Europas Grüner Deal im Dämmerschlaf?

Europas Grüner Deal im Dämmerschlaf?

Der europäische Grüne Deal ist ein Paket politischer Initiativen, mit dem die EU auf den Weg gebracht werden soll, einen grünen Wandel zu vollziehen, um ihr Ziel zu erreichen, bis 2050 klimaneutral zu werden.

Holprige Umsetzung des Grünen Deals

Die effektive Umsetzung erweist sich in verschiedenen Wirtschaftssektoren als schwierig.

In der Tschechischen Republik kommen die größten Bedenken aus der Industrie. Die tschechische Regierung will die Treibhausgasemissionen bis 2030 um 30 % reduzieren. Einige große Stahlwerke arbeiten nach eigenen Angaben bereits daran. Andere aber tun sich schwer.

"Die Grüne-Deal-Politik wirkt sich negativ auf unser Geschäft aus, vor allem auf unsere Wettbewerbsfähigkeit, denn außerhalb der EU gibt es solche Vorschriften nicht. Es ist eine Frage der Politik. Es geht darum, ob und wie die tschechischen und europäischen Behörden wollen, dass die Industrie überhaupt existiert - oder nicht", sagt Jaroslav Seifrt, Geschäftsführer eines KMU, das jährlich 50.000 Tonnen böhmisches Glas herstellt.

Mangelnde Vorbereitung des grünen Wandels

Die sozialen Kosten, die mit dem Grünen Deal verbunden sind, scheinen ein Land zu belasten, das einen stetigen Niedergang seines industriellen Gefüges erlebt hat.

Die Arbeitnehmer befürchten, dass sie einen hohen Preis für die schlechte Vorbereitung auf den grünen Wandel zahlen werden: "Als Ideal ist der Grüne Deal in Ordnung. Wäre Europa ein eigener Planet im Sonnensystem, wären wir sicher dafür", sagt Peter Zegzulka, Gewerkschaftsführer im Stahlsektor. "Aber leider ist Europa für etwa acht Prozent der weltweiten Emissionen pro Jahr verantwortlich. Wenn also die Emissionen in Europa um 50 Prozent reduziert würden, wo würden die restlichen 96 Prozent reduziert werden?"

Die tschechischen Arbeitnehmer wünschen sich eine Grüne-Deal-Politik, die Produktion und Beschäftigung erhält. Nichtregierungsorganisationen fragen sich, wie eine sozial gerechte Umsetzung gewährleistet werden kann.

Irland fürchtet um seinen Agrarsektor

In Irland konzentriert sich die Debatte auf die Landwirtschaft. Die Regierung hat den Sektor aufgefordert, seine Treibhausgasemissionen bis 2030 um 25 Prozent zu reduzieren. Die Landwirte befürchten, dass dieses Ziel nur erreicht werden kann, wenn ihre Herden geschlachtet werden.

"Die Landwirtschaft wird als leichtes Ziel angesehen, ich vermute, es ist viel einfacher, Kühe loszuwerden als Autos oder die Industrie", klagt Gearoid, Besitzer eines der rund 135.000 über das Land verstreuten Bauernhöfe.

Torfstechen: Ende einer Tradition?

Ähnliche Befürchtungen gibt es in Bezug auf eine andere traditionelle irische landwirtschaftliche Tätigkeit, das Torfstechen. In Irland ist es nach wie vor Tausenden Menschen, die in der Nähe von Mooren leben, erlaubt, auf ihrem Land Torf zu stechen, um damit ihre Häuser zu heizen. Unter dem Druck des Grünen Deals und der Umweltrichtlinien könnte diese Toleranz nun ein Ende haben. Der Europäische Gerichtshof hat Irland bereits verurteilt, weil es seine Moorökosysteme nicht ausreichend schützt. Die lokalen Nutzer fürchten das Ende ihrer Tradition.

Die irischen Umweltverbände haben Verständnis für die Befürchtungen des Agrarsektors. Aber sie argumentieren, dass eine Abkehr vom Grünen Deal keine wirkliche Option sei - die Anstrengungen müssten nur gerecht verteilt werden. "Wann war die beste Zeit, einen Baum zu pflanzen? Vor 20 Jahren. Wann ist die zweitbeste Zeit? Jetzt", sagte Oisín Coghland, Vorsitzender von Friends of the Earth Ireland.

"Je früher wir mit dem Wandel beginnen, je früher wir uns darauf konzentrieren, desto besser wird es uns allen gehen."

Das Ziel, bis 2050 der erste klimaneutrale Kontinent zu werden, ist zu einer brennenden politischen und gesellschaftlichen Debatte in der gesamten Europäischen Union geworden.

Auch nach den Europawahlen hat der Grüne Deal noch einen langen Weg vor sich.