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„Mama, ich habe einen Popel“

Kolumne: Das Leben als Ernstfall  – Urlaub mit Kindern ist wie Alltag mit Klimaveränderung. Ein typischer Postkartensatz. Eine Klimaveränderung, die herausfordernder nicht sein könnte.

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Ausschlafen, neue Länder, Städte, Kulturen und Kulinarik erkunden, entspannt in Cafés sitzen, flanieren, relaxen am Strand oder Pool, jeden Tag ein gutes Buch lesen – und das alles mit möglichst wenig Gepäck. So sah lange Zeit meine Vorstellung eines perfekten Urlaubs aus.

Heute gibt es neue Herausforderungen. Sie heißen: Kinder. Denn mit Kindern wird vieles schöner, manches anstrengender, vor allem wird sehr vieles anders. Zum Beispiel Urlaub. Der Adrenalinspiegel steigt ja immer schon ein paar Tage vor der Abfahrt. Da erfährt man dann, dass im Kindergarten gerade ein hartnäckiges Magen-Darm-Virus die Runde macht. Schafft man es gesund bis zum Urlaubsstart, besteht die aktuell aufregendste Frage einer Reise darin, wie man zwei Koffer, eine Reisetasche, einen Roller, ein Laufrad, einen Bollerwagen, Helme, zwei Wäschewannen, fünf Kuscheltiere, zwei Körbe voll mit Lebensmitteln, Toilettenpapier, einen Rucksack und eine Handtasche im Auto verstaut, sodass alle Mitreisenden am Ende auf der Fahrt noch atmen können.

Früher, da gab es eine Zeit, von der ich heute erzähle wie Opas vom Zweiten Weltkrieg – von den Touren durch New York, Stockholm, Riga, Halifax oder London, von den entspannten All-inclusive-Wochen an der Türkischen Riviera und den vielen Sonnenstunden, die ich am Strand und an der Promenade von Westerland verbracht habe – gerne mit einem Gläschen Wein in der Hand. Das sind Erinnerungen aus einer Zeit, als zumindest noch ein Hauch von Glamour in meinem Leben war. Jetzt geht es nach Holland. In einen Familien-Ferienpark.

Schlaf ist so etwas Schönes

Statt morgens nun vom Meeresrauschen und warmen Sonnenstrahlen geweckt zu werden, die sich ihren Weg durch die Gardinen ebnen, tapst unser fast 4-Jähriger gegen 6.20 Uhr in unser Schlafzimmer, steckt mir die Nase in meinen vom Schnarchen weit geöffneten Mund und sagt statt eines „Guten Morgen“: „Mama, ich habe einen Popel. Kannst du den wegmachen?“ Es braucht eine gefühlte Ewigkeit, bis diese Frage mein Gehirn erreicht. Langsam mache ich die Augen auf, blinzele, schaue in das süße Gesicht meines Sohnes und denke: „Ist das dein Ernst?“

Während ich versuche, möglichst leise meinen noch schlaftrunkenen und durch die Schwangerschaft sehr unförmigen Körper aus dem Bett zu hieven, um meinem Mann am Vatertag noch ein paar Extra-Minuten Schlaf zu gönnen, begleite ich meinen Kleinen ins Badezimmer, putze ihm die Nase und versuche ihn davon zu überzeugen, dass Schlaf etwas so Schönes und es noch viel zu früh am Morgen ist, um jetzt schon aufzustehen. Erst recht im Urlaub. Zumal der kleine Mann im Alltag morgens grundsätzlich immer geweckt werden muss, wenn es in den Kindergarten geht. Aber so will es wohl Murphys Gesetz.

„Wenn der Knirps erst mal wach ist, dann hört er auch nicht auf zu reden, zu singen oder Fragen zu stellen.“

Während andere Eltern in dieser Situation sicherlich einfach einladend ihre warme Decke hochgehalten hätten, damit der Nachwuchs zu ihnen krabbeln und weiterschlafen kann, funktioniert das bei uns nicht. Unser Kleiner setzt unser Bett mit einem Abenteuerspielplatz gleich. Jedes Mal. Wir sind die Rutschen, Klettergerüste und Schaukeln. Selbst, wenn wir uns nicht bewegen und uns schlafend stellen. Und wenn der Knirps erst mal wach ist, dann hört er auch nicht auf zu reden, zu singen oder Fragen zu stellen. Viele Fragen. Wie es in dem Alter eben so typisch ist. Vorzugsweise die Frage: Warum? „Warum gibt es einen Papagei, aber keinen Mamagei?“, „Warum haben Zähne Fleisch?“ „Warum heißt ein Maulwurf Maulwurf? Kann man den werfen?“

Statt die Tage nun in kleinen Cafés, bummelnd in der Altstadt, mit einem guten Buch auf der Strandliege oder in einem Museum zu verbringen, geht es ins überfüllte Schwimmbad, auf den Spielplatz, in die Trampolin-Arena oder in den Kletterpark. Und ganz ehrlich? Ich würde daran nichts ändern wollen. Am Ende geht es doch darum, neue Erfahrungen, Gedanken und Erinnerungen zu sammeln, über die man noch in 10 Jahren spricht. Und es geht um Herzen, die vor Glück Purzelbäume schlagen, weil der Nachwuchs eisverschmiert mit funkelnden Augen und aufgeschürften Knien den Spaß seines Lebens hat, während er erstmalig mit Papa zusammen die Wildwasserrutsche hinunterdüst. Herrlich!


Zur Person:

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