Alexandra Saabel in der Roncalli-Manege. Foto: Mile Verkic/Roncalli

Köln Es dauert gerade einmal eine gute halbe Stunde, bis sich die Artistin im bequemen sommerlichen Outfit in ihrem Garderobenwagen auf dem Neumarkt in eine Illusionistin im coolen Stil eines Steampunks verwandelt hat. “Das ist meine Routine, das mache ich jeden Tag”, sagt Alexandra Saabel, die derzeit beim Heimspiel von Roncalli im Zirkuszelt auf dem Neumarkt ihr Publikum verzaubert.

Geboren wurde die deutsch-italienische Artistin in Palermo, wo ihre Familie bereits vier Generationen Zirkustradition aufzuweisen hat. “Mein Onkel war am Trapez, meine Cousine macht Hand-zu-Hand-Akrobatik. Ich bin die erste Zauberin in unserer Familie. Mein Ex-Freund war Illusionist und ich habe als seine Assistentin gearbeitet. Ich habe diese magische Welt wirklich geliebt und nach dem Ende der Beziehung habe ich mich entschlossen, selbst Illusionistin zu werden”, berichtet Saabel.

Alexandra Saabel vor ihrem Garderobewagen auf dem Neumarkt. Foto: Eppinger

Dabei war der Weg dorthin gar nicht so einfach. “Ein Zaubererinternat wie Hogwarts gibt es in der Realität leider nicht und kein Kollege verrät seines Tricks. So musste ich mir alles selbst erarbeiten und die Tricks selbst entwickeln. Mit Videos habe ich immer wieder versucht, alles zu optimieren, und ich bin beim Lernen noch längst nicht fertig. Daher verändert sich meine Show auch immer wieder.”

In der meist von Männern dominierten Zauberwelt will Saabel ihren ganz eigenen Weg finden: “Bei den meisten Illusionisten ist die Show oft laut, rockig und sexy. Mir geht es darum, in sieben Minuten mit viel Poesie eine Geschichte zu erzählen, die auch Kinder und Familien begeistert. Ich nehme meine Zuschauer so mit in die Welt von Alice im Wunderland.”

Ihr zur Seite steht Freund Ilja, der in der Manege die Rolle des Assistenten übernimmt. “Er macht auch sonst alles für mich und meine Show. Wenn ich eine Idee für einen Trick habe, ist er es, der diesen dann praktisch umsetzt und alles dafür zusammenbaut. Mit anderen Zaubererkollegen gibt es eher selten einen Austausch, aber ich habe von diesen schon Komplimente für meine Arbeit bekommen. Das zeigt, dass ich auf dem richtigen Weg bin.”

Alexandra Saabel vor ihrer Verwandlung in einer Zauberin im Steampunklook. Foto: Eppinger

Ursprünglich stand sie mit ihren Schwestern als Kontorsionistin als fünfte Generation der Zirkusfamilie in der Manege und war so auch schon einmal mit Roncalli auf Tour. “Aktuell wurde ich vom Zirkus bei einem Festival in Spanien entdeckt. Ich bin ein großer Roncalli-Fan. Kein anderer Zirkus schafft es, im Zelt so eine großartige Stimmung zu schaffen. Ich war als Artistin in ganz Europa unterwegs, aber so etwas gibt es nur hier bei Roncalli. Für mich hat sich da gerade ein großer Traum erfüllt.”

Ihre ausgefallenen Kostüme entwirft und schneidert Alexandra Saabel alle selbst. “Ich arbeite neben dem Engagement bei Roncalli seit Langem als Kostümdesignerin und Schneiderin. Auch diesen Beruf habe ich nicht klassisch gelernt, sondern mir erarbeitet. Das liegt bei uns ebenfalls in der Familie, schon meine Großmutter hat ihr Hochzeitskleid selbst entworfen und genäht.”

Illusionistin und Kostümdesignerin

Kostüme schafft Saabel nicht nur für sich selbst, sondern vor allem für andere Artisten in der Zirkuswelt. “Gerade habe ich einen Auftrag, bei dem ich eine komplette Zirkusshow in Italien mit Kostümen ausstatte. Ich bin als Kostümdesignerin und Schneiderin schon für die nächsten Jahre ausgebucht. Mir ist es immer wichtig, den Artisten und seine Nummer vorab zu sehen, um zu wissen, wie später das Kostüm aussehen soll. Es muss ja auch immer zum jeweiligen Charakter passen. Dafür reise ich auch mal extra zu den Kollegen. Meistens entsteht die Idee dann im Kopf und das setze ich dann direkt und ohne Schablonen an der Nähmaschine um. Jedes Kostüm ist bei mir einzigartig.”

Auch ihr Alltag in Köln wird von der Doppelaufgabe bestimmt. “In der Regel stehe ich früh auf und arbeitete vor der ersten Vorstellung an den Kostümen, für die ich die verschiedensten Materialien verwende. Mein Lieblingsstoffladen findet sich in Köln in der Nähe des Neumarkts. Zwischen den Auftritten gehe ich auch mal gerne shoppen, wir sind hier in Köln mit dem Zirkus sehr zentral in der Innenstadt. Da hat man schnell etwas erledigt”, sagt Saabel, die für ihre eigenen Auftritte in der Manege immer zwischen mehreren, selbst designten Kostümen wählen kann.

Service: Roncalli „ARTistART“ noch bis zum 26. Mai auf dem Kölner Neumarkt. Vorstellungen: Mi-Sa 15 und 19.30, So 11 und 15 Uhr. Spielfrei sind der Mo+Di, außer dem Mo, 20. Mai, 11 und 15 Uhr. Am Sa, 18. Mai, an dem Roncalli seinen 48. Geburtstag feiern kann, gibt es wegen der großen Nachfrage um 10.30 Uhr eine Zusatzvorstellung. Karten: zwischen 15 und 83 Euro (Vollpreis, ermäßigt 13,50 bis 74,70 Euro).

www.roncalli.de