"Ich weiß genau, was Sie denken. Und Sie haben recht." Wenn Thomas S. Magnum in die Kamera grinst und im Hintergrund dieser Satz kommt, dann wird es wieder brenzlig. Genauso brenzlig wie mein Weg zu dieser Geschichte, weil mich die Kollegin P. das erst gar nicht schreiben lassen wollte. Ich sei "ein total unobjektives Fan-Girl". Und was soll ich sagen: Sie hat recht.

Gehen wir also total kritisch der Tatsache auf den Grund, warum Magnum eine der besten 1980er-Jahre-Serien ist. Es wäre so einfach, nur auf die Oberfläche zu blicken, weil davon gibt es recht viel. Hawaii als Kulisse ist schon schön zum Anschauen. Hauptdarsteller Tom Selleck darf sich heute noch zu seinen schönen Beinen in unverschämt kurzen Hosen rechtfertigen. Der rote Ferrari 308 GTS (ich geb's ja zu, ich musste das googeln) lässt – vor allem – Männerherzen nach wie vor höher schlagen. Doch das allein macht den unkaputtbaren Charme dieser Serie nicht aus.

So kennen wir Thomas S. Magnum: Schnauzer, Hawaiihemd, roter Ferrari.
imago images/ZUMA Press

Magnum PI – "PI" steht für Private Investigator, also Privatdetektiv – ging 1980 in den USA auf Sendung. Selleck schlug dafür die Rolle als "Indiana Jones" aus – was daraus wohl geworden wäre, wenn er statt Harrison Ford die Peitsche geschwungen hätte, wir werden es nie wissen. Für Selleck, den sportlichen, großgewachsenen, zu dieser Zeit Mitte 30-jährigen Sunnyboy, wurde Magnum jedenfalls zum Durchbruch – sein Aussehen zur Ikone, deren Wiedererkennungswert bis heute in der Popkultur verankert ist: Schnauzbart, quietschbunte Hawaiihemden und die schon erwähnten megakurzen kurzen Hosen. Wobei man da schon erwähnen muss, dass die Herrenmode der 1970er- und 1980er-Jahre Männern durchaus mehr Beinfreiheit zugestanden hat – siehe so gut wie jede Sportveranstaltung von Wimbledon bis Fußball-Weltmeisterschaft.

Willkommen im Paradies

Worum geht's? Magnum, Ex-Marine-Offizier, Vietnam-Veteran und jetzt Privatdetektiv, wohnt auf dem paradiesischen Anwesen von Robin Masters, einem gefeierten Autor – Masters wird im englischen Original übrigens von Orson Welles gesprochen, zu Gesicht bekommt man Masters aber über alle 162 Episoden nie. Weil solche Anwesen von den Reichen und Schönen vor allem als Urlaubs- und Partydomizil genutzt werden, lebt da eigentlich nur ein Hausverwalter, der nicht weniger ist als Lord Jonathan Higgins: Die Hass-Liebe zwischen Higgins und Magnum wird zum Running Gag der Serie. Higgy-Baby – wie Higgins liebevoll immer wieder mal genannt wird – findet alles an seinem widerwillig aufgenommen Hausgast furchtbar: immer pleite, ein Frauenheld, und dann auch noch die kurzen Hosen. Geht alles gar nicht. Mit großer Freude hetzt der snobistische Brite mit bis zur Brust hochgezogenen Kakihosen die zwei Höllenhunde Zeus und Apollo auf Magnum. Unnötig zu sagen, dass auch John Hillerman mit seiner Rolle als Higgins Weltruhm und Kultstatus erreichte.

Die Plots der meist in sich abgeschlossenen Folgen sind so einfach, wie Privatdetektiv-Geschichten halt sind: Irgendwer sucht irgendwen – die Tochter, einen Mörder, den Geliebten der Ehefrau. Magnum investigiert, meist so halb illegal, prügelt sich durch die Gegend, trinkt ein Bier im King Kamehameha Club mit Freund Rick, fliegt mit Freund TC im Helikopter – Rick und TC waren schon gemeinsam mit Magnum im Vietnamkrieg eingesetzt –, und am Ende schmust er entweder eine Frau ab oder irgendwer ist tot. Daily Business auf Hawaii.

