Darum will Volker Schlöndorff Vivaldis Leben verfilmen
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Filmkunstfest MV

Darum will Volker Schlöndorff Vivaldi auf die Leinwand bringen

Schwerin / Lesedauer: 4 min

Drei Tage verbrachte der Ehrenpreisträger des 33. Filmkunstfestes MV, Volker Schlöndorff, in Schwerin.  Ein Gespräch über die Herausforderungen des Filmgeschäfts und neue Pläne.
Veröffentlicht:06.05.2024, 07:00

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Der diesjährige Ehrenpreisträger Volker Schlöndorff hatte sich viel Zeit für seinen Besuch der Landeshauptstadt genommen, besuchte an drei Tagen – vom 3. bis zum 5. Mai - das 33. Filmkunstfest MV. Wir sprachen mit dem weltberühmten Filmemacher und Oscar-Preisträger über seinen Welterfolg, die Herausforderungen des Filmgeschäfts und seine neuen Film-Pläne in Italien.

Herr Schlöndorff, Sie haben mit „Die Blechtrommel“ einen der berühmtesten Nachkriegsromane verfilmt. Es wurde ein Meisterwerk des deutschen Films, mit dem Sie 1980 den Oscar für den besten fremdsprachigen Film entgegennehmen konnten. War diese hohe Auszeichnung für ihre späteren Film-Projekte eher ein Segen oder eine Bürde?

Eine solche Auszeichnung öffnet einem dann doch so einige Türen. Es ist immer ganz gut, wenn man einen Film vorzuweisen hat, der so etwas wie ein Markenzeichen ist. Mitunter peinlich wird es, wenn einen Gesprächspartner immer nur auf diesen einen Film ansprechen und nicht zur Kenntnis nehmen, dass man weiter Filme gemacht hat. So in etwa: Nanu? Sie haben noch einen neuen Film gemacht? Möglicherweise ist nach so einem Erfolg wie „Die Blechtrommel“ der Abstieg vorprogrammiert.

Gibt es einen Film, der Ihnen persönlich wichtiger war, als „Die Blechtrommel“?

Ja, mit Sicherheit. Aber das kommt immer ganz auf die Zeit an. Eigentlich ist der erste Film immer derjenige, der einem besonders nahe bleibt. Das war bei mir „Der junge Törless“. Er hat einen anderen Druck und eine Notwendigkeit, wie sie spätere Filme nicht mehr hatten. In einem Gespräch mit dem großen italienischen Regisseur Bernardo Bertolucci hat er mir diesen Eindruck bestätigt und fragte: Wie kommt es nur, dass diese frühen Filme so unglaublich stark waren – wir waren doch noch so jung und hatten fast keine Ahnung?

Sie haben in Ihrem Leben schon viele große Auszeichnungen entgegennehmen können. Haben Sie da überlegt, ob Sie die Einladung aus Schwerin annehmen sollten?

Man hat ja immer Angst, vergessen zu werden. Und jeder neue Preis, der um die Ecke kommt – da freut man sich. Und lernt dabei ja auch immer andere Menschen und eine andere Region kennen. Ich finde dieses Festival hier sehr familiär. Jeder, der gestern bei meiner Lesung war, sprach mich dann später auf der Straße an. Das ist doch ein wunderbarer Austausch. Sie wissen ja, es gibt das weltweite Phänomen, dass die Leute weniger ins Kino gehen. So ein Festival zieht die Menschen ins Kino. Einfach einen Film im Kino zu zeigen, das genügt nicht mehr. Die Leute wollen ein Ereignis erleben. Dadurch hat heute jede Stadt, die etwas auf sich hält, auch ein Festival. Da reißt der Faden nicht ab. Das ist wahrscheinlich heutzutage die lebendigste Art, heutzutage ans Publikum zu kommen. Filmemacher sind gut beraten, heute wie Handlungsreisende von Stadt zu Stadt zu fahren. So wird Film wieder zum Ereignis. Sei's drum, der Film hat ja auch auf dem Jahrmarkt angefangen.

Vor einigen Wochen wurde vermeldet, dass Sie einen Spielfilm über Antonio Vivaldi planen. Ist da etwas dran?

Jeder kennt die Musik von Vivaldi, aber kein Mensch weiß, wie er ausgesehen hat. Von Mozart, Beethoven, Bach wissen wir genau, wie sie ausgesehen haben. Von Vivaldi, dem Meistgehörten, gibt es kein Bild. Das ist schon mal eine Herausforderung. Vivaldi hat ja in Venedig viele Jahre als Musiklehrer in einem Waisenhaus für Mädchen gearbeitet. Dort hat er das erste weibliche Orchester Europas gegründet, es war ein sehr gutes Orchester. Die Leute kamen von weit her, um es zu hören. Ich finde, das ist doch eine spannende Geschichte. Mich interessiert, was dieser Vivaldi für ein Mensch war – ein Revolutionär der Musik und geweihter Priester. Das Projekt steht am Anfang. Momentan bin ich dabei zu klopfen und zu klopfen und mit dem Klingelbeutel herumzugehen, Klinken zu putzen, um das Geld für die Produktion zusammenzubekommen. Das Drehbuch gibt es bereits.

Gibt es einen Schauspieler, der als Kandidat für die Rolle des Vivaldi feststeht?

Genau das ist das Problem. Vivaldi war nicht nur ein großer Komponist, sondern auch ein sehr guter Violinist. Da steht die Frage, spielt den Vivaldi ein Schauspieler, der noch Violine lernen muss, oder eher ein Violinist, der schauspielerische Fähigkeiten hat. Genau mit der Klärung dieser Frage beschäftige ich mich gerade. Wir haben bereits viele Probeaufnahmen gemacht. Aber noch ist nichts entschieden. Ich bin in ganz Europa auf der Suche. Aber das Schwerste ist immer, sich für eine Besetzung zu entscheiden.