Deutschen Alstom-Zugfabriken droht die Schließung: 10.000 Beschäftigte betroffen
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Deutschen Alstom-Zugfabriken droht die Schließung: Knapp 10.000 Beschäftigte betroffen

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Alstom hat Ärger mit der IG Metall und dem Betriebsrat. Zwei ostdeutsche Standorte des französischen Zugherstellers stehen nun vor dem Aus.

Frankfurt/Main - Am 9. Juni 2023 haben der Zughersteller Alstom und die IG Metall einen Zukunftstarifvertrag geschlossen, der unter anderem mit „Weichen für mehr Wettbewerbsfähigkeit in Deutschland gestellt“ betitelt war. Dieser sollte die Arbeitsplätze und Standorte in Deutschland für die nächsten drei Jahre vorerst sichern. Nach Angaben von Alstom arbeiten hierzulande insgesamt 9.600 Beschäftigte an 13 Standorten.

Deutsche Zugfabriken von Schließung bedroht: Das Vertrauen der Belegschaft in Alstom ist weg

Ein Kernpunkt der Vereinbarung sind finanzielle Zugeständnisse der Belegschaft, die sich auf einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag pro Jahr belaufen. Dabei handelt es sich ausschließlich um tarifliche Sonderzahlungen und freiwillige Leistungen des Arbeitgebers, das Monatsgehalt bleibt unangetastet. Bei Erreichen erfolgsabhängiger Kennzahlen werden die Sonderzahlungen im Folgejahr jedoch zurückgezahlt. Im Gegenzug verpflichtete sich Alstom, jährlich zwei Prozent des Umsatzes in Deutschland in die deutschen Standorte zu investieren, um deren Wettbewerbsfähigkeit zu steigern.

Der Sitz des französischen Zug- und Bahntechnikhersteller Alstom in Görlitz.
Dem Alstom-Werk in Görlitz droht die Schließung (Archivfoto) © Andre Lenthe Fotografie/imago

Doch fast ein Jahr später ist von der Euphorie nichts mehr übrig. Am 21. März dieses Jahres gab die IG Metall bekannt, dass sich in einer Urabstimmung 88,1 Prozent der Gewerkschaftsmitglieder in den betroffenen Werken für eine Kündigung des Tarifvertrags ausgesprochen haben. Ein Grund dafür ist, dass die Mitglieder in den Belegschaften das Vertrauen in das Unternehmen verloren haben.

Deutsche Zugfabriken von Schließung bedroht: Alstom soll Umsetzung des Zukunftstarifvertrags verschleppen

IG Metall und Gesamtbetriebsrat werfen dem Management von Alstom vor, die Umsetzung des Zukunftstarifvertrages bewusst zu verschleppen. Alle Einigungsversuche seien bislang unbefriedigend verlaufen. Sollte die Geschäftsführung nicht einlenken und die Umsetzung aller vereinbarten Maßnahmen jetzt konsequent angehen, sei die Kündigung des Tarifvertrages der nächste Schritt. Nach Angaben der IG Metall Oranienburg und Potsdam wurde der Zukunftstarifvertrag in der vergangenen Woche schließlich gekündigt.

Laut IG Metall und Betriebsrat werden zudem die im Zukunftsvertrag festgehaltenen Beschäftigungszahlen für die Standorte nicht eingehalten. So sollen in Görlitz 64, in Bautzen 42 und in Siegen 26 Beschäftigte weniger arbeiten als vereinbart.

Deutsche Zugfabriken von Schließung bedroht: Investitionszusagen sollen nicht eingehalten worden sein

Dem Zughersteller wird auch vorgeworfen, Investitionszusagen nicht einzuhalten. So sei der Investitionsbedarf in Henningsdorf von elf auf rund 3,5 Millionen Euro reduziert worden, wovon laut IG Metall bisher nur 600.000 Euro freigegeben wurden. Das Vorgehen von Alstom soll es unmöglich machen, die Produktionsziele zu erreichen, damit die eingesparten Sonderzahlungen nachgezahlt werden.

Alstom wehrt sich gegen die Vorwürfe. „Für eine Kündigung fehlt aus Unternehmenssicht die Grundlage“, teilt Alstom auf Anfrage des Tagesspiegel mit. Im Rahmen eines weltweiten Programms zur Personalanpassung würden in Deutschland rund 290 Stellen in Verwaltung und Vertrieb abgebaut. Dies betreffe explizit nicht die Tarifarbeitsplätze, die vom Zukunftstarifvertrag geschützt seien. Der Konzern will die Kündigung rechtlich prüfen.

Deutsche Zugfabriken von Schließung bedroht: Standorte Görlitz und Henningsdorf betroffen

Das Misstrauen der Belegschaft in Alstom muss beträchtlich sein. Sie haben mehrheitlich für das Ende Zukunftstarifvertrags gestimmt, obwohl Werksschließungen drohen. „Ohne Zukunftstarifvertrag hat Görlitz keine Perspektive“, sagte René Straube, Betriebsratschef im Werk Görlitz und Gesamtbetriebsratsvorsitzender, dem Tagesspiegel über den Standort in Ostsachsen mit knapp 700 Beschäftigten. Auch der Standort Hennigsdorf bei Berlin ist gefährdet.

Wie es weitergeht, könnte sich laut Tagesspiegel am 8. Mai klären. Dann werden Aussagen von Alstom zu den deutschen Standorten erwartet.

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