Alfred Adler: Die Einheit der Pers�nlichkeit
ArchivDeutsches �rzteblatt29-30/2012Alfred Adler: Die Einheit der Pers�nlichkeit

KULTUR

Alfred Adler: Die Einheit der Pers�nlichkeit

Goddemeier, Christof

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Zeichnung: Elke R. Steiner
Zeichnung: Elke R. Steiner

Vor 75 Jahren starb der Arzt und Begr�nder der Individualpsychologie.

Mit Sigmund Freud und Carl Gustav Jung gilt Alfred Adler als Pionier der Tiefenpsychologie. Wie Jung arbeitete Adler einige Jahre eng mit Freud zusammen. Bald entwickelte er jedoch eigene Ideen, die Freuds Annahmen widersprachen. 1870 wird Alfred Adler in Wien geboren. Adler studiert in Wien Medizin und heiratet Raissa Timofejewna, mit der er vier Kinder hat. Zun�chst arbeitet er als Augen- und Allgemeinarzt, sp�ter spezialisiert er sich in Neurologie und Psychiatrie. Freud begegnet er bei einem Vortrag im Wiener �rzteverein. Als man den Begr�nder der Psychoanalyse kritisiert, will Adler ihn verteidigt haben und fordert, sich ernsthaft mit Freud auseinanderzusetzen. Ab 1902 nimmt er an Freuds „Mittwochsgesellschaft“ teil.

1907 ver�ffentlicht er seine Theorie der Organminderwertigkeit und ihrer Kompensation. Noch sch�tzt Freud Adlers eigenst�ndiges Urteil. Doch ein Jahr sp�ter kommt es zu Differenzen �ber den „Aggressionstrieb“. 1911 gr�ndet Adler mit anderen den „Verein f�r Individualpsychologie“ – der Bruch mit Freud ist vollzogen. Dabei stellt der Begriff „Individualpsychologie“ das Individuum gerade nicht in Gegensatz zur Gemeinschaft, sondern betont im Unterschied zu Freud und seinen drei Instanzen die Einheit der Pers�nlichkeit. Eins ihrer Grundmotive ist Adler zufolge das Streben nach Sicherheit.

W�hrend Freuds Modell Triebe und ihre Energie in den Vordergrund stellt, die das Ich notfalls durch Verdr�ngung abwehren muss, geht Adler vom Mangel aus und identifiziert Minderwertigkeitsgef�hle, die nach Ausgleich streben. Bereits in seiner ersten Studie betont er den „Kompensationstrieb“. Sp�ter dient ihm die bereits vertraute Gedankenreihe „Minderwertigkeitsgef�hl – Kompensation – �berkompensation“ zur Analyse des neurotischen Charakters. Adler zufolge sind Charakterz�ge nicht vererbbar, sondern eine Sch�pfung des Individuums.

„Denn mit unserer Menschenkenntnis ist es nicht weit her. Wir leben in komplizierten kulturellen Verh�ltnissen, die eine richtige Schulung f�r das Leben sehr erschweren“, schreibt Adler in seinem bekanntesten Werk „Menschenkenntnis“. Es erreicht eine Millionenauflage. Deutlich weist Adler hier auf die „soziale Beschaffenheit des Seelenlebens“ und den „Zwang zur Gemeinschaft“ hin und nimmt damit die Grenzen der Gestaltungsm�glichkeiten des Einzelnen in den Blick. „Charakter“ ist die pers�nliche Antwort, die ein Individuum auf die Anforderungen seiner Umwelt gibt. Mit den Begriffen „Leitlinie“, „Weltbild“ und „Lebensstil“ bezeichnet Adler das Ergebnis dieser Wechselwirkungen.

Die wichtigste Frage des gesunden und kranken Seelenlebens lautet Adler zufolge nicht „woher“, sondern „wohin“. Damit erg�nzt er Kausalit�t um Finalit�t. 1934 �bersiedelt er nach New York und wird Gastprofessor am „Long Island College of Medicine“. Einige seiner anschaulich und lebendig geschriebenen B�cher basieren auf Vortr�gen – „Menschenkenntnis“ etwa w�re ohne die Hilfe eines mitstenografierenden Juristen wom�glich gar nicht entstanden. Am 28. Mai 1937 ist Alfred Adler auf einer Vortragsreise im schottischen Aberdeen gestorben.

Christof Goddemeier

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