Fares Chaibi: Das Schlitzohr
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Fares Chaibi: Das Schlitzohr

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Ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken: Fares Chaibi.
Ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken: Fares Chaibi. © IMAGO/HMB-Media

Fares Chaibi nimmt eine erstaunliche Entwicklung und ist ein Anker in der Eintracht-Offensive

Der spielentscheidende Mann auf dem künstlichen Grün zu Helsinki durfte ein paar Minuten früher Feierabend machen. Eintracht-Techniker Fares Chaibi verließ das Feld vorzeitig, gut 20 Minuten vor dem finalen Pfiff, als gefeierter Matchwinner, fast wie der kleine Held des Abends. „Er sollte sich ein paar Körner sparen“, begründete der Frankfurter Trainer Dino Toppmöller. „Die Auswechslung ging Richtung Sonntag.“ Nach dem mühsam errungenen und von Fares Chaibi wunderschön herausgeschossenen 1:0-Pflichtsieg in der Conference League in Finnland bei HJK Helsinki steht dann schon das nächste und für zwei Wochen erst einmal letzte Spiel an, nicht im Norden Europas, aber im Norden Deutschlands, bei Werder Bremen.

„Ein sensationelles Tor“

Dann wird Fares Chaibi gebraucht, dringend gebraucht, gar keine Frage, der Algerier ist eine prägende Figur im Eintracht-Spiel geworden, ein absoluter Leistungsträger und Anker in der Offensive. Nicht nur wegen seines Traumtors am Donnerstagabend in der Bolt-Arena in der finnischen Kapitale, ein Traumtor, das der Eintracht auch im neuen Jahr internationale Auftritte garantiert.

Gut, so einen Treffer erzielt selbst ein exzellenter Ballstreichler wie Chaibi nicht alle Tage, aufgezogen am linken Flügel, harter Schlenzer mit dem rechten Fuß in den Winkel. Besser und schöner geht es kaum, „ein sensationelles Tor“, wie Mario Götze findet. Der kennt sich ja in punkto Fußball-Ästhetik auch ganz gut aus.

In Toulouse, bei seinem Ex-Verein, sei er häufiger in solche Situationen gekommen, erzählte Chaibi. „Ich konnte öfter von der linken Seite nach innen gehen und abziehen.“ Gelernt ist gelernt. Klappt halt nur nicht immer so perfekt wie am Donnerstag – oder tags zuvor im Abschlusstraining, als er ein identisches Tor machte.

Die Entwicklung des algerischen Nationalspielers bei Eintracht Frankfurt ist fast schon atemberaubend. Als er kam, schien es so, als würde er noch sehr, sehr lange brauchen, um sich an die Spielweise in Deutschland anzupassen. Der Mittelfeldmann wirkte behäbig, kaum explosiv. Man fragte sich: Wie soll das in einer körperbetonten Liga wie der deutschen Premiumklasse denn nur gutgehen? Aber Chaibi lernte schnell, merkte rasch, auf was es ankommt und was von ihm gefordert wird. Er stellte sich um, nicht sein Spiel, aber seine Haltung zum Spiel, er läuft jetzt nicht mehr Kilometer, aber in einem anderen Tempo und mit einer anderen Power. „Die Intensität in Deutschland ist eine andere“, bemerkt er. „In Frankreich geht es mehr über Einzelleistungen, individuelle Klasse.“ Aber das Spiel als solches sei ja überall gleich: „Es gibt ein grünes Spielfeld, auf dem 22 Spieler stehen und versuchen, den Ball im Tor unterzubringen.“

Chaibi ist sich nicht zu schade, für das Team zu schuften, „er ist sehr robust“, sagt Toppmöller, „durchsetzungsfähig im eins gegen eins“. Fußballspielen kann er sowieso. „Es ist erstaunlich, wie schnell er sich integriert hat“, findet der Coach. Zumal der Bursche erst 20 Jahre jung ist, kaum Englisch und gar kein Deutsch spricht. Mitunter, berichtet der Trainer, unterhielten sich die Kollegen „mit Händen und Füßen“ mit Chaibi, den Torwart Kevin Trapp als „sehr witzigen Jungen“ bezeichnet. „Ein Schlitzohr.“ Die Sprache auf dem Platz ist ja ohnehin universell. „Die Mannschaft hat es mir extrem leicht gemacht“, sagt Chaibi. „Einer hilft dem anderen.“

Wie ein großer Bruder

Gerade zu Omar Marmoush hat der in Lyon geborene Offensivspieler auf Anhieb eine besondere Beziehung entwickelt. Beide sind binnen kürzester Zeit unzertrennlich geworden, wohnen sogar quasi Tür an Tür. „Man kommt neu wohin – und liegt mit jemandem sofort auf einer Wellenlänge“, sagt Chaibi über die spezielle Verbindung. „Omar ist wie ein großer Bruder für mich.“ Der in Helsinki ebenfalls früher vom Platz durfte, auch er wird in Bremen gebraucht. Die beiden Neuzugänge sind offensiv so etwas wie die Lebensversicherung der Eintracht.

Chaibi ist aus dem Team nicht mehr wegzudenken, er ist absoluter Stammspieler, hat in zwölf Spielen sieben Scorerpunkte gesammelt, zwei Tore erzielt, fünf vorbereitet. „Das bereitet mir Freude“, sagt er. „Die letzten Wochen sind gut gelaufen, aber für mich persönlich ist noch mehr drin.“ Klingt beinahe wie eine ungewollte Drohung – zumindest für die Gegner der Eintracht.

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