Heftiger geomagnetischer Sturm bricht Rekorde | heise online

Heftiger geomagnetischer Sturm bricht Rekorde

Der seit Freitag Abend wütende Magnetsturm ist der stärkste seit Jahrzehnten. Und er ist noch nicht vorbei.

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Aktuelle Aufnahme der Sonnenoberfläche

(Bild: NOAA)

Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Urs Mansmann

Am Freitagabend begann der stärkste Magnetsturm seit Jahrzehnten. Er erreichte auf der fünfteiligen Skala der fürs Weltraumwetter zuständigen US-Behörde NOAA bereits in mehreren Drei-Stunden-Intervallen die höchste Stufe "Extrem". Die Skala beschreibt Schwankungen des Magnetfelds der Erde. Der zusammengefasste Tageswert A für die magnetische Unruhe erreichte 280 von theoretisch möglichen 400, das ist der höchste Wert seit 13. November 1960 und der zweithöchste jemals gemessene Wert. Geomagnetische Stürme erreichen nur sehr selten Stärke 5, zuletzt vor rund 20 Jahren.

Bei Magnetstürmen verformen von der Sonne kommende Plasmawolken die Linien des Erdmagnetfelds, was dazu führt, dass sich die Aurorazone, in der Nordlichter sichtbar sind, nach Süden verschiebt. Beim derzeitigen Magnetsturm waren Nordlichter bis in die Karibik zu sehen, das geschah zuletzt in den Jahren 1921 und 1859. Sehr schwere Stürme können im Extremfall dazu führen, dass Satelliten den Schutz des irdischen Magnetfelds verlieren und verstärkt hochenergetischer Strahlung ausgesetzt sind. Glücklicherweise waren die jüngsten Ausbrüche bislang nicht mit einem größeren Strahlungssturm verbunden, der diesen Effekt noch verstärkt hätte. Dennoch gab es bereits Berichte über Probleme mit Satellitensystemen.

Der gegenwärtige Magnetsturm wütete nicht nur besonders heftig, sondern auch ungewöhnlich lang.

Bei heftigen Magnetstürmen kann es in den Stromnetzen zu Ausfällen kommen. Schwankungen im Magnetfeld der Erde können in Überlandnetze mit langen Leitungslängen oder Pipelinesysteme sehr hohe Ströme induzieren, die die Systeme beschädigen können. Das geschah zuletzt bei einem Magnetsturm 2003 in Schweden und Südafrika, 1989 traf es die Umgebung von Montreal in Kanada. Die Genauigkeit von Satellitennavigationssystemen kann vorübergehend eingeschränkt sein, weil die sehr stark angeregte Ionosphäre Satellitensignale erheblich stärker als sonst beugt und bedämpft. Der Kurzwellenverkehr ist sehr stark gestört, was heutzutage aber nur noch sehr wenige Anwendungen trifft, etwa den HF-Flugfunk für Transatlantikflüge oder den Funkverkehr von Botschaften.

Der gegenwärtige Magnetsturm ist vorübergehend etwas abgeflaut, aber noch lange nicht zu Ende. Er wird voraussichtlich bald wieder an Stärke gewinnen, sobald neue Schockfronten von der Sonne eintreffen, und könnte dann ein weiteres Mal die höchste Kategorie erreichen. Die Fleckengruppe, die den derzeitigen Sturm verursacht hat, ist weiterhin sehr aktiv und könnte jederzeit weitere schwere Ausbrüche verursachen, die dann rund 24 Stunden zur Erde unterwegs wären. Ruhiger wird es wohl erst, wenn die Fleckengruppe in einigen Tagen mit der Rotation der Sonne hinter dem Rand verschwindet, denn dann können ihre Ausbrüche die Erde nicht mehr treffen.

(uma)