Pfingsten – das unbekannte Fest | Evangelische Zeitung

Pfingsten – das unbekannte Fest

Pfingsten ist das drittwichtigste christliche Fest nach Ostern und Weihnachten. Und doch scheinen viele Menschen nicht genau zu wissen, was damit gefeiert wird. Schon Ende 2012 fragte das Emnid-Institut im Auftrag des evangelischen Monatsmagazins „chrismon“ in einer repräsentativen Umfrage nach der Bedeutung von Feiertagen. 92 Prozent der Befragten gaben an, die Bedeutung von Weihnachten und 86 Prozent die Bedeutung von Ostern zu kennen. Dass Pfingsten das Fest des Heiligen Geistes ist, gaben allerdings nur etwas mehr als die Hälfte der Befragten an zu wissen.

Laut dem Religionssoziologen Detlef Pollack ist Pfingsten zwar theologisch von hoher Bedeutung, etwa für die theologische Lehre von der Kirche, aber wenig anschaulich. „Weihnachten und Ostern sind mit der Lebensgeschichte Jesu verbunden. Was da geschehen ist, lässt sich eindrücklich erzählen, in Bildern symbolisieren und sinnlich verständlich machen.“ Ganz anders sei es bei dem rein geistlichen Geschehen zu Pfingsten, „das vielleicht die Herzen ergreift, aber ein Ereignis ist, das kaum gegenständlich fassbar ist“, sagt der Seniorprofessor am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Universität Münster.

Julia Gerth vom Religionspädagogischen Institut der Evangelischen Kirche Kurhessen-Waldeck und Hessen-Nassau (Fritzlar) hat sich in ihrer Promotion mit dem Heiligen Geist und Pfingsten beschäftigt. Sie sieht in dem fehlenden Wissen über das Pfingstfest auch ein Bildungsproblem: So sei in den Curricula des evangelischen Religionsunterrichts in verschiedenen Bundesländern Pfingsten meistens kein eigenes, festgeschriebenes Thema. Es werde als Unterthema behandelt, wenn Schüler etwas über das Kirchenjahr oder die Entstehung des Christentums lernen.

Auch in Schulbüchern werde es oft ausgeklammert, sagt Gerth: „Es kann sein, dass Kinder und Jugendliche bis zur zehnten Klasse den Religionsunterricht besuchen, ohne etwas von Pfingsten gehört zu haben – einfach, weil die Lehrerin oder der Lehrer andere Schwerpunkte gesetzt hat.“ Weihnachten oder Ostern könnten dagegen nicht so leicht unter den Tisch fallen. „Religion zu unterrichten, ohne die Auferstehung Jesu und damit Ostern zu behandeln, ist schwierig.“

Friedrich Schweitzer, Seniorprofessor für Praktische Theologie an der Universität Tübingen, ist an einer noch nicht veröffentlichten Untersuchung beteiligt, in der Viertklässler im evangelischen Religionsunterricht in fünf Bundesländern befragt wurden. Hier zeigt sich ebenfalls, dass Pfingsten wenig bekannt ist: Jeweils mehr als zwei Drittel der Befragten konnten die christlichen Feste Weihnachten, Himmelfahrt und Erntedank erläutern – Pfingsten war hingegen nur sieben Prozent der Befragten ein Begriff. Am Ende des vierten Schuljahres nimmt das Wissen zum Christentum laut der Untersuchung zu, aber immer noch nur knapp ein Drittel der Befragten wisse um die inhaltliche Bedeutung des Pfingstfestes.

Für säkulare Menschen sei die gängige Erklärung wenig hilfreich, dass Pfingsten „der Geburtstag der Kirche“ ist, sagt Schweitzer. „Leute, die Kirche nicht wichtig finden, haben wenig Lust, ihren Geburtstag zu feiern.“ Stattdessen könne man erklären, dass Menschen an Pfingsten durch Gottes Geist Lebensfreude und Lebenskraft finden. „In einer Zeit, in der viele an Burn-out leiden, könnte dies eine attraktive und lebensrelevante Erklärung für das Pfingstfest sein.“

Gerth rät, das Pfingstfest im Unterricht beispielsweise so zu erklären, dass die Christinnen und Christen damals „Feuer und Flamme“ für ihren Glauben waren und diesen öffentlich bekundeten. Dass sie dafür Mut bekamen, hätten diese auf das Pfingsterlebnis zurückgeführt. Anschließend könnten die jungen Menschen gefragt werden, wofür sie brennen und was ihnen so wichtig sei, dass sie dafür auf die Straße gehen würden.

Wie Pfingsten verständlich erklärt werden kann, zeigt auch die „Leichte Sprache“, die Texte barrierefrei formulieren möchte. So heißt es zum Beispiel auf der Internetseite des Bistums Essen: „Jesus sendet seinen Freunden einen Helfer. Den Heiligen Geist. Den Heiligen Geist kann man nicht sehen, aber er ist da. Der Heilige Geist wirkt in uns, wenn wir ihn darum bitten.“

In einem dazugehörigen Video zeigt Joachim Derichs, Seelsorger im Essener Franz Sales Haus für Menschen mit Behinderung einen Luftballon und sagt: „Das Gas in dem Luftballon kann man nicht sehen und auch den Heiligen Geist hat noch niemand gesehen. Aber viele Menschen sagen, er ist da, er ist in mir, er wirkt in mir.“