Sister Midnight: Wes Anderson trifft Charlie Chaplin - der bisher beste Cannes-Film 2024
Der bisher beste Film in Cannes 2024 lief abseits des Wettbewerbs und trägt den Titel "Sister Midnight". Erfahrt mehr in unserer Filmkritik!
In der Parallelsektion "Director's Fortnight" wurde in Cannes 2024 der Film "Sister Midnight" vom indischen Regisseur Karan Kandhari und mit Schauspielerin Radhika Apte sowie Ashok Pathak. Wenngleich für den westlichen Markt ein eher kleiner Film, hat "Sister Midnight" es gehörig in sich.
Es handelt sich bei dem Film um eine skurrile Komödie, die von einem frisch gebackenen Ehepaar handelt, das sich vor der Ehe nicht kannte und sich auch in der Ehe fremd ist. Protagonistin Uma beginnt in diesem "Gefängnis der Ehe" schließlich, sich selbst als Person zu finden und zu verwirklichen.
Dieser Selbstfindungstrip wird alsbald immer abgedrehter, als Uma, um sich gut zu fühlen, anfängt, Tiere zu töten und ihr Blut zu trinken. Was wie Horrorunfug klingt, ist als groteske Metapher der Rolle der Frau in Indien zu verstehen, die sich zurücknehmen muss und nur selten die Chance darauf hat, ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen.
Für alle anderen, die sich jedoch nicht mit dem satirischen Aspekt des Films befassen wollen, ist "Sister Midnight" auch einfach eine herrlich bizarre Komödie.
Humorvoll, spannend und sozialkritisch - so muss Kino sein!
Die sozialkritische Botschaft des Films habe ich soeben hervorgehoben und diese wird durch die humorvollen wie spannenden Elemente des Films so vermittelt, dass der Film nie belehrend wirkt, sondern immer zum Lachen und Zurücklehnen einlädt.
Es gibt viele kreative Einfälle in der Erzählung und von der vampiresquen Art der Geschichte bis hin zu einer an Wes Anderson ("Asteroid City") erinnernden Bildästhetik wird der Film alsbald zu einem ganz einzigartigen Stück Filmkunst, das nur schwer zu beschreiben ist.
Die visuelle Gestaltung durch die kräftigen Farben und die symmetrischen Bilder ist in der Bildsprache jedoch deutlich weniger freundlich als bei Wes Anderson, sondern durch deutlich stärkere Kontraste und den Einsatz von Komplementärfarben fast schon gemäldeartig.
Hauptdarstellerin Radhika Apte ist darüber hinaus fast schon Charlie-Chaplin-esque in ihrer Körpersprache und Mimik. Sie verleiht dem Film Herz, Klasse und Charme! Mit kleinen Nuancen in ihrem Schauspiel holt Apte aus jeder Szene das Maximum heraus.
Immer an der Grenze zum Slapstick, aber nie unglaubwürdig, hat ihre Rolle sogar Kultpotenzial wenn "Sister Midnight" nicht dieser kleine Independent Film wäre, dem wahrscheinlich nicht allzu viel Aufmerksamkeit zuteil werden wird. Umso wichtiger, dass ich nun über den Streifen schreibe!
Wenn euer Interesse an Radhika Apte geweckt ist, solltet ihr euch auf Netflix den Film "Andahdhun" von Regisseur Sriram Raghavan anschauen. Der Psycho-Thriller mit integrierter Liebesgeschichte und Musical-Elementen ist einer der besten Filme der letzten Dekade.
Wenn eine Wes-Anderson-Ästhetik auf Charlie-Chaplin-esques Schauspiel und schwarzen Humor trifft
"Sister Midnight" ist ein wunderbar feministisches Meisterwerk und ein Geheimtipp der 77. Filmfestspiele von Cannes. Abgedreht, skurril und urkomisch kann der Film mit symmetrischen Bildern und Slapstick-Humor auftrumpfen. Hauptdarstellerin Radhika Apte balanciert dabei komödiantisches Talent mit nuancierter Tiefgründigkeit aus, wie es wohl nur wenige Schauspieler und Schauspielerinnen können!
Altersfreigabe | ab Jahren |
Laufzeit | 110 Minuten |
Release | 19. Mai 2024 |
Post-Credit-Szene | ✘ |
Besetzung
- Ashok Pathak-
- Chhaya Kadam-
- Radhika ApteUma
- Smita Tambe-
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