Wie Sanierungsmanager Dirk Lorscheider das BRK Starnberg wieder auf Kurs bringen will
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Wie Sanierungsmanager Dirk Lorscheider das BRK Starnberg wieder auf Kurs bringen will

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Führungspersonal beim BRK: Sanierungsmanager Dirk Lorscheider (r.) ist neuer kommissarischer Geschäftsführer und damit der Nachfolger von Jan Lang (l.), der nun Chef des sogenannten Leitungsstabs ist. In der Mitte: Kreisvorsitzender Michael Kuffer.
Führungspersonal beim BRK: Sanierungsmanager Dirk Lorscheider (r.) ist neuer kommissarischer Geschäftsführer und damit der Nachfolger von Jan Lang (l.), der nun Chef des sogenannten Leitungsstabs ist. In der Mitte: Kreisvorsitzender Michael Kuffer. © Andrea Jaksch

Das BRK Starnberg steckt in der finanziellen Krise. Sanierungsmanager Dirk Lorscheider spricht im Interview über Personalgewinnung, mögliche Mängel in der Hauptverwaltung und seinen eigenen Antrieb.

Landkreis – „Befristet unbefristet“: So beschreibt BRK-Kreisvorsitzender Michael Kuffer das Angestelltenverhältnis von Dirk Lorscheider. Der 53-jährige Sanierungsmanager und kommissarische Geschäftsführer soll so lange beim finanziell wie personell kriselnden Kreisverband bleiben, bis jener wieder auf Kurs ist. Geboren in Saarbrücken, hat Lorscheider in Düsseldorf und 18 Jahre lang in München gearbeitet. Das BRK hat ihn von der HC&S AG akquiriert, einen auf Restrukturierungsmaßnahmen im Bereich Kliniken und Altenpflege spezialisierten Dienstleister aus Freiburg. Zuletzt war er als Geschäftsführer der in Ulm ansässigen Schöner-Leben-Gruppe tätig, die bundesweit mehr als 90 Senioren- und Pflegeeinrichtungen betreibt.

Allein 2023 ist beim BRK-Kreisverband ein Loch in Höhe eines einstelligen Millionenbetrags entstanden, zudem fehlen rund 100 Mitarbeiter. Im Merkur-Interview erklärt Lorscheider, worauf es beim Sanieren ankommt und deutet – teils indirekt – an, wo die Mängel liegen. Vorsitzender Michael Kuffer schaltet sich zweimal ein, um Vorgänge aus der Vergangenheit zu erklären.

Herr Lorscheider, was packen Sie zuerst an?

In den ersten beiden Wochen habe ich sehr viel Wert darauf gelegt, die Menschen kennenzulernen. Ich möchte verstehen, wie es vor Ort läuft und Ängste, Sorgen und Nöte abbauen, indem ich zuhöre.

Wo sehen Sie Handlungsbedarf beim BRK?

Es gibt vor allem drei wichtige Themen – die Erlöse, das Personal und die Kosten in der Hauptverwaltung. Die Erlöse lassen sich mit der Pflegesatzerhöhung, die wir jetzt angegangen sind, um wahrscheinlich 14 Prozent im Durchschnitt verbessern. Bei den Personalressourcen ist die Frage: Sind die Mitarbeiter entsprechend ihrer Qualifikation richtig eingesetzt? Wie ist das Auswahlmanagement? Gibt es irgendwo zu viel Personal, das nicht refinanziert wird?

Besteht diese Gefahr überhaupt in der Altenpflege?

Sie können einen Menschen natürlich nie genug pflegen. Zu viel Personal kann ich für den Bewohner nie einsetzen, aber ich muss mich an meinen Personalschlüssel halten. Im Mehrgenerationencampus Gauting etwa sind einzelne Tätigkeiten wie Putzen, Kochen und das Betreuen der Bewohner nicht so klar voneinander abgegrenzt. Es gibt dort Präsenzkräfte, die ganz Verschiedenes machen. Das gilt es zu analysieren, auch dahingehend, ob die Refinanzierung durch die Krankenkassen gegeben ist. In hauswirtschaftlichen Dingen wie in der Küche kann man schon zu viel Personal einsetzen.

Die wegen Personalmangels nicht annähernd ausgelasteten Seniorenheime Gilching, Gauting und Garatshausen haben die Finanzkrise verursacht. Liegt Ihr Fokus ganz klar darauf?

Ja, ein großer Fokus ist auf dem vollstationären und ambulanten Bereich. Aber auch in Kindergärten werden bekanntermaßen Mitarbeiter gesucht. Und es gilt, für ein gutes Betriebsklima und dafür zu sorgen, dass die bestehenden Mitarbeiter bleiben. Der Onboardingprozess ist ein großes Thema bei uns.

Erklären Sie das bitte.

Man spricht auch von der Mitarbeiter-Journey (wörtlich Mitarbeiter-Reise, Anm. d. Red.) Sie reicht von der Bewerbung über den Arbeitsvertrag, die Einarbeitung, das Probezeitgespräch und die Mitarbeiterweiterentwicklung bis zur Rente. Der Mitarbeiter muss am ersten Tag wissen: Wo werde ich eingesetzt? Wie heißen meine Kollegen? Wer ist mein Mentor? Und wir müssen in der Bewerbungsphase schneller werden. Das Thema wird auch mit dem Personalrat besprochen, der beim BRK jede Neuanstellung genehmigen muss.

Einzelne Bewerber sollen keine Antwort vom BRK erhalten haben, wie uns berichtet wurde.

