Praxisgründung und die Ärzte auf dem Weg in die Selbstständigkeit- experten Report

Praxisgründung oder Generationenwechsel? Ärzte auf dem Weg in die Selbstständigkeit

Lächelnde Ärztin sitzt gegenüber von Patientin

Photo credit: depositphotos.com

Für die Gründung oder Übernahme einer Arztpraxis muss ein Medizinstudiengang der Human-, Zahn- oder Tiermedizin mit den drei erforderlichen Staatsexamina erfolgreich bestanden sein sowie eine Approbation gemäß § 3 der Bundesärzteordnung (BÄO) nachgewiesen werden. Diese ist die staatliche Zulassung, um als Arzt in Deutschland praktizieren zu dürfen.

Andreas Krüger
Andreas Krüger, Key-Account-Manager Maklervertrieb, INTER Krankenversicherung AG © INTER Krankenversicherung AG

Wer als Arzt die Selbstständigkeit plant, muss entsprechende Zusatzqualifikationen nachweisen. Zum Beispiel eine mehrjährige Weiterbildung in der Allgemeinmedizin oder einer fachärztlichen Richtung. In der Zahnmedizin ist vorgeschrieben, eine gewisse Zeit als Assistenzarzt absolviert zu haben. Lediglich in der Tiermedizin reicht die Approbation nach dem Studium aus.

Privat- oder Kassenpatienten?

Sind alle Nachweise vorhanden, steht der Selbstständigkeit „fast“ nichts mehr im Weg und eine Arztpraxis kann theoretisch eröffnet werden. Theoretisch deshalb, weil zunächst nur Selbstzahlende und Privatpatienten behandelt werden dürfen. Sollen auch gesetzlich Krankenversicherte behandelt werden, ist eine Zulassung als Vertragsarzt erforderlich. Diese staatliche Regulierung soll verhindern, dass es in einigen Regionen zur Unterversorgung kommt. Die Vertragsarztzulassung regelt auch, ob in Vollzeit (20 Sprechstunden pro Woche) oder Teilzeit (zehn Sprechstunden) praktiziert werden soll. Teilzeitzulassungen können nur dann in Vollzeitzulassungen umgewandelt werden, wenn in der jeweiligen Region ein halber Arztsitz frei wird. Auch Sitze für Vertragsärzte sind reguliert, um eine ärztliche Versorgung flächen-deckend sicherzustellen. Die Vertragsarztzulassung muss beim Zulassungsausschuss der Kassenärztlichen Vereinigung und dem jeweiligen Landesverband der Krankenkassen beantragt werden.

Die Frage nach der geeigneten Praxisform

Einzelpraxis, Praxisgemeinschaft, Gemeinschaftspraxis oder MVZ: Die Entscheidung hängt nicht nur von den persönlichen Vorstellungen und Plänen ab, sondern auch davon, was in der Region möglich ist. Zu wissen ist, dass die Zahl der Ärzte je 100.000 Einwohner*innen in Deutschland je nach Region zwischen unter 100 und 400 variiert. In Großstädten und Ballungszentren ist die Versorgung meist besser. Neugründungen dürften somit im ländlichen Umfeld leichter sein. Doch welche Unterschiede gibt es bei den einzelnen Formen?

BAG: die Berufsausübungsgemeinschaft – die klassische Gemeinschaftspraxis
Mehrere Ärzte und Ärztinnen teilen sich die Praxisräume, das Personal und den Kundenstamm. Entsprechend werden Gewinne nach dem Gesellschaftervertrag aufgeteilt. Zusätzlich gibt es noch die ÜBAG, eine überörtliche BAG. Hier praktizieren die beteiligten Mediziner und Medizinerinnen in mehreren Praxen innerhalb einer KV-Region. Eine Praxis fungiert jedoch als Hauptsitz, alle weiteren als Nebensitze. Die Abrechnung und Gewinnverteilung entsprechen den Vorgaben einer BAG. Zudem gibt es die Teil-BAG oder TBAG als Sonderform der ÜBAG. Hier bezieht sich das Gemeinschaftsangebot verschiedener Praxen auf einen bestimmten Teil der Leistungen. Zum Beispiel individuelle Gesundheitsleistungen, die privat zu bezahlen sind.

Praxisgemeinschaft
Eine Praxisgemeinschaft könnte fast mit einer Wohngemeinschaft verglichen werden. Wie in einer WG jede Person ein eigenes Zimmer und im Kühlschrank ein eigenes Fach hat, wird auch in der Praxisgemeinschaft alles geteilt. Die Räume, Geräte oder auch das Personal arbeiten wirtschaftlich unabhängig voneinander und verfügen jeweils über einen eigenen Patientenstamm.

Das medizinische Versorgungszentrum (MVZ)
Medizinische Versorgungszentren, kurz MVZ, liegen im Trend. Ein MVZ besitzt im Gegensatz zur BAG für die Vertragsarztzulassung nur eine Zulassungsnummer der Kassenärztlichen Vereinigung. Unter der gemeinsamen Zulassung können mehrere Ärztinnen und Ärzte aus einer gleichen oder unterschiedlichen Fachrichtung praktizieren, entweder als Gesellschafter oder Angestellte.

