Eine Mutter lebt mit ihrem 20j�hrigen Sohn in einem symbiotischen Verh�ltnis. Der Junge ist in seiner Entwicklung zur�ckgeblieben und ben�tigt die ganze F�rsorge seiner Mutter. Als er pl�tzlich unter Mordverdacht steht, ger�t das Leben beider v�llig aus den Fugen. „Die Mutter des M�rders“ zeigt Natalia W�rner in einer f�r sie ungew�hnlichen Rolle. Sie verk�rpert eine vereinsamte Frau, die in bescheidenen Verh�ltnissen lebt und deren Recherchen auf eigene Faust nach hinten losgehen. So �berzeugend W�rner, St�tzner, Groth und auch der junge Lucas Reiber sind, so sehr gibt Prahl eine Karikatur einer sogenannten „Tief-Status-Figur“. Als affektstarker Spannungsfilm d�rfte Rolas Krimidrama dennoch gut funktionieren.
Foto: ZDF / Nik KonietznySie brauchen sich gegenseitig: Maria (Natalia W�rner) und Matis (Lucas Reiber)
Maria und ihr 20-j�hriger Sohn Matis leben in einem symbiotischen Verh�ltnis. Grund daf�r: Der junge Mann ist in seiner Entwicklung zur�ckgeblieben und ben�tigt die ganze F�rsorge seiner Mutter. In der Zeit, in der er in einer Behindertenwerkstatt arbeitet, jobbt sie im Supermarkt. Es ist kein leichtes Leben; Matis’ Vater hat schon vor vielen Jahren das Weite gesucht. Aber Maria hadert nicht mit ihrem Schicksal. Auch als es ein weiteres Mal �ber sie hereinbricht: die 17-j�hrige Nachbarin Lea ist direkt nebenan im Garten erschlagen worden. Der Verdacht f�llt sofort auf Matis, auch einige Indizien sprechen gegen ihn. Kommissar Simon l�sst ihn abf�hren wie einen Schwerverbrecher. Maria ist au�er sich: der Junge war noch keinen Tag ohne sie, er ist abh�ngig von der peniblen Einhaltung bestimmter Abl�ufe und Rituale. Wenigstens findet Matis in dem Psychiater Dr. Benjamin bald einen F�rsprecher, der ihn gegen allzu heftige Attacken des Kommissars verteidigt. Maria hofft immer noch, dass die Polizei einen anderen T�ter ermittelt. Gleichzeitig bezweifelt sie, dass der Kommissar auch die anderen Spuren verfolgt: Leas Ex-Freund und dessen Vater, Leas Schwimmlehrer, einschl�gig vorbestraft, der ein Verh�ltnis mit dem M�dchen gehabt haben soll. Doch dann – zu aller Verwunderung – gesteht der Junge die Tat. „Ich war das. Ich wei�, was tot ist.“
Foto: ZDF / Nik KonietznyWie alle hat auch Matis (Reiber) ein Auge auf Lea (Jeanne Goursaud) geworfen.
In „Die Mutter des M�rders“ pr�sentiert sich Natalia W�rner („Unter anderen Umst�nden“) in einer f�r sie ungew�hnlichen Rolle. Sie spielt eine vereinsamte Mutter, die in bescheidenen Verh�ltnissen lebt. „Eine Tief-Status-Figur“, wie die Schauspielerin sagt, „eine Frau, die ihre Kraft aus einer gut versteckten, kleinen Schatztruhe bezieht“. Diese Frau ist limitiert in ihren M�glichkeiten; au�erdem fordert ihr das Schicksal ja schon alles ab. Noch weiter �ber sich hinauswachsen, das geht nicht bei dieser Maria – und so verschlimmern ihre Recherchen auf eigene Faust die Situation eher noch: Der Kommissar wird immer unleidiger und bald scheint sie auch das Gl�ck der Schwimmlehrerfamilie auf dem Gewissen zu haben. Selbstredend ist es die Perspektive der Mutter, die den emotionalen Haushalt des Films bestimmt. Sie ist die Aktive, sie fordert Mitgef�hl. Auch wenn W�rner eine typische Schauspielerin f�r „Hoch-Status-Figuren“ und Power-Frauen ist, nimmt man ihr diese Rolle von der ersten Minute an ab. Kost�m und Maske tragen nicht unwesentlich dazu bei. Au�erdem spricht auch das Milieu, das sich nachdr�cklich gut in der Ausstattung spiegelt, eine deutliche Sprache: da ist das muffige, verbachl�ssigte Haus mit dem verwilderten Garten, f�r das weder Zeit noch Geld vorhanden ist; da ist der Supermarktalltag, grau bis grauenhaft, und da ist der Fahrer, der den Jungen t�glich chauffiert, noch mehr als W�rners Maria eine „Tief-Status-Figur“.�����
Foto: ZDF / Georges PaulySozial weit unten. Untypische Rolle f�r Natalia W�rner – aber kein Problem f�r sie.
