Zum 70. Todestag von Karl Valentin kämpft sein Nachlassverwalter für den Urheberschutz.
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Gunter Fette (76), Verwalter des urheberrechtlichen Nachlasses von Karl Valentin, von A bis Z

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Zum 70. Todestag des Münchner Humoristen kämpft sein Nachlassverwalter für den Urheberschutz.

Gunter Fettes Büro spiegelt die Bewunderung  für seinen Lieblings-Mandanten wieder. Hier zeigt er ein Foto von Valentin mit seiner Tochter Bertl Böheim.
1 / 3Gunter Fettes Büro spiegelt die Bewunderung  für seinen Lieblings-Mandanten wieder. Hier zeigt er ein Foto von Valentin mit seiner Tochter Bertl Böheim. © Daniela Borsutzky
Karl VALENTIN
2 / 3Karl Valentin © picture alliance / KEYSTONE / Ke
Karl VALENTIN, Portrait mit Hut
3 / 3Karl Valentin © picture alliance / KEYSTONE / Ke

Das „Klagelied einer Wirtshaussemmel“ auf dem Schreibtisch, Veranstaltungsplakate aus aller Welt an der Wand, eine Karl-Valentin-Marionette an der Decke, Bilder, darunter eines von Valentin mit Tochter Bertl Böheim (Foto), auf dem Fenstersims. Das Büro von Gunter Fette am Bavariaring spiegelt die Bewunderung des Rechtsanwalts für seinen Lieblings-Mandanten, er hat sogar drei Bücher über ihn geschrieben. 1970 übertrug ihm Bertl Böheim die Nachlassverwaltung ihres Vaters, seitdem kämpft Fette dafür, dass das Werk Valentins nicht willkürlich genutzt wird. Am Freitag, 9. Februar, ist der 70. Todestag des berühmten Humoristen aus der Au – damit verfällt der urheberrechtliche Schutz seiner Werke. Doch die Arbeit für den 76-Jährigen Rechtsanwalt ist noch längst nicht getan: Warum 25 Werke weiterhin urheberrechtlich geschützt sind, wieso das Internet für ihn ein rotes Tuch ist und welche Rolle Frauen im Leben Valentins gespielt haben, verrät der Rechtsanwalt aus der Ludwigsvorstadt hier – von A bis Z.  Daniela Borsutzky

Au: Als Kind war er ein ziemlicher Rabauke, bekannt als der „Schrecken von der Au“ oder auch der „rothaarige Deifi“. Gleichaltrige hat er anscheinend oft getratzt, er hatte wohl auch eine sadistische Ader.

Bertl Böheim: Valentins Lieblingstochter war ganz wunderbar, ich durfte sie noch kennenlernen. Wie sie geguckt hat, wenn sie mir gegenüber saß! Mich hat es richtig gerissen – ich dachte manchmal, da sitzt Valentin.

Clown: Das wäre eine falsche Bezeichnung. Valentin ist in seiner Vielfalt auch gar nicht mit einem Begriff zu beschreiben. Jemand hat ihn mal als „Medienhandwerker“ bezeichnet, das finde ich gut.

Drittes Reich: Er war sicher kein Widerstandskämpfer, dazu hatte er zu viel Angst. Aber er war mit Sicherheit auch kein Mitläufer. Alles, was die Nazis getrieben haben, war ihm höchst zuwider.

Erben: Nichts ist schlimmer, als wenn es mehrere Erben gibt, die untereinander zerstritten sind, wie bei Bert Brecht. Zum Glück verstehen sich die drei Urenkel Valentins bestens.

Frauen: Ein gespaltenes Verhältnis. Er hat Frauen sehr geliebt, Lobeshymnen geschrieben aber auch sehr bösartige Aussagen getroffen.

Gisela Royes: Er hat sie 1911 geheiratet, im selben Jahr als er sich in Liesl Karlstadt verguckt hat. Daraus folgte eine lange Liebe, seine Frau hätte er trotzdem nie verlassen. Er brauchte beide.

Handwerker: Er hat großen Wert darauf gelegt, alles selbst zu machen, so auch die Kulissen für seine Aufführungen. Nach dem Krieg hat er in seinem Haus in Planegg aus Not Küchengeräte gedrechselt und wollte sie verkaufen – vergeblich! Die Leute dachten, es wäre wieder ein Witz.