Praxisformen im Überblick
© INTER Krankenversicherung AG

Frauen dominieren Praxisgründungen

Nach dem KfW-Gründungsmonitor lag der Frauenanteil bei Existenzgründungen über alle Branchen hinweg im Jahr 2022 bei 37 Prozent. Frauen in akademischen Heilberufen sind im Vergleich dazu wesentlich unternehmerischer: Der Anteil der Ärztinnen belief sich im selben Jahr auf 61 Prozent, bei Zahnärztinnen waren es 53 Prozent. Interessant sind in diesem Zusammenhang die Existenzgründungsanalysen der Deutschen Apotheker- und Ärztebank, die regelmäßig heilberufliche Existenzgründungen auswertet. Demnach steigt nicht nur die Anzahl der Ärztinnen und Zahnärztinnen unter den Studierenden und Angestellten, sondern inzwischen auch bei Existenzgründenden. Wobei Gründerinnen finanziell zurückhaltender agieren als ihre männlichen Kollegen. Sie entscheiden sich meist für kleinere Praxen und zahlen somit auch niedrigere Kaufpreise. Ärztinnen haben somit im Jahr 2022 durchschnittlich 88.000 Euro für die Übernahme einer hausärztlichen Einzelpraxis bezahlt, das sind 35 Prozent weniger als Männer. Bei von Frauen übernommenen zahnärztlichen Einzelpraxen lag der Durchschnittspreis bei 223.000 Euro und der Unterschied bei zwölf Prozent.

Das „Ja“ zur Selbstständigkeit braucht Sicherheit

Mit der Entscheidung für die Selbstständigkeit sind persönliche und unternehmerische Risiken zu analysieren und bestmöglich abzusichern. Dazu zählen die eigene Gesundheitsvorsorge und die Absicherung der Arbeitskraft bei längeren Ausfällen. Nicht zu vergessen die vielen Themen, die mit der Rolle als Unternehmender und Arbeitgebender in Verbindung stehen: Miete, Leasing oder Kauf des technischen Equipments, Kredite für Abstandszahlungen bei einer Praxisübernahme oder für die Neugründung, das Gefahrenpotenzial einer Cyberattacke und nicht zuletzt auch die Folgen, die Fehler des Praxisteams auslösen können.

Praxisausfall
Nicht zu vernachlässigen sind die Folgen einer Praxisschließung. Können keine Erträge erwirtschaftet werden, sind die finanziellen Risiken für Ärzte, Zahnärzte und Tierärzte enorm, um nicht zu sagen existenziell. Eine ausreichend angelegte Krankentagegeldversicherung dient in diesem Fall der eigenen Einkommensabsicherung, nicht aber der Absicherung fortlaufender Kosten. Variable und fixe Kosten der Praxis sind weiter zu bedienen und entsprechend abzusichern. Ärztinnen und Ärzten steht das Angebot der INTER bis zum Eintrittsalter 62 Jahre zur Verfügung.

Praxisinhalt und -unterbrechung
Die INTER Versicherungsgruppe hat für Ärzte und Heilberufe eine eigene Praxisinhaltsversicherung entwickelt. Der Grundschutz deckt den einfachen Diebstahl und Raub von Arzttaschen, den Verderb von Medikamenten bei Ausfall von Kühlgeräten und die Vernichtung von Krankenkassenrezepten ab. Betriebsunterbrechungsschäden durch Sachgefahren sollten sorgfältig abgesichert werden. Die INTER empfiehlt die Absicherung des vollen Rohertrages, wobei für Arztpraxen ein Wert von 80 Prozent des Jahresumsatzes als Faustformel gilt. Die Haftzeit legt die Leistungsdauer fest, üblich sind zwölf Monate. Im Premium-Schutz der INTER beträgt sie 24 Monate.

Elektronik
Eine eigenständige Elektronikversicherung lohnt sich für Arztpraxen, in denen hochpreisige Technik zum Einsatz kommt. Hierzu zählen neben radiologischen auch orthopädische oder zahnärztliche Praxen. Die Elektronikversicherung der INTER ist eine Allgefahrendeckung und bietet umfangreichen Versicherungsschutz für eine Vielzahl von Gefahren und Schäden. Hierzu zählen neben den klassischen Sachgefahren Feuer, Leitungswasser, Sturm und Einbruchdiebstahl auch Bedienungsfehler, Ungeschicklichkeit oder Fahrlässigkeit, Vorsatz Dritter, Sabotage, Vandalismus oder Böswilligkeit, Kurzschluss, Überstrom oder Überspannung, höhere Gewalt wie Hochwasser oder Überschwemmung. Wahlweise können entweder sämtliche elektronische Anlagen und Geräte über eine pauschale Elektronikversicherung oder nur einzelne benannte Geräte im Rahmen einer Elektronik-Einzelversicherung versichert werden.

Fazit

Jeder einzelne dieser Aspekte sowie das Gesamtpaket erfordert im Rahmen der Karriere- und Lebensplanung eines Arztes in der Kundenberatung ein weitreichendes Know-how. Insbesondere Versicherungsmaklerinnen und -makler können diese als Sachwalter ihrer Kundinnen und Kunden auf einem wirtschaftlich erfolgreichen Weg begleiten. Noch mehr Wissenswertes zu dieser Zielgruppe lesen Sie hier und weitere Informationen als E-Book können hier angefordert werden.

Bilder (2–3): © INTER Krankenversicherung AG