stühlen stehen, strahlt er. „Ihr steht alle, das ist Wahnsinn. Vor dem ersten Konzert ist der Tour-Veranstalter zu mir gekommen und hat gesagt, ich soll die Leute nicht auffordern, nach vorne zu kommen. Ich sag' kein Wort, aber freue mich trotzdem“, sagte er angesichts der selbst gewählten Freiheit im Innenraum.

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Auch die Anordnung der 21 Lieder wirkt ein ums andere Mal als Party-Bremse. Nach „In meiner Bude flipp‘ ich aus“ und „Es geht mir gut“ kocht die Stimmung erstmals richtig, doch mit dem wunderschönen „Die Wahrheit“ wird erstmals der Stecker gezogen. „Ich kann es euch nicht ersparen. Es kommt ein Song vom letzten Album“, sagt der Jubilar vorher fast entschuldigend, um nachher glücklich festzustellen: „Ein paar Leuten hat’s gefallen“.

Gleiches Spiel wiederholt sich. Nach „Mit 18“ kommt Ehefrau Lindiwe Suttle auf die Bühne, um im Duo „Luft, um zu atmen“ zu singen und ihrem Mann am Ende sogar den Schweiß abzutupfen. Die XXL-Version von „Sexy“ macht aus der Arena wieder ein Tollhaus, ehe das melancholische „Alles in den Wind“ folgt.

Marius Müller-Westernhagen in der Lanxess-Arena.

Im hellen Anzug begann Marius Müller-Westernhagen sein Konzert. Später wechselte er zweimal das Outfit.

Dass Westernhagen seit 50 Jahren Hits produziert und sich Sprache in all den Jahren verändert, wird auch beim Konzert deutlich. Da kostet eine Taxifahrt noch „Fünfmarkfünfundsechzig“ und auf dem Polizeirevier fragt ihn ein „Bulle“. Bei der Zeile „Ich hab' den größten Schwanz“ („Schweigen ist feige“) muss er selbst grinsen. Nur ein Wort ist inzwischen auch bei ihm tabu. In „Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“ singt er nun „Schwarze, die sind dunkel, im Dunkeln lässt sich's munkeln“ statt des N-Wortes.

„Ich habe euch vermisst“, ist eine der wenigen emotionalen Ansagen Richtung Publikum. Dabei ist das doch sein Revier. Als nach „Wieder hier“ das Konfetti rieselt und sich nach 75 Minuten Konzert der Rüschen-Vorhang erstmals wieder senkt, gehen tatsächlich schon einige nach Hause.

Sie verpassen noch sieben Zugaben, darunter einen schönen akustisch gespielten Block mit „Weil ich dich liebe“ und „Johnny Walker“. Nach 110 Minuten ist dann aber wirklich Schluss. Für viele eingefleischte Fans, die sich noch an frühere Mammut-Konzerte erinnern, arg früh.

Stefan Löcher, Marius Müller-Westernhagen, Klaus-Peter Matziol in der Arena.

Lanxess-Arena-Geschäftsführer Stefan Löcher (l.) überreichte Marius Müller-Westernhagen und Klaus-Peter Matziol vom Tour-Management den Sold-out-Award für die ausverkaufte Show in Köln.

Aber das Alter lässt sich auch bei Westernhagen nicht leugnen. Immerhin verabschiedet er sein Publikum mit einem Gänsehaut-Moment. „Den Song wollte ich eigentlich nicht mehr spielen“, sagt er. „Die Zeiten sind aber sehr beschissen. Es gibt keinen Dialog mehr, die Leute reden nicht mehr miteinander“, klagt er. Schon 1987 schrieb er dazu das passende musikalische Statement: „Freiheit“.

Die Rockballade mündet in einer Gospel-Version, ehe zur Fußball-Hymne „You'll Never Walk Alone“ wieder das Licht angeht. Lanxess-Arena-Chef Stefan Löcher war begeistert. „Unsere schöne Arena ist einmal mehr aus allen Nähten geplatzt. Dass Marius Müller-Westernhagen immer noch scheinbar mühelos die größten Eventlocations dieses Landes füllt, zeigt, wie zeitlos und einflussreich seine Musik war und nach wie vor ist.“