W�hrend Sylvester Groth seinen Psychiater von der menschlichen Gestalt und Ernst St�tzner seinen vermeintlichen Kommissar Knallhart – zwei zentrale Funktionsrollen, die die Befindlichkeiten der Hauptfiguren stark beeinflussen – auf den Punkt genau spielen, ist Axel Prahl als der kleine Mann im Behindertenbus der darstellerische Schwachpunkt des Films. Der Schauspieler & „Tatort“-Star, fr�her gern zwischen Fiesling und Proletarier-Nimbus besetzt, spielt mal mit verschlagenem Blick, mal mit unterw�rfigem Gehampel, mal Schmidtchen-Schleicher-like – immer aber zu laut und viel zu �u�erlich. Dabei ist dieser David Bacher wichtig f�r die „Entwicklung“ des jungen Mannes – und somit f�r den Handlungsverlauf: von ihm wird Matis pornografisch sozialisiert („sch�ne Frauen kann man auch kaufen“) und auf Lea noch einmal besonders hingewiesen („ein hei�er Feger... die kann man bestimmt auch kaufen“) und durch ihn, den leidenschaftlichen Liebhaber von Blondinen-Witzen, verliert der Junge quasi seine „Unschuld“, indem er seiner Mutter f�r ein Sex-Heftchen 20 € klaut.
Foto: ZDF / Georges PaulyHat sich der Schwimmlehrer der Toten (Rainer Strecker) sein Alibi erkauft?
Nichtsdestotrotz d�rfte „Die Mutter des M�rders“ als ein Spannungsfilm, der �ber die Emotionen der aufopferungsvoll und verzweifelt k�mpfenden Mutter zu Anteilnahme und Mitgef�hl beim Zuschauer einl�dt, durchaus funktionieren. Die Fallh�he ist gro�, die Geschichte ist sehr linear erz�hlt und die letzte halbe Stunde sorgt f�r ein spannungs- und wendungsreiches Wechselbad der Gef�hle. Drehbuchautor Christian Schnalke („Krupp – Eine deutsche Familie“) mochte es schon immer geradlinig, effektiv und gern auch mal knallig. Und der Gehalt? „Der Film scheut sich nicht vor existentiellen Grundfragen nach Recht, Gerechtigkeit und S�hne“, so W�rner im ZDF-Interview. Au�erdem will die Schauspielerin „Schuld, Scham und Versagen“ als auch „Liebe und Hoffnung“ als Themen und Motive von Carlo Rolas passend zum Milieu schlicht und unauff�llig inszenierten Film ausgemacht haben. Nun ja, Denkanst��e wird der affektstarke Film wohl eher keine geben. Allenfalls in der Schlussszene darf sich der Zuschauer seinen Teil denken. (Text-Stand: 11.8.2015)
Foto: ZDF / Nik KonietznyMal verschmitzt, mal verschlagen – aber stets zu �u�erlich: Axel Prahl als Fahrer. Mit diesem Spiel ist er ein Fremdk�rper in der sonst stimmigen Drama-Tonlage des Films.
Rainer Tittelbach arbeitet als TV-Kritiker & Medienjournalist. Er war 25 Jahre Grimme-Juror, ist FSF-Pr�fer und betreibt seit 2009 tittelbach.tv. Mehr
Sie k�nnen den fernsehfilm-beobachter unterst�tzen: Werden Sie Fan & Freund oder spenden Sie oder kaufen Sie bei amazon, indem Sie von hier, vom amazon-Button oder von jedem beliebigen DVD-Cover dorthin gelangen.