Internet: Als ich 1970 angefangen habe, wurde das Urheberrecht respektiert. Heute wird es vielfach missachtet – ein Ergebnis des Internets. Die Menschen sind der Meinung, sie bewegen sich in einem rechtsfreien Raum.

Ja so warn’s: „Die alten Rittersleut“ ist eines seiner populärsten Lieder. Es gibt dazu unzählige Nachdichtungen, die manchmal unter der Gürtellinie sind. So primitiv und ordinär wie manche dieser Verse sind, so war Valentin nicht.

Krieg: Er hat sehr darunter gelitten. Als München ausgebombt wurde, fand er in Planegg Zuflucht. Wirklich wohlgefühlt hat er sich dort aber nie.

Lisl Karlstadt: Einer wäre ohne den anderen nie das geworden, was sie zusammen waren. Bei 25 Werken gibt es einen fortbestehenden Urheberschutz, weil Liesl Karlstadt beteiligt war. Dabei handelt es sich um die bekanntesten Werke, wie zum Beispiel „Der Firmling“. Die Schutzfrist gilt dafür 70 Jahre nach dem Tod des Miturhebers – dauert also noch weitere zwölf Jahre an. In Wirklichkeit war ihr Einfluss natürlich noch größer.

Musäum: Früher war das Valentin Karlstadt Musäum im Isartor privat und von der Stadt gerade mal geduldet. Seit diesem Jahr ist es städtisch, das verdanken wir dem derzeitigen Kulturreferenten, der ein großer Befürworter Valentins ist.

Narrhalla: Ein Anstoß ewigen Ärgernisses. Von ihr werden mittlerweile Preisträger für den Karl-Valentin-Orden ausgeguckt, die den Saal füllen, aber mit Valentin rein gar nichts zu tun haben. Ich wollte mich in diese Verleihung mal einklinken, habe aber nicht mal eine Antwort bekommen.

Orchesterprobe: Sie ist eines meiner Lieblingsstücke, vor allem die Verfilmung. Die Fechtszene mit dem Geigenbogen ist großartig.

Planegg: Das war für ihn fast wie Ausland. Er hat mal gesagt, dass er nirgends hin möchte, wo man nicht mit der Tram hinfahren kann.

Querelen: Hat er ein Leben lang zuhauf gehabt. So wurde er mal eines Plagiats bezichtigt, das ging bis zum Reichsgericht. Dort wurde dieser Vorwurf natürlich verneint und im Urteil wurde minutiös beschrieben, wie eigenartig und einzigartig Valentins Humor ist.

Rechtsanwalt: Auch wenn ich ihn nicht leibhaftig erlebt hab, so ist er doch mein Lieblings-Mandant. Es vergeht kaum ein Tag, an dem ich nichts von ihm auf den Schreibtisch bekomme.

Sexshop: „Mögen hätt ich schon wollen, aber dürfen habe ich mich nicht getraut.“ Für einen Dildo wurde mit dem Spruch geworben. Das war zwar unzulässig, entbehrte aber nicht einer gewissen Komik – man konnte drüber schmunzeln.

Traurig macht mich, dass der BR oder auch Kirch Media für viel Geld Lizenzen erworben hatten, aber die Filme nur selten gezeigt haben. Jetzt hat der BR aber angefragt und will bald sechs Filme senden.

Unsäglich: Seit 40 Jahren wird er auf den großen Münchner Bühnen nicht gespielt, weil sich angeblich keiner ran traut. Eine Schande!

Versehen: 1948 hatte er einen Auftritt im „Bunten Würfel“ in München und wurde danach versehentlich im Theater eingeschlossen. Er musste dort übernachten, es war lausekalt und er hat sich, zusätzlich zu seiner ohnehin angeschlagenen Gesundheit, eine schwere Lungenentzündung zugezogen. An der ist er ein paar Tage später auch verstorben.

Winterzahnstocher: Der pelzbesetzte Zahnstocher ist ein Unikum, hat es sogar ins Museum of Modern Art in New York geschafft.

Xenophob: Fremdenfeindlich war er nicht – aber ungern in der Fremde.

HYpochonder: Ging es um eine Krankheit, wurde er sofort hellhörig, ob er die nicht auch haben könnte. Er meinte immer, irgendwie krank zu sein und hatte eine Liste mit 80 Ärzten.

Zitate gibt es von Valentin für alle Lebenssituationen – immer treffend.

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