Vier sind eine Party, v. li. n. re.: John Hillerman (Higgy-Baby), Tom Selleck (Magnum), Larry Manetti (Rick), Roger E. Mosley (TC).
imago images/Everett Collection

Und dennoch funktioniert diese Serie auch heute noch einwandfrei als Unterhaltungsprogramm. Der Schmäh rennt – mal ganz abgesehen von dem einen oder anderen rassistischen oder frauenfeindlichen oder anderweitig ungehörigen Unterton, aber da ist Magnum auch ganz ein Kind seiner Zeit. Die unzähligen Streitereien und Boshaftigkeiten, die Magnum und Higgins austauschen, strotzen vor schelmischem Charme beider Schauspieler. Selbstironie ist dieser Serie auch nicht fremd, so ist zum Beispiel Magnums Vorliebe für Badehosen und Feinrippunterleiberln selbstverständlich ein Dorn in Higgins' Auge.

Hauptdarsteller: Kriegstrauma

Bei allem Spaß und der schönen Kulisse liefert Magnum aber auch durchaus ernstere Themen. Magnum, der Vietnam-Veteran, kämpft mit etwas, das in den 80ern noch kaum jemand posttraumatische Belastungsstörung nannte, auch seine Kumpel TC und Rick beschäftigt das im Krieg gemeinsam Erlebte auf die eine oder andere Art. Higgins als Koreakrieg-Veteran kommt Magnum nicht zuletzt über ihrer beider Kriegsvergangenheit zumindest ein wenig näher.

Die Hosenmode ist für heutige Verhältnisse gewöhnungsbedürftig. Die Tschick auch. (Im Bild: Tom Selleck als Magnum und John Hillerman als Higgins.)
imago/ZUMA Press

Damit brachte der Produzent, Donald P. Bellisario, den Krieg und seine Folgen in die Wohnzimmer der US-Amerikaner. Bellisario war selbst Marine-Soldat und zeichnet nach Magnum für Seriengrößen wie Jag – Im Auftrag der Ehre oder Navy CIS verantwortlich. Besonders kritisch geht die Serie wenig verwunderlich mit dem Vietnam-Engagement in Magnum nicht um – Kriegsverherrlichung ist vielleicht ein zu großes Wort, aber sehr weit davon weg sind wir auch nicht.

Bier auf Hawaii

Im Großen und Ganzen ist Magnum halt ein Bubentraum: den ganzen Tag mit den Jungs abhängen, ein bisschen einen aufregenden Job machen, Damen abschleppen und Leute verdreschen, und das alles als gefeierte Kriegshelden. Also alles das, was man zumindest in den 80ern wahrscheinlich noch als sehr männliches Männerverhalten verstanden hat. Dabei gehen die Beziehungen zwischen den vier Männern in der Serie durchaus über das gemeinsame Biertrinken hinaus. Was dabei natürlich auffällt: Es gibt kaum wichtige Frauenfiguren. Klar, es steigt alle paar Minuten eine Frau im Bikini durch das Bild, wiederkehrende weibliche Charaktere gibt es aber nur wenige: Michelle, Magnums Ex-Freundin, etwa oder die Staatsanwältin Carol. Dafür haben zukünftige Stars wie Sharon Stone oder damalige Stars wie Frank Sinatra Auftritte in der Serie.

Magnum, P.I. - Opening Theme
Die Magnum-Titelmelodie - eine Klasse für sich.
Madman Films

Dann ist da noch die Musik. Die prägnante Titelmelodie kam zwar erst nach etwa zehn Folgen zum Einsatz, doch schon nach den ersten paar Tönen weiß man auch heute noch, was läuft.

Klar erwarten wir heute von Serien mindestens ein bisschen Schockpotenzial oder eine ausgeklügelte, mit Plottwists gespickte Erzählung und ausgefeilte Action-Sequenzen oder wenigstens ein bisschen Computer-Voodoo für aufregende Special Effects. Das kriegt man freilich nicht. Für ein Produkt der 1980er hat sich Magnum dennoch erstaunlich gut gehalten, mit dem notwendigen verklärten Blick auf die Vergangenheit verbringt man vergnügliche Stunden auf Hawaii.

Und falls Sie sich jetzt noch fragen, was zur Neuauflage von Magnum aus dem Jahr 2018 zu sagen ist. Es ist ganz einfach: Nein. (Daniela Rom, 11.5.2024)