Es gibt ein digitales System, in dem die Bewerbungen einlaufen. Es funktioniert vereinfacht gesagt mit Schiebereglern. Es gilt daran zu arbeiten, dass die Regler schneller und möglichst nicht falsch gestellt werden.

Ist das Personalmanagement beim BRK-Kreisverband fehlerbehaftet?

In manchen Bereichen ist es ganz bestimmt verbesserungswürdig. Das System mit rund 1000 festen und 1000 ehrenamtlichen Mitarbeitern ist aber auch fehleranfällig. In vielen Bereichen kommt es auf den Einzelnen an. Wir können in verschiedenen Bereichen noch besser werden.

Bei der Personalgewinnung muss alles schneller und organisierter werden?

Genau. Und dazu gehört übrigens auch das Austrittsmanagement – Ehemalige zu fragen: Warum hast du uns verlassen? Warum haben wir nicht frühzeitig erkannt, dass du gehen wolltest? Wie hätten wir eingreifen können?

Wie sieht es eigentlich beim Nachwuchs aus?

Wir haben in den drei Heimen aktuell nur vier Auszubildende, das ist definitiv zu wenig. Deshalb gehen wir gerade eine Ausbildungsoffensive an. Neben Ausschreibungen investieren wir in einen freigestellten Praxisanleiter, der die Azubis in den Heimen und im ambulanten Dienst unterstützt. Außerdem ist ein besserer Auftritt auf einer Landing-Page und in Sozialen Medien für Interessenten wichtig. Sie müssen gleich erfahren, dass sie bei uns etwa die 3000 Euro Inflationsausgleichsprämie, aber auch einen Freizeitausgleich bekommen. In der Außenwirkung müssen wir vielleicht auch mal ein bisschen provokant sein, damit man uns wahrnimmt.

Wie wollen Sie die Belegungsquoten der Heime – derzeit zwischen 60 und 70 Prozent – erhöhen?

In den Pflegesatzverhandlungen mit den Kassen wird von einem Belegungsanteil von durchschnittlich 96,5 Prozent ausgegangen. Das ist die Grundlage, wenn es um die Verhandlung der Fixkosten geht. Dazu kommt: Die Miete, die wir in manchen Einrichtungen zahlen müssen, ist natürlich nicht abhängig von der Belegung. Im Rahmen eines neuen Personalbemessungsverfahrens werden wir unsere Fachkräfte so einsetzen, dass diese ihre Vorbehaltsaufgaben auch durchführen können, auch wird die Anzahl an Hilfskräften steigen. Das soll zu mehr Zufriedenheit und am Ende auch zu einer besseren Belegung führen.

Zur Hauptverwaltung: An den Merkur wurde herangetragen, dass Gehälter teils zu spät oder falsch ausbezahlt wurden – und dass es Unstimmigkeiten im Controlling gibt.

Wir müssen uns diesen Bereich und die Strukturen dort genau anschauen. Genügen und eignen sich die Mitarbeiter, um die Gehaltsabrechnungen zeitgerecht abdecken zu können? Ist die Finanzbuchhaltung so aufgestellt, dass die Zahlen immer auf dem Laufenden sind? Ich habe noch keine Meinung dazu, aber das ist ein ganz wichtiger Teil meiner Analyse. Die Mitarbeiter in der Zentrale sind Dienstleister für die Geschäftsbereiche. Deshalb muss ich auch von allen wissen, wie zufrieden sie mit der Zuarbeit der Zentrale sind.    Kuffer: Wir hatten in den letzten vier Jahren Pech bei der Position des Verwaltungsleiters. Nachdem der langjährige Leiter uns verlassen hatte, konnten wir die Stelle nicht mehr konstant besetzen. Zwischenzeitlich musste Jan Lang die Stelle mit übernehmen, er hatte auch wegen Krankheitsfällen zeitweise mehrere Bereichsleitungen interimsmäßig inne. Wir als Kreisvorstand haben im Oktober 2023 mit Rainer Bertram einen stellvertretenden Kreisgeschäftsführer und einen Verwaltungsleiter bestellt. Er ist jetzt dabei, einiges in Ordnung zu bringen.

Denken Sie auch über eine Entschlackung der Strukturen nach?

Kuffer: Wir sind bereits sehr schlank und ohne Reserve. Das ist nicht gut. Der neue Bereichsleiter Senioren, Pflege und Ambulante Dienste, Christoph Büchele, ist auch Einrichtungsleiter des Mehrgenerationencampus in Gauting. Auf Dauer ist das zu viel für einen. Deshalb wollen wir ihn langfristig wieder von der Aufgabe in Gauting entlasten.

Wie läuft die Zusammenarbeit mit Ex-Kreisgeschäftsführer Jan Lang, jetzt Chef des Leitungsstabs?

Lorscheider: Er ist als Berater da, wenn ich zum Beispiel etwas aus der Vergangenheit wissen will. Er hilft mir, Dinge zu verstehen. Er hat jetzt andere Aufgaben, die nicht mehr im Operativen liegen.

Was reizt Sie eigentlich an solchen Aufräumerjobs?

Sie erleben immer neue Charaktere und können in kürzester Zeit etwas bewegen. Ich würde Umsetzer- statt Aufräumerjob sagen. In den meisten Häusern ist das Problem bekannt, es fehlt aber an der Umsetzung. Ich bin jemand, der keine großen Präsentationen macht oder jemanden mit Auswertungen beschäftigt. Ich sage den Mitarbeitern: Ich bin nicht der Berater, sondern ich helfe euch dabei das umzusetzen, was ihr schon immer umsetzen wolltet.

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