Erst gibt es einen Filmklassiker - und danach Sachertorte
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Kulturtipp

Erst gibt es einen Filmklassiker - und danach Sachertorte

Nossentin / Lesedauer: 2 min

Diesmal wollen die Macher der Nossentiner Kinokirche einen besonderen Autor ehren. Es geht um Erich Kästner und die legendäre Verfilmung seines Kinderbuches "Das doppelte Lottchen".
Veröffentlicht:14.05.2024, 17:28

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Der Auftakt zur Kinokirchensaison gelang. Nun geht es gleich weiter: Am Donnerstag, dem 16. Mai, 20 Uhr, kommt der Klassiker „Das doppelte Lottchen“ in die Kinokirche Nossentin. Zu Ehren des 125. Geburtstages von Erich Kästner. 1948 hatte er seinen Roman geschrieben, in dem sich zwei zehnjährige Mädchen, die freche Luise aus Wien und die höfliche und bescheidene Lotte aus München, in einem Ferienheim treffen. Zuerst können sie sich nicht leiden, weil sie sich so ähnlich sehen. Dann aber stellen sie Nachforschungen an und finden heraus, dass sie Zwillinge sind und durch die Scheidung der Eltern auseinandergerissen wurden. Lotte lebt bei ihrer Mutter in München und Luise beim Vater in Wien. Sie beschließen, ihre Rollen zu tauschen …

Kästner selbst schrieb einst das Drehbuch

Die Geschichte von Luise und Lotte, den Zwillingen, wurde inzwischen schon oft erzählt, an die 20-mal verfilmt, aber nie wieder so schön wie in Erich Kästners Buch und in dem Film von 1950, bei dem er selbst auch das Drehbuch schrieb und zudem als Erzähler mitspielt. Generationen von Kindern erinnern sich gern an diesen Film, der ein Kassenschlager und mit vielen Preisen bedacht wurde. Damals spielten Isa und Jutta Günther zwölfjährig ihren Part. Es war übrigens ihre größte Rolle. Nach ein paar belanglosen Heimatfilmen beschlossen die Günthers, ihre Filmkarriere zu beenden und sich ins Privatleben zurückzuziehen. Sie leben mit ihren Familien in München und Köln. Am 20. Mai werden sie ihren 86. Geburtstag feiern.

Und sie war das Vorbild

Kästners Lebensgefährtin Luiselotte Enderle war übrigens das Vorbild für die Mutter Luiselotte der beiden Zwillinge Luise und Lotte. Eine eigenständige berufstätige Frau, die so ganz das Rollenklischee der Frauen in der damaligen Bundesrepublik sprengte und bei manchem im Publikum für Irritationen sorgte.

Besondere Filme für eine besondere Kirche

Es ist inzwischen ein Markenzeichen der Kinokirche Nossentin, nur ausgewählte und preisgekrönte Filme zu zeigen, die zudem Filmgeschichte schrieben. Deshalb hätte das doppelte Lottchen von 1994 auch keine Chance in Nossentin gehabt. Im Benehmen deutlich amerikanisiert, hießen die Zwillinge in der Version von Regisseur Joseph Vilsmaier denn auch nicht mehr Lotte und Luise, sondern Charlie und Louise, gespielt von den Zwillingen Floriane und Fritzi Eichhorn. So kommt alles modern daher, bekannt aus Fernseh-Familienserien ergo auch ziemlich austauschbar. Vieles von der in Kästners Roman bemerkenswerten hintergründigen Tiefe, seines Humors, seiner Herzenswärme und Ironie sei bei dieser Verfilmung auf der Strecke geblieben, schrieb die Kritik. Deshalb halten sich die Nossentiner lieber ans Original. Eine Abwandlung des Originals aber trauen sich die Organisatoren der Kinokirche doch zu. Im Nachhinein fehlt die deutsche Nudelsuppe, die das Luiserl versucht, im Film zu kochen, und auch den Wiener Palatschinken gibt’s nicht. Es bleibt aber wienerisch und deshalb wird zu Wein, Wasser und Gesprächen Sachertorte